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zern verlangten darin, daß die von Zürich mit ihnen züfammentreten sollen, um diejenigen, welche die That zu Gachnang begangen haben, vorerst und ohne Verzug zu bestrafen, weil sie sonst mit meinen Herren von Zürich nicht mehr tagen und handeln würden. Dieses Schreiben bestärkte die Regierung von Zürich in der Meinung, daß jene von Luzern auf feindliche Anschläge denke. Daher ließ man den 11. Huni ein ernstliches Schreiben an sie abgehen, beschwerte sich des Troßes, und bemerkte den Luzernern, daß es dessen nicht bedorft hätte, weil man ihnen bis jetzt noch nichts abgeschlagen, sondern die Sache entweder gütlich oder rechtlich, ihrem Schreiben gemäß, auszumachen begehre. Beineben traf man alle guten Anstalten in der Stadt, auf den Zünften und auf der Landschaft, besonders zu Wädenschwil, wo der große Paß und der kleine Weg verschanzt wurden. Auch würden Spieße, Musketen und andere Munition dahin gesandt, und in allen übrigen Vogteien wurde Federmann aufgefordert sich zu rüsten, was auch geschah.

Den Tag darauf verritten zwei Nathsboten von Zürich nach Aarau, wohin auch Bern, Basel und Schafhau. sen kamen, um über die gegenseitige Hülfleistung zu rathschlagen. Bern verhieß gar gutwillig 3200 ftreitbarer Männer, und wenn es damit nicht genug wäre, follte Herr von Wattenwyl, Landvogt zu Lenzburg, Gewalt haben, das ganze Aargau aufzumahnen; Schafhausen und Basel versprachen auch ihr Bestes zu thun, und zwar verhieß hernach Schafhausen 900 und Basel 1100 Mann. Den 16. Juni kam Hr. Landammann Bäldi von Glarus nach Zürich, erschien vor meinen Herren Räth und Burgern, und zeigte an, wie, auf das Ansuchen um Hülfe, die Landleute von Glarus sich in zwo Meinungen theilen, und die Reformirten denen von Zürich, die andern den Katholiken zuziehen wollen; es sei aber ein Vergleich geschehen, und von neuem auf das Landbuch geschworen

worden, also daß sowohl die Katholischen als die Evangelischen den Zürchern, als ihren besten Freunden, Hülfe leißten wollen. Weil jedoch die Stadt Zürich immer friedliebend gewesen sei, und man auch die lieben Früchte auf dem Felde, und besonders das arme Volk in Betracht ziehn müsse, so bitte Glarus ganz eidgenössisch, daß man doch den Zorn fallen lassen und die Waffen nicht zur Hand nehmen wolle. Am nämlichen Tage wurde von Schaff. hausen und von St. Gallen geschrieben, daß die von Wyl und der Bischof von Konstanz viel Volk werben und annehmen, und von ihnen das Ansuchen gestellt, daß man treues Aufsehen haben möchte. Am 18. Juni kam der Herr Stadtschreiber von St. Gallen und ein Gesandter von Appenzell A. Rh. und zeigten an, daß die Maduzię schen Landsknechte, die bereits nach Mailand gezogen waren, wieder in die V Orte zurückziehen sollen, und daß noch andere 6000 Mann zu ihnen foßen werden. Daher gab man noch weitern Befehl, daß alles wohl gerüstet werde, und, um noch der Bündner sicher zu sein, wurde Herr Zunftmeister Wolf nach Chur geschickt. - Von St. Gallen wurde an Zürich geschrieben, daß sie sich im Nothfall durchaus nicht von ihnen und andern evangelischen Orten der Eidgenossenschaft absondern, sondern Leib, Gut nnd Blut zu denselben sehen wollen. An eben demselben Tage, den 22. Juni, wurde von allen Orten, Zürich ausgenommen, eine Zusammenkunft in Luzern gehalten, auf welcher die VII Schiedorte die Gachnangische Streitfache nach Baden zogen. Den 28. Juni erschien in Zürich des Herzogs von Lothringen Gesandtschaft und hielt gar ernstlich an, daß nach Frieden und Einigkeit getrachtet werde. Bern schrieb an meine Herren von Zürich also : Wenn es sich aber je begeben sollte, daß die Spanier den V Orten Volk und Hülfe geben und leisten würden, so würde der König von Frankreich den drei Städten auch Erzähl. g. d. Schweizergesch. Bd. IV. 7

Volk und Hälfe zuschicken." Am 3. Juli schrieb die Stadt Straßburg, daß sie laut Bündniß sich gegen sie im Falle der Noth aufrecht und redlich erzeigen wolle.

Nachdem nun auf der Tagleistung in Baden bereits volle vierzehn Tage lang über den Gachnangischen Hochzeittumult gegenseitig gezankt und geßritten wurde / und man sich noch nicht vereinigen und ab der Sache kommen konnte, weil die Gesandten der V Orte, besonders die Herren Feer von Luzern und Landammann Troger von Uri, Blut haben wollten, verglich man sich endlich dahin, daß die Kosten und Bußen auf beiden Seiten zu 5500 Gulden angefeßt sein; diese Kosten solle man an den beiderseits betheiligten Personen, je nachdem es einer vers dient hat, suchen.

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VIII.

Kurze und einfalte Beschreibung des Fleckens Plurs, und wie derselbig mit Leut und Gut untergangen in der Nacht auf den 25. August des Jahres 1618.

(Beschrieben durch Bartholomäum Anborn, Pfarrer zu Maienfeld in alter freier hoher Nhätia.)

Plurs liegt in der Grafschaft Kleven. Da das Bregellergebiet nächst unter dem Dorf Kaßtasemen sich endet, empfahet der Fluß Mera vom rechten Berg durch ein kleins Thälein herein das Wässerlein Suwer; an diesem nimmt die Klevener Grafschaft ihren Anfang. Hie dannen braucht man die Landstraß hinunter, nicht gar ein wälsche Meil Wegs bis gen Pontelien, so auch La Villa genennt wird; if unter Bregel das erßt Dorf in der Grafschaft Kleven,

Plurser Gebiets; hat ein ziemliche Größe und milden Luft. Bald unter Pontelien, da das Thal noch rauh und eng ift, folgt ein ander Dörflin, Sancta Goebia genannt, von welchem hinüber auf der linken Seite der Mera das Nachbaurschäftlein Canctum liegt, dessen Name mit verkürzter Weis abkommt von Caftanno, das ist, von dem Kestenwald, mit dem es allenthalben umgeben ist. Nach Sancta Goebia senket sich die Neichsstraß in die Tiefe, bis sie eine ziemlich weite Ebene antrifft, da die umliegenden Berg sich ein wenig von einander lassen, und dem Plurser Feld etwas Weite machen. Faßt in der Mitte des Felds liegt Blurs auf beiden Seiten der Mera, über welche eine schöne steinene Bruck gewölbt ist; auf der linken Hand fehen mehr Häuser als auf der rechten. Dieß ist ein schönes Dorf, das einem Städtlein mit lußßigen Hausgebäuen, Glockenthürnnen, Kirchen und andern Sachen sich wohl hätte vergleichen mögen, wenn es Ningmauern gehabt hätte. Sein Name soll herlangen von dem Wörtlein plorare, das ist, weinen, wegen eines kläglichen Zustands, so sich etwan allda soll begeben haben. Es ist ein alte Sag, dieser Fleck feie vor Zeiten besser hinein an dem Schlund oder Enge des Thals gestanden, da auf ein Beit ein grausame Wasserflut angegangen, die alles auf dem Grundbøden hinweg verflözt und verschwemmt habe; nach welchem man die Wohnungen an das Ort, da sie jekund gestanden sind, verseht habe, und damit auch den alten Namen, so Belfort war, in den jeßigen Namen, zu Gedächtnuß des Unfalls verändert habe.

Blurs ist ein Hauptfleck der umliegenden Landschaft gewesen, dahin die Umsäßen kommen müssen, Gericht und Recht, sowohl in peinlichen als in burgerlichen Sachen zu empfahen, von dem Vogt oder Poteftaten (wie sie ihn nennen), der alle zwei Fahr von den Herren der dreien grauen Bündten dahin geseßt ward. Die Einwoh-' ner waren gewerbsame Leute, die sich mehrtheils auf Kauf

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mannschaft begaben, und wenig Pläk in Europa außgeLassen, dahin sie nicht hantierten; dardurch sie großen Neichthum bekommen. Es waren daselbst in großem Thun die Wertematen, genannt Franken, die Beccarien, die Croloranzen, die Camoglien und andere. Die Wertemas ten sind eines alten Adels, der herlangt aus dem Mailändergebiet, von dem Flecken Wertemate, da ihre Altvorderen etwas Herrschaft hatten. Als Franchinus und Rauiza de Rusconis, Gebrüder, über Chum herrschten, haben fie. Ruggerium den Plursern zu einem Amtmann und Boteftaten gegeben, von welchem die jeßigen Wertes mannen herlangen.

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Die Wertematen, nachdem sie gen Plurs ankommen, haben sie dieselbige Gegne höchlich geziert, nicht allein mit allerhand adelichen Tugenden, sonder auch mit herrlichen Gebäuen, die sich fürßlichen Paläßten verglichen, und mit den allerlußtigsten Lußgärten, die, unangesehen der rauhen, ßleinigten und birgigen Landsorte, so kunstlich mit allerlei angenehmen, wohlriechenden italischen Bäumen und Gartenfrüchten in künstlicher Ordnung vers sehen worden, daß sie dem Paußilippo zu Neapel und der Riviera zu Genua nicht ungleich waren. Hierin waren sie bei Heimschen und Fremden in hoher Achtung, wure den etwan von fürstlichen Personen beimgesucht.

Neben Blurs auf seiner linken Seite, in dem Gebirg liegt das alte und fast von Chrißi Geburt her gebauene Bergwerk der Steinen, so zu allerlei Hausbrauch tüchtig gemacht werden. Darzu hat es unten am Wasser viel Werkstätt; daselbst formiren sie aus dem Gestein, was ihnen geliebt, durch ein besondere Drehkunst, die von dem Wasser getrieben und von dem Dreher durch Darhaltung hauenden Werkzeugs vollführt wird. Es werden solche ausgedrehte hohle ́Steingeschirr, von ihnen Laweķi ġenannt, zu viel Sachen gebraucht. Das Geld, so darob gelöst wird, verlauft sich jährlich ob 60000 Kronen.

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