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Weiter demonstriert Herr Chiari das Gehirn eines 21jährigen Mannes, dessen Leiche am 6. Februar 1907 von der Klinik des Herrn Professor Manasse mit der klinischen Diagnose Sarkom der Schädelbasis seziert worden war. Der Tumor der Schädelbasis erwies sich als ein Carcinom der Hypophysis, welches einerseits in die Nasenhöhle, andrerseits gegen das Cavum cranii gewuchert war. An der Basis des Gehins waren dadurch Impressionen erzeugt worden und zwar in der Gegend des Infundibulum, des Trigonum intercrurale, des medialen Randes des Lobus temporalis dexter et sinister, des vorderen Randes der linken Kleinhirnhemisphäre und der linken Seitenfläche des Pons. An diesem war die Impression am stärksten und fand sich hier eine tiefe Grube. Besonderes Interesse erweckte bei der Sektion der Umstand, dass in der Medulla spinalis nichts von einer Degeneratio descendens zu erkennen

war. Das Rückenmark wurde dann von dem Volontär des pathologischen Institutes Herrn Dr. Nambu noch mikroskopisch auf Degeneratio descendens untersucht, es ergab jedoch weder die Weigert'sche Markscheidenfärbung noch die Methode nach Marchi und Algeri ein positives Resultat. Es war also hier augenscheinlich, trotz der tiefen Impression des Pons doch nicht zu Läsion seiner Nervenbahnen gekommen. Der Fall wird von Herrn Dr. Zöllner von der Klinik des Herrn Professor Wollenberg ausführlich mitgeteilt werden.

5. Herr Laqueur: Ueber Kuhhornverletzungen mit Vorstellung eines Krankheitsfalles.

Unter den Verletzungen, denen unser Sehorgan ausgesetzt ist, nimmt die durch den Stoss mit einem Kuhhorn bedingte eine besondere Stelle ein, wegen der fast typischen Läsionen des Augapfels, welche sie zur Folge hat. Sie ist keineswegs überaus selten und wird in der hiesigen Klinik, natürlich nur bei Landleuten, in jedem Jahre wohl 4 bis 6 mal beobachtet. Der Hergang ist in der Regel folgender: Der Mann, fast ebenso häufig ist es eine Frau, schüttet dem Tiere Futter in die Krippe oder reicht ihm den Wassereimer zum Tränken. Das Tier, das keineswegs wild ist, schnubbert an der Krippe oder dem Eimer herum und macht mit gesenktem Kopfe kleine seitliche Bewegungen. Hierbei dringt die stumpfe Spitze des Horns von unten und aussen gegen das Auge und erzeugt die furchtbare Verletzung

Wenn wir Gelegenheit haben, den Fall unmittelbar nachher zu untersuchen, so finden wir in der Regel, neben einigen unbedeutenden Hautwunden der Lider, folgendes: einen mächtigen Bluterguss unter der Bindehaut, welcher diese

Membran wallartig um die Hornhaut herum abgehoben hat. Die vordere Kammer ist mit Blut erfüllt und wir sehen einen mächtigen Riss in der Sklera mit Vorfall der Iris und des Glaskörpers, während die darüber gelegene Bindehaut intakt geblieben ist. Dieser 10 bis 12 mm lange Riss befindet sich konstant in der Richtung nach oben oder oben innen und läuft bogenförmig in einer Entfernung von 2 bis 3 mm dem Hornhautrande parallel.

Untersuchen wir das Auge einige Tage später, nachdem der Bluterguss sich zum Teil resorbiert hat, so finden wir in etwa 30% der Fälle in der Nähe des Skleralrisses eine grosse, halbkugelige Schwellung, welche bei seitlicher Beleuchtung rot und durchscheinend ist; dies können Sie bei dem Manne, den ich Ihnen vorzustellen erlaube, beobachten. Der Tumor ist nichts anderes, wie die durch den Riss ausgetretene, unter die Bindehaut luxierte Linse. Hie und da hat die Linse nicht vollständig luxiert, sondern in die Risswunde eingeklemmt gefunden. Unter mehr als 100 Fällen von Kuhhornverletzungen, welche in der Literatur beschrieben sind, hat man den Riss immer nur in der oberen Hälfte der Sklera angetroffen, niemals in der unteren. Dies muss einen besonderen Grund haben, und derselbe liegt in dem eigentümlichen Mechanismus dieser Art von Trauma. Der Angriffspunkt der stumpfen Spitze des Horns kann nämlich nur in der Gegend des äusseren Augenwinkels gelegen sein, weil der Augapfel von den andern Seiten durch die Nasenwurzel und den vorspringenden knöchernen Orbitalrand geschützt ist. Der Stoss von unten-aussen muss den Bulbus in der Richtung nach innenoben zusammenpressen und gegen das Dach der Augenhöhle andrücken. Der Durchmesser von aussen-unten nach innen-oben wird also verkleinert, und da der flüssige Inhalt des Augapfels inkompressibel ist, so muss der auf der Stossrichtung senkrechte Durchmesser verlängert werden. Die Sklera wird stark gedehnt und reisst ein; die Berstung erfolgt in der Nähe des Hornhautrandes, nicht weil die Sklera hier am dünnsten ist, sondern weil sie weiter nach hinten durch die Muskelansätze und die Tenon'sche Kapsel verstärkt ist. Die unter die Bindehaut verlagerte Linse bleibt merkwürdigerweise lange Zeit durchsichtig schliesslich aber trübt sie sich und ihre Vorderfläche verwächst mit der Innenseite der sie bedeckenden Bindehaut. Man muss sie daher bei der Extraktion von der Bindehaut abpräparieren. Reizungssymptome macht sie nur, wenn sie eingeklemmt ist.

her

Die Prognose der Kuhhornverletzungen ist eine sehr ungünstige. Wohl in 90% der Fälle führten innere Blutungen sofort zum vollständigen Verlust des Organs. In der kleinen Quote von Fällen, welche einen günstigen Verlauf nimmt, wird ein Zustand erreicht, welcher dem einer mässig erfolgreichen Staaroperation entspricht.

6. Herr A. Cahn: Demonstration eines

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Landesausschuss für Elsass-Lothringen.

In der Sitzung vom 20. März d. Js. führte der Abgeordnete Dr. Pfleger u. A. folgendes aus, inbezug auf Aufnahme von Privatpatienten in den Universitätskliniken:

Meine Herren! Mit Beziehung auf den Kommissionsbericht über den Etat der Universität, in dem Klage darüber geführt wird, dass der Zulauf aus dem ganzen Lande so gross sei, dass in einzelnen Kliniken und Instituten die Räumlichkeiten ungenügend und die Mittel zu dürftig bemessen seien, um den Bedürfnissen zu entsprechen, möchte ich mir erlauben, eine Frage an die Regierung zu richten.

Es werden zudem noch 3750 M als Mehrbetrag für Vermehrung des Krankenpflegerpersonals gefordert, da das bisherige anscheinend ungenügend ist, ein Umstand, der durch meine Frage auch ein wenig geklärt werden wird.

Ich erlaube mir also, die Regierung zu fragen: Ist es wahr mir ist es von glaubwürdiger Seite mitgeteilt worden, dass verschiedene klinische Institute der Universität von verschiedenen Professoren, d h. von ihren Leitern, dazu benutzt werden, um Privatpatienten darin unterzubringen?

Sollte dies der Fall sein, so würden dadurch allerdings die Klagen über Platzmangel und Mangel an Pflegerpersonal erklärt und auch gerechtfertigt. Das Vorgehen der betreffenden Herren Professoren aber wäre im höchsten Grade zu missbilligen; denn die klinischen Institute werden vom Lande doch hauptsächlich und vor allen Dingen zu Unterrichtszwecken dotiert, damit wir tüchtige praktische Aerzte bekommen, und es wäre ein Zustand, der nicht geduldet werden könnte, dass Landesmittel den Herren Professoren zur Ausübung ihrer Privatpraxis anstandslos zur Verfügung gestellt würden, ohne dass der Hauptzweck der klinischen Institute erfüllt wird. Es würde dies seitens dieser Herren etwas sein wie «unlauterer Wettbewerb> ihren Kollegen gegenüber, die sich unter grossen Opfern Privatanstalten zur Aufnahme und Behandlung ihrer Privatpatienten bauen müssen. Ich hoffe, dass die Regierung mir eine beruhigende Antwort erteilen kann und erteilen wird.

Meine Herren! Ich komme jetzt zu einer anderen Frage, die in gewissen Kreisen unserer Bevölkerung viel Missstimmung erregt hat und noch erregt. Ich meine das Ausländerwesen an unserer Universität, durch das die inländische Studentenschaft sich benachteiligt fühlt, insbesondere die Angehörigen der medizinischen Fakultät, besonders die klinischen Semester.

Von den deutschen Studenten wird z. B. gefordert, dass sie das ärztliche Vorexamen voll

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kommen bestanden haben, ehe sie zum Besuch der Kliniken zugelassen werden. Es ist dies eine alte Bestimmung, die durchaus zweckmässig und gerecht ist. Bedauert wird nur von unseren Studenten und sie sollen sich dieserhalb auch schon an Rektor und Senat der Universität gewandt haben dass diese Bestimmung nicht auch gleichmässig für die ausländischen Studierenden gilt, auf die nämlich die betreffende Regel nicht angewandt wird. Sollte dies den Tatsachen entsprechen, so wäre es eine empfindliche Benachteiligung der inländischen Studenten, und es müsste ihre Forderung, nicht schlechter als die Ausländer behandelt zu werden, ganz energisch unterstützt werden. Wohlverstanden, ich habe gar nichts dagegen einzuwenden, dass soviel als möglich Ausländer unseren Universitäten zugelassen werden im Gegenteil, es ist dieser starke Zuzug ja ein glänzendes Zeugnis dafür, wie hoch unsere Universitätsbildung im Auslande geschätzt wird, aber die inländische, besonders die einheimische Studentenschaft, darf durch die Ausländer in ihren berechtigten Ansprüchen nicht geschädigt werden.

an

Das Ausländertum ist nachgerade fast für alle deutschen Universitäten und Hochschulen brennend geworden; ich erinnere nur an Dresden und München. Ich richte nun an die Regierung die Bitte, uns mitteilen zu wollen; wie die Sache sich hier verhält und was sie eventuell gegen bestehende Missbräuche zu tun, bezw. wle sie die einheimische Studentenschaft zu schützen gedenkt?

Der Abgeordnete Fuchs antwortete darauf folgendes: Meine Herren! Bezüglich des letzten Passus der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Pfleger, nämlich bezüglich der Beschwerde, welche die Behandlung der I. und II. Klasse in den Kliniken durch die Universitätsprofessoren betrifft, bin ich in der glücklichen Lage, verschiedene Irrtümer zu berichtigen.

Da ich mich für diese Angelegenheit besonders interessiere und da ich von der Absicht des Herrn Dr. Pfleger, hierüber zu sprechen, schon vorher Kenntnis hatte, so habe ich mich an die massgebende Slelle gewandt und dort nun folgende Erkundigungen eingezogen. Uebrigens werden mir diese Erkundigungen auch dazu dienen, weitere Vorschläge hinsichtlich derKrankenpflege zu machen.

Im Bürgerspitale zu Strassburg ist die Einrichtung getroffen, dass sowohl in den klinischen wie in den nichtklinischen Abteilungen gegen Zahlung eines höheren Pflegesatzes Privatkranke aufgenommen werden können. Allerdings ist die Zahl der für diesen Zweck bereitgestellten Betten eine ausserordentlich geringe. Die Gesamtzahl der Betten beträgt nach neuester Zählung 2260, einschliesslich der der Pfründner und des Personals; hiervon sind nur 31 für Privatkranke bestimmt. Die Zahl dieser Betten ist also eine sehr kleine. Die Aufnahme von Klassenpatienten in die nichtklinischen Spitalabteilungen kann hier ganz ausser Betracht gelassen werden, da dies eine innere Angelegenheit der Zivilhospizien ist, die vom Verwaltungsrat der Zivilhospizien in den ihnen gehörigen Gebäuden nach eigenem Ermessen geregelt werden kann.

Für uns kommen nur die der Universität, d h. dem Lande gehörigen sieben Kliniken in Betracht. Es sind dies: 1. die medizinische Klinik, 2. die Klinik für Frauenkrankheiten, 3. die Klinik für Geisteskranke, 4. die Klinik für Geschlechts- und Hautkrankheiten, 5. die chirurgische Klinik, 6. die Ohrenklinik und 7. die Klinik für Augenkrankheiten. Die Gebäude der Kinderklinik gehören den Zivilhospizien. In den obengenannten sieben dem Lande gehörigen Kliniken sind überhaupt nur in 4 Kliniken Zimmer zur Aufnahme von Privatpatienten eingerichtet, und zwar auch wieder in sehr geringer Zahl: Die medizinische Klinik mit 177 Krankenbetten hat fünf Betten für Privatkranke in fünf Zimmern, die Klinik für Frauenkrankheiten mit 120 Betten hat deren neun in sechs Zimmern, die Klinik für Geisteskranke mit 138 Betten deren neun in fünf Zimmern und die Klinik für Geschlechtsund Hautkrankheiten mit 114 Betten schliesslich deren acht in fünf Zimmern.

Hier gebe ich nun eine Zusammenstellung, aus welcher folgendes zu ersehen ist: In den 21 Zimmern für Privatkranke sind 31 Betten, während in den Kliniken überhaupt 1005 Krankenbetten vorhanden sind. Die Zahl der aufgenommenen Kranken belief sich im Jahre 1905 auf 62 der I. Klasse und auf 367 der II. Klasse, während in demselben Jahre im ganzen 11128 Kranke verpflegt wurden. Ziehen wir die 429 Privatkranken der I. und II. Klasse von der Gesamtzahl der Kranken ab, so bleiben rund 10700 Kranke übrig. Die Pflegetage betrugen im Jahre 1905 im ganzen 250716; von diesen kommen auf Privatkranke der I. Klasse 2046, auf solche der II. Klasse 8010, zusammen also 10056. In der chirurgischen Klinik können übrigens im Notfalle ebenfalls zwei Zimmer für Klassenpatienten hergerichtet werden.

Sind nun diese Separatzimmer in den Kliniken notwendig? Diese Frage muss entschieden bejaht werden. Wir haben nämlich in Strassburg nicht ein einziges Privatkrankenhaus, das z. B. einen allen modernen Anforderungen entsprechenden Operationssaal sein eigen nennen könnte. Schwere Laparotomien zum Beispiel wird der Gynäkologe nur in seinem aseptischen Operationssaale vornehmen Aber auch nach der Operation bietet die Klinik wieder dem schwer operierten Kranken einen Vorteil, den ihm ein Privatkrankenhaus nicht bieten kann die Möglichkeit der fortwährenden ärztlichen Ueberwachung, die nur durch die grosse Anzahl der im Spitale wohnenden Assistenzärzte ermöglicht wird.

Wo befindet sich ferner in Strassburg ein Privatkrankenhaus, in dem Irrsinnige aufgenommen werden? Wohin soll man sich wenden bei plötzlich auftretenden Fällen von Geisteskrankheiten? Stephansfeld ist zu weit, gewöhnlich überfüllt, und die Aufnahme meist erst nach vorheriger Anfrage möglich.

Bei der geringen Anzahl der vorhandenen Betten für Privatkranke im Verhältniss zu der grossen Zahl der Betten für Patienten der Normalklasse kann tatsächlich von einer Beeinträchtigung der Studierenden im Ernst nicht gesprochen im Ernst nicht gesprochen werden.

Uebrigens soll von dem neuen, von den Zivilhospizien angekauften Terrain ein 7500 qm grosses Stück abgetrennt werden zur Errichtung eines mit allem modernen Komfort eingerichteten Privatkrankenhauses.

Letzteres wird speziell aus dem Grunde errichtet um den Professoren Gelegenheit zu geben, ihre Privatpatienten auch ausserhalb ihrer Kliniken in einer der modernen Wissenschaft entsprechenden Weise operieren und behandeln zu können. Ein Zunehmen der Privatzimmer in den dem Lande gehörigen Kliniken ist also ausgeschlossen. Ausgeschlossen wird aber auch die gänzliche Abschaffung der Privatzimmer in den Kliniken sein. Die Professoren werden sich aus den oben bereits angegebenen Gründen wohl kaum zu einer solchen entschliessen können. Zu dem Mangel an Entgegenkommen, der, wie der Ruf geht, den Professoren der Medizin gegenüber zu bestehen scheint, dürfen eigentlich kleinliche Drangsalierungen nicht noch hinzukommen; denn infolge der bereits angegebenen Zahl der Privatbetten im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Betten muss die ganze Angelegenheit doch als ziemlich belanglos bezeichnet werden.

Es gibt aber eine weit wichtigere Angelegenheit, die brennend wird. Es ist dies die Erhöhung des sogenannten Universitätsfonds. Dieser Fonds dient zur Verpflegung derjenigen Kranken, die aus wissenschaftlichem Interesse, d. h. zu Lehrzwecken, in den Kliniken Aufnahme finden, für die aber das Spital, welches ja bekanntlich die Verpflegung übernommen hat, nicht fürsorgepflichtig ist.

Dieser Fonds ist für die einzelnen Kliniken in folgender Höhe festgesetzt: medizinische 3900 M, chirurgische Klinik 14300 M, ophtalmologische Klinik 2200 M, dermatologische Klinik 2200 M, psychiatrische Klinik 15800 M, Kinderklinik 600 M, otiatrische Klinik 450 M, schliesslich gynäkologische Klinik 23700 M.

Von jeher war nun dieser Fonds ein viel zu niedriger, besonders der für die Ohren-, die Kinder-, die Haut- und die Irren-Klinik vorgesehene.

Ausser dem angeführten sogenannten Universitätsfonds beziehen die Kliniken noch Subventionen von den drei Bezirken, und zwar zahlt der Bezirk Ober-Elsass insgesamt 6700 M, der Bezirk UnterElsass und die Stadt Strassburg 21000 M, Lothringen aber nur insgesamt 2800 M. Gerade die geringe Höhe der Subvention seitens des Bezirkes Lothringen verursacht die Uebernahme einer grossen Anzahl von lothringischen Kranken auf den Universitätsfonds.

Das Bürgerspital Strassburg sieht sich, wie übrigens alle grösseren Spitäler Deutschlands, gezwungen, seine Pflegesätze zu erhöhen. Wenn nun schon bei dem jetzigen geringen Pflegesatz der sogenannte Universitätsfonds zur Verpflegung der zur Vorstellung in den Vorträgen notwendigen Kranken für alle Kliniken zu knapp war, so wird er in Zukunft erst recht nicht ausreichen.

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Pfleger behauptet, dass nur in Strassburg in den Kliniken Privatkranke zugelassen werden. Das ist aber nicht richtig nach einer Notiz, welche mir von ganz gut unterrichteten Personen zugegangen

ist. Hiernach hat die Klinik in Heidelberg, deren Leitung Herr Professor Dr. von Krehl am 1. April künftig übernehmen soll, allein 24 Betten für Privatkranke. Wahrscheinlich sind in den anderen Kliniken derselben Universität auch so viele Betten. Ferner ist sicher anzunehmen, dass das, was in Heidelberg besteht, auch an anderen Universitäten besteht. Deswegen kann man wohl sagen: ab uno disce omnes!

Meine Herren! Erlauben Sie mir jetzt eine andere Frage zu berühren. Ich werde mich kurz fassen.

In dem Bericht der II. Kommission über den Etat der Universität steht, dass im Jahre 1995 15457 Kranke im Hospital besorgt worden sind, wovon auf die ländliche Bevölkerung 7961 Kranke kommen.

Diese Zahl, welche schon sehr hoch ist, nimmt stets derart zu, dass die heute vorhandenen Räumlichkeiten der Bürgerspitalkliniken nicht mehr dem gegenwärtigen Bedürfnisse genügen.

Die Notwendigkeit einer bedeutenden Vergrösserung ist anerkannt, und die Spitalverwaltung hat vom Militärfiskus ein grosses Bodenareal erworben, sodass durch Erweiterung der bestehenden Kliniken dem vorhandenen Bedürfnis entsprochen werden kann.

Es ist aber unmöglich, dass das Spital allein die Kosten tragen kann. Schon für 1907 steht es einem Defizit von 240000 M gegenüber. Nach meiner Auffassung müssen Staat, Bezirke, Städte und Gemeinden dazu beitragen, weil hier Menschenleben in Frage stehen, und deswegen soll der Staat, der soviel ausgibt für Landwirtschaft, für Meliorationswesen, für Handel und Gewerbe usw., in dieser Hinsicht nicht sparen Die Frage, in welchem Masse jeder dieser Faktoren zu den Leistungen beitragen soll, könnte die Regierung einer Prüfung unterziehen und hierüber dann dem Landesausschuss in einer Denkschrift Mitteilung machen. Ferner dürfte es angebracht sein, im nächsten Etat einen entsprechenden Kredit vorzusehen.

Noch ein Wort, meine Herren! Ich habe soeben von der Neigung unserer ländlichen Bevölkerung gesprochen, sich mehr und mehr in schwierigen Fällen an die Kliniken zu wenden Woher kommt diese Neigung? Sie rührt nicht allein von den billigen Verpflegungskosten her, auch von wohlwollenden Empfang, der sorgfältigen Behandlung seitens der Professoren und des ganzen Personals, ganz besonders aber von den grossen Erfolgen der Operationen !

Ich fühle mich deshalb gedrungen, die gegenwärtige Gelegenheit zu benutzen das ganze Haus wird mir wohl darin beistimmen, um den Herren Professoren der Universität, wie auch dem ganzen Personal der Hospizien den Dank des Landes auszusprechen!

(Lebhafter Beifall).

In der Sitzung vom 9 April ergriff der Regierungskommissar, Ministerialrat Stadler hierzu das Wort

Meine Herren! Gestatten Sie, dass ich namens und im besonderen Auftrag des Kurators der Uni

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versität, Seiner Exzellenz des Herrn Staatssekretärs, das Wort nehme, um auf die Aeusserungen zurückzukommen, welche von dem Herrn Abgeordneten Dr. Pfleger in der Sitzung vom 20. März in bezug auf die Einrichtung von Privatzimmern in den staatlichen Kliniken gemacht worden sind. Der Herr Abgeordnete hat es als einen im höchsten Grade zu missbilligenden Zustand bezeichnet, dass in den staatlichen Kliniken verschiedene Zimmer eingerichtet sind, in denen vermögende Kranke gegen Entrichtung der von der Verwaltung des Bürgerspitals festgesetzten Verpflegungssätze Unterkunft und Pflege und seitens der Direktoren der Kliniken ärztliche Hilfe erlangen. Und er hat sich dahin ausgesprochen, dass, wenn seine Informationen zutreffen, hierin ein unlauterer Wettbewerb gegenüber den übrigen Aerzten und Krankenanstalten liege. Die Regierung hat auf diese Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Pfleger nicht sofort in der Sitzung geantwortet, weil er sein Vorhaben, die Angelegenheit bei der dritten Lesung des Etats zur Sprache zu bringen, nicht vorher angekündigt hatte und weil es der Regierung darauf ankam, zunächst bei der schweren Bedeutung des wenn auch nur bedingt gemachten Vorwurfes die Richtigkeit der Ausführungen des Herrn Abgeordneten zu prüfen und den Tatbestand authentisch festzustellen. Das ist nun in der Zwischenzeit geschehen, und es liegt mir eine von den Direktoren aller acht Kliniken unterschriebene Erklärung vor, worin diese unter Darlegung der Verhältnisse gegen den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbes entschieden Verwahrung einlegen Ich will, meine Herren, Ihre kostbare Zeit nicht mit der Verlesung des ziemlich umfangreichen Schriftstücks in Anspruch nehmen und will auf Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses und auf die vorgerückte Stunde auch davon absehen, Ihnen hier auszuführen, inwiefern die von dem Herrn Abgeordneten besprochene Einrichtung ihre Berechtigung findet. Ich behalte mir vor, dies bei einer anderen passenden Gelegenheit, vielleicht im nächsten Jahre bei der Beratung des Etats der Universitätsverwaltung, zu tun und dem Herrn Abgeordneten Dr Pfleger diejenigen Aufschlüsse zu geben, welche er bei seinen Ausführungen gewünscht hat. Worauf es aber der Universitätsverwaltung und der Regierung ankommt, ist das, hier festzustellen und in der Oeffentlichkeit ausser Zweifel zu setzen, wie die Regierung zu den Vorwürfen denkt, die den Direktoren der Kliniken gemacht worden sind. In dieser Beziehung habe ich zu erklären, dass die ganze Einrichtung nicht etwa ohne Vorwissen der Regierung eingeführt, sondern mit Zustimmung der Regierung vor mehreren Jahren getroffen und in gewissem Sinne auch zur Kenntnis dieses Hohen Hauses gebracht worden ist, insofern als im Landeshaushalts-Etat, in der Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben der Universität unter Titel 2 Nr. 7, eine Position sich befindet: «Anteil der Universität an den von einzelnen Kranken entrichteten höheren Verpflegungskosten der psychiatrischen Klinik». Die Einrichtung hat sich nach den Beobachtungen der Regierung durchaus bewährt, und sie wird, namentlich in

den Fällen schwerer Erkrankung, nicht nur von den Einwohnern der Stadt Strassburg, sondern auch von den Angehörigen des ganzen Landes als Wohltat empfunden. Irgend ein Anlass, eine Aenderung zu treffen, besteht nach Ansicht der Regierung nicht, und dies um so weniger, als nach unseren Feststellungen die gleiche Einrichtung, teilweise noch in weit ausgedehnterem Masse, an allen Universitäten Deutschlands besteht. Was uns aber als Hauptsache erscheint, das ist, hier festzustellen, dass die stattgehabte Prüfung keinerlei Veranlassung gegeben hat, an der Ehrenhaftigkeit und Lauterkeit des Verhaltens und der Gesinnung der Direktoren der Universität zu zweifeln, und dass sich nicht der geringste Anlass für die Annahme eines unlauteren Wettbewerbs ergeben hat. Ich kann mich zur Bestätigung dessen nur berufen auf das, was der Herr Abgeordnete Fuchs in der gleichen Sitzung in unmittelbarem Anschluss an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Pfleger vorgetragen hat. Der Herr Abgeordnete Fuchs hat damals der erfolgreichen Tätigkeit der Professoren an der medizinischen Fakultät eine warme Anerkennung zu teil werden lassen, und das Hohe Haus hat die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Fuchs mit lautem Beifall begleitet. Die Regierung kann sich diesen Ausführungen nur aus voller Ueberzeugung anschliessen. (Beifall,)

Abgeordneter Dr. Pfleger antwortete nochmals wie folgt:

Meine Herren! Ich muss entschieden dagegen protestieren, dass mir Worte in den Mund gelegt werden, die ich nie gebraucht habe. Ich habe nie an der Aufrichtigkeit und der Lauterkeit der Gesinnung der Direktoren der medizinischen Kliniken der hiesigen Universität gezweifelt und tue es auch heute nicht Ich habe nur einen Missstand zur Sprache gebracht, den ich aus verschiedenen Quellen erfahren hatte, und an der Richtigkeit dieser Quellen zu zweifeln habe ich absolut keine Veranlassung.

Ich habe auch dagegen zu protestieren, dass der Herr Regierungsvertreter eben gesagt hat, diese Einrichtung würde sich an allen deutschen Universitäten vorfinden. Ich bin an verschiedenen Universitäten gewesen und habe die klinischen Institute an denselben ganz genau studiert und ganz genau kennen gelernt. Und ich kann sagen, dass sie z. B. in Würzburg absolut nicht besteht und in München auch nicht besteht, dass, wenn dort ein Professor Privatpatienten behandeln will, er seine Privatklinik einrichtet und diese Privatklinik durch Assistenten unter seiner Oberleitung besorgen lässt. Also, meine Herren, ich habe nicht an der Aufrichtigkeit und nicht an der Lauterkeit der Gesinnung der verschiedenen Direktoren der hiesigen medizinischen Kliniken gezweifelt, aber ich wollte doch ein Prinzip wahren und für die anderen Spezialisten der hiesigen Stadt, die sich unter grossen Opfern eine Privatklinik bauen müssen, eine Lanze brechen. Ich wollte auf einen Missstand, den ich tatsächlich als einen Missstand bezeichnen muss, aufmerksam machen. Es freut mich sehr, dass der Herr Ministerialrat es sich vorbehalten hat, bei dem nächstjährigen Etat auf diese Angelegenheit zurückzukommen; ich werde jedenfalls auch auf diese Angelegenheit wieder zu sprechen kommen.

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Personalien.

Personalien der Aerzte Elsass-Lothringens.

Kreis Strassburg-Stadt: Niedergelassen: Dr. Moritz Reeb (approb. 1899) als Frauenarzt, Dr. Karl Marx (approb. 1905).

Kreis Saarburg: Verzogen: Dr. Georg Müller von Lixheim nach Saarburg. Niedergelassen in Pfalzburg, Dr. Ludwig Müller aus Malmedy.

Kreis Saargemünd: Gestorben: Sanitätsrat Seeves in Rohrbach.

Kreis Forbach: Niedergelassen in Forbach, Dr. Rudolf Kremp (approb. 1900).

Aus der amtl. Korrespondenz. Uebertragen: Dem bisherigen Kreisarzt in Bolchen Dr. med. Sültmann, die Wahrnehmung

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