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gebührt hätte, hinlänglich gewesen wäre, ist zur Ersizung hinreichend. Speziell in der Ersizungslehre kennt das römische Recht den Titel allerdings; aber auch hier hat die verkehrte Verallgemeinerung ihre schädlichen Folgen. Nach dem Wortlaute des §. 1461, der wol nur römisches Recht abstrahiren will, könnte der beschenkte Ehegatte die einem Dritten zugehörige Sache nimmermehr ersißen; dieß grade vermag er nach röm. Recht unzweifelhaft.

Ganz unrömisch ist „modus adquirendi“; „adquirendi modus“ wäre wenigstens besser Lateinisch. Hugo, Lehrbuch 3 S. 199 der 11. Auflage. Erb im ziv. Mag. 4 S. 141 ff. Hugo ebendas. Nr. 6. Nach Thibaut's (Versuche 1, 11; v. J. 1798) mächtigem Vorgange verwirft die neueste Wissenschaft die Fundamentalunterscheidung zwischen titulus und modus adq. Vangerow §. 305 Anmerkung.

§. 2. Was kann man unter Erwerbs grund verstehen?

1) Entweder die Ratio, aus welcher im objektiven Rechte die Form erwuchs; aber sie relevirt nicht mehr, seitdem ihr Geschöpf auf eignen Füßen steht; was mehr ist: sie ist von jener älteren Auffassung unter dem titulus nicht gemeint.

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2) Oder die Summe der Voraussetzungen; dann ist der Ausdruck verfehlt. Denn ein Grund" ist immerhin subjektiv, unsre Voraussetzungen dagegen sind objektiv wie unsre Formen. Es ist nicht streng richtig gesagt: Titius wurde Eigenthümer der (Grund:) von ihm gekauften und bezahlten Sache (d. h. weil er sie gekauft . . hatte) dadurch, daß ihm dieselbe vom verkaufenden Eigenthümer übergeben worden ist (Art). Denn weder ist der Verkauf Ursache einer dandi obligatio, noch die Tradition eine Eigenthumserwerbsart. Wohl aber können wir von Vorausseßungen reden, unter deren Zusammentreffen die Tradition den Erwerb bewirkt. Vor Allem läßt der Umstand, daß der Veräußrer Eigenthum haben muß, sich weder zum Grunde noch zur Art zählen, Vorausseßung ist er aber ohne Zweifel.

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§. 3. Befizerwerb also ist nicht Art, wohl Form für Eigenthumserwerb. Aber auch ohne Besignahme kann Eigenthum entstehen. Es ist natürlich, daß man oft hiernach die Eigenthumserwerbungen klassifizirt hat. Wir wollen gegen ein solches Ver

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fahren gar nicht einwenden, daß die Stellung zweifelhaft bleibt, welche man dann der Ersizung einräumen müßte, insofern hier nämlich der Besiß zwar eine Hauptrolle sptelt, demungeachtet aber nicht der Besizerwerb es ist, welcher als Form die Voraussegungen abschlösse. 1) Systematisch ist jener Eintheilungsversuch dádurch gerichtet, daß Besizerwerb (mit Einschluß der Erfizung) die regelmäßige Form zu Eigenthumserwerb ausmacht, und daß die Fälle der entgegengestellten Klasse zersprengter Natur sind, eines gemeinsamen positiven Charakterzuges gänzlich ermangeln. Diese Mängel vermeidet scheinbar die verwandte Klassifikation in

1) Eigenthumserwerb mittelst Rechtsgeschäfts: freiwilliger Erwerb. Untereintheilung: mit oder ohne Vorausseßung einer jenseitigen freiwilligen Veräußerung.

2) Eigenthumserwerb lediglich gemäß objektivrechtlicher Bestimmung, also in Folge des Zusammentreffens der objektivrechtlichen Erwerbsbedingungen: unfreiwilliger Erwerb.

Aber der Schein trügt. Auch die erstre Klasse stügt sich auf das objektive Recht, ihre Voraussetzungen sind nur gesteigert. Ferner treten Okkupation und Akzession in entgegengesezte Lager ein, und doch trifft es nicht nur bildlich zu, daß auch die Hauptsache die Nebensache bewältigt durch ihre überwiegende Kraft und gemäß der Innigkeit (Einigkeit) des entstandenen Verhältnisses. Es ist wahr: die Akzession ist ein rechtsnothwendiger Erwerb; es kommt auf Herrenlosigkeit der einzuverleibenden Sache nicht das Mindeste an. Aber, da die Aehnlichkeit der Formen bleibt, so ist die Güte der Klassifikation immerhin prekär. Gradezu sonderbar stellt sich der Fruchterwerb zu dieser Eintheilung. Unstreitig klingt es geistreich, diesen als „Zuwachs von innen heraus“ zu bezeichnen; aber juristisch möchte dieß eine contradictio in ad

1) Benennt man die erste Klaffe mit Vangerow als „Eigenthumserwerb durch Vermittlung des Besitzes": so ist dieser Einwand gehoben. Noch macht die Akzession Schwierigkeit; denn, obwohl der Erwerb auch zu Gunsten des nicht besitzenden Eigenthümers der Hauptsache sich verwirklicht, so ist doch die Nebensache von der Hauptsache gleichsam mitbesessen, da eine separate Besigbarkeit der Nebensache ordentlicher Weise nicht statt hat, Aber freilich geht in einzelnen Fällen, z. B. bei insula nata, die Akzeffion über diese ihr natürliche Schranke hinaus.

jecto sein, und physisch paßt es nur auf die in organischer Verbindung mit der Hauptsache noch fortbestehende Frucht, also grade so lange als ein besondrer Fruchterwerb niemals statthat. Nun sie gelöst wird, kann sie selbständiges Eigen zu sein beginnen. Jene Klassifikation aber muß die Separation der Frucht unter die unfreiwilligen, die Perzeption unter die rechtsgeschäftlichen Erwerbungen stellen. Daß dies zweckmäßig sei, den Fruchterwerb so zu spalten: das wird Niemand behaupten.

Es scheint verständig, zwischen Akzession und Okkupation die Spezifikation einzuschieben, welche mit jener die Rechtsnothwendigkeit, mit dieser die persönliche That theilt. Jene Eintheilung aber muß die Spezifikation natürlich zur Okkupation, fern vom Sachzuwachs, stellen.

Die Ersizung gehört zur zweiten Klasse. Dieß zwar wird in Abrede gezogen. Aber nicht der Ersißungs beginn (Besizerwerb: Rechtsgeschäft) entscheidet, sondern die Vollendung. Damals lag meistens eine andre Erwerbsform vor, welche, hätten nicht Voraussetzungen gefehlt, schon damals durch sich selbst Eigenthum würde gewirkt haben.

Ganz verkehrt ist es, die Adjudikation eine rechtsgeschäftliche, gar eine willkührliche Erwerbung zu nennen. Von richterlicher „Willkühr“ sollte man billiger Weise nie reden. Anch ist der Richter nicht der Erwerbende. Daß der Adjudikatar nicht zuzuftimmen braucht, ist zweifellos.

§. 4. Die Eintheilung in ein- und zweiseitige Erwerbungen (vgl. z. B. Heise's Grundriß) scheitert an der nothwendigen Einseitigkeit jedes Erwerbs. Man kann Verträge zweiseitige Rechtsgeschäfte nennen; aber nicht der Eigenthumsvertrag verschafft das Eigenthum, sondern er verleiht diese Macht der Tradition: er ist Voraussetzung zur Wirksamkeit der Form im beabsichtigten Maaße. Zwar die Form ist allerdings ein zweiseitiger Akt zwei Handlungen in Einem, nicht: „eine zweiseitige Handlung" -solche sind undenkbar. Aber der Eigenthumserwerb geschieht durch den zweiten Abschnitt dieses Aktes: durch die Sachergreifung. Für sie ist die vorangehende Auflassung nur Vorausseßung zur Erzielung der rechtlichen Wirkung. Wo nämlich die Form eine komplizirte ist, da dürfen wir sie uns zerlegen, und ihre frühern

nennen.

Bestandtheile Vorausseßungen zur Wirksamkeit des Schlußstücks In einem durchaus andern Sinne ist von ein- und zweiseitigen obligatorischen Verträgen die Rede: dort wird A Schuldner, B Gläubiger, hier werden A und B einander Schuldner und Gläubiger. Wird tauschweise Zug um Zug geleistet, so ist dieß kein zweiseitiger Eigenthumserwerb, sondern es sind zwei verschiedene, wenn gleich synallagmatische Erwerbungen. Die zweis eitige Natur bleibt beschränkt auf den Vertrag; dieser aber verschafft nicht Eigenthum. Aber, selbst die wissenschaftliche Richtigkeit der hier verworfenen Klassifikation zugegeben, so würde doch die praktische Unbequemlichkeit nicht zu beseitigen sein, daß man die Ersigung zersplittern müßte.

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§. 5. Wieder Andre ziehen die Eintheilung in ursprüngliche (originäre) und abgeleitete (derivative) Erwerbungen vor, und bilden eine Untereintheilung der originären, je nachdem nämlich Eigenthum an einer andern Sache vorausgesezt wird oder nicht.

Es ist aber abgeleitet der Erwerb des Rechtsnachfolgers vom bisherigen Eigenthümer, ursprünglich dagegen jeder von dem bisherigen Rechte eines Andern unabhängige Erwerb. — Die Ersizung jedoch ist nur denkbar als Rechtsnachfolge in Dritteigenthum (Herrenloses ist unersigbar), und gleichwohl unabhängig von dem alten Eigenthumsrechte:

1) Gegen ihre ursprüngliche Natur kann man sich zwar nicht auf die immerhin seltnen Fälle berufen, in welchen der Eigenthümer wissentlich den Besizer ersizßen läßt, indem dann doch nicht eine freiwillige Veräußerung es ist, welche den jenseitigen Erwerb begründet, da vielmehr Ersizung durch sich selbst, auch ohne jene Vorausseßung im Willen des alten Eigenthümers, das neue Eigenthum wirkt. Neque enim alienat, qui dumtaxat omittit possessionem: 1. 4, 1 al. ju d. mut. c. f. 4, 7. Und wenn Pedius (§. 2 ib.), non solum ad dominii translationem hoc edictum pertinere, ait, verum ad possessionis quoque - alioquin, cum quo in rem agebatur, inquit, si possessione cessit, non tenebitur: so ist dieser Ausspruch einmal, wie 1. 8 §. 2 ib. „Alienare intelligitur etiam qui alienam rem vendidit", lediglich im Sinne dieses einzelnen Veräußerungsverbots begründet, ferner bleibt ein gewaltiger Unterschied zwischen transferre und omittere. Wäre in

jenen Ersizungsfällen eine freiwillige Veräußerung vorhanden, so müßte die Klagenverjährung im Falle des nämlichen Zulassens des Berechtigten ein Rechtsverzicht, etwa tacitum pactum de non petendo, so müßte die Ausschlagung eines Vermächtnisses mit Rücksicht auf den eventuellen Gewinner eine Schenkung sein.

2) Aber darum kann man doch die Ersizung nicht unzweideutig als ursprüngliche Erwerbung bezeichnen. Solche Erwerbungen, objektiv verstanden, sind Okkupation u. dgl., dagegen die Ersizung eine Entfremdung (alienatio in diesem Sinne: Gaius 2 §. 65) der Sache einschließt:

(Gai. ad ed. prov. 1. 4 f. dot. 23, 5:) Lex Julia de dotali praedio prospexit, ne id marito liceat alienare. (Tryph. disp. 1. 16 ib.:) Vetat fundum dotalem alienari. Quod pertinet etiam ad hujusmodi acquisitionem, si, quod maritus fundum illum a Titio possidente petere neglexerat, Titius eum poterat long a possessione sibi quaerere, dummodo Ts eo tempore possidere coeperat, quo fundus jam factus fuerat dotalis. (Paul. 1. 1 §. 1 ib.:) Est jus fundi dotalis, ut alienari non possit. (Id. 1. 3 §. 1 ib.:) Toties non potest alienari, quoties mulieri actio de dote omnimodo competitura est. (African. quaest. : 1. 9 §. 3 ib.:) Si, Cornelianum aut Sempronianum fundum debenti, „id quod debet" doti promissum est: utrum eorum dotalem esse mavult, hic dotis est. Plane, utrum vult (alienare), alienabit; alter alienari non potest. Si tamen alien(at)um rursus redimat, adhuc in ejus potestate est, an alterum, quem retinuisset, alienare velit. (Paul. 1. 10 ib.:) Quodsi utrumque alienaverit, ex postfacto alter videbitur recte alienatus altero postea redempto. (Afr. 1. 11 ib.:) Quodsi fundus in dotem aestimatus datus est, (ita) ut electio esset mulieris: alienari nequit. Quod si arbitrio mariti sit: contra est. `(Ulp. l. 13 §. 1 ib.:) Pars praedii in dotem dati sive data alienari non poterit. (§. 2 ib.:) Quum dominium marito quaesitum est: tunc alienatio prohiberi incipit. Bachofen ausgewählte Lehren Nr. 3.

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Nun überträgt die Ersißung thatsächlich Eigenthum. C. 1 f. dot. 5, 23: Est autem alienatio omnis actus, per quem dominium transfertur. Die Uebertragung ist eine unpersönliche, anders wie alienatio z. B. als ex emptionis causa rei suae in

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