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Strafe bezahlt. Im Vertrage von 1861 war abgemacht, daß die Engländer dort nur 5% Einfuhrzoll zu bezahlen hatten. Ein Verwandter von 'Alî, namens Mohammed, eroberte Bahrain, tötete den Chef und beteiligte sich 1869 wieder am Seeraub, so daß die Engländer seine Hauptstadt Menâma bombardierten und ihn nach 'Aden deportierten. An Stelle des gefallenen 'Alî wurde 1869 dessen Sohn 'Îsa (Curzon nennt ihn Esau!) von den Engländern zum Herrscher gemacht, der ihnen treu blieb. Am 22. Dezember 1880 und 13. März 1892 schloß er Verträge mit England (s. Anhang Nr. 51, 52), nach denen er sich verpflichtete, mit keiner Macht außer mit England Verträge zu schließen oder in Schriftverkehr zu treten, kein Land an fremde Regierungen zu geben oder die Niederlassung eines andern Konsuls als des englischen in Bahrain zuzulassen. Formell ist Scheich 'Isa jedoch noch unabhängiger Herrscher, der aber zugunsten Englands auf einen großen Teil seiner Hoheitsrechte verzichtet hat. Ende 1912 wünschte der englische Resident, daß der Scheich ein Viertel seiner Zolleinkünfte zu Meliorationen und Anstellung eines englischen (!) Richters für Zivilsachen verwandte. Da er sich weigerte, verschob der Resident von Bûšehr die Regelung der Frage auf spätere Zeiten. Ein englisches Protektorat über Baḥrain ist nicht bekannt geworden.

Türkische Ansprüche auf Bahrain hat England stets zurückgewiesen, so 1839, 1847, 1871, 1893 und 1895. Im Jahre 1893 soll der Türkei mitgeteilt sein, daß Bahrain under British protection" stände.

Die Gruppe der Bahrain-Inseln hat etwa 100000 Einwohner, die meist Malekî-Sunniten sind, doch leben dort auch viele schi'itische Perser, Indier u. a. m. Der Hauptort Menâma hat etwa 25 000, Muḥarraq etwa 20000 Einwohner.

Große Aufregung entstand, als 1898 (nicht 1896, wie die Times Hist. of the War" sagt) eine Hamburger Firma Robert Woeckhaus & Co. im Persischen Golf erschien.1

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1 Das erste deutsche Handelsunternehmen am Persischen Golf wurde in Bûšehr unter dem Namen Johann Werth u. Co. gegründet. Diese Firma wurde später von der Deutsch-Persischen Handelsgesellschaft in Bremen mit Niederlassungen in Bender Abbâs, Bûšehr und Šîrâz übernommen, die aber ihre Tätigkeit wieder einstellte.

Sie befaßte sich zuerst mit dem Aufkauf von Perlmutterschalen in Lingah an der persischen Küste, einem bisher dort ganz vernachlässigten Artikel. Im Jahre 1901 verlegte sie ihr Hauptgeschäft nad Bahrain. Auch Mohammera Basra, Bender 'Abbâs und andere Orte erhielten Vertretungen dieser Firma, von der die Engländer lächerlicherweise annahmen, daß sie mit deutschen Staatsgeldern politische Zwecke vertolgte. (Times Hist. of the War", part 29 vom 9. März 1915.) Es ist dies natürlich eine der Unwahrheiten, die von den Engländern erfunden sind, welche sich nicht vorstellen können, daß eine Firma durch Rührigkeit und durch die Tüchtigkeit ihrer Angestellten in einigen Jahren aus dem Nichts etwas schaffen kann. Diese hat es fertiggebracht, durch Aufnahme eines im Persischen Golf bisher fast unbeachteten Artikels nicht nur Geld zu verdienen, sondern den Hauptmarkt für eben diese Perlmutterschalen von London nach Hamburg zu verlegen.

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Kurz nach Errichtung der Niederlassung in Bahrain wollte Robert Woenckhaus & Co. wie die Times Hist. of the War" sagt eine Konzession vom Scheich der Insel auf Ausbeutung der Perlenfischerei erwerben, was diesem von den Engländern aber verboten wurde. Darauf soll die Firma in Konstantinopel beantragt haben, die Insel Halûl auf Höhe der türkischen Station El-Bîdâ an der Halbinsel El-Qatar zu pachten, die ein Standort der Perlenfischerei ist und nach englischer Auffassung als gemeinsames Eigentum aller perlenfischenden Stämme betrachtet wird. Auch hier hat angeblich England hindernd eingegriffen, welches fürchtete, aaß Deutschland auf Halûl eine Kohlenstation einrichten könnte. Etwas später hat die den Engländern so gefährlich schenende Firma auf der etwa 50 Seemeilen nordwestlich des Ortes Šarğa (im Lande „Schardscha" gesprochen) an der Piratenküste liegende Insel Abû Mûsa Rechte auf Lager von Eisenoxyd erworben. Die Engländer behaupten, daß diese Insel dauernd im Besit des Häuptlings von Šarğa gewesen sei. Das Recht, die Lager von rotem Eisenoxyd auszubeuten, war vom Scheich an drei Araber vergeben, von denen zwei in Lingah (Linka, Linğa) ansässig waren. Im Jahre 1906 hat die Firma Robert Woendkhaus & Co. diese Konzession von jenen Arabern erworben. Angeblich soll der Scheich von Šarğa gegen die Übertragung protestiert

haben, natürlich auf Anstiften der Engländer, die fürchteten, daß die Hamburg-Amerika-Linie die Insel erwerben könne (!). Dieser Häuptling hatte sich durch Anschluß an den erwähnten Trucial-Vertrag" im Jahre 1892 verpflichtet, mit keiner anderen Macht ein Übereinkommen oder eine Verhandlung (correspondence) einzugehen, noch die Vertreter einer anderen Regierung bei sich zuzulassen, noch sich irgendeines Teils seiner Länder zu entäußern - außer gegenüber von Großbritannien". Hier also paßte den Engländern die Konstruktion der Eigentumsrechte von Šarğa ebenso wie seinerzeit beim Erwerb der Ghûriâ - Mûriâ Inseln diejenigen des Sultans von Omân. Im Oktober 1907 schleppte das englische Kriegsschiff Lapwing" einige Fahrzeuge mit bewaffneten Leuten des Häuptlings von Šarğa nach Abû Mûsa, welche die Angestellten von Woenckhaus angriffen und nach Lingah brachten, sogar ein Boot mit der deutschen Flagge beschossen, in dem der Vertreter der Firma war. (Es darf dabei erwähnt werden, daß es sonst den Eingeborenen ganz streng von den Engländern verboten ist, in bewaffneten Eingeborenen-Fahrzeugen auf dem Golf zu verkehren.) Wie alle deutschen Firmen im Auslande, so hat auch diese stets Reibereien mit den Behörden vermieden und versucht, trotz aller entgegengesetzter Hindernisse mit der englischen Vertretung gut auszukommen und Schwierigkeiten zu vermeiden. Hier aber mußte sie bei der offenbaren Verletzung deutscher Rechte die Hilfe der Reichsregierung in Anspruch nehmen. Es wurden von beiden Seiten umfangreiche Denkschriften verfaßt ich sah selbst drei stattliche Bände davon im Hamburger Geschäftshause der Firma-, und das Ergebnis war ein ganz anderes, als die Times Hist. of the War“ es in ihrer gehässigen Weise darstellt. Ende 1913 hat das englische Auswärtige Amt, Sir Edw. Grey, grundsätzlich die Berechtigung eines Schadenersatzes für die deutsche Firma anerkannt und das Unrecht zugegeben. Über die Höhe dieser Entschädigung aber sollten noch Erhebungen durch den Board of Trade stattfinden. Die deutsche Firma stellte ihre Forderungen so niedrig wie möglich, um die endgültige Regelung nicht zu erschweren. Aber diese wurde offenbar absichtlich von den Engländern hinausgeschoben, so daß bei dem Ausbruch des Krieges, acht Monate nach der grundsätzlichen Anerkennung, die Frage noch in der Schwebe

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war (Deutsche Levante-Zeitung" vom 1. Juli 1915). England hat beim Kriegsausbruch die Gelegenheit benutzt, um diese Konkurrenzfirma lahmzulegen. Ihre Angestellten in den Golfhäfen wurden gefangen1 und nach Indien gebracht, die Waren beschlagnahmt und die Geschäfte geschlossen, und zwar sogar auch die in dem neutralen persischen Gebiet (Mohammera, Ahwâz, Bûšehr). Dieser Fall zeigt, wie England über jede Unternehmung anderer Nationen im Perser Golf denkt, wie rücksichtslos es sein Monopol dort ausnutzt. Es zeigt auch, wessen wir uns zu gewärtigen haben für die Interessen der Baghdâd - Bahn, die doch nun einmal ohne einen Anschluß an den Golf nicht leben kann.

Fast noch unangenehmer als das Auftreten der deutschen Handelsfirma war den Engländern die Errichtung eines deutschen Konsulats in Bender-Bûšehr im November 1897, dessen erster Inhaber der früher in Zanzibar tätig gewesene Dr. Reinhardt war. Ganz verdächtig aber wurde die Firma Woendkhaus, als sie Vertreter der HamburgAmerika-Linie wurde, die seit September 1906 einen neuen Hamburg-Dienst nach Arabien und dem Persischen Golf errichtete. Der Hapag gegenüber wird von England immer wieder behauptet, sie sei mit Reichsgeldern subventioniert, was noch so häufig vergeblich widerlegt werden kann. Die Engländer können es eben nicht fassen, daß wir keine geheimen Fonds im Auswärtigen Amte haben, die man heimlich für politische Ziele verwenden kann. Im Perser Golf aber ist für England alles politisch, was von irgendeiner fremden Macht ausgeht, und ganz besonders alles Deutsche. Tatsache ist, daß nicht ein großer Luxusdampfer mit Musikkapelle und Festen, wie die „Times" behauptet, die erste der Hapag-Fahrten im Perser Golf machte, sondern am

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1 Nach der „Times" vom 6. November 1915 ist der Angestellte Georg Harling der Firma Robert Woendhaus & Co. in Baḥrain verhaftet, als im Oktober dort die Brigade des Generals Delamain ankam also vor Ausbruch des Krieges mit der Türkei weil er an die deutschen Konsulate in Başra und Bûšehr einen Bericht über die englische Expedition geschrieben hatte. Die „Times" hütet sich aber, den Fall als Spionage darzustellen, weil doch Bahrain kein englischer Besitz, sondern ein selbständiges" Sultanat ist. Am 22. Dezember ist Harling nach Indien überführt. (Vgl. auch „Deutsche Levante - Zeitung“ vom 1. Januar 1916.)

14. Juli 1906 der alte Frachtdampfer, Canadia". Vier Dampfer von 2500 bis 3000 Tonnen liefen auf der neuen Linie über Antwerpen, Marseille, Port Sudan, Djibuti, Masqat, Bender'Abbâs, Linga, Bahrain, Bûšehr, Moḥammera und Basra. In Suez ist Umladung nach Suwakîn, Musawa, Gidda, Hôdeida, Janbû, Tôr und El-Weğh, in Port Sudan nach Chartum, in Moḥammera nach Aḥwâz, in Basra nach Baghdâd und in Bûšehr nach Kuweit. Allmählich wurden größere Dampfer eingestellt, so daß 1914 Christian X.“, „Persepolis", „Nicomedia“ und „Secundus“, alle von 4400 bis 4900 Tonnen, auf dieser Linie in Betrieb waren.

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Beim Beginn des Weltkrieges herrschte in der Bevölkerung von Bahrain eine recht deutschfreundliche Stimmung, besonders weil Deutschland mit dem Chalifen befreundet war. Auch bei den Persern in Bahrain war die Meinung gegen England, weil es an Seite Rußlands kämpfte. Deutschland bewunderte man, weil es gegen die mächtigsten Reiche den Kampf aufgenommen hatte.

Es sei noch erwähnt, das schon vor Ausbruch des Weltkrieges zwischen England und der Türkei die Engländer in den Baḥrain-Inseln im Oktober 1914 eine große Truppenmacht zusammenzogen. Die Brigade von Poona stand hier in Reserve, um gegen Mesopotamien vorzugehen.

El-Aḥsâ. Aus geographischen Gründen wollen wir bei unserer Reise rund um Arabien schon hier einige Bemerkungen über die türkische Provinz El-Aḥsâ einschalten, obgleich sie ein Anhängsel des Wilajets Başra ist. Es handelt sich um den Landstreifen, der von der Mündung des Šatt El-'Arab, oder besser von el-Kuweit an nach Süden bis zur Halbinsel El-Qatar reicht und von der Türkei beansprucht wird. Die Hauptstadt ist El-Hufhûf, auch El-Aḥsâ, Laḥsâ, Hağar genannt. Der Name El-Aḥsâ ist Plural von El-Hisj und bedeutet eine weite Ebene mit sandigem Grunde, der Regenwasser unter der Erde führt, das beim Graben zum Vorschein kommt". (Die Schreibweise Laḥsa, El-Hasâ ist nach Wüstenfeld falsch.) El-Hufhûf ist eine Oase, die nach Burchardt an 30000 Einwohner haben mag. Sprenger gibt an, daß der Ort um 890 n. Chr. (nach Wüstenfeld 922 n. Chr.) von den Qarmaten erbaut sei; doch spricht das Vorhandensein der Oase im sonst wasserlosen Lande dafür,

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