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lungen, im Interesse der Gesundheit der Jugend und der Nation an die Unterrichtsbehörden der deutschen Bundesstaaten die Bitte, die Schlussreifeprüfung (Abitur) an den neunklassigen höheren Lehranstalten zu beseitigen.>>

Ob die Bitte geneigtes Gehör und baldige Gewährung finden wird?

Der Gegenstand des dritten Verhandlungstages «Rechte und Pflichten der städtischen Schulverwaltung bezüglich des gesamten Schulwesens insbesondere im Hinblick auf Unterrichts- und schulhygienische Fragen» regte eine Reihe sozialhygienischer und verwaltungsrechtlicher Betrachtungen an, die mit der Schulhygiene nur in losem Zusammenhange standen.

Trotzdem waren namentlich die Ausführungen des ersten Referenten Beigeordneten Dominicus sehr interessant und wurden von der Versammlung äusserst beifällig aufgenommen.

Er führte u. a. aus: «Die Rechte die z. Zt. den deutschen Stadtverwaltungen in der Verwaltung des Schulwesens zustehen, sind mit geringen Ausnahmen nicht hinreichend. Im Interesse der städtischen Schulen, insbesondere im Interesse der Schulhygiene im weitesten Sinne, liegt es, dass die Städte, unter selbstverständlicher Wahrung der allgemeinen staatlichen Interessen, auch die fachmännische Leitung der hauptsächlich durch sie unterhaltenen öffentlichen Schulen, sowie die Aufsicht über die Privatschulen erhalten. Schon jetzt lassen es sich die deutschen Städte angelegen sein, durch freiwillige Fürsorge Einrichtungen aller Art, ihre hygienischen Pflichten gegenüber der Schule zu erfüllen. Erforderlich erscheint indes auf diesem Gebiete: die weitere Ausgestaltung der Organisation des schulärztlichen Dienstes so wohl für die Volks- als auch für die höhere Schule und in dem Sinne, dass für eine wirkliche Durchführung der von dem Schularzt als notwendig erkannten ärztlichen Behandlung der Kinder gesorgt wird; die Sicherstellung einer ausreichenden Ernährung und Kleidung der Schulkinder; die Durchführung regelmässiger Bäder für alle Volksschüler; die Einführung eines obligatorischen wöchentlichen Spielnachmittags für alle Schulen und die Beschaffung der nötigen Spielplätze. Als dringend geboten erachtete es der Redner, dass für eine Behandlung erkrankter Schulkinder der städtischen Schulen gesorgt wird. Was nützt es, wenn der Schularzt eine Krankheit konstatiert und die Eltern nicht in der Lage sind, dem Kinde die notwendige Behandlung angedeihen zu lassen? Hier muss Wandel geschaffen werden und das kann auf die Weise geschehen, dass die Krankenversicherung ausgedehnt, dass aufreichsgesetzlichem Wege die Krankenversicherung auf die Familienversicherung erweitert wird. Es soll für die Familien die freie ärztliche Behandlung und die freie Gewährung von Arzneimitteln gewährt werden können. Bis dies erreicht ist, wäre der Gedanken zu erwägen, ob es nicht möglich ist, dem genannten Ziele näher zu kommen durch Gewährung von Zuschüssen der Gemeinden an die Krankenkassen. Diese Frage müsste natürlich auf ihre finanzielle Tragweite geprüft werden.»

Der zweite Referent, Herr Prof. Dr. Schmidt aus Bonn verlangt im Interesse der Schulhygiene und der Sozialhygiene, dass die Rechte der Gemeinden an der Verwaltung der Volksschulen in deren inneren und äusseren Angelegenheiten voll gewahrt bleiben und unnötige Eingriffe der staatlichen Aufsichtsbehörden in diese Rechte vermieden werden.

Er fordert weiteren Ausbau des schulärztlichen Dienstes, namentlich Anstellung von Schulärzten auch an den höheren Schulen.

Mit Rücksicht auf die Missstände, die sich an privaten höheren Mädchenschulen und Kindergärten und Privatanstalten in gesundheitlicher Beziehung herausgestellt haben, beantragt er eine besondere Besprechung dieser Anstalten bei einer späteren Versammlung.

Die an die Berichte sich anschliessende Debatte war sehr lebhaft und bezog sich zum grossen Teil auf die Lösung der Frage, wie die Durchführung einer vom Schularzt als notwendig erachteten ärztlichen Behandlung zu erreichen sei.

Herr Dr. Samosch-Breslau sprach sich besonders dagegen aus, dass die Schulärzte auch die Behandlung der Schüler übernehmen sollten. Auch der Referent Herr Dominicus hatte sich gegen eine solche Forderung ausgesprochen, die übrigens von niemanden aufgestellt worden ist. Die sich anschliessende Erörterung gegen Ausdehnung der Versicherungspflicht war sicher der am wenigsten gelungene Teil der Ausführungen von Samosch und war sicher nicht am Platze. Er wurde auch in treffender Weise von Steinhaus - Dortmund, Sickinger - Mannheim und den Referenten selbst widerlegt.

Wenn wir Aerzte mit den Organen der staatlichen Versicherung vielfach üble Erfahrungen gemacht haben, so ist das zum Teil nicht ganz ohne unsere Schuld geschehen, und wir sind ja auf dem besten Wege, den Schaden wieder gut zu machen. Das darf uns aber nicht veranlassen, die Ausdehnung der Versicherungspflicht auf diejenigen, die sie dringend benötigen, zu bekämpfen. Dazu gehören in erster Linie Frauen und Kinder der versicherungspflichtigen Arbeiter. Der an sich gute Gedanke, die Menschen wieder mehr an Selbständigkeit und Selbsthilfe zu gewöhnen, ist an dieser Stelle durchaus verfehlt. Der Arbeiter verdient heute im allgemeinen nicht so viel, um bei Krankheit von Frau und Kindern genügend Mittel für ärztliche Behandlung und Arznei aufzubringen. Er lässt die Angehörigen deshalb meistens sehr lange Zeit unbehandelt, oder er verlässt sich auf die Wohltätigkeit des Arztes oder er wendet sich an die Armenverwaltung. In dieser Lage ist die Ausdehnung der Versicherungspflicht sicher das beste und menschenwürdigste Mittel und schadet der Selbständigkeit und Verantwortlichkeit der Menschen weniger als die Fortdauer der bisherigen Zustände.

In der Debatte wurde ferner die Notwendigkeit der hygienischen Ausbildung der Lehrer hervorgehoben. Mehrere Redner traten für die Anstellung von Schulärzten im Hauptamt ein. Allgemein wurde die Ausdehnung des schulärztlichen Dienstes auf die höheren Schulen verlangt. Samosch

berichtete über sehr günstige Erfahrungen in dieser Richtung.

Schliesslich wurde von Leubuscher eine weitgehende Aufklärung der Bevölkerung über die Bedeutung der schulärztlichen Organisation und die Schulgesundheitspflege angeregt.

Der Verlauf der Jahresversammlung muss als ein durchaus befriedigender bezeichnet werden.

Die Erörterung der angeregten Fragen hat sicherlich zur Klärung der Meinungen beigetragen und hoffentlich weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Schulhygiene angebahnt.

Die sonstigen Veranstaltungen des Ortsausschusses, Festmahl, gesellige Zusammenkünfte, Besichtigungen verliefen in sehr anregender Weise und trugen dazu bei, den Aufenthalt in der freundlichen Hauptstadt unseres Nachbarlandes äusserst angenehm zu gestalten, sodass wir gern und dankbar daran zurückdenken.

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18. Mai. Dr. Zerner, Oberarzt vom Inf.Reg. 144 zum ostasiatischen Detachement übergetreten. Befördert zu Oberstabsärzten die Stabsärzte: Dr. Kirch vom Inf.-Reg. 145 beim Grenadier-Reg. 6; Dr. Kallina vom Inf -Reg. 60 beim Fussart -Reg. 5; Dr. Herbst vom Pionier-Bat. 15 beim Feldart.-Reg. 75; Dr. Franz vom Fussart.Regt. 5 beim Inf.-Reg. 131; zu Stabsärzten die Oberärzte : Dr. Nieter vom Grenadier-Reg. 11 beim Inf.-Reg. 137; Dr. von der Heyden vom Feldart.-Reg. 54 beim Inf.-Reg. 145. Versetzt: Oberstabsarzt Dr. Janz vom Inf.-Reg. 131 zum Inf.-Reg. 61; Stabsarzt Dr. Popp vom Inf. - Reg. 137 zum Inf.-Reg. 60; Professor Dr. Otto vom Inf.-Reg. 38 zum Pionier-Bat. 15; die Oberärzte Dr. von Zschock vom Inf.-Reg. 132 zum Inf.-Reg. 97; Dr. Röhmer vom Sanitätsamt XV. A.-K. zum Pionier-Bat. 15; Dr. Biermann Assistenzarzt vom Feldart.-Reg. 51 zum Sanitätsamt XV. A.-K. Im Beurlaubtenstand befördert zu Assistenzärzten: die Unterärzte: Dr. Bayer (Heinrich), Dr. Bayer (Rudolf) Strassburg.

Statistik der anzeigepflichtigen Krankheiten. Zusammengestellt nach Mitteilungen der Herren Kreisärzte.

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Monat Mai 1907.

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* 3 in Dürrenbach, 2 in Trimbach. Ausserdem 2 Fälle von Körnerkrankheit. 5 in Furchhausen.

* 5 in Bliesbrücken. Ausserdem 1 Genickstarre.

Verd.ichtiger Fall.

* In Beauregard, ** in Ni der-Jeutz (Eis nbahnkolonie, *** besonders in Terville, * 4 in Maizières, 2 in Plappeville, 1 in Moulius, ** 4 in Rombach, *** 3 in der Garnison,

• Zugereist aus Maizières, ** 3 in der Garnison.

• Erst nachträglich festgestellt.

1907.

Juli.

7. Heft.

Ueber die akuten Erkrankungen der Nasennebenhöhlen während der letzten Influenza-Epidemie.

Von Prof. Dr. MANASSE.

(Vortrag, gehalten im Unterelsässischen Ärzteverein am 29. Juni 1907).

M. H. Bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme, möchte ich mir gestatten, Ihnen kurz an diesen Präparaten und Abbildungen die anatomischen Verhältnisse der Nasen-Nebenhöhlen zu demonstrieren.

Wir kennen auf jeder Seite 4 Nebenhöhlen: die Kieferhöhle, die Stirnhöhle, die Keilbeinhöhle und die Siebbeinzellen, die alle durch präformierte Wege mit der Nasenhöhle kommunizieren. Die Kieferhöhle oder Highmors-Höhle ist die grösste aller Nebenhöhlen und kommuniziert durch das Foramen maxillare mit der Nasenhöhle; dieses findet sich im mittleren Nasengang am untersten Ende des sogenannten Hiatus semilunaris, einer langen Furche, die etwas von der Bulla ethmoidalis überlagert wird. Die Stirnhöhle, von sehr wechselnder Grösse im Stirnbein gelegen, sendet ihren Ausführungsgang, den Canalis nasofrontalis ebenfalls in den mittleren Nasengang am oberen und vorderen Ende des Hiatus semilunaris. Hier im mittleren Nasengang münden auch die vorderen Siebbein zellen aus, während die hinteren mit dem oberen Nasengang kommunizieren. Hier oben sieht man auch die nasale Oeffnung der 4. und letzten Nebenhöhle, das Foramen sphenoidale, das sich an der vorderen Wand der Keilbeinhöhle befindet (Demonstration). Es ist klar, dass diese natürlichen Kommunikationen der Nase mit den Nebenhöhlen von differential-diagnostischer Bedeutung sind, da isolierte Eitermassen an diesen Stellen uns einen Fingerzeig geben, wo wir bei entzündlichen Affektionen den Sitz der Erkrankung zu suchen haben.

Diese eitrigen Entzündungen bilden nun die häufigste Art der Erkrankung dieser Räume, und zwar sind es gewöhnlich die chronischen Eiterungen, die wegen der operativen Eingriffe und der Komplikationen das Interesse der Rhinologen hervorgerufen

haben, während die akuten Erkrankungen meist als leichterer Natur angesehen werden, insofern als sie gewöhnlich durch konservative Behandlung zur Heilung kommen.

Die letzte Influenza-Epidemie hat uns aber darüber aufgeklärt, dass auch diese akuten Erkrankungen keineswegs so harmloser Natur sind. Nun sind allerdings auch von anderen Autoren gelegentlich schwere akute Nebenhöhlenempyeme beobachtet worden, jedoch entschieden nicht häufig, und ich speziell habe wegen akuten Empyems noch nie eine Aufmeisselung der Nebenhöhlen vorgenommen und auch nie einen solchen Fall durch den Tod verloren bis zur InfluenzaEpidemie des letzten Frühjahrs, die uns in dieser Hinsicht manche Ueberraschung brachte; und deshalb möchte ich Ihnen über dieselbe einen kurzen Bericht erstatten.

Schon die Häufigkeit der Erkrankungen war, selbst wenn man in Betracht zieht, dass bei Influenza stets viele Nebenhöhlen-Eiterungen vorkommen, eine ganz ungewöhnliche.

Im ganzen konnten wir 61 Patienten mit akuten Nebenhöhlen-Eiterungen bei Influenza in diesem Frühjahr beobachten, die gelegentlich alle einzelnen Höhlen, auch mit mannichfachen Kombinationen, betrafen; in erster Linie aber wurden Stirnhöhlen-Empyeme angetroffen. Diese Fälle möchte ich einteilen in leichte Fälle, die unkompliziert, ohne grösseren operativen Eingriff zur Heilung kamen, und schwere, die Komplikationen von seiten des Periostes, des Knochens oder gar der Hirnhäute zeigten. Leichte Fälle konnten wir 55, schwere 6 beobachten, unter letzteren einen Exitus infolge von eitriger Meningitis.

Was die anatomischen Veränderungen anbetrifft, so handelt es sich bei den leichten Fällen um eine reine Schleim

hauterkrankung, d. h. die Schleimhaut ist sehr stark geschwollen, gerötet, mit Eiter bedeckt, mikroskopisch von reichlichen Rundzellen durchsetzt und gelegentlich mehr oder weniger ödematös. Bei den schweren Fällen sahen wir meist eine ausgedehnte Periostitis und Ostitis des Stirnbeins, welche sich gewöhnlich an der vorderen, seltener an der unteren Stirnhöhlenwand lokalisierte. Hier fanden wir grössere oder kleinere Abzesse mit ausgedehnter Zerstörung des Periostes und des Knochens. Von einem derartigen Fall rühren die dort aufgestellten mikroskopischen Präparate her; die ganze vordere Stirnhöhlenwand war dort siebartig durchlöchert, der Knochen liess sich zum Teil mit der Pinzette entfernen. In den Präparaten sehen Sie die Zeichen einer ausgedehnten Knocheneinschmelzung mit Howship'schen Lakunen und Osteoklasten, daneben wieder Appositionsvorgänge mit Osteoblasten, im Granulationsgewebe, gelegentlich kleine Sequester.

kann

Die klinischen Symptome man in allgemeine und lokale Symptome einteilen als erstere sind zu nennen hohe Temperaturen bis 40° und darüber (selbst bei leichteren Fällen), erhöhte Pulsfrequenz, grosse Mattigkeit etc., kurz alle Anzeichen eines schweren Infektes, als lokale Symptome sind starke Stirnkopfschmerzen, Druckempfindlichkeit der Höhlenwandung und eitriger Ausfluss aus der erkrankten Nasenseite anzutreffen; bei der objektiven Untersuchung sieht man dann gewöhnlich Eiter im mittleren. Nasengang, ödematöse Schwellung der mittleren Muschel und, wenn auch nicht immer, bei der Durchleuchtung eine Verdunkelung der betreffenden Höhlen. Bei den schweren Fällen finden sich als Zeichen der erwähnten Periostitis und Ostitis teigige oder fluktuierende Schwellungen am Stirnbein, Protrusio bulbi bei der Orbitalphlegmone, schwere meningeale Symptome, besonders Erbrechen, Krämpfe, Benommenheit etc. bei komplizierender Meningitis.

Der Verlauf war übrigens auch bei den leichten Fällen vielfach nicht so einfach wie bei den anderen Influenza-Epidemien. Während früher häufig die Fälle in wenigen Tagen zur Ausheilung kamen, dauerte es in dieser Epidemie meist mehrere Wochen, ehe die Eiterung völlig versiegte; auch war es nötig von den 55 leichteren Fällen 17 in die Klinik aufzunehmen, da die Patienten für eine ambulatorische Behandlung zu krank

waren.

Bezüglich der Diagnose, ist zu be

merken, dass es gewöhnlich leicht ist zu erkennen, dass ein ein Nebenhöhlen-Empyem vorliegt, in welcher Höhle dasselbe aber lokalisiert ist, zu sagen, ist oft ungemein schwierig, auch möchte ich Sie, mit diesen spezialistischen Einzelheiten nicht aufhalten. Die allgemeine Diagnose kann man gewöhnlich aus den geschilderten Symptomen, Kopfschmerz, einseitigem eitrigen Ausfluss, Druckempfindlichkeit, sowie aus dem rhinoskopischen Befund, der Durchleuchtung und der gleich zu besprechenden Ansaugung

stellen.

Die Prognose ist im allgemeinen als gutartig zu bezeichnen, wenigstens bei den leichteren Fällen, doch ist es natürlich schwer zu sagen ob der Fall ein leichter bleiben wird; jedenfalls muss inan wissen, dass schwere Komplikationen sogar mit letalem Ausgang vorkommen können, wenn sie auch verhältnismässig selten sind.

Die Therapie wird in allen leichten Fällen mit konservativen Mitteln zur Heilung führen. Als solche sind zu nennen: Priessnitzsche Umschläge auf die erkrankte Höhle, Schwitzkuren, und an lokalen Mitteln hauptsächlich das Adrenalin mit nachfolgender Ansaugung. Wir haben gewöhnlich den mittleren Nasengang und die mittlere Muschel mit verdünnter (1: 5 Na Cl-Lösung) Adrenalinlösung stark eingerieben bis die Abschwellung erfolgte, und den Sondermannschen oder Muck schen Saugapparat angesetzt; meist strömte der Eiter in das Glas hinein (Demonstration). Ist das vordere Ende der mittleren Muschel im Wege, trägt man es ab; auch Ausspülungen können vom mittleren Nasengang vorgenommen werden, gewöhnlich aber sind sie unnötig. Ganz anders verhält es sich mit den schweren Fällen; bei diesen ist ein operativer Eingriff unentbehrlich. Wir haben 5 operative Fälle beobachtet, alle betrafen die Stirnhöhle. Als Indikationen konnten wir: 1. periostitische Abzesse, 2. Zeichen von Knochenzerstörung, 3. intrakranielle Symptome fixieren. Die ersteren traten an der vorderen Stirnhöhlenwand, einmal in der Mitte der Stirn, einmal als ausgesprochene Orbitalphlegmone mit Protrusio bulbi auf. Die Knochenzerstörung liess sich aus fühlbaren Defekten und Pergamentknittern der vorderen Stirnhöhlenwand erkennen, und schliesslich bestanden die

wenn auch nur angedeuteten intrakraniellen Symptome, die einmal die Indikation stellen liessen, in erhöhten Kopfschmerzen und Erbrechen.

Die Art des Eingriffes richtete sich

nach dem lokalen Befund; immer wurde die Stirnhöhle eröffnet und der kranke Knochen total abgetragen, meist wurde, um den Abfluss zu sichern durch's Siebbein in die Nasenhöhle durchgemeisselt und die Hautwunde primär genäht (Demonstration der 5 Fälle).

In einem Falle wagte ich nicht zu operieren, da schon ausgesprochene Meningitis bestand und die Lokaldiagnose nicht möglich war. Es handelte sich um eine 21jährige Patientin, die bei Beginn ihrer Influenza Anzeichen einer Nebenhöhlenerkrankung und kurz darauf einer schweren meningealen Affektion aufwies. Am 6. Tage der Influenza,

am 5. der Nebenhöhlen-Eiterung erfolgte der Exitus. Die Autopsie wies einen extraduralen Abzess in der Gegend des Sinus longitudinalis superior und einen grossen intrameningealen Abzess der rechten Grosshirnhemisphäre bei link sseitiger Siebbein- und Kieferhöhlen-Eiterung auf.

Das sind, m. H., im Wesentlichen die Erfahrungen, die ich aus der letzten InfluenzaEpidemie über akute Nebenhöhlen-Eiterungen gewonnen habe; ich habe Ihnen nur einen kurzen Ueberblick gegeben, um alles Spezialistische möglichst zu vermeiden und nur das zu bringen, was mir des allgemeinen Interesses würdig erschien.

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Über Stillprämien und Milchkassen.

Von Dr. GEORG KIEN.

Seitdem man erkannt hat, dass trotz dem Fortschritt auf dem Gebiete der Ernährungstechnik die künstliche Ernährung nicht imstande ist, die Mutterbrust völlig zu ersetzen, wird von allen Seiten mit bewunderungswürdigem Eifer auf die Durchführung des Selbststillens gearbeitet. Wenn auch inzwischen die noch sehr zweifelhaften Behauptungen Bunge's über die zunehmende Unfähigkeit der Frauen, ihre Kinder zu stillen", in gewissen Kreisen bittere Enttäuschung und Mutlosigkeit verbreitet haben, so ist trotzdem ein Weitergehen auf dem einmal betretenen Wege dringend zu erstreben. Nur auf diese Weise wird es endlich gelingen, in dieser so wichtigen, sozialen Frage ein endgültiges Resultat zu erzielen und die Wahrheit in ihrem vollsten Umfange kennen zu lernen.

Zwei Einrichtungen scheinen den erstrebten Zweck am sichersten zu erfüllen: Die Stillprämien und die Milchkassen. Beide bezwecken die Mutter zum Selbststillen zu veranlassen, und zwar vorzugsweise die Frauen, welche in ihrer Stellung unabhängig und infolgedessen auch in ihren Entschlüssen dem Einfluss unberufener Personen leichter ausgesetzt sind. Diese Mütter stehen im allgemeinen weit ungünstiger in der Fürsorge für ihre Kinder, als manche Fabrikarbeiterin, deren Los durch eine philanthrope Fabrikverwaltung sehr gebessert werden kann. Die Zahl der Fabriken, in welchen den arbeiten

Verlag Ernst Reinhardt. München 1907.

den Müttern Gelegenheit zum Selbststillen gegeben wird, vermehrt sich von Tag zu Tag. In besonders eingerichteten Räumen, sogenannten Still- und Pflegezimmern, werden die Kinder während der Arbeitsstunden untergebracht, durch ein geschultes Personal gepflegt und geniessen in regelmässigen Intervallen die Wohltat der Mutterbrust.

Betrachten wir diese segensvollen Einrichtungen nach ihrem bisherigen Erfolge, so würde eine einheitliche, nach dem erwähnten Muster gebildete Einrichtung in sämtlichen Fabriken einen sozialen Fortschritt bedeuten, der dem ganzen Lande nur von Nutzen sein könnte. Die in Deutschland weit verbreitete Industrie würde nicht mehr als die Hauptursache der hohen Säuglingsmortalität bezeichnet werden müssen, im Gegenteil sie würde das beste Mittel werden zu ihrer Bekämpfung.

Die Stillprämien werden in Natura oder in Geld verabgabt. In einigen Städten, wie München, werden bedürftigen Müttern Mittag- und Abendkost in eigens dazu bestimmten Speiseanstalten unentgeltlich verabreicht, unter der einzigen Bedingung, dass sie ihr Kind jedesmal vor und nach dem Essen anlegen.

Hier in Strassburg sucht der Verein ,,zur Unterstützung armer Wöchnerinnen" sich

'Dietrich. Die Säuglingssterblichkeit in Preussen. Zeitschrift f. Säuglf. I. Bd. S. 96.

2 Dietrich. 1. c. S. 97.

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