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Einleitung.

Seit der Kipper- und Wipperzeit, befand sich Leutschland in Ansehung des Münzwesens nie in so bedenklicher Lage, wie jest. Der Oberaufsicht und der Art von Einheit beraubt, welche die Reichs- und Kreisverfassung diesem Haupttheil der Staats Finanzwirthschaft gewährte, scheint unser Vaterland, wenn nicht bald Einhalt geschieht, einer anarchischen Münzverwirrung entgegen zu gehen, die nicht ohne die unglücklichsten Folgen eintreten und enden könnte.

Der durch die Auflösung der Reichsverbindung erlangten vollen Souverainetåt sich bewußt, kann jetzt auch der kleinste teutsche Staat seine Münzunabhängigkeit, ganz nach eigener Einsicht und Willkühr, in ihrem vollen Umfang geltend machen. Nur Gott und seinem Degen ist er, einer mehr üblichen als weisen und rechtlichen Redensart zufolge, dafür verantwortlich, ob, wie weit, wie lang, er ein MünzSystem annehmen und befolgen will. Von seiner freiesten Willkühr hängt ab, welche Münzsorten, und aus welchem Metall er prågen, ob er dabei einem bestimmten Münzfuß, und welchem, ob er nur Einem Münzfuß, oder in verschiedenen-Geldsorten verschiedenen Münzfüßen folgen will, ob er in der Ausmünzung der geringeren Sorten oder Scheides münzen Maas und Ziel halten, oder sein Land und die in unvermeidlichem Verkehr mit demselben stehende Nachbarschaft damit überfüllen, welche Form er seinen Münzen geben, ob und wieviel Remedium an Schrot und Korn er dem Münzmeister gestatten, ob und wie grossen Fabrikgewinn

er selbst von dem Münzbetrieb sich zueignen, oder ob er mit dem Schlagschaß sich begnügen, ob er die Ausmünzung für eigene Rechnung und allein, oder in Gemeinschaft mit Andern betreiben, oder gar verpachten, oder den Gebrauch seiner Münzstätte Privatpersonen (wie neuere Beispiele lehren) aus Gefälligkeit und auf Widerruf gestatten will, u. s. w.

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Wie verführerisch solche Ungebundenheit unter gewissen Umständen, bei Geldnoth, in Kriegszeiten, bei individuellem Hang zu Verschwendung, bei vorherrschender Plusmacherei und Gewinnsucht, bei Unkunde des Münzwesens, bei Verkennung seiner hohen Wichtigkeit für Privat- und Gemeinwohl, besonders in nichtconstitutionellen Staaten seyn, wohin und wie weit sie führen könne, ja hie und da werde, leuchtet ein. Dennoch läßt die Münz Politik, nach Büsch*), keinen Fehler ungestraft, der wider sie sündigt, mag mächtig oder schwach seyn. Soll doch vor Kurzem ein Handelshaus einem der kleinern teutschen Souveraine in allem Ernst den Vorschlag gemacht haben, ihm durch Prågung geringhaltiger Münzen aus der stets wachsenden Finanzverlegenheit zu helfen! Glücklicherweise ward bis jeßt dieser heillose Rath nicht befolgt. Aber wåre oder würde er es, wie grosses und vielfaches Unheil würde dadurch in dem eigenen Ländchen und in der Nachbarschaft verbreitet wors den seyn oder werden, bis durch das Uebermaas des Uebels, dem Uebel selbst endlich Grenzen wären gesezt wor den, oder würden gesezt werden.

Eines der größten Uebel, die einem Staat zugefügt werden können, ist die Unbeständigkeit in dem MünzSystem, die Wahl eines schlechten, die gleichzeitige Zulassung mehrerer Systeme. Sind Unordnungen in dem Münzwesen eingerissen, drohen andere, was ist demnach dringender, als Ördnung, Einheit und Gleichgewicht durch feste, das Ganze umfassende, wider Abweichungen gesicherte Maasregeln, wo möglich unwandelbar, herzustellen? War es nicht für Oest

*) Heber Bankgeld, Münze und Münzverwirrung, Absatz 51.

reich ein unberechenbarer Vortheil, daß, wie groß und anhaltend auch während der jüngsten Kriege mit Frankreich die Finanznoth seyn mochte, dennoch der Finanzminister bei der PapiergeldHülfe es bewenden, und den Feingehalt der Metallmünze in Gold und Silber, in den groben Geldsorten unangetastet ließ, hier dem Conventions MünzSystem unwandelbar treu bleibend?

Werfe man, aus dem Gesichtpunct des Münzwesens, einen Blick auf die Landcharte von Teutschland, wie und wo die Bundesstaaten durcheinander liegen, sich berühren, durchkreuzen, umschlkeßen, wie und wo eilf von ihnen das Ausland, Schweizercantone, Frankreich, die Niederlande, dånische Staaten, Polen, Crakau, berühren! Denke man sich, daß sie sich, wie schon zum größten Theil durch Zoll- oder Mauthlinien, nun auch noch mit Münzlinien umgeben, wohin es bei steigender Münzverwirrung überall, mehr oder weniger, kommen würde. Dann wäre jede Münzlinie, neben der jezt schon quålenden Münzverschiedenheit und Münzverschlechterung, nicht nur ein neues Hinderniß für den Wechselhandel und den Waarenhandel im Großen, sie wäre der Todesstreich für den Verkehr der Grenzbewohner, dem gegenseitige Zulassung ihrer Landesmünzen unentbehrlich ist. Ein grosser Theil derselben würde durch die Münzplage in Versuchung gerathen, wenn nicht nach dem Ausland, doch nach dem Binnenland auszuwandern.

Denke man sich hinzu die Münzplackerei der Reisenden. Ist sie nicht jezt schon groß genug? Reise nur, wer davon durch Erfahrung noch nicht belehrt ist, von Frankfurt am Main nach Wittenberg, durch die Gebiete von Frankfurt, Kurhessen, WeimarEisenach, Gotha, Preussen (Erfurt), abermal Weimar, Preussen (Naumburg), Königreich Sachsen, wieder Preussen. Auf jeder PostStation, in jeder Schenke wird ihn die Münzplage überfallen, am meisten wenn er zu Fuß, oder mit Mieth- oder eigenen Pferden, zumal als Frachtfuhrmann, reiset, folglich genöthigt ist, öfterer und långer an- und sich' aufzuhalten, als bei flüchtigem Reisen mit ErtraPost oder Eilwagen.

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Wie oft wird man ihm sagen:,,Dieses Geld gilt hier nicht, wir können es nicht brauchen; haben Sie kein anderes ? dieses ist leichtes Geld, wir haben schweres; dieses gilt hier nur so viel; bei uns rechnet man nach guten Groschen; hier rechnet man nicht nach Groschen, oder nicht nach Kreuzern; Kreuzer, Drei- und SechskreuzerStücke, oder leichte sächsische Groschen, oder preussische Silbergroschen, Zwei-, Vier, Sechs- und Achtgroschen Stücke gelten hier nicht; der preussische Thaler wird bei uns in öffentlichen Cassen nicht angenommen, haben Sie keine Species? den preussischen Thaler können wir zu 1 Fl. 48 Kr. nicht brauchen, nur aus Gefälligkeit will ich ihn zu 42 Kreuzer annehmen; der Ducaten, der Friedrichd'or, der Augustd'or, der neue Louisd'or, wird hier nur so hoch angenommen, wollen Sie ihn aber gegen preussische, oder leichte sächsische Münze verwechseln, dann kann ich Ihnen so und so viel dafür geben; der Laubthaler, der Kronthaler gilt hier nur so und so viel; haben Sie kein anderes Geld? Gold nehmen wir nicht, man ist damit gar zu sehr geplagt, wollen Sie es aber hier mit meinem (mit ihm ingeheim einverstandenen) Nachbar, dem Herrn Handelsmann - versuchen, der wechselt Ihnen vielleicht, der kann es auf der Messe wieder los werden“.

Wohlan! Dieser spricht: „ach lieber Härre, Sie globen nich, wie sehre man mit den verdammten Jolde jeplagt is, hier in den Lande kann man es jahr nich los wården, da klåbt es an enen wie Filzleise; kommt man damit zur Messe, da bejucken sie es hinten und vorne und rund rum uf den Rande, und nehmen zum Pretert es wäre zu leichte, und will man wohl oder ibel (unser ener führt keene Joldwage, und in den Schaß kann er es og nich legen) muß man es um enen Spottpreis hinjeben, so hat man mit den Lausjolde nir wie Schårerei und Schaden“. — Auf vieles Anhalten, läßt endlich der Goldfeind sich erbitten. Aus wahrem Erbarmen, um nur dem „lieben Hårren“ aus der Noth zu helfen, wechselt er. Zu Agio versteht er sich nicht. „Ach du mein Jott", wendet er ein,,,wenn og noch von Lahsche die Rede seyn sollte, da mißte man vollends zu Frunde jes

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hen"! Dieser MünzPoliticus gibt endlich Silbermünzen aus wenigstens dreier Herren Landen, denn anderes kleen Jeld hat er jahr nich. Etwas Füchse (so titulirt er die in Kupferfarbe spielenden Silbergroschen) müssen Sie, fügt er hinzu, mich og abnehmen, die können Sie in den Preissischen wieder los wåren, da låcken sie die Finger darnach“.

In der Schenke schießt dem Fremdling, bei Bezah lung der Zeche, der Wirth dieses Geldstück und jenes mit gefälliger Miene aus, obgleich jener dasselbe so eben von dem empfohlenen Herrn `Nachbar empfangen hat. „Des= sen", spricht er,,,will ich Ihnen hier nich beroben, denn damit kommen Sie uf den nächsten Orte, wo Sie anhalten, hårrlich fort, wohinjegen sie daselbst dieses und dieses Stück, (welches Er sich aussucht) Sie nich abnehmen würden. Jenes dort bewahren Sie ja recht jute"! Im Begriff in den Wagen zu steigen, schenkt der Reisende, aus Versehen, von dem so wohlwollend ausgeschossenen Geld ein Stück als Biergeld dem Hausknecht, ein anderes einem Bettler. Die betrachten es mit bedenklicher Miene, und danken nicht. An dem zum Ausgeben empfohlenen nächsten Stations oder Einkehrort, will den gütigen Ausschuß Niemand nehmen. „Im Schwarzburgischen“, sprechen sie, „und im Reussischen wird man es nåhmen". Ja! geschenkt viel leicht, oder gestohlen - denkt prosaisch der Gewißigte.

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Nicht viel besser, ergeht es den Reisenden auf gar manchen andern Reiserouten, auf der einen mehr auf der andern weniger, besonders mit den geringern Geldsorten. Ein preusfischer in Urlaub reisender Offizier, ein apanagirter standesherrlicher Prinz, und ein Apotheker, der seine Verwandten in der preussischen Heimath besucht hatte, fanden sich in Berlin auf dem Eilwagen zusammen. Der Prinz hatte all sein Reisegeld in preussischen Cassenanweisungen, in Papiergeld, bis 1825 Tresor- und Thalerscheine benannt. Mit besonderem Nachdruck rühmte er, wie bequem mit diesem leichten Geld zu reisen, wie leicht und sicher damit überall fortzukommen, wie angenehm dasselbe allenthalben sey.,,Doch nur im Preussischen", erwiederte der lustige Apotheker, der

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