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Sklaverei

so kann doch selbstverständlich mit solcher Maßregel keinem Nachbar. staat die Uebernahmepflicht der solchergestalt Expatriirten aufoctroyirt werden. Eine eigentliche Heimathlosigkeit giebt es im internationalen Verkehr der civilisir. ten Welt nicht. Heimathlose sind nur diejenigen Personen, deren Staatsangehörig, feit zweifelhaft oder bestritten ist."

9) Vergl. hierzu das cit. Deutsche Reichsgesetz v. 1. Juni 1870 und die ge sammte Reichs Militärgeseßgebung in systematischer Darstellung bei Laband a. a. D.; für Desterreich-Ungarn: Milner, Die Desterreichische Staatsbürgerschaft, und Ulbrich, Desterreichisches Staatsrecht. Das Französische und Belgische Material bei Laurent, Folleville, Cogordan. Bei leßteren auch gute Uebersetzungen der einzielenden Englischen und Amerikanischen, Türkischen 2c. Quellen. Ueber deren seitherige Entwicklung geben verläßliche Auskunft die Annuaires der Société de législation comparée, T. I-XV.; mit specieller Beziehung auf das Eherecht hat eine sehr verdienstliche Sammlung Garnier geboten in dessen: Internationales Eheschließungsrecht in Form von Aufzeichnungen, betr. die Ehe. schließung von Ausländern in der Schweiz. Bern 1885.

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Einwanderung und Einbürgerung.

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Literatur und Verweisungen: Handb. Bd. I. S. 50 ff., 313 ff., Bd. II. S. 41 ff., Bd. III. 21. Stück. Günther, Europ. Völkerrecht 1792, ist das einzige der älteren Werke, welches dem Rechtsstoffe der Naturalisation principielle und klare Erörterungen widmet. v. Martiz a. a. O. Laband, Bd. I. Seydel, Bd. I. Hinschius, Commentar zum Personenstandsgesetz von 1875, S. 70 ff. Stölzel, Deutsches Ehe. schließungsrecht, Anhang, S. 111 ff. v. Holzendorff, Der Rechtsfall der Fürstin Bibesco. E. Meier, Naturalisation in Holzendorff's Rechtslexicon.— Stoert, Option und Plebiscit. Pöz1, Einwanderung und Staatsangehörige in Bluntschli-Braters Staatswörterbuch. Landgraff, Das Bundes und Staatsbürgerrecht im Nordd. Bunde. Held, System des Verfassungsrechts Heffter Geffen, § 59. Bulme, Bluntschli, V. Buch. Ulbrich, Lehrb. d. Oesterr. Mayerhofer, Handbuch für den politischen

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v. Bar, § 30.

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I. S. 150 ff.
rincq, § 30 ff.
Staatsrechts, §§ 25-28.

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Verwaltungsdienst (Desterreich), II. Bd. Milner, Die Desterr. Staats.
bürgerschaft und der (ungarische) Ges.-Art. L. 1879. Jegierek, Das Hei.
mathsrecht. Martens Bergbohm II. §§ 47-50. Westlake.
Holzendorff, § 262 ff. — Umfassende Uebersicht über den Gesezesstand der
Materie bis 1869 gewährt der dem Englischen Parlament vorgelegte Report
of the royal commissioners for inquiring into the laws of naturalisation
and allegiance etc. London 1869. Kents Commentaries I. Daly,
Hist. of naturalisation. Beach Lawrence-Wheaton, T. III.
Dudley Field - Rolin, art. 247 sq. Halleck, Intern. Law 1861,
Travers Twiss, Law of nations, Peace § 129.
Calvo, T. II. Ingouf, De la naturalisation.
naud, Questions de nationalités. Rouen 1877.

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tionalité; desselben Thèse (1877): De l'acquisition et de la perte de la

Folleville, Naturalisation.

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Selosse,

van Vollen.

qualité de Français.
Traité de l'annexion. - Beudant, De la naturalisation.
hofen, Eenige opmerkingen over naturalisatie. Utrecht 1880 etc. etc.
Außerdem sind auch hier zu vergleichen zahlreiche einschlägige Studien, ent
halten in: Journal de droit international privé; Revue de droit intern.
Wichtiges Quellenmaterial: in den Bulletins und Annuaires der Pariser
Soc. de législ. comparée, des Institut de droit international etc.

Wie der Eintritt in den internationalen Verkehr mit den Rechts. figuren der Auswanderung (und Ausbürgerung) seinen Anfang nimmt, so findet derselbe seine Ergänzung physisch und rechtlich in den Gegen. bildern der Einwanderung eventuell der Einbürgerung.1) Auszuscheiden ist hier vor allem das Rechtsverhältniß des einfachen Reisenden, Touristen 2c. Nicht jedes Wandern bedeutet ein Einwandern, wie nicht jedes Verlassen des Heimathsbodens den Charakter der Auswanderung an sich trägt. Hier wie dort gewinnt der thatsächliche Zustand rechtliche Qualification erst durch die Beschaffenheit des auf die längere Dauer des Verhältnisses gerichteten Willens. Das Individuum tritt entweder nur factisch oder mit vollen rechtlichen Wirkungen in die Rechtsordnung des Staates ein, mit anderen Worten es gelangt entweder nur in die Sphäre der Territorrialhoheit des Staates mit ihren auf dem thatsächlichen Verbindungsverhältniß beruhenden Consequenzen oder das Individuum nimmt den vollen rechtlichen Eintritt in die staatliche Mitgliedschaft vor und gelangt dadurch mit seiner ganzen rechtlichen Persönlichkeit unter die Personalhoheit des Staates. Sein ge. sammter civil, straf, staatsrechtlicher 2c. Status bestimmt sich fortan nach dem Kriterium der in diesem Staate herrschenden Rechtsordnung.

Vorausgesezt ist hier natürlich, daß die bürgerliche Rechtsgemeinschaft durch ein gemeinsames bürgerliches und öffentliches Recht beherrscht werde, auf das zurückgegriffen werden muß, wenn eine auf das Rechtsleben des Eingewanderten bezügliche Norm gesucht werden soll. Wo diese rechtliche Geschlossenheit fehlt, da haftet allerdings das neue Verbandsverhältniß nothwendig an einer räumlichen, örtlichen Grundlage (Domicil). Aus diesem innern Sachverhältniß ergiebt sich der Grundzug für die geschichtliche Entwickelung, welche die beiden Erscheinungen der Einwanderung und der Einbürgerung gefunden haben. So wie das thatsächliche Verlaffen des Staatsgebietes um vieles älter ist als das Rechtsinstitut der begrifflichen Abstreifung des Staatsbandes, so blickt auch die Einwanderung auf eine bei weitem ältere Uebung zurück als die rechtlich bestimmte Einrichtung der Naturalisation. Sowohl die Antike, wie das staatliche Leben des Mittelalters, zeigen uns allerdings die Möglichkeit des Eintrittes in den Verband eines bisher fremden Staatswesens; allein die Fälle, in welchen von dieser Möglichkeit Ge brauch gemacht werden konnte, waren so selten, ihre Einwirkung auf die

Mischung der Bevölkerungsbestandtheile so geringfügig, daß wir in jenen Epochen zwar von der Wanderung ganzer Stämme, von dem unorganischen Eindringen fremder Völkerschaften mit ihren specifischen Volks. rechten in das staatlich geordnete Leben anderer Völker sprechen können, nicht aber von einem rechtlich gesicherten Verkehr der Einzelnen und von deren geordnetem Uebergang in den Verband eines fremden Staates. Noch im 17. Jahrhundert, noch kurz vor dem Auftreten der neuen Völkerrechtslehre, welche den Umbau der Anschauungen in diesem Ge biete bewirkte, gelangt die grundsäßliche Abwehr des Fremden, der Geist der Abschließung und Ausschließung in den Worten Bacquet's zum Ausdruck: Le nom de citoyen a esté anciennement de tous les peuples reputé excellent et honorable, en sorte qu'il n'a esté donné, octroyé, ni communiqué à aucun estranger, si non en recognoissance ou remuneration de grande, rare et excellente vertu." (Du droit d'aubaine 1621.)

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Die Staatsbürgerberechtigung, sie ist zur Zeit noch ein Ehrenvorzug, ein Vorrecht, das auch innerhalb des staatlichen Lebens nur einer Minderzahl zustand. War auch der Staat der Mercantiltheorie leichter als vorher geneigt dem Vermögen der Einwandernden, und der Staat der stehenden Heere bereiter, dem Einzuge Wehrfähiger seine Grenzen zu öffnen, so ist diese geduldete Einwanderung doch noch weit entfernt von einer rechtlich geordneten Aufnahme der Fremden in den vollen rechtlichen Verband der Staatsglieder. Der Eingewanderte verschwindet in dieser Epoche des staatlichen Lebens in der breiten Masse der nicht mehr als er selbst befugten, rechtlich geschüßten Staatsbewohner. Einer besonderen Aufnahme bedarf es in der Epoche des feudalen Princips nicht, das mit Hülfe des jus soli die Herrschaftsbefugniß des Territorialherrn auf die unlösliche Einheit des Gebietes und der darauf befindlichen eingeborenen und die erforderliche Be willigung vorausgesezt eingewanderten Bewohnerschaft erstreckte. Nur dort, wo es den Landesherren gelang, allmählich die verschiedenen Genossenschaften ihres Landes in eine Staatsgenossenschaft zu vereinigen und unter eine Landesverfassung zu bringen, da zeigten sich frühzeitig die Ansäge zu einer rechtlichen Qualificirung der Staatsmitgliedschaft in ihrem Verhältniß zum Träger der Souveränetät, wie aus jenen dem ältern Französischen Rechte angehörigen lettres de naturalité und den lettres de déclaration de naturalité zc. deutlich hervorgeht. 2) Gleichwohl waren diese Einrichtungen weit davon entfernt, einen leichten und rechtlich geordneten staats- und völkerrechtlichen Uebergang der Einzelnen innerhalb des internationalen Verkehrs zu gewähren, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß das moderne Rechtsmittel der Naturalisation quellengeschichtlich an jene Französischen Institute sich anlehnt. Die Naturali. sation hatte die schärfere Ausbildung des Begriffes der allgemeinen Staats. bürgerschaft, der rechtlichen nicht factischen Staatsangehörigkeit bei allen in Betracht kommenden Staaten zur nothwendigen Voraussetzung und war daher engstens an die rechtlichen Wandlungen dieser Institution geknüpft. Handbuch des Völkerrechts II.

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Allmählich nur hebt sich aber in Europa die Idee der Staatsangehörig. keit von den ersten beschränkten feudalen und patrimonialen Grundlagen der Grundhörigkeit, später von der auf communalen und provinciellen Gewohnheiten und Statuten ruhenden Ordnung empor bis zum vollen Ausbau, namentlich auf den Grundlagen des, von der Französischen Revolution geschaffenen Typus und zu derjenigen Umwandlung des ganzen Instituts, wie sie den Anschauungen und Bedürfnissen des modernen Staats- und Staatenlebens entspricht. Seit der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts haben wir demnach eine Entwicklungsreihe von Gesezes. normen vor uns, in welchen allmählich und einzeln jene Rechtssäße aneinander gefügt wurden, nach denen sich heute in den meisten im Verkehr stehenden Staaten der rechtliche Uebergang aus einer Staatsangehörig. teit in die andere als ein Ganzes regulirt.

Sehen wir hier von den aus familienrechtlichen Verhältnissen sich ergebenden derivativen Erwerbungsarten der Staatsangehörigkeit ab (Wirkungen der ehelichen oder unehelichen Geburt, sowie der Legitimation für das Kind, der Verheirathung für die Ehefrau), so können wir, von den eigentlichen Fällen der Staatswahl ausgehend, unter Einbürgerung verstehen die einem Fremden durch einen Rechtsact der landesgeseßlich zuständigen Behörde zu Theil gewordene Zuerkennung der Rechte eines eingeborenen Staatsgenossen. Kein civilisirter Staat schließt sich seither so vollständig von anderen und ihren Angehörigen ab, daß er diesen nicht unter billigen, leicht erfüllbaren Bedingungen die Möglichkeit offen ließe, mit voller rechtlicher Wirkung seinem Verbande freiwillig beizutreten. Sowie wir oben als Thatsache unserer gegenwärtigen Rechtsentwicklung betonten, daß die neueren Staaten jedem Staatsangehörigen, wenn nicht besondere rechtliche Hindernisse entgegenstehen, das Recht der Auswanderung und Ausbürgerung einräumen, ebenso gestatten fast alle modernen Staaten den Fremden die Einwanderung und Einbürgerung, vorausgesetzt, daß dieselben die vom Staate aufgestellten gesetzlichen Bedingungen erfüllen.3)

Als ein wesentlicher Bestandtheil des innern staatlichen Rechts ruht die gesammte Ordnung dieser Einrichtung mit ihrem Schwergewichte im Verfassungs- und Verwaltungsrecht der einzelnen Staaten und muß daher im Bereiche der wissenschaftlichen Darstellung dieser Materien ihre specielle Erörterung finden. Für das Völkerrecht ist, wie wir oben ausgeführt haben, die Staatsangehörigkeit der Einzelnen eine Statusfrage, die es da es an Verträgen in größerer Zahl und an einer übereinstimmenden gewohnheitsrechtlichen Entwicklung, wie etwa im Gesandtschaftsrechte, fehlt nicht aus seinem eigenen Normenkreis heraus, sondern aus dem eines bestimmten Gemeinwesens entscheidet. Es ist daher auch wenig angebracht bei Betrachtung der völkerrechtlichen Bedeutung dieses Instituts ein Verzeichniß aller geseßlichen Bestimmungen aufzustellen, welche in jedem einzelnen Staaten den Untergrund dieser Einrichtung bilden.

Das ist weder richtig noch zweckmäßig, da eine genaue Darstellung der je nach Landesrecht vielfach verzweigten und mit anderen privat und öffentlichrechtlichen Normen auf's Engste verbun denen Voraussetzungen des Erwerbes: die Ehelichkeit oder Unehe. lichkeit der Geburt, Rechtsgültigkeit der Ehe, Handlungsfähigkeit in ihren zahllosen Abstufungen, Domicil, Gemeindeangehörigkeit, Heimathrecht, Amtsübernahme 2c. sich schon aus räumlichen Gründen nicht durchführen läßt, die aus ihrem Zusammenhange mit dem übrigen Landesrechte gerissenen Detailbestimmungen jedoch nichts zur vollen Klarstellung des juristischen Problems beitragen können. Die Völkerrechtslehre muß sich daher, will sie im Gebiete der dogmatischen Arbeit verbleiben, begnügen, unter Verweisung auf die Einzelrechte der Staaten die Grundzüge schematisch zu bezeichnen, auf die das allgemein recipirte Institut durch die Staatenpraxis gestellt worden ist und hier mannigfach verschiedene Ausgestaltung gefunden hat.

Wollen wir so aus einem Ueberblick der Staatenpraxis die verschie denen Systeme auf ihren principiellen Gehalt prüfen, also gewissermaßen das Gerippe kennen lernen, welches in den verschiedenen nationalen Gesetzgebungen erst rechtlich bestimmte Form und Ausgestaltung erhält, so unterscheiden wir überall in Ansehung der Staatsangehörigkeit und ihres Erwerbes die nachfolgenden, die Einheit des Rechtsinstituts ausmachenden begrifflichen Momente:

I. Die Erwerbungsarten ;

II. die Bedingungen für den Erwerb;

III. die Verleihungsformen;

IV. die rechtlichen Wirkungen des Erwerbes.

ad I. Was zunächst die Art der Erlangung betrifft, wird innerhalb der nationalen Gesetzgebungen überall die derivative Erwerbungsart von der originären geschieden.

1. Derivativ ist die Staatsangehörigkeit begründet in folgenden Fällen:

a) Jure originis oder sanguinis für das eheliche oder uneheliche Kind, wo immer die Geburt desselben auch stattgefunden haben mag; auf das eheliche Kind überträgt sich ipso jure die Staatsangehörigkeit des Vaters, auf das uneheliche die der Mutter. (§ 3 des Deutschen Gesezes vom 1. Juni 1870; §§ 28 und 165 des Desterr. bürg. Gesetzbuchs in Verbindung mit §§ 1, 2, 6, 13 2c. des Desterr. Heimaths-Ges. von 1862; Ung. Gesetzartikel 50 ex 1879; Frankreich, Belgien: Code civil Art. 10; Holland: Code civil Art. 5 2c.)

b) Durch Legitimation bezw. innerhalb des Französischen Rechtssystems durch Anerkennung erhält das Kind die Staatsange. hörigkeit des Vaters bezw. des die Anerkennung vornehmenden Ascendenten.

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