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wurde aber bald erschlagen, da das Volk durch die Grausamkeiten der Fremden erbittert war. Nach einigen ImâmHerrschern, und nachdem die Qarmaten-Unruhen 913 im Lande nicht viel Einfluß gehabt hatten, herrschte der Sultan von Baghdâd wieder offiziell im Lande. Trotzdem aber hatten die Bewohner von 'Omân auch ihre eigenen Imâme, also ein ganz ähnliches Verhältnis, wie wir es in Jemen gesehen haben. Der Imâm war das religiöse und weltliche Oberhaupt und wurde von einem Kollegium von vier Ältesten gewählt. Es scheint also, daß von Baghdâd aus nur ein kleiner Teil des Landes beherrscht wurde. Nach dem Jahre 1000, als das Abbâsiden-Chalifat geschwächt war, hörte auch das Vasallenverhältnis auf, und 'Omân wurde selbständig. Nacheinander herrschten fünf Imâme in Nezwa (Niswa) aus verschiedenen Azditen-Familien, dann kam ein Interregnum von 260 Jahren, in dem die Benû Nebhân die Macht gewannen und eine Dynastie von Königen (Malik, pl. Melûk) schufen, die über einen großen Teil des Innern herrschten, ohne daß sie auch die geistlichen Führer der Ibâditen waren. Erst um 1435 wurde das Imâmat wiederhergestellt.

Unter der Herrschaft der Benû Nebhân (1154-1406) wurde 'Omân zweimal von Persien angegriffen, 1265 von Šîrâz und etwas später von Hormûz1 aus, wo im Bezirk Kerman sich ein kleines Fürstentum arabischen Ursprungs gebildet hatte. Dies letztere war nach Vertreibung durch die Mongolen (etwa 1260, nach anderen erst um 1310) vom Festlandsort Gombrûn - Hormûz nach der nahe gelegenen Insel Ğerûn oder Zarûn geflüchtet, die dann auch Hormûz genannt wurde. Obgleich bald von 'Omân vertrieben, haben diese „Könige von Hormûz" noch bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts die Jurisdiktion in 'Omân beansprucht, also bis zur Ankunft der Portugiesen.

Von 1435-1624 herrschten Imâme aus den Familien der Azditen, Nebhân und Hinâî. Dann kam mit Nâşir bin Muršid die Ġa rûba an die Regierung, die Abkömmlinge der ältesten Qaḥțân-Einwanderer aus Jemen waren. Diese

1 Hormûz soll angeblich von dem Sassaniden Ardešîr Babekan (211-224) gegründet sein, zuerst auf dem Festland, östlich vom heutigen Bender Abbâs. Um 1310 ist die Stadt durch Kutb ed-Dîn auf die nahegelegene Insel verlegt, wo sie sich als reiche und berühmte Handelsstadt entwickelte.

hatten ihre Hauptstadt in Rasṭâq, auch während die Portugiesen die Küstenorte innehatten.

Im Jahre 1506 war nämlich das portugiesische Kreuzergeschwader unter Albuquerque von Soqotra aus nach Hormûz gefahren, welche Stadt damals auch die arabische Küste beherrschte. Im September folgenden Jahres kam Albuquerque zurück. Der für den unmündigen Sultan herrschende Vormund, ein Eunuche, lehnte die Übergabe der Stadt Hormûz ab. Als jedoch ein Teil davon erobert war, erklärten sich die Araber zur Tributzahlung bereit und erlaubten den Portugiesen, ein befestigtes Handelskontor dort zu errichten, das die Araber aber bald wieder einnahmen. Erst im Frühjahr 1515 wurde die mächtige Handelsstadt den Portugiesen unter Albuquerque ausgeliefert, welche die Zitadelle einnahmen und den König nach Goa sandten. Ein gefährlicher Aufstand brach 1522 dort aus, nach dessen Unterdrückung der Tribut auf 60 000 Xeraphim erhöht wurde. Jedoch erst 1542 sollen alle Zolleinkünfte von Hormûz ganz in der Hand der Portugiesen gewesen sein. Die Küstenstädte von 'Omân waren schon früher von den Portugiesen besetzt worden. Um 1508 werden sie dort überall befestigte Kontore gehabt haben, in denen Garnisonen lagen, ebenso wie es auch in Bahrain der Fall war. 1551 nahm eine türkische Flotte unter Pirbec den Portugiesen zeitweilig Masqat fort; sieben Jahre später ließ Solimân der Prächtige auch Bahrain angreifen, das aber mit Erfolg von Dom Alvario di Silveira verteidigt wurde. 1581 ist dann Masqat noch einmal auf kurze Zeit dem Türken Mirale Beque, den wir schon oben kennenlernten, in die Hände gefallen. Viel Einfluß haben die Portugiesen allerdings sogar in den Städten nicht gehabt. So wurde ihnen, als sie 1588 in Masqat und Ṣoḥâr Festungen bauten, dort nur die Hälfte der Zollgefälle in Form freiwilliger Schenkungen abgetreten (Strandes S. 226). Im Innern von Omân jedoch herrschten während der ganzen Zeit die Imâme weiter. Qalhât, Qarjat, Masqat, Şûr, Mațra und Sohâr sowie manche andere Plätze in 'Omân waren in Händen der Portugiesen. Nur in Lawa an der Küste hatte der Imâm Einfluß, und ein paar kleine Orte hatten unabhängige Herrscher, als am 22. April 1622 die Portugiesen mit englischer Hilfe von den Persern aus Hormûz vertrieben

Um

wurden.1 Der Rest der portugiesischen Besatzung von Hormûz flüchtete nach Masqat, das nun das Bollwerk der Portugiesen wurde. Im Orte Gulfar an der Westseite des Kaps war das sonderbare Verhältnis, daß dort sowohl die Portugiesen als auch die Perser aus Hormûz je ein Fort und Garnisonen hatten.

Der Imâm, ermutigt durch die Erfolge der Perser in Hormûz, ging auch seinerseits (1640) gegen die Portugiesen in Masqat vor; 1648 wurden bei seinen Angriffen die Forts in Qarjat, Dobera und Mațra sowie die Stadtumwallung von Masqat von den Portugiesen aufgegeben, und am 26. Januar 1650 fiel auch die Festung von Masqat in die Hände des Imâm Sulțân bin Seif. Nur in Sohâr behielten die Portugiesen eine Zeitlang noch das Fort (d. h. ein befestigtes Handelskontor), gegen Zahlung eines Tributs an den Imâm, der aber auch seinerseits dort ein eigenes Fort baute. Der Imâm griff die Portugiesen sogar in Indien (Diu und Daman) an, wo er große Beute machte. Jedenfalls waren beim Tode von Sulțân bin Seif (1668) die Portugiesen überall aus 'Omân vertrieben.

Seit Beginn des 17. Jahrhunderts hatten die Araber von 'Omân auch Kolonien an der Ostküste von Afrika angelegt. Die Bevölkerung der arabischen Küsten war von alters her an Seefahrt gewohnt gewesen, sie hatte in portugiesischen Diensten diesen Beruf weiter ausgeübt und vervollkommnet. Als nun 1651 dem Imâm von 'Omân einige portugiesische Kriegs- und Handelsschiffe in die Hände fielen, war der Grund zu einer Flotte gelegt, die durch Ankäufe vergrößert wurde. Mit dieser ging man von 'Omân aus auch gegen die indischen und afrikanischen Besitzungen der Portugiesen 1652 überfielen die Araber Zanzibar und erschienen 1660 vor Mombassa. Schon zur Zeit von Imâm Sulțân bin Seif herrschten in Ostafrika die Araber von 'Omân mehr als die Portugiesen, auch wenn diesen noch einige feste

vor.

1 Curzon (,,Persia" II, 418) gibt die Bedingungen an, unter denen die Pflichten und die Beute von Hormûz zwischen den Per ern und Engländern geteilt wurden. Bei Aitchison (Bd. XII, S. 2) ist sogar der Vertrag über die Verteilung des Plünderungsergebnisses abgedruckt. Viele Jahre zog sich der Streit über den Raub (20000£) hin, welcher den Engländern aus der Beute zugefallen war. 1625 wurden alle bisher portugiesischen Plätze mit Ausnahme von Bahrain an Persien ausgeliefert.

Plätze gehörten. Im Dezember 1898 fiel nach dreijähriger Belagerung Mombassa, die starke portugiesische Festung, den Arabern von 'Omân in die Hände. Nachdem es nochmals zurückerobert war, zogen am 26. November 1729 die Araber endgültig in Mombassa ein, wo dann wie im ganzen nördlichen Ostafrika arabische Gouverneure regierten, die von 'Omân aus eingesetzt waren.1

Einer der Nachfolger von Sulțân bin Seif, Seif bin Sulțân, der 1711 starb, ließ eine große Zahl von unterirdischen Wasserleitungen in 'Omân wiederherstellen, Anlagen, die wie so vieles andere aus Persien in Arabien eingeführt waren. Sein Nachfolger Sulțân bin Seif II. eroberte die

1 Die genaue Schilderung bei Strandes: „Die Portugiesenzeit von Deutsch- und Englisch-Ostafrika"; Berlin 1899.

2 Bewässerung in Omân. „In den gebirgigen Gegenden geschieht die Bewässerung, wie schon gesagt, durch fließendes Wasser, das man von besonders wasserreichen Quellen ableitet und in unterirdischen Leitungskanälen ansammelt, die in gewissen Abständen mit Ziehbrunnen und Luftschächten von 10 bis zu 15 m Tiefe versehen sind. Die Gesamtheit dieser Wasserleitungskanäle bildet das, was die Eingeborenen „feleğ" (plur. „aflağ") nennen, und das Distributivvermögen des „feleğ" wird nach „gheiz" (plur. „ghujuz") bemessen, oder nach der Zahl der Kanäle, aus denen er sich zusammensetzt. Der „feleğ" ist Kollektiveigentum. Die Wassermenge, die ein solcher „gheiz" während einer Tagesstunde (die annäherungsweise nach der Sonne und den Sternen berechnet wird) verteilen kann, nennt man „athar“ ('atar?); sie ist für die Bewässerung von ca. 100 Dattelpalmen ausreichend. Ein solches Wasserquantum wird vom „feleğ“ den Besitzern von Palmenpflanzungen nach Maßgabe ihrer Bewässerungstätigkeit für 400 Taler abgelassen; mithin stellt ein „feleğ“, der über drei „ghujuz“ verfügt – und das ist der Durchschnitt —, ein ansehnliches Kapital dar.

Der neunte Teil des Wassers, d. h. das Wasser eines Tages von einer Periode von je 9 Tagen, ist für den „feleğ“ reserviert und wird dem jeweils Meistbietenden verkauft. Der Ertrag ist für die Unterhaltung und den Ausbau des „feleğ" bestimmt, wie auch zur Zahlung des Gehalts für die damit beauftragte Persönlichkeit, die durch Wahl dazu ausersehen wird. Sehr häufig werden Legate zugunsten des „feleğ" ausgesetzt, denen auf diese Weise in einigen Gegenden der achte oder auch der siebente Teil des Wassers zufällt.

Aus dem Dargelegten geht also hervor, daß das Gedeihen der Landwirtschaft in den gebirgigen Gegenden im wesentlichen von der Schaffung neuer „aflağ" abhängig ist, die aber nur in beschränktem Maße möglich scheint angesichts der Schwierigkeit, Quellen zu finden, die nach Wasserreichtum und Lage den gewünschten Bedingungen entsprechen.

In Batna und in einigen anderen Orten, wo die Bewässerung durch Brunnen (tûjan, sing. taûî) bewirkt wird, reicht die leicht erschließbare Hamburgische Forschungen. Heft 1.

11

Bahrain-Inseln von den Persern, die dort seit Vertreibung der Portugiesen saßen. Unter einem Imâm Muhenna, der 1718 zur Regierung kam, wurden die Zölle in Masqat abgeschafft, so daß der Handel aufblühte.

Interne Streitigkeiten hörten im Lande nicht auf. Die beiden verschiedenen Bevölkerungselemente, die Qaḥțânî und 'Adnânî, oder Jemeni und Mu'adî, oder Hinânî und Ghâfirî, wie man sie zu verschiedener Zeit nannte, standen sich schroff gegenüber. Und auch unter den Imâmen waren dauernd Streitigkeiten, indem bald ein, bald der andere Prätendent von einer Partei unterstützt wurde. So sank die Macht der Herrscher aus der Ga'rûba-Familie infolge dieser Kämpfe immer mehr, bis man 1741 Aḥmed bin Sa'îd aus der Familie Âl Bû-Sa'îd zum Imâm wählte.

Aḥmed war ein Mann von niederer Herkunft, der aber durch seine Tüchtigkeit Gouverneur von Soḥâr geworden war und die Perser vertrieben hatte, die der vorige Imâm 1737 während der inneren Streitigkeiten zu Hilfe geholt hatte. Im Jahre 1738 hatten diese Perser Masqat, mit Ausnahme der beiden Forts, erobert. Vor Soḥâr durch Aḥmed geschlagen, hatten sie sich zurückgezogen. Aber einer der Imâm-Prätendenten rief die Perser wieder herbei, die nun auch die Forts von Masqat und Matra nahmen.

unterirdische Wasserschicht scheinbar weit über die Grenzen des in Kultur genommenen Geländes hinaus, und man könnte vielleicht eine größere Menge von Brunnen graben und so gegenwärtig unbebaute Landstriche nutzbar machen.

Im Gegensatz zu dem „feleğ, der alle Grundstücke, die er speist, miteinander vereinigt und an die aus der gemeinsamen Nutzung resultierenden Abmachungen bindet, bildet jeder „taûî“ mit der Pflanzung, die er bewässert, ein unabhängiges und abgesondertes Eigentum.

Die tiefsten Brunnen befinden sich in Sîb und kosten, was Graben und Ausmauern anlangt, etwa 400 Frank. Der primitive hölzerne Apparat, der das Wasser in die Höhe treibt, kostet 70 Frank; die Unterhaltungskosten belaufen sich auf ungefähr 30 Frank jährlich.

Eine Pflanzung von 150 Dattelpalmen in voller Ertragfähigkeit mit dem dazugehörigen Brunnen erwirbt man in Batna für etwa 600 Taler."

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(Wörtliche Übersetzung aus „Il Sultanato di Oman." Rapporto del Sgr. Umberto Omar. Ministerio degli Affari esterno. "Direzione centrale degli Affari coloniali. Ufficio di Studi coloniali“, No 10. Aprile 1912. Roma 1912.)

In Persien, woher wohl diese Kanäle stammen, werden sie „qanât“ genannt (Herzfeld.), in Turkestan und Asyrien Karîs.

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