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dieselben zu sammeln und zu verbinden. Jene Achtung, diefer Geist bezeichnet die Weisheit einer Staatsverwaltung. Nur selten ist ihr vorbehalten oder Bedürfniß, Neues zu erfinden. Demnach sey die Aufgabe, das bekannte Gute zu sammeln, zu verbessern, zu vervollständigen, zu ordnen, das Verwerfliche zu beseitigen. Zu gebührender Würdigung des auf solchem Weg gefundenen Stoffs, dient bald eine aus der Natur der Sache hervorgehobene Begründung, bald eine Vergleichung desselben mit demjenigen, was früher bestand, oder für nöthig oder heilsam erachtet ward. So gewonnen, wird das múnz architektonische Ganze Vernunft und Erfahrung zur Stüße haben.

Nur Grundzüge zu einem Münzverein teutscher Bundesstaaten, das Ergebniß einer Verfahrungsweise, wie die so eben geforderte, werden hier vorgelegt. Würden durch sie auch nur bessere Ideen angeregt und der Ausführung nåher gebracht, so würde ihnen nicht alles Verdienst mangeln. Zuvörderst mögen Erläuterungen, wenn auch ihnen nicht überall zur Empfehlung, doch zu Enthüllung der Absichten und Beweisgründe des Urhebers dienen.

Es ist eine alte Klage, daß die Münzkunst und die Münzwissenschaft von zu Wenigen studirt, daß sie wohl nicht selten von nichteingeweihten Staatsbeamten für allzuschwer, wenigstens für zu mühsam, und dabei zu wenig lohnend angesehen werden, um sich gründliche Einsicht darin erwerben. zu wollen oder zu können *). Manche scheinen sich darunter sogar eine geheime Kunst und Wissenschaft, ausschliessendes Eigenthum weniger Eingeweihten, eine Art von Abracadabra zu denken, unter einem Münzmeister einen Gnom, der mit geheimnißvollen Worten, Charakteren und Formeln operire, und zauberartig an der Esse in Schmelztiegeln sein Wesen treibe.

*) Hierin mag wohl auch die Ursache zu suchen seyn, daß der Artikel Münzmeister" in dem BetrugsLexicon des umsichtigen, welt, sach- und menschenkundigen Hönn, einer der magersten dieses reichhaltigen Buchs ist.

In der That haben manche Druckschriften über Münzgegenstände, für Uneingeweihte das Ansehen einer Art von Zauberbüchern, wegen häufig eingemischter Zeichen und Kunstausdrücke *), eines dunkeln, oft zweideutigen Vortrags **), und öfterer arithmetischer Erörterungen, die allein schon Alle abschrecken, welche vor dem in Münzsachen unvermeidlichen Zifferwesen Abscheu haben.

Welche Bewandniß es auch mit dieser Klage haben mag, das lehrt die Erfahrung unwiderlegbar, daß von manchen Regierungen dem Münzwesen nicht immer und nicht überall diejenige Aufmerksamkeit, nicht jene Vor- und Umsicht gewidmet werde oder worden sey ***), deren es seiner großen

*) Gesammelt und erklärt findet man diese technischen `Zeichen und Ausdrücke, in J. Cph. Hirsch eröffnetem Geheimniß der practischen Münzwissenschaft (Nürnb. 1762, auch Frankf. 1768. 4.), G. 110-140; die französischen Benennungen, in Boizard traité des monnayes. Paris 1714. 12.

**) Darüber klagt, und erklärt solches für die Hauptursache, warum die Lehre von dem Geld so ausnehmend schwer und verwickelt geworden sey, Stewart, in s. Staatswirthschaft, Buch III, St. 1, Cap. 5, u. St. 2, Cap. 6.

***) Von vielen Beispielen älterer und neuerer Zeit, hier nur etliche. Aus Unkunde der Münzgeseße und Münzwissenschaft, berechnete das Reichskammergericht, welches seine Geldstrafen nach Marken löthigen Goldes und Silbers (rauhen Marken) anzusehen hatte, diese so, daß die Gestrasten für jede Strafmark Goldes 49 Zähl- oder Rechnungsthaler (v. Praun vom Münzwesen, S. 90 u. 97) und 47 Kr., und für jede Strafmark Silbers 3 Zählthaler und 43 Kr. zu wenig an den Fiscus zu bezahlen hatten und bezahlten (Materialien, G. 29), und fielen zwei der gelehrtesten und mit Recht geschäßtesten, Reichskammergerichts Assessoren in auffallende Münzfehler; Ludolf, indem er die rauhe Mark mit der feinen verwechselte, und Cramer, indem er die Möglichkeit eines Zweifels über Die gehörige Ausmünzungsweise der Goldgulden vorausseşte, da doch diese in der ReichsMünzordnung von 1559, §. 64, genau bestimmt ist (Materialien, S. 26 u. 28). Durch Verordnung vom 28. März 1816 sette eine gemeinschaftliche Staats

Staatswichtigkeit wegen, im höchsten Grad nicht nur bedarf, sondern auch würdig ist. Dasselbe gehört vor das Forum der Mathematik und der Chemie nicht weniger, als vor dasjenige der Politik und des Staatsrechts, und darum ist begreiflich, daß selbst in höhern Staatsbehörden alle nöthigen Sachkenntnisse sich nur selten vereinigt finden. Dagegen fehlen daselbst nie die Mittel, nicht nur überhaupt richtige und vollständige Kenntniß des Münzwesens zu erlangen und zu verbreiten, sondern auch in vorkommenden Fällen vorsichtig gewählten Rath, nicht Eines, sondern mehrerer unpartehischer Sachkundigen einzuholen.

Ich sage vorsichtig gewählten, unter Anderem aus denselben Gründen, aus welchen man in so vielen andern Dingen extra collegium, auch wohl in dem Ausland, bei Sachverständigen sich Raths zu erholen pflegt, und aus welchen nie einem Münzwardein zugleich das Amt eines Münzmeisters anvertraut werden sollte, aus welchen auch in andern Zweigen der Finanzverwaltung nie die Verrichtungen des Rechnungsführers und des Revisors, diejenigen des zu Controlirenden und des Controleurs oder Gegenschreibers, derselben Person übertragen werden. Weiser und unparteyischer Rath Mehrerer ist nöthig, sollte er auch jenseit der Ministerialoder CollegialGrenze, selbst jenseit der Landesgrenze zu suchen seyn. Einst wurden Copernicus und Newton zu Rath gezogen.

Der jeßigen und der, wenn nicht bald Einhalt geschieht, bevorstehenden noch grössern Münzverwirrung mit Erfolg

behörde der beiden Regierungen, welche die Urheber des Conventions Münzfusses sind, die damalige kaiserlich-königlich östreichische und königlich - baierische Landes Administration zu Worms, den äussern Werth des Conventions Tha: lers bei den Staatscassen, auf nur 5 Francs 16 Centimes; also um 73/100 (ungefähr 3/4 pro Cent) niedriger als nicht nur sein geseglicher innerer Werth, sondern auch der sogar von dem Ausland, von der französischen Regierung, zu 5 Francs 1988/100 Centimes anerkannte äussere Werth beträgt. (F. J. Cleynmann's) Aphorismen aus dem Fache der Münzgesetzgebung u. des Münzwesens (Frankf. a. M. 1817. 8.), C. 126 ff.

entgegen zu wirken, die unglücklichen Folgen derselben zu beseitigen, noch verderblichere zu verhüten, dazu kann nichts dienlicher seyn, als eine klare Einsicht in die Natur des Münzwesens überhaupt und des Uebels der Gegenwart.

Wie im Jahr 1768 der ehrwürdige Publicist Johann Jacob Moser *), könnte der Verfasser dieser Abhandlung zur Entschuldigung schreiben: „Ich bin weder Münz Doctor noch Münzrath. Weil ich aber doch viel gelesen, und Manches selbst erfahren habe, so habe ich geglaubt, eben so wohl als Andere Recht zu haben, meine Betrachtungen in dieser Sache zu entdecken". Moser fügte hinzu: „Ich habe daher anderwärts **) 1) Gedanken über den dermaligen Zustand des Münzwesens in Leutschland, dessen vorhabende Verbesserung und die damit verbundenen Schwierigkeiten, entdeckt; 2) ich habe zwei hundert und zwölf Fragen aufgeworfen, welche bei flüglicher Erwählung eines neuen dauerhaften Münzfusses und danach vorzunehmender Valvation der inund ausländischen Münzen, zu erwågen und zu entscheiden seyn möchten". Zwar werde ich mich hüten, so viel Fragen aufzuwerfen, aber doch mich bestreben, in möglichster Kürze Viel zur Erwägung zu geben, und etwa künftige Berathung theils anzuregen, theils zu erleichtern.

*) Von den teutschen Reichstags Geschäfften, S. 1436.

** In den Wöchentlichen Frankfurter Abhandlungen, von 1755, . 1 f., 75 ff. 266 #.

Jeziger Zustand des Münzwesens
in Leutschland.

Mangel der Einheit und Gleichförmigkeit des MünzSystems,

ist ein Hauptgebrechen in dem jezigen Zustande des Münzwesens in Teutschland. Zwei wesentlich verschiedene HauptSysteme theilen sich in die teutschen Gauen, sich hie und da sogar durchkreuzend; das Conventions MünzSystem und das preussische. Dem ersten ist seine Wirksamkeit vielfach beschränkt und verkümmert, bald durch Particular- und NebenSysteme, bald durch Einschwärzung von Fremdlingen und BastardMünzen, bald durch Einfälle von Scheidemünzen in sein Münzgebiet. Dazu gesellt sich überdieß ein großses Unheil, welches aus zu niederem Gehalt und übergrosser Menge weit des größten Theils der Scheidemünzen hervorgeht.

Wäre der Conventions- oder ZwanzigGuldenMünzfuß, festgesetzt durch eine östreichisch-baierische MünzConvention von 1753, ein Jahrzehnd früher aufgekommen, so würde viel leicht der jeßige preussische Courant- oder Ein- und zwanzig Guldenfuß, früher der kurbrandenburgische (weil er anfangs nur für die Mark Brandenburg eingerichtet war) oder auch von dem Erfinder der Graumannische genannt, nie entstanden seyn. Johann Philipp Graumann, ein Münz- und Handelsverständiger, der in Holland in grossen Handelshäusern gedient hatte, machte gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Bemerkung, daß das bei dem leipziger Münzfuß von 1690 angenommene Verhältniß zwischenGold und Silber C1 zu 15 1) nicht, wenigstens da

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