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vorgenommener Operation als bei gut kompensirter Nierenfunktion, die bessere Aussichten für einen günstigen Verlauf der Gravidität gewährt.

In unserem Eingangs erwähnten Fall wird, mit Rücksicht auf die unklare Aetiologie (Parametritis?) der multiplen, miliaren Nierenabszesse trotz Gesundseins der restierenden Niere und subjektiven Wohlbefindens der Patientin vor einer neuen Gravidität gewarnt werden müssen.1

Herr Funke: Die Frage, die Herr Adrian hier angeregt hat, ist gewiss der Diskussion nach verschiedenen Gesichtspunkten hin wert. Einen kleinen Beitrag aus meiner Erfahrung, will ich hier mitteilen, nämlich über Exstirpation einer Nierengeschwulst in der Schwangerschaft. Es handelte sich um ein fast mannskopfgrosses Polykystom der linken Niere bei einer Gravida mens V. Es konnte ante op. auch durch Herrn Prof. Madelung nicht mit Sicherheit ein Ovarialtumor ausgeschlossen werden. So kam ich in die Lage, die Operation auszuführen. Schnitt in der Mittellinie: Der grosse Tumor lag der linken Kante des Uterus fest an, doch bestand nirgends ein Zusammenhang zwischen Uterus und Tumor. Linkes Ovarium vorhanden und gesund. Der Tumor lag in einem Peritonealsack (retroperitoneal) und konnte nach Spaltung desselben (transperitoneal) leicht exstirpiert werden. Die Urinmenge betrug am ersten Tage um 600 cbcm wahrscheinlich in Folge geringer Flüssigkeitsaufnahme nach der Operation, sie stieg am 2. Tag auf 1200 cbcm. blieb von da an normal. Eiweiss oder sonstige pathologische Bestandteile traten nicht auf, auch keine Wehen. Die Geburt erfolgte zur richtigen Zeit. P. befand sich auch in späterer Zeit vollkommen wohl! Geboren hat sie nicht mehr.

Der Fall beweist, dass die zurückgebliebene gesunde Niere auch die gesteigerten Anforderungen in der Schwangerschaft ganz gut übernehmen kann. Aehnliche Fälle sind auch aus der Literatur bekannt.

Bezüglich einer weiteren Geburt kommen zur Beurteilung in Betracht, erstens die Indikation deretwegen die Nephrektomie ausgeführt wurde und ferner theoretische Betrachtungen. Von den Indikationen zur Nephrektomie nimmt sowohl was die Häufigkeit als auch was die Wichtigkeit spä

1 In ihrer soeben erschienenen Nierenchirurgie“ (Berlin, S. Karger, 1907, Pg. 46) empfehlen Garré u. Ehrhardt Nephrektomirten, alle Schädigungen der Niere zu vermeiden: vor allem Vermeidung des Alkoholmissbrauches, von Erkältungsschädlichkeiten und bei Frauen die Verhütung weiterer Gravidi

täten.

terer Geburten angeht die tuberkulöse Nephritis und Pyelonephritis die erste Stelle ein.

Beiderseitige tuberkulöse Nephritis ergibt bei bestehender Schwangerschaft die Indikation zur Einleitung des künstlichen Abortus ab, gerade ebenso wie die Tuberkulose irgend eines anderen lebenswichtigen Organes, wenn man überzeugt ist, dass die Frau überhaupt noch der Ausheilung oder Besserung fähig ist.

Einseitige tuberkulöse Nephritis bei Schwangerschaft dürfte nach den Erfahrungen von Jsraël u. A. z. Zt. die Exstirpation der kranken Niere in der Schwangerschaft indizieren.

Wie sind nun die Verhaltungsmassregeln für später?

Wenn wir nach Exstirpation der tuberkulösen Niere die glänzendsten Heilerfolge sehen, Zunahme des Körpergewichtes, klaren Urin etc., so kennen wir doch eine ganze Anzahl Frauen, bei denen in Folge Zurückbleibens erkrankter Ureterreste etc. Tuberkelbazillen noch im Harn nachweisbar sind, bei denen trotz Besserung des Allgemeinbefindens doch also noch gewissermassen eine latente Tuberkulose des Ureters oder der Blase besteht, die nur auf die Gelegenheit wartet, florid zu werden. Es sind in der Tat ja auch solche Fälle bedenen kannt, in Nephrektomierte geheiratet haben und dann an florider Tuberkulose zu Grunde gegangen sind. Wenn ja nun auch durch minutiöse Untersuchung solcher Frauen mittelst Zystoskopie, Kryoskopie, Tierexperiment etc. mit einiger Sicherheit nachgewiesen werden kann, ob im Augenblick an einer Stelle des uropoetischen Systems Tuberkulose besteht oder nicht, so möchte. ich doch nicht die Verantwortung auf mich nehmen, der Nephrektomierten mit einiger Sicherheit zu versprechen, dass sie eine erneute Schwangerschaft ohne Gefahr für ihr Leben resp. für Wiederaufflackern der Tuberkulose austragen könne. Anders liegt die Sache, wenn Pat. sich nicht geneigt erklärt, sich den künstlichen Abort einleiten zu lassen; wir sind dann meiner Ansicht nach nicht berechtigt, der Schwangeren durch Schilderung der Gefahren der Schwangerschaft Todesangst einzujagen und sie dadurch zur Einwilligung zum Abort zu zwingen. Ich glaube, wir sind dazu trotz der schlechten Erfahrungen, die publik geworden sind, vom Standpunkt der Tuberkulose aus nicht berechtigt. Wir wissen von der Lungentuberkulose aus, wie ausserordentlich schwierig es ist, die Fälle zu beurteilen, von denen wir mit einiger Bestimmtheit sagen können, dass die Schwangerschaft eine rapide Verschlimmerung herbeiführen werde. Ich kenne mehrere Fälle, die nach sehr eingehender Untersuchung

zum Abort vorgeschlagen waren, und die diese und folgende Schwangerschaften gut durchmachten. Meine Ansicht geht dahin, Frauen, die wegen Nierentuberkulose nephrektomiert wurden, das Konzeptionsverbot mitzugeben.

Bei eingetretener Schwangerschaft ist der künstliche Abort vorzuschlagen, und wenn der ausdrückliche Wunsch auf Nachkommenschaft besteht nach Schilderung der ev. drohenden Gefahren exspektativ zu verfahren.

Die Antwort, wie weit der zurückgebliebenen Niere, bei Nephrektomie aus anderer Ursache als Tuberkulose, die gesteigerten Anforderungen der Schwangerschaft zugemutet werden dürfen, steht in letzter Linie dem Internen zu.

Herr H. Freund hält Adrian's Erage für gut formuliert und begründet. Er hat folgenden Fall beobachtet: 38jährige Frau, seit 10 Jahren wegen Blasenbeschwerden ärztlich behandelt. Im Jahre 1897 konstatiert F. erhebliche Albuminurie, Eiter im Harn, Pyelonephritis. Pat. konzipiert zum ersten Mal. Im 8. Monat der Schwangerschaft steigern sich die Beschwerden. (Fieber, Schmerzen) zu solcher Höhe, dass die Frühgeburt eingeleitet werden. muss. Glatter Verlauf. Kind bleibt am Leben. Exstirpation der rechten Niere durch Prof. Madelung 4 Wochen post partum. (Juni 1899). Pat. ist heute noch gesund, in dem hellen Urin aber noch etwas Eiweiss. F. hält antikonzeptionelle Mittel für indiziert, wenn eine wegen Tuberkulose oder malignen Tumors nephrektomierte Pat. in die Lage kommen kann, schwanger zu werden; den künstlichen Abortus aber ebenso, wenn, wie in obigem Fall, die Schwangerschaft eine Verschlimmerung des Leidens herbeiführt. Das kann sehr schnell erfolgen. Jedenfalls ist die Komplikation von

latenter Nierentuberkulose und Gravidität bei Anwesenheit nur einer Niere sehr bedenklich. Die Entscheidung, ob die Schwangerschaft unterbrochen werden soll, bleibt dem Gynækologen am besten vorbehalten.

Herr Reeb hat in der Literatur 15 Fälle von Gravidität nach Nephrektomie gefunden; in 4 Fällen waren die Nieren wegen einseitiger Tuberkulo se entfernt worden. Von diesen Fällen verliefen 3 vollständig glatt, die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett waren normal, die zurückgelassene Niere blieb gesund (Fälle von Israel, Mirabeau, Steinheil); in dem vierten Falle (Koenig), in dem die zurückgelassene Niere nicht gesund war, starb die Pat. im Wochenbett.

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In den übrigen 11 Fällen war die eine Niere längere Zeit vor der Schwangerschaft teils wegen Nierensteine, Pyo- oder Hydronephrose entfernt worden; in sämtlichen Fällen waren Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett normal; die Pat. erkrankte nicht in der Folgezeit. Unter diesen Fällen befindet sich einer, bei der die Frau nach der Nephrektomie noch 3 normale Schwangerschaften durchgemacht hat (Tridondani); nur in einem Falle trat vorübergehende Albuminurie auf, die aber im Wo chenbett wieder verschwand.

Nach diesen Erfahrungen muss ich doch sagen, dass man nicht bei jeder nephrektomierten Frau prinzipiell den künstlichen Abort einleiten, sondern, dass man eine bestimmte Indikation abwarten soll. Die zurückgebliebene gesunde Niere hypertrophiert und tritt vikariierend für die exstirpierte ein und vermag dann auch, wie uns die angeführten Fälle zeigen, in der Schwangerschaft den gesteigerten Anforderungen zu genügen. Wolff.

Personalien.

Personalien der Aerzte Elsass-Lothringens. Personalveränderungen im Sanitätskorps

Kreis Strassburg-Stadt: Niedergelassen Dr. Josef Wallerstein (approb. 1904) als prakt. Arzt, Dr. Josef Kieffer (approb. 1900) als Spezialarzt für Mund- und Zahnkrankheiten.

Aus der amtl. Korrespondenz.

Die Warnehmung der kreisärztlichen Geschäfte im Kreise Altkirch ist dem Kantonalarzt Dr. Delunsch in Rosheim vom 1. August an übertragen worden. C. B.

der in Elsass-Lothr. garnisonierenden Truppenteile.

Preussen.

15. Juni. Befördert zu Oberstabsärzten die Stabsärzte: Dr. Overmann vom Inf.-Reg. 53 beim Dragoner-Reg. 14, Dr. Köhler vom Inf.-Reg. 112 beim Ulanen-Reg. 11, Dr. Vagedes vom EisenbahnReg. 3 beim Inf.-Reg. 98; zu Stabsärzten die Oberärzte: Dr. Simon vom Dragoner-Reg. 14 beim Fussart.-Reg. 14, Dr. Trespe vom Inf.-Reg. 46 beim Inf.-Reg. 112. Versetzt: Dr. Migeod, Ober

Söhne, Mannheim-Waldhof.

Landesteile

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Statistik der anzeigepflichtigen Krankheiten.
Zusammengestellt nach Mitteilungen der Herren Kreisärzte.

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Der Gesamtauflage unserer heutigen Nummer liegt folgendes Prospekt bei, auf welches die Leser ganz besonders aufmerksam gemacht werden: Lactoserve

von

der Firma C. F. Boehringer

1907.

August.

8. Heft.

Ergebnisse der Orthodiagraphie für die Herzuntersuchung.

Von Prof. F. MORITZ.

(Gekürzt nach einem Vortrag, gehalten im Unterelsässischen Aerzteverein am 27. Juli 1907).

M. H. Die Untersuchungen, über die ich Ihnen heute in Kürze berichten will, datieren auf mehrere Jahre zurück und sind einem einheitlichen Plane entsprungen. Es galt das Röntgenverfahren zu einer quantitativ messenden Methode auszugestalten, um die der Abgrenzung durch die Strahlen zugänglichen Organe, in erster Linie also das Herz, und die aus ihm entspringenden grossen Gefässe nach Grösse, Form und Lage exakt bestimmen zu können. Zu diesem Zwecke habe ich vor 7 Jahren den Orthodiagraphen konstruiert, wie er sich mir mit unwesentlichen Abänderungen bis heute bewährt hat. (Demonstration des Apparates.) Das Prinzip des Apparates ist alsbald von verschiedenen Seiten aufgegriffen und zu ähnlichen Konstruktionen verwendet worden, die sich darin allerdings von der Originalkonstruktion unterschieden, dass sie statt der Horizontal-- wesentlich die Vertikalstellung des Untersuchten bevorzugten. Ich kann dies Vorgehen nicht billigen, obwohl es sich in der Praxis eingebürgert hat. Es sprechen mehrere Gründe dagegen. Vor allem aber lässt sich die absolute Ruhigstellung des Untersuchten, wie sie in Rückenlage gewährleistet ist, in aufrechter Stellung nicht erzielen. Ich wende diese letztere daher nur in solchen Fällen an, wo sie zur Entscheidung speziell auf die aufrechte Haltung sich beziehender Fragen dient und halte mich für gewöhnlich ausschliesslich an die Untersuchung in Horizontallage.

Um die volle Ausbeute aus der orthodiagraphischen Bestimmung des Herzens zu gewinnen, kann es notwendig sein, in das Orthodiagramm ausser der Mittellinie des Körpers auch noch die Umrisse des Thoraxskelettes aufzunehmen. (Zwischenrippenräume, Rippenbögen u. s. w.) Es geschieht dies, indem man die Kontouren des Brustskelettes von dem Kranken auf eine Glastafel und von dieser in bestimmter, eine richtige Situierung

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eine Darstellung dieser Verhältnisse, aus der Sie entnehmen werden, dass, von unten nach oben gerechnet, links zunächst der linke Ventrikel, dann linkes Herzohr und Pulmonalis und schliesslich die und schliesslich die Umbiegungsstelle der Aorta randbildend sind. In Fällen starker Dilatation des rechten Ventrikels kann allerdings auch dieser zum Teil oder ganz am linken Herzrand randbildend werden.

Am rechten Rand des Herzens ist es der rechte Vorhof und am rechten Rand der grossen Gefässe die Cava superior welche randbildend sind. Ebenfalls gelegentlich von Wichtigkeit sind die Verhältnisse des Herz- und Gefässsitus wie sie sich von der Seite präsentieren, da man auch in frontaler Richtung Orthodiagramme des Herzens aufnehmen kann. Das

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Werte sind, wenn es sich um die Vergleichung verschiedener Herzen untereinander handelt.

Nach der hier kurz skizzierten Methodik haben wir umfangreiche Untersuchungen angestellt, an denen sich mein Assistent Dr. Dietlen und Oberarzt Dr. Schieffer (kommandiert zur Med. Klinik in Giessen) in hervorragender Weise beteiligt haben.

So kam es zunächst darauf an die normale Herzgrösse festzustellen, eine Aufgabe, die nur durch eine sehr grosse Untersuchungsreihe, die wesentlich das Werk Dietlens ist, gelöst werden konnte. Wir haben die Resultate dieser Untersuchung in eine zahlenmässige Form kleiden können, indem wir von der Messmethode, wie sie aus Fig. 3 hervorgeht, Gebrauch machten. Es hat sich herausgestellt dass die normale Herzgrösse von einer Reihe von Faktoren abhängig ist, nämlich von der Körpergrösse, dem Körpergewicht, dem Alter, dem Geschlecht und dem Mass von Muskelarbeit, das der Mensch durchschnittlich zu leisten pflegt. Es haben also grössere Menschen auch grössere Herzen, von zwei gleichgrossen aber hat wieder der schwerere ein grösseres Herz. Unerwachsene Menschen gleicher Grösse und Gewichtes haben kleinere Herzen als erwachsene, ferner nimmt im Alter das Herz fast regelmässig an Grösse etwas zu. Frauen pflegen ceteris paribus ein kleineres Herz zu haben als Männer und endlich haben Individuen mit geringer Muskeltätigkeit ein kleineres Herz als solche, die körperlich stark arbeiten. Die Verhältnisse bei körperlicher Arbeit sind hauptsächlich von Schieffer untersucht worden, der z. B. für die starken Radfahrer eine unzweifelhafte Vergrösserung des Herzens den Nichtradfahrern gegenüber nachgewiesen hat. Ebenso zeigen die schweren Berufe im Durchschnitt grössere Herzen als die leichteren, die keine wesentliche Muskelarbeit bedingen.

Prinzipiell richtig ist die zuerst von mir orthodiagraphisch erbrachte und von mehreren Seiten bestätigte Feststellung, dass eine einmalige, wenn auch sehr grosse körperliche Anstrengung (Ringen, angestrengtes Radfahren) bei einem gesunden Herzen nicht zu einer Dilatation führt. Freilich ist nach Tierexperimenten (De la Camp) anzunehmen, dass ein geschädigter Herz muskel dabei einer akuten Dilatation unterliegen kann. Es handelt sich hier offenbar um andere Dinge als bei der allmählichen Grössenzunahme des normalen Herzens infolge andauernder grosser Muskelarbeit.

Neben physiologischen Unterschieden in der Grösse des Herzens gibt es solche auch in bezug auf dessen Lagerung. Nicht nur,

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