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in der langen Erörterung, die sich mehrmal, besonders wenn der Prinz einen seiner Geldscheine verwechseln mußte, erneuerte, immer auf sein Schlag- und Schlußwort zurückkam: ,,Baar (klingendes) Geld lacht"! Als in Cassel der Prinz die Post und den Wirth bezahlen wollte, verweigerte jene ganz, dieser nur gegen zwei Groschen Verlust, per Thaler, die Annahme der preussischen Papiermünze. Der Wortstreit endete, wie in solchen Fällen immer, mit dem Sieg des Empfängers. Dem unwillig gewordenen Reisegefährten raunte der schalkhafte Apotheker traulich in das Ohr: „Ihro Durchlaucht, baar Geld lacht"! In Marburg, wo der Prinz vollends Extrapost nehmen mußte, um in die Heimath zu gelangen, - ein da Capo der caffeler WechselScene, mit vollen 81% pro Cent Münzverlust, und den Verdruß oben drein; dagegen bei dem freundlichen Abschied, zum Schluß ein nochmaliges „Baar Geld lacht“ ! gleichsam ́als Lebehoch,` aus dem Munde des fröhlichen Gesellen.

Dennoch ist der Reisende mit solchem an sich sehr achtbaren Staatspapier, wozu er im Auslande doch wenigstens auf Handelsplägen, wenn gleich mit namhaftem Verlust, irgend einen Abnehmer findet, ungleich weniger schlimm daran, als mit den PrivatPapierzeichen, wie sie z. B. in Curland, Liefland und Rußland, nicht selten auf PostStationen bei der Herausgabe auf Goldmünzen, die man dort ohnehin oft nach Willkühr tarirt, den Reisenden, besonders Auslåndern, aufgenöthigt werden, unter dem Vorwand, daß man gerade mit eigentlichem kleinem Geld nicht versehen sey, und mit der Versicherung, daß das Papierchen, da der Werth und der Name des wohl bekannten Ausstellers darauf stehe, auf den nächsten StationsOrten aus wechselseitiger Gefälligs keit willig an Zahlungstatt angenommen werde., Aber, hier will den Aussteller Niemand kennen, und findet sich als seltene Ausnahme, vielleicht um Beschwerden gegen den Nachbarfreund zu verhüten, ein Acceptant per onore di lettera, so werden solche Zettel, den schlechtesten VisitenBillets åhnlich, nur gegen bedeutenden Abzug angenommen, aus bloffer Gefälligkeit und mit übergrosser Höflichkeit. Doch,

genug mit Proben von Münzplagen der Reisenden, die jeder Weltkundige aus Erfahrung leicht wird vermehren können.

Wenige oder keine Länder werden in Leutschland anges troffen, deren Einwohner nicht, besonders gegen die Grenzen hin, in ihrem Verkehr vielfach durch das Münzungemach sich belästigt fühlen, welches aus der MünzIsolirung der Regierungen hervorgeht. Denn unvermeidlich ist bei derselben eine Mannigfaltigkeit von umlaufenden Geldsorten, die nach wesentlich verschiedenen MünzSystemen geprägt und valvirt, ja oft sogar für die verschiedenen Arten des Verkehrs sehr abweichend theils obrigkeitlich valvirt, theils durch die Pris vatmacht des Verkehrs selbst tarifirt sind; eine Macht, die durch Gebote und Verbote kaum zu beseitigen ist. Nicht nur wird durch solche mannigfaltige Verschiedenheit der Verkehr ohne Unterlaß erschwert, sondern auch Anlaß gegeben zu unaufhörlicher Agiotage, und zu dem aus derselben hervorgehenden Uebel unzähliger Uebervortheilungen und stets um sich greifender Entsittlichung der Einwohner.

Um durch ein geschichtliches Beispiel der neuern Zeit anschaulich zu machen, wie sehr Teutschland durch ein solches Münzübel leide und gelitten habe, mag hier aus mehreren, die jedem sachkundigen Leser seine eigene Erfahrung darbieten wird, folgendes dienen. In dem Herzogthum Oldenburg waren im Jahr 1805 folgende Zahlungswerthe in Uebung, und sollen im Jahr 1817 es noch gewesen, werden es also wahrscheinlich noch jezt seyn*). 1) Bei Landesherrschaftlichen Abgaben der Leipziger Fuß, die cölnische Mark fein Silber zu 12 Rthlr; 2) im Großhandel, Gold, oder der Conventions CourantFuß die cölnische Mark fein Silber zu 13 Rthlr; 3) im Kleinhandel, ein 14% Rthlr Fuß. Ausserdem hat

*) J. C. Nelkenbrecher's Taschenbuch der Münz-, Maasund Gewichtkunde (9. Aufl. Berlin 1805), Seite 232. (12. Aufl. ebendaf. 1817), S. 242 f. In beiden Auflagen find obige Angaben gleichlautend. Vergl. auch N. Schmid's Rechenkunst (neue Ausg. von A. Wagner, Leipz. 1800. 8.), Th. I, S. 456, 460 u. 462.

man 4) Scheidemünzen, die nach einem 15 ReichsThaler= Fuß ausgeprägt wurden. Und merkwürdig war überdieß, daß in dem Lande selbst, für diese vierfach verschiedenen Zahlungswerthe Silbermünzen geprägt wurden. Geprägt wurden oder waren: 1) Neue 2 und 1 Stücke, zu 48 und 24 Groot nach dem leipziger oder 12 Thalerfuß; 2) 12 und 6 GrootStücke nach dem 13 Thaler - oder Conventions Münzfuß; 3) 4 und 3 GrootStücke nach einem 141⁄2 Thalerfuß; 4) 2, 12, 1 und 21⁄2 GrootStücke, als Scheidemünze, nach einem 15 Thalerfuß.

Zwar ist jede Regierung eines Bundesstaates für sich schon ermächtigt und verpflichtet, auch in dem Münzwesen gemeinnüßige Anordnungen zu machen und streng darüber zu halten. Aber gibt es irgend einen Gegenstand des innern Wohls aller Bundesstaaten, welcher zu möglichst vollständiger Erreichung des Zwecks, einer zusammenwirkenden Theilnahme aller Bundesstaaten, mittelst freiwilliger Vereinbarung Aller, bedürfte, und deren würdiger wåre, als das Münzwesen? Eines der vier größten Culturmittel, wirkt das Geld so vielfach und wesentlich zu Vervollkommnung der Menschheit, daß jede Regierung sich moralisch verpflichtet achten sollte, das Münzwesen nicht bloß als innere Staatsanstalt, sondern großherzig, so viel möglich, als ein Gemeingut der gesammten Menschheit, als Weltanstalt zu behandeln. Darum ist jede Isolirung der Münzstaaten widernatürlich, und eine Mißachtung nicht nur gegen sich selbst und die Seinigen, sondern auch gegen die ganze gebildete und bildungsfähige Menschheit. Bei ehemaligen Verhandlungen auf teutschen Reichs- und Kreistagen war man einverstanden, daß in der pflichtmäßigen Fürsorge jeder Staatsregierung, nach der Religion und der Rechtspflege dem Münzwesen die nächste Stelle gebühre *). Seinen Söhnen gab Landgraf Philipp der Großmüthige von Hessen legtwillig zur Lehre: „einen

*) Man sehe die Vorrede zu dem ersten Theil des teutschen Reichs Münz Archivs, von Hirsch.

Fürsten erkenne man an seiner Münze, Reinhaltung seiner Straffen (guter Strassenpolizei) und Haltung seiner Zusage“*).

Aber auch von Seite der pecuniären Vortheile betrach tet, ist eine Absonderung im Münzwesen bei Staaten, deren Einwohner in unvermeidlichem Verkehr unter sich stehen, dem eigenen wohlverstandenen Interesse zuwider, ein Verstoß wiz der die Staatsweisheit und NationalDekonomie, weil sie statt fördernd, immer nur hemmend auf den gegenseitigen Verkehr einwirken würde. Wenn vollends Staaten von solchem Umfang wie die teutschen Bundesstaaten, etwa höchstens mit Ausnahme der beiden größten, den Begriff der ihnen zu Theil gewordenen Souverainetåt in so hohem Grad mißvers stehen könnten, daß jeder von ihnen sich als einen geschlossenen Münzstaat betrachten wollte, so würde solches nicht allein mit der Regierungspflicht und Staatsweisheit unvereinbar seyn; es würde auch nicht unverschuldeten Verdacht einer Ueberschäßung der eigenen Kraft, eines beabsichtigten, aber sich selbst strafenden Eigennußes, einer Selbstsucht und Engherzigkeit erregen, von welcher Staatsregierungen ungleich mehr noch als Einzelne sich frei zu erhalten durch ihren erhabenen Beruf aufgefordert sind. Die große Mehrheit der Bundesstaaten würde sogar, durch geflissentliche Münz Isolirung, zu noch schärferer Rüge Anlaß geben, da Jeder von ihnen, vermöge der ihm, wenn gleich dem Einen mehr dem Andern weniger, zugemessenen geographisch statistischen Verhåltnisse, zu einem besondern MünzSystem noch weniger geeignet, und fremde Münzen in seinem Gebiet zuzulassen mehr noch genöthigt ist, als die beiden größten teutschen Mächte.

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Aus solchen Gründen verdiente so sehr, wie irgend ein anderer Gegenstand, die Erzielung einer Gleichförmigkeit in dem Münzwesen, besonders ein Allen gemeinschaftlicher Münzs fuß, den „gemeinnüßigen Anordnungen“ und jener Berathung über „Handel und Verkehr“ beigezählt zu werden, auf welche

*) M. J. Schmidt's Geschichte der Deutschen, Th. IX (ulmer Ausg.), S. 117.

die Bundesversammlung in der BundesActę (Art. 6 und 19) ausdrücklich hingewiesen ist. Auch schien schon dieselbe mit diesem hochwichtigen Gegenstand sich beschäftigen zu wollen. Schon im Jahr 1817 hatte der fürstlich-waldeckische Hofrath Waldeck bei ihr eine Schrift eingereicht, worin er die Prüfung des in mehreren öffentlichen Blättern ausgesprochenen Wunsches empfiehlt, daß von Bundeswegen ein allgemeiner teutscher Münzfuß eingeführt werden möge.

Darauf faßte am 17. Mai 1821 (Protoc. 1821, §. 126) die Bundesversammlung den Beschluß: 1),,daß die Abhandlung des Hofraths Waldeck der für die Erfüllung des 19. Artikels der Bundesacte niedergesezten Commission mitzutheilen sey, um ihr Gutachten auch auf den Gegenstand derselben zu erstrecken; wobei 2) die Bundesversammlung den Wunsch ausdrücke, daß es einer oder der andern Bundesregierung gefällig seyn möge, den Antrag auf ein vorläufiges Bundesgesetz zu machen, durch welches Schrot und Korn*) der im Bereiche des Bundes circulirenden Münzen und die Höhe des Schlagschaßes **) zu bestimmen sey".

*) Die Bestimmung des Schrots (Gewichts) und des Korns (Feingehalts) ist allein nicht hinreichend, eine Münze zu ́cursfäbigem gutem Geld zu qualificiren. Dazu gehört überdieß eine Vorschrift über das quantitative Verhältniß der Ausbringung der feinen Mark in jeder der verschiedenen Geldsorten, z. B. bei Conventions Geld, daß die feine Mark Silber in allen Geldforten, gleichviel aus welcher Silbergattung fie geprägt find, zu 20 Gulden des 20 Guldenfusses ausgebracht werde. Mit andern Worten, es muß auch bestimmt seyn, daß der Zahlungswerth der Geldstücke auf solchen, wenigstens für folche, anders nicht als mit demjenigen Betrag angesezt werde, auf welchen der Inhalt derselben an feinem edlem Metall sich berechnet, im Verhältniß zu demjenigen Anschlag der feinen Mark, welchen das Münzgesetz vorschreibt. Hirsch Münzarchiv, Th. III, S. 288. (F. J. Cleynmann's) Materialien für Münzgesetzgebung, S. 225.

**) Die Höhe des Schlagschaßes gesetzlich zu bestimmen ist nicht nöthig. Sind durch das Münzgesetz die drei Erfordernisse einer guten, das heißt, gerechten Münze gehörig festgestellt, so

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