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D'Albigni, bestürzt ob des schmählichen Ausgangs feiner Unternehmung, welche so gut berechnet und so schlecht ausgeführt worden, und als er sah, daß die Ladenburschen, wie er die Genfer nannte, Arme hatten sich zu vertheidigen, und Herz genug, um seine Leute wieder über die Mauern hinab zu jagen ließ zum Abzug bla= sen, was diesen übel beschädigten und vor Furcht und Kälte erstarrten Kriegern wohl zu statten kam. Sie nahmen schleunigst den Nückweg über Bonne und berichteten dem Herzog das Unglück, welches die Verwegenheit des Herren von Albigni ihnen zugezogen.

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Am gleichen Tage wurden die dreizehn Gefangenen zum Stricke verurtheilt, was einige allzuhart gefunden; aber der Magistrat sagte: „er betrachte sie nicht sowohl als bloße Feinde, sondern vielmehr als Diebe, welche des Nachts eingestiegen und gegen alles Völkerrecht den so heilig geschwornen Frieden gebrochen hätten." Ihre Köpfe und diejenigen der andern innerhalb der Mauern erschlagenen Feinde in allem fiebenundsechszig — wurden auf, Befehl des Naths auf der Mauer des Walles aufgepflanzt, zunächst an dem Orte, wo die Leitern gestanden; die Körper wurden in den Rhonefluß geworfen. In allem blieben zweihundert Savoier; die Genfer hatten dreißig Verwundete unter diesen waren der Altsyndik Peter Fabri und der Nathsherr Fohann Baudichon — und siebs zehn Todte, welche zu St. Gervais begraben wurden. Ihre Namen verewigte eine Grabschrift. Der Nath ordnete eine jährliche Feier dieses gefahrvollen Tages an.

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Eines der ersten Geschäfte des Naths war nun die Sorge für die Sicherheit und die Vertheidigung der Stadt. Die Nacht nach dem Ueberfall mußten fünf Fähnlein Bürger die Wache halten. Der Nathsherr Savion wurde an die bernerischen Landvögte von Nion, Morsee und Lausanne abgesandt, um von denselben 500 Mann Hülfsvölker zu begehren. Indessen hielt man die Pfor

ten de Rive und Cornavin etliche Tage`geschlossen. Man ließ alle Festungswerke besichtigen. Um die mangelhaften Orte auszubessern, gebot man allen Einwohnern der Stadt, Männern, Weibern und Kindern, daran zu arbeiten. Endlich machte man über alles Vorgegangene Bericht an den König von Frankreich, an die Herren von Zürich und von Bern, an den Herrn de la Guiche, Statthalter zu Lion, den Herrn von Boiße, Statthalter zu Bourg, und an den von Lesdiguieres.

Man belohnte etliche, die sich in dieser gefahrvollen Nacht ausgezeichnet. En die Mitte der Stadtgraben pflanzte man starke Pfähle, damit der Feind nicht mehr so leicht an die Mauern kommen und sie ersteigen möch te. Den 15. Dezember langten die 500 Mann, welche die Stadt von den benachbarten Amtleuten begehrt hatte, in Genf an, Man theilte sie in sechszehn Notten ab, welche je zu drei Tagen die Woche Tag und Nacht vers sehen mußten; auch die Bürger theilten noch eine Seit lang mit ihnen die Hut der Stadt, also daß dieselbe jede Nacht bewacht wurde. Der Herr von Villards wurde ebenfalls wieder zurück berufen, um im Nothfall als Oberbefehlshaber die Stadt zu vertheidigen.

V.

Der Rappenkrieg im Kanton Basel.
(1591-94.)

Die Folgen des goldenen Bundes zeigten sich auf eine merkwürdige Weise in dem Benehmen der verschiedenen Orte der Eidgenossenschaft bei dem Aufstande der baslerischen Unterthanen, welcher durch den Aufschlag eines Nappens auf die Maß Wein veranlaßt, der Nappenkrieg

genannt wurde. Um Fahr 1583 wollte der Bischof von Basel die der Stadt verpfändete Landgrafschaft Sisgau samt den Aemtern Waldenburg, Homburg, Liestal und Fülinsdorf wieder lösen nebst andern Einkünften und Rechten, welche der Stadt verpfändet waren. Nach langer Verhandlung schlichteten die angerufenen eidgenössischen Mittler den Streit. Die Stadt Basel bezahlte dem Bischof und Domkapitel für alle und jede Ansprachen, die feien vermeldet oder unvermeldet, zu einer freien Ablösung und eigenthümlichen Erledigung“ die Summe von 200,000 Gulden Baslerwährung. Dieser Vergleich wurde zu Baden Donnerstags vor dem Palmtag 1585 von beiden Parteien förmlich angenommen und im Fahr 1591 durch die zwölf Orte in einer besondern Urkunde bestätigt.

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Um diese Summe aufzubringen, da der Schaß des Staates erschöpft war, wurde am 18. Fenner 1591 beschlossen, von allem geschlachteten Vich eine Abgabe zu erheben und das Umgeld zu erhöhen von allem Wein, der in Wirthshäusern und in Privathäusern ausgezapft werde. Dagegen sollte ein kleineres Maß gebraucht werden, wie es in Basel selbst eingeführt war. Mit dem. Mandate wurden die neuen Maße auf die Landschaft verfendet und die Siegel zur Versiegelung der Fässer. Dieses erregte großen Unwillen. Die vier Aemter Farnsburg, Waldenburg, Homburg und Ramstein nebst einigen Liestalern verschwuren sich auf einer Landsgemeinde, die neuen Maße nicht anzunehmen. Sie zeigten ihren Entschluß dem Nath durch Ausschüsse an. Die neuen Maße wurden mit Hohn in Stücke geschlagen und aller Vorstellungen ungeachtet, welche die in alle vier Aemter abges schickten Nathsdeputationen gemacht, die Abgabe hartnäckig verweigert. Nun ließ die Obrigkeit die Schlösser mit Bürgern aus der Stadt besehen. Am 15. April benachrichtigte der Nath den Stand Zürich und ersuchte denselben, die Unterthanen, wenn sie nach Sürich kom

men, zum Gehorsam zu welsen. Diese trußten auf den Beistand der Aargauer und Solothurner; ihre Abgeordne ten fanden auch in einigen Kantonen Gehör.

Die Vorkehrungen des kleinen Nathes waren am 15. Merz von dem versammelten großen Nathe gut geheiBen worden. Aber auf der Landschaft hörten die Unruhen nicht auf. Da sich die Lieftaler nachgiebiger gezeigt als die vier Aemter, so wurden ihre Schultheißen und Näthe zum öftern bedrohet, daß man sie zu den Fenstern hinaus werfen wolle. Fn der Stadt fiel Verdacht auf etnige Zunftvorßeher, daß sie mit den Landleuten einver standen seien. In einem Sechsergebot (Versammlung der Zunftvorsteher) hatten sich die Sechser ungleich erklärt; einige sagten: „man versehe sich, daß die Obrigkeit nicht zum Kriege eilen werde." Alsobald ließ der Nath die Bürgerschaft auf den Zünften sammeln, um ihre Meinung zu vernehmen. Die meisten erklärten sich, sie wollen zum weisen Bedenken der Obrigkeit stehen.

Am 10. Mai traten Abgeordnete von Zürich, Bern. und Schafhausen vor den Nath. Es wurde denselben unter anderm gesagt: „der Widerstand komme nur vom Uebermuth und allzu großem Wohlstande her." zweimal reisten die Vermittler auf die Landschaft. Sie sagten den unruhigen Landleuten: ihre Obrigkeiten müßten der Stadt kraft ihrer Bünde helfen den Gehorsam herstellen, wenn sie beharrlich denselben verweigern wollten. Als die Gesandten am 17. Mai nach Hause kehrten, schien das Feuer gedämmt. Aber bald fingen die Unruhen wieder an. Schon am 28. Mai schrieb Basel an Zürich: „der Widerstand daure fort; fie bitten um eidgenössisches Aufsehen und Rüstung auf den Nothfall." Denn es war dem Nathe berichtet worden, die Landleute seien im Einverftändniß mit einigen Solotburnern und Aargauern, bes fonders aus dem Amte Lenzburg. Man habe auf dem Jahrmarkte in Olten verabredet, auf der Schafmatt eine

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Landsgemeinde mit den Aargauern und Solothurnern zu halten. Dort werden sie sich auch berathen, ob man die Sache den „katholischen Orten“ vortragen wolle. Sollten sie aber auch von diesen wie vorher von den drei Städten zum Gehorsam gewiesen werden, so wollen sie dennoch wegen der (von den Solothurnern und Aargauern) versprochenen Hülfe nicht einwilligen.

Als sich nun im Juni die Tagsaßung zu Baden verfammelte, traten vor die zwölf Orte mit einer Bittschrift die Abgeordneten der vier baslerischen Aemter. Sie sag ten in derselben: „Solichen Aufsaß (Auflage) anzunehmen vermeinen wir, sei uns zu beschwerlich und wir desfen zu kleinfügig (gering). Denn so wir solches anneh men, welches uns doch unmöglich zu leisten wäre, ist zu besorgen, (das) wir wider eine ganze Eidgenoßschaft und Bündniß handeln würden, und uns höchlich von durchreisenden Fremden und Heimschen zu verweisen ftünde, solliche Beschwerniß helfen zu eröffnen. Aber so solche an allen Orten und Enden der Eidgenoßschaft bräuchig, könnten wir auch nicht dafür, solches anzunehmen und zu leisten."

Dagegen sprach der Bote von Basel: „Was diefe unsrer Herrn und Obern ungehorsame, rebellische Unter. thanen klagsweise fürgebracht, dessen haben sich unsere Herren und Obern zu ihnen gänzlich nicht versechen, daß fie Ew. Gnaden mit solchen Sachen überlaufen hätten, sondern uns vielmehr versehen, sie wären ihrer natürlichen und von Gott geschten Obrigkeit gehorsam gewesen, wie treuen, ehrlichen Unterthanen gebührt. Dieweil aber ein solches ihnen geliebet, müssen wir es also geschehen lassen bis zu seiner Zeit." Hierauf erzählte der Abgesandte ausführlich die Veranlaßung zu dieser neuen Auflage und fügte die Bitte bei, daß man ihre Unterthanen zu schuldigem Gehorsam weise: „dann unsere Herren und Obern nicht bedacht, ihren ungehorsamen, rebellischen Untertha

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