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man rückkehrend Mustafa Bey als Gouverneur ein. Wir kommen darauf noch bei der Besprechung von 'Aden zurück. In dem Bestreben, die Portugiesen aus dem Gebiete des Indischen Ozeans zu vertreiben, wurden 1585 zwei türkische Galeeren unter Mirale Beque-wie die Portugiesen schreiben (Emir el-Beg?) auch nach Ostafrika gesandt, unter demselben Führer, der die Portugiesen schon 1581 aus Masqat vertrieben hatte. Er eroberte Mugdischu, Diu und einige andere Orte und ging mit großer Beute im nächsten Jahre zurück. Eine zweite Expedition unter demselben Führer endete aber 1588 mit großem Mißerfolg; die Türken wurden vertrieben, und Mirale Beque gefangen nach Lissabon gebracht.

Doch kehren wir wieder nach Jemen zurück. Wir folgen vor allem den Ausführungen von M. Hartmann, der einen Ausschnitt der Geschichte von Jemen nach der Darstellung des türkischen Majors Al-Hâğğ Aḥmed Rašîd gibt, eines Mannes, der die türkische Eroberung von 1871 mitgemacht hat.

In Şan â hatte 1506 der Imâm Jaḥjâ Šaraf ad-dîn die Zaiditenherrschaft erneuert, 1517 beherrschte er das ganze Land Jemen, nachdem der ägyptische Admiral durch ein Zusammenwirken mit dem Großscherifen von Mekka beseitigt und seine Flotte 1516 vor Ğidda zu den Türken übergegangen war. Infolge der Eroberung von Ägypten

durch die Türken war diesen die Herrschaft über Mekka und auch die Anwartschaft auf Jemen zugefallen. Die Türken gingen auch sofort an die Eroberung von Jemen durch Vermittlung des früheren ägyptischen Kommandanten dort, Iskender, der 1521 durch einen 'Otmânen ersetzt wurde. Die türkische Seemacht war die direkte Fortsetzung der ägyptischen. Die türkischen Paschas, die Jemen eroberten und verwalteten, hatten zu rechnen mit den Nachkommen des erwähnten Imâm Jaḥjâ Šaraf ad-dîn, mit dem Gegen-Imâm, Fürsten von Aḥnûm, und endlich den Ismâîliten, die einem „Dâî" genannten Priester unterstanden. Die ernstesten Gegner aber waren immer die zaiditischen Imâme, die 1570 besiegt wurden. Nach der Einnahme von Ṣan'â 1546 durch Özdemir Pascha blieb diese Stadt der Hauptort der Türken. Der bedeutendste Gouverneur war der Albanese Ḥasan Pascha (1550-1604), welcher sich redlich bemühte, eine wirkliche Verwaltung einzurichten.

Unter dem Wali Haidar Pascha (1624-1629) wurde Şan â nach mehrjähriger Belagerung dem Imâm Mu'aijad ibn Qâşim übergeben. Nachdem noch kurze Zeit die türkische Herrschaft durch den aus Ägypten gesandten Wali Qânşûh Pascha aufrechterhalten wurde, mußten die Türken 1635 abziehen. Jemen wurde wieder von den Imâmen beherrscht, zuerst unter denen aus dem Hause Qâşim bis 1676. Dann folgten Wirren unter verschiedenen Gruppen der Imâmfamilie untereinander und unter Prätendenten aus anderen Kreisen. So hatte sich seit 1728 der Sultan von Lahedj (Laḥğ) bei ‘Aden unabhängig gemacht, ebenso die Scherifen von Abû Arîš, die nach Abschüttlung des Joches der Wahhâbiten die Imâmstelle in Șan â einnahmen, nachdem Scherif Hamûd die Wahhâbitenarmee in 'Asîr geschlagen und ihren Führer Abû Nokta (Noqţa?) getötet hatte. Eine Liste der Imâme von 1630 bis 1849 ist von Playfair (S. 178) gegeben, ebenso die der Sultane von Laḥğ (S. 179) von 1728-1849. 1834 löste sich die Imâmherrschaft in lauter kleine Dynastien auf. Unruhen in 'Asîr, an denen der Wali von Mekka, Mohammed Alî, genannt Türkğe bilmez, beteiligt war, gaben dem Vizekönig von Ägypten, Meḥmed 'Alî, Veranlassung zum Einschreiten.

Der Emir von Asîr hatte Mochâ genommen und den Handel dort vernichtet. Von 1824-1827 führten die Türken bzw. Ägypter nach Zwemer sechs vergebliche Feldzüge gegen 'Asîr; 1833 wurde der Versuch wiederholt. Am 21. August 1834 waren die Ägypter siegreich, mußten sich aber vor den Arabern im September wieder zurückziehen; 1836 wurde nochmals der Versuch zur Eroberung von Asîr gemacht, aber mit vollem Mißerfolg. Von der Zeit an blieb 'Asîr so gut wie selbständig, wenn es auch als türkisches Gebiet auf den Karten angegeben wurde.

Weiter im Süden hatte man mehr Erfolg. Meḥmed 'Alî sandte Truppen zu Lande und zu Wasser, Loḥîja und Ḥôdeida wurden besetzt, die Tihâma und Mochâ (1833), Ta'izz (1837) erobert, so daß die Ägypter Jemen von 1835 bis 1840 ziemlich fest in Verwaltung hatten.

Nach dem großen Umschwung in Ägypten war es aber auch in Jemen mit der Herrschaft der Ägypter aus, von wo man sich so gut wie ganz zurückzog. Der Sultan von Konstantinopel beabsichtigte das Land für sich in direkte

Verwaltung zu nehmen, konnte aber einstweilen zur Wahrung des äußeren Scheins nur einen türkischen Kommissar senden, Ešref Bey, der die Verwaltung der Provinz in die Hände des Scherifs Husein ibn 'Alî von Abû 'Arîš legte, der sich in Mochâ behauptete, während Ḥôdeida dem Sultan von Asîr in die Hände gefallen war. Husein sollte das Land für Rechnung der Türkei verwalten. Dieser Scherif, der nur im Küstenland der Tihâma etwas Einfluß hatte, war im Streite mit dem Imâm in San â. Qubrusli Tewfîq Pascha, der zu der Zeit Gehilfe des Großscherifen von Mekka, Mohammed ibn 'Aûn, war, empfahl der Pforte die Wiedereroberung von Jemen. Der Sultan Abd ul-Meğîd (1839-1861) ging auf den Plan ein. Der genannte Scherif Husein wurde mit der Eroberung beauftragt, zu welchem Zweck ihm 4-5000 Mann Truppen zur Verfügung gestellt wurden, die 1849 zusammen mit dem genannten Tewfîq Pascha in Hôdeida ankamen. Der den Türken freundlichgesinnte Imâm Mohammed Jaḥjâ, der die Macht der Türken überschätzte, riet dem vertrauensseligen Tewfîq zum Angriff auf Şan â, das am 24. Juli 1849 erreicht wurde. Aber der größte Teil der Truppen wurde am folgenden Morgen niedergemacht, und der Pascha mußte froh sein, mit dem Rest seiner Macht losgelassen zu werden. Von Ḥôdeida aus aber konnte Tewfîq doch kleine Gebiete von Jemen unterwerfen.

In der Folge wurden nun eine Anzahl von türkischen Gouverneuren ernannt, teils mit dem Titel Wâlî, teils als Mutes arif. Aber die Türken hatten nur Teile der Tihâma und einige Punkte am Abhang des Gebirges inne. Trotzdem wurde Jemen seit 1849 amtlich als türkisches Wilajet aufgeführt. In der Theorie war Jemen wie alle Länder Arabiens eine Provinz des Sultans der Türken als Inhaber des Chalifats und auch als Rechtsnachfolger der Ägypter geblieben. Die Türkei hat niemals formell darauf verzichtet, auch wenn sie zeitweilig dort keine Macht ausüben konnte, ebenso wie die katholische Kirche in der Theorie nie auf Gebiete verzichten wird, die jemals von ihr beherrscht wurden.

Die Eröffnung des Suezkanals gab den Anstoß zu neuer aktiver Betätigung der Türkei, nicht nur in Mekka, wie wir oben sahen, sondern auch in Jemen. Nachdem der Wâlî

Eine

Haleblî 'Alî Pascha im November 1870 den gefährlichen Emir von 'Asîr, Mohammed ibn 'A'iḍ, besiegt hatte, schlug er der Pforte die Unterwerfung von ganz Asîr vor. Division wurde unter dem Befehl von Ferîq (Meḥmed) Redîf Pascha mit dem Brigadegeneral (Aḥmed) Muchtâr Pascha1 als Generalsstabschef gebildet. Im Dezember 1870 ging Muchtar mit dem ersten Trupp ab, und bald folgte Redîf mit der Haupttruppe. Zu ihnen stieß in Ghunfude der Brigadegeneral Hasan Pascha aus Gidda. Man beschloß, zuerst Asîr von Ghunfude aus zu erobern, ein Plan, der verfehlt war, da dies Land noch größere Schwierigkeit als Jemen bot. Man besetzte zuerst Muḥâjil als Etappe, von wo man im März 1870 aufbrach.2 Ende März wurde Sûghâ erobert, ebenso Ebhâ, das später der Sitz der Verwaltung des Mutes arifs wurde. Raida, die Hauptfeste des Emir, ergab sich am 20. April. Am 1. August 1870 übertrug der erkrankte Redîf Pascha den Oberbefehl an Muchtâr. Die Türken sahen trotz ihrer Erfolge aber bald die große Schwierigkeit ein, dies Land zu beherrschen, in dem sie überall nur Mißtrauen fanden. Die Araber griffen nach dem ersten Schreck die Türken wieder an. Muchtâr Pascha, in dem Bestreben, nun auch Jemen zu erobern, ging nach Gabana und Hôdeida, wo neu angekommene Truppen erst der ausgebrochenen Cholera wegen eine lange Quarantäne durchmachen mußten. In der Wartezeit wurde der Feldzugsplan entworfen. Am 16. März 1871 marschierten fünf Bataillone gegen Şan â, das Ende April mit 20000 (?) Mann genommen wurde. Der Imâm Muzaffer ed- Dîn wurde vertrieben. Gepeinigt durch die inneren Unruhen, begrüßten die Bewohner von Şan â die Türken als Befreier. Eine Reihe von weiteren festen Punkten wurde besetzt. Die Verbindung mit der Türkei wurde über 'Aden geleitet. Sehr viel Schwierigkeit machte die Eroberung der Feste von Kaukaban.3

1 Der Eroberer von Jemen, Aḥmed Muchtâr Pascha, war später Großwesir in Konstantinopel. Sein Sohn war türkischer Botschafter in Berlin.

2 Von hier ab geben die Verfasser die Zeiten nach dem türkischen Finanzjahr, so daß eine Verschiebung der Daten eintritt.

3 Im Jahre 1873 etwa muß auch unser Dr. Emin Pascha (Eduard Schnitzer) als türkischer Militärarzt in Jemen tätig gewesen sein, wahrscheinlich war er bei der Eroberung von Kaukaban zugegen. Leider läßt sich nichts Genaues darüber feststellen.

Nach leidlicher Eroberung des ganzen Landes und Einrichtung einer Zivilverwaltung wurde Muchtâr Pascha 1873 als Minister der Öffentlichen Arbeiten nach Konstantinopel berufen und Aḥmed Aijûb zum Wâlî von Jemen und zugleich Kommandanten (Mušîr) des VII. Armeekorps, das dort stationiert war, ernannt.

Die Eroberung des Landes gegen Süden war begrenzt durch die Interessensphäre von 'Aden, das die Engländer seit 1839 besetzt hatten. Bei der Annäherung der türkischen Truppen sandten die Engländer Soldaten nach Laḥğ (Lahedj), dessen Sultan einen Vertrag mit England geschlossen hatte, und infolge von englischen Vorstellungen in Konstantinopel mußten die Türken sich im Dezember 1873 von dort zurückziehen. 1875 machten die südlichen Stämme von Jemen einen Aufstand gegen die Türken, der aber bald niedergeworfen wurde.

Der Imâm wurde, wie erwähnt, bei der Eroberung abgesetzt, man ließ ihm aber seine religiöse Oberhoheit über die Zaiditen. Muzaffer ed-Dîn hielt seine Verpflichtungen auch treu; sein Sohn Ahmed ed-Dîn aber trat wieder gegen die Türken auf, ebenso wie dessen Sohn, der heutige Imâm Jaḥjâ Ḥamd ed-Dîn, von dem wir später zu reden haben werden.

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Die Türken richteten in Jemen eine Zivilverwaltung ein, das Land wurde in Distrikte eingeteilt. In Şan â wurden Kasernen errichtet, der Handel belebte sich, Militärstraßen wurden gebaut. Die Landbevölkerung aber war recht unzufrieden, besonders über das System der türkischen Besteuerung. Dies ist ja überhaupt der wunde Punkt der türkischen Verwaltung, vor allem unter der alten" Regierung. Alles wurde besteuert. Wie überall in der Türkei, so ward auch dort die Hauptsteuer vom Ertrag des Bodens genommen, und zwar in natura, die Ernte durfte nicht vom Felde genommen werden, bis nicht eine Kommission sie abgeschätzt hatte, ein Verfahren, das bei der schlechten Verwaltung immer Anlaß zu Erpressungen gab. In den Häfen wurden hohe Zölle erhoben während das englische 'Aden seit 1850 Freihafen war. Es ist bekannt, daß Jemen als politischer Verbannungsort galt, daß die Beamten, die man dorthin sandte, nicht die besten waren. Dazu kam, daß sie ihre Ämter meist hatten erkaufen müssen, und daß

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