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reichischen Alpen an photographischen Darstellungen aus dem eigentlichen Hochgebiete derselben nicht den hundertsten Theil dessen aufzuweisen haben, was diesbezüglich von der dem Flächeninhalte nach viel unbedeutenderen Schweiz vorliegt, so wird mir wahrlich Niemand Unrecht geben, der nur einigermassen eingeweiht ist; warum dieser Uebelstand und als ein solcher muss der Wegfall derartiger Bilder allein schon deshalb bezeichnet werden, weil durch dieselben der Ruf der Schönheiten unserer Berge in immer weitere Kreise dringen würde, da bekanntlich nichts so sehr hiefür spricht, als eine getreue bildliche Wiedergabe bei uns zu verzeichnen ist, solchem nachzuspüren würde mich hinausgehen heissen aus dem Rahmen dieser knappen Mittheilungen, weshalb ich es unterlassen muss.

Was Wunder also, dass mir, dem in zigeunerhafter Freizügigkeit nun bereits seit Langem in den Alpen Herumziehenden endlich — und ich hoffe, da noch Kraft genug verspürend, nicht zu spät für mich die Idee gekommen ist, gerade hier selbst Hand anzulegen. Dennoch bedurfte es noch einer geradezu gewaltsamen Anregung. Diese letztere bot sich mir dar in den beiden Hochwasser-Katastrophen, welche in jungvergangenen Tagen so unsagbar viel Elend über vordem herrlich grünende und fruchtbare Gebiete unserer Alpenkronlande, vorzüglich über Tirol, hereinbrechen liessen. Die warmen Worte menschenfreundlicher Hingebung, welche durch so manche berufene Feder gleich nach Eintritt der beiden furchtbaren Elementarereignisse in die Welt hinausgesendet worden waren, gedachte ich durch Schaffung von Bildern zu unterstützen.

Schnell war mein Plan gefasst. Obgleich ich selbst vorher nie einen photographischen Apparat gehandhabt hatte, so war mir doch die Photographie aus dem Grunde nicht ganz fremd, als ich selbst ehemals den Lichtdruckgebilden mit dem Pinsel zu Leibe gegangen war, und mir ausserdem einige der bedeutendsten Vertreter der PhotographenGilde Freunde waren und noch sind. Als einen der Letzteren, eines der Mitglieder der Photographischen Gesellschaft in Wien, Herrn Carl Kroh, in erster Linie zu nennen, geziemt sich einerseits wohl allein schon deshalb, weil mir derselbe nicht nur seit Jahren ein treuer Freund gewesen und sogar in nahezu verwandtschaftlichem Verhältnisse zu mir steht, sondern weil ich gerade ihm die ersten Rathschläge auf dem mir in seiner praktischen Bethätigung vollständig neuen Berufsfelde verdanke. Sodann gedenke ich aber auch noch dankend eines zweiten Mitgliedes vorgenannten Vereines; es ist dies der wohl den meisten Lesern dieser Publicationen vortheilhaft bekannt gewordene 1), äusserst tüchtige und vielerfahrene Operateur und erster Assistent im Atelier des Vorgenannten, Herrn Ch. Scolik. Die beiden hier genannten Herren waren es, welche mich mit Rathschlägen und Winken versehen haben für meine Erstlingsfahrt als Landschaftsphotograph; und wenn ich so wie mir solches nach Ausstellung meiner Erzeug

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1) Durch seine vortreffliche Abhandlung: Die Praxis des Bromsilber-Emulsions-Verfahrens im Atelier Kroh", Bd. XIX, Heft 227, pag. 116-124 der Photographischen Correspondenz, April 1882.

nisse in gewiss nachsichtiger Beurtheilung von berufenster Seite freundlichst bekanntgegeben worden ist einigermassen zufriedenstellende Resultate erzielte, so habe ich solches, wie bemerkt, hauptsächlich den Vorgenannten zu verdanken, was ich gerne hiemit ausgesprochen haben möchte.

Doch komme ich nun zur Reise selbst.

Nach Aufertigung von nur vier Aufnahmen, welche ich von einem Fenster meiner im zweiten Stockwerke eines Eckhauses gelegenen Wohnung gegen die Lerchenfelderkirche hin und den Galycinberge bewerkstelligt hatte, verliess ich am Abend des 23. November v. J. mit dem Expresszuge der Westbahn Wien, um direct nach Tirol zu dampfen.

Das mitgenommene Gepäck war dem Volumen und Gewichte nach ein viel zu umfangreiches, wie sich dies nur allzubald herausstellte, weshalb denn auch ein nicht unbedeutender Theil desselben von mir in Gossensass am Brenner zurückgelassen wurde. Ausgerüstet mit dem Nothwendigsten, verliess ich nach einundeinhalbtägigen, durch schlechtes Wetter bedingten Aufenthalt, letzterwähnten Ort wieder, um nunmehr in das eigentliche Gebiet meiner Thätigkeit einzudringen.

Zur Herstellung von Aufnahmen im Ausmasse von 18-24 Cm. hatte ich auf Anrathen meines Freundes, Herrn Kroh, eine Reise-Camera von Wien aus mitgenommen, welche nebst dem Stative von dem tüchtigen Photographen-Tischler Herrn Josef Wanaus (Wien, VI., Canalgasse 5) auf Wunsch in aller Eile hergestellt worden war; als Objectiv sollte mir ein Rectilinéaire 1), Serie B, Nr. 4 (Linsendurchmesser 48 Mm.), dienen, welch' beide Behelfe in der Folge auch treffliche Dienste leisteten. Ausserdem war mir durch die Freundlichkeit des mir ebenfalls befreundeten Photographen Herrn Ferdinand Dürr in Wien ein Plattenwechselkasten zur Verfügung gestellt worden, dessen höchst einfache, jedoch praktische Verwendbarkeit ich ebenfalls bald kennen zu lernen Gelegenheit fand, sobald sich dessen Gebrauch auf einen geschlossenen Raum, resp. auf ein durchwärmtes Gemach beschränkte; über die Verwendung des letzteren im Freien werde ich später noch einige Worte verlieren. Die Trockenplatten hatte ich von der anerkannt tüchtigen Firma C. Haack, Wien, III., Hauptstrasse 95 bezogen, welcher ich an dieser Stelle gleichfalls gerne bestätigen möchte, dass die mir gelieferten Gläser von vortrefflicher Qualität und durchwegs (100 Stück) gleich präparirt waren. In dem erwähnten Plattenwechselkasten konnten nebst den für drei- bis fünftägigen Gebrauch allenfalls erforderlichen Platten noch zwei Papiermachétassen sowie die erforderlichen Flaschen, Mensuren und Chemikalien zum Hervorrufen der Aufnahmen und auch die Pizzighelli'sche Emulsionslaterne ganz gut untergebracht werden. An Chemikalien hatte ich Vorrath für beide Rufmethoden, sowohl für den Pyrogallus-, als auch Oxalat-Hervorrufer; dass ich und wie später auch durch übereinstimmende Ansicht tüchtiger Fachleute gleichfalls erkannt wurde den Pyrorufer den Vorzug einräume, sei gleich hier erwähnt. Die mit letzterer Rufmethode erzielten Resultate beanspruchen

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1) Alleiniges Depôt für Oesterreich-Ungarn bei L. Türkl, Wien, I. Lugeck 3.

in Folge der Weichheit und schöneren Durchzeichnung vor jenem des Oxalatrufers den Vorrang.

Es sei mir nun gestattet, meiner Thätigkeit als Landschaftsphotograph in Kurzem zu gedenken. In Bruneck, in welcher Stadt und Umgebung sich mir zuerst höchst bedeutsame Spuren stattgefundener Zerstörung durch die beiden Hochwässer darboten, langte ich am 27. November gegen Abend an. Die erste Schwierigkeit bot sich mir in der Aufnahme eines Zimmers dar. Man wollte und das Stativ verrieth mein Vorhaben keinen Photographen in's Quartier nehmen, da man diesfalls von früher her nicht ganz angenehme Erfahrung gemacht haben mochte. Ein reisender Photograph hatte nämlich in dem von mir erwählten Hause mehrere Tage sein Unwesen getrieben und, wie deutliche Spuren bewiesen, nicht eben mit übergrosser Vorsicht sich der vorhandenen Möbelstücke bedient. Der parquettirte Fussboden sowohl als auch ein schöner Tisch und der Waschkasten wiesen grosse schwarzbraune Brandstellen (dies der beliebte Ausdruck), vom nassen Verfahren herrührend, auf. Nach längerem Hin- und Herreden gelang es mir endlich, bei der besorgten Gastgeberin die Bedenken, welche sich meiner Unterbringung anfänglich hartnäckig entgegenstellten, dadurch zu zerstreuen, dass ich ihr eine unexponirte Platte zum Opfer brachte; die milchige Schichte derselben übte eine ausserordentlich calmirende Wirkung auf die besorgte Frau; ich durfte mich im Quartiere sesshaft machen.

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Meine nächste Sorge galt der Habhaftwerdung eines Gehilfen". Dies gelang wider alles Erwarten gut; in der Person eines mit riesigem Körperbaue ausgestatteten Packträgers creirte ich am kommenden Morgen für eine Reihe von Tagen einen Begleiter für meine Irrfahrten. Meine Wahl war auf einen prächtigen Menschen gefallen, welcher sich höchst anstellig erwies, was wohl dadurch erklärlich wurde, dass derselbe bereits einmal durch längere Zeit von einem Brunecker Photographen auf eine technische "Spritzfahrt mitgenommen worden war. Das Aufstellen des Stativs und die schleunige Auseinandernahme der Camera und deren spätere Wiederversorgung besorgte mein Goliath bereits am zweiten Tage zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitsgebers.

Die sechs in Bruneck am ersten Tage vollzogenen Aufnahmen waren vollständig gelungen. Die Hervorrufung derselben hatte ich noch am selben Abende vorgenommen. Erwähnenswerth dünkt mir, dass ich bereits nach der vierten Aufnahme einen Vorgeschmack von den mancherlei Leiden eines reisenden Photographen bekommen sollte; bei der von mir geplanten fünften Aufnahme (Object: der in seinen Arcaden entsetzlich zerstörte Friedhof von Bruneck) zeigte es sich nämlich, dass uns die zur Fixirung des Ocularbrettes nothwendige Schraube abhanden gekommen war. Mein Famulus wusste schnell Rathes; ein ihm befreundeter Zeugschmid stellte schnell das unumgänglich nothwendige Eisenstück her, welchem in Hinkunft meinerseits grösste Obsorge zugewendet wurde.

Auf einem zweiräderigen Handwägelchen wohlverpackt, wurde am 29. des gedachten Monats mein gesammtes Gepäck von meinem Begleiter thalaufwärts 'befördert. Gleich nach dem Morgengrauen waren

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wir aufgebrochen, um mir so die Möglichkeit zu bieten, noch selbigen Tages auf der Strecke Bruneck-Welsberg Aufnahmen machen zu können. Die Temperatur war vom Vortage her empfindlich herabgesunken, das Thermometer wies in der Früh 11o R., wozu sich ein empfindlich kalter Wind gesellte, was nun freilich nicht sehr verlockend für mein Vorhaben erscheinen musste. Doch da sich ein wolkenloses Firmament über die Landschaft breitete, war mit der höher steigenden Sonne auch Milderung der Kälte zu erhoffen. In Percher vertauschte mein Begleiter das Handwägelchen des leichteren Transportes wegen, mit einem dort entliehenen Schlitten.

Nachmittags sollte ich das Unpraktische der Verwendung des Plattenwechselkastens im Freien erfahren. Die Temperatur war auf 6o R. gestiegen, doch hatte der Wind eher zu- als abgenommen. Angesichts eines interessanten Objectes musste ich, da die in den beiden Cassetten enthaltenen Platten bereits exponirt waren, im Freien wechseln, was sehr empfindlich war. Die in Folge der möglichst sorgsamen Einhüllung des Oberkörpers im Kasten während des nahezu 10 Minuten währenden Auswechselns hervorgebrachte sehr hohe Temperatur liess mich sehr stark erhitzt in's Freie wieder heraustreten, was bei oftmaliger Wiederholung bei einem dem damaligen gleichenden Wetter sicherlich für die festeste Körperconstitution von begreiflichem Nachtheil begleitet sein würde; ausserdem trieften aber auch buchstäblich die Cassetten vom Schwitzwasser. Meine bezüglich der so eingelegten Platten gehegte Befürchtung der Schädigung der Schicht erwies sich leider schon am Abende desselben Tages als nur zu gerechtfertigt; die beiden auf erwähnte Weise eingelegten Platten zeigten eine grosse Anzahl von Blasen, welche jedoch nicht die Oberfläche der Schicht angingen, sondern sich als zwischen dieser und der Glasplatte befindlich, herausstellten. Offenbar war der jähe Temperaturwechsel während des Einlegens hieran Schuld, welche Ansicht auch später von mehreren Fachleuten bestätigt, oder doch als höchstwahrscheinlich richtig angesehen wurde. Die ganz gleiche Wahrnehmung zu machen, bot sich mir noch zweimal später während der weiteren Reise nur allzu unliebsame Gelegenheit, was also zweifellos gegen das Wechseln im Kasten unter freiem Himmel bei grosser Kälte spricht, da ich es eben nur zu constatiren vermochte, sobald die Temperatur eine auffallend niedrige war. Auf die Gefahr hin, etwas bereits Bekanntes mitzutheilen, möchte ich auch hier gleich bemerken, dass die während sehr niedriger Temperatur exponirten, und somit doch durch längere Zeit der letzteren ausgesetzt gewesenen Platten, selbst wenn das als Rufzimmer dienende Gemach durch längeres Heizen höchst erträglich warm gemacht und das Wasser etwas erwärmt worden war, dennoch bedeutend langsamer während des Rufens erschienen als bei gelinderer Witterung exponirte Platten. Vorerwähntem Uebelstande liesse sich nun wohl, soweit derselbe die Platten betrifft, durch geeignete Vorsichtsmassregeln steuern, doch werde ich speciell für die Zukunft einfach allen ähnlichen Eventualitäten dadurch auszuweichen suchen, dass ich vier Doppelcassetten mitnehmen werde, deren acht Platten für den täglichen Bedarf wohl in den weitaus meisten Fällen genügen dürften.

Die Auswechslung kann demnach stets Abends bei rothem Lichte in dem jeweiligen Quartiere vorgenommen werden, was weniger umständlich ist, in allen Fällen aber auch sicherer einer allfalsigen unfreiwilligen Beleuchtung während des Wechselns vorbeugt.

Erst bei bereits eingebrochener Dunkelheit erreichten wir erwähnten Tages den furchtbar von den Hochwässern zerstörten Ort Welsberg. In dem mir von früher her als vortreffliche Unterkunftsstätte bekannten Gasthofe zum "goldenen Löwen" nahm ich mit meinem, durch das stets thalauf bewerkstelligte Schlittenziehen ziemlich ermüdeten Begleiter Quartier; es galt auf mehrere Tage Aufenthalt zu nehmen, da sich hier der nur allzu ninteressanten" Objecte eine grössere Menge vorfand.

Der Kürze halber erwähne ich nur, dass die Aufnahmen in Welsberg den gewünschten Erfolg hatten, dass sich während des viertägigen Aufenthaltes alldort die grösste auf der Reise zu verzeichnende Kälte einstellte. Bei einer Temperatur von -15° R. und auch damals zu verzeichnendem starken Winde bietet es wahrlich selbst für den eingefleischtetesten Landschaftsphotographen nichts Angenehmes, im Freien durch viele Stunden des Tages zu manipuliren; doch es galt thätig sein, da das Wetter im Uebrigen zu derartigem Thun meist äusserst günstig war.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur.

Die elektrotechnische Revolution, populär - wissenschaftlich dargestellt von einem Fachmann 8. (74 S.) München 1883. G. Pollner.

Dieses durch eleganten Druck und handsames Format sich auszeichnende Gelegenheitsschriftchen enthält einen kurzen und populär gehaltenen Abriss des gegenwärtigen Standes einer bedeutungsvollen Technik, welche berufen erscheint, im Beleuchtungs- und Eisenbahnwesen, sowie auf anderen Gebieten eine bedeutungsvolle Rolle zu spielen. Nach einer kurzen Einleitung (pag. 5 bis 7) wird der Stoff in folgenden Abschnitten behandelt: „I. Die Eigenschaften und Wirkungen des elektrischen Stromes (pag. 8—29); II. Die Elektrotechnik (pag. 30-63)." An diese zwei Abschnitte reiht sich eine Uebersicht der Literatur (pag. 64-68), eine Berechnung der Kosten des elektrischen Lichtes (pag. 69 bis 72); eine kurze Besprechung der wichtigsten Gegenstände auf der elektrischen Ausstellung in München (pag. 73-74), eine Aufzählung der Fabriken, welche Dynamomaschinen und elektrische Lampen erzeugen (pag. 75). Das Büchelchen sei Jedermann empfohlen, der sich über die Fortschritte auf dem Gebiete der Elektrotechnik und über ihre Bedeutung rasch informiren will.

Vereins- und Personal-Nachrichten.

Verein photographischer Mitarbeiter in Wien. Die am 19. Jänner stattgefundene Monatsversammlung dieses Vereines war von 82 Mitgliedern und mehreren Gästen besucht. Nach Verlesung und Genehmi

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