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V.

Ueber den deutschen Adel

Zuerst gedruckt im Jahre 1803.

Ganz veränderte Ausgabe.

Rehb. Schr. Bd. II.

13

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Inhalt.

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Einleitung.

Erstes Capitel. Ursprung des deutschen Adels, und Verånderung desselben in neueren Zeiten.

Zweytes Capitel. Der Adel als Gutsherr.

Drittes Capitel. Der Adel als Landstand.

Biertes Capitel.

Steuerfreyheit des Adels.

Fünftes Capitel. Der Adel im Dienste des Staates. Sechstes Capitel. Verhältniß des deutschen Adels zu der Nation.

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V..

Ueber den deutschen Adel.

Einleitung.

Nach langen Stürmen, die alle alten Verhältnisse zu zer

reißen, alle alten Einrichtungen zu vernichten droheten, hat Deutschland sich der Erhaltung seiner bürgerlichen Ordnung zu erfreuen. Wenn aber gleich der befürchtete gänzliche Umsturz glücklich vermieden ist, so hat dennoch die Erschütterung manche schwache Seite in ihr ausgezeichnet. Sollen die schrecklichen Erfahrungen unsers Lebens für unsre Nachkommen nicht ganz verloren seyn, so ist es Zeit, einen ruhigen Blick auf die Vergangenheit zu werfen, eine ernstliche Prüfung alles dessen anzustellen, was Ursache oder Vorwand der Revolution war, deren ångstliche Zeugen wir gewesen sind, und mit unbefangenem Urtheile die Verhältnisse zu würdigen, in denen unsre Enkel leben werden, um das zu befestigen, was in ihnen nothwendig oder gut ist, und das Fehlerhafte zu verbessern.

Es giebt zwar Menschen, die sich von dem Wahne bethören lassen, als ob alles das nicht eristire, was ihre Ruhe stören würde: die immer hoffen, Niemand werde sich unterstehen, das zu beginnen, was ihnen misfållt, und die sich in den engen Kreis ihrer gewohnten Verhältnisse immer hart

nåckiger zurückziehen, je nöthiger es wird, ihn zu erweitern. Diese wollen nie von Untersuchung der politischen Verhältnisse hören. Nach ihren Grundsähen darf man über solche Gegenstände nie schreiben, und könnten sie es verhindern, so dürfte man nie davon reden. Staatsverfassungen, Staatsverwaltungen beurtheilen, ist bey ihnen Hochverrath; ja sogar, sie vertheidigen, scheint ihnen Verletzung des schuldigen Respectes, der schon durch den Gedanken leide, daß es möglich sey, sie mit Grunde zu tadeln. Die vormalige Republik Venedig hat ihnen die Marime hinterlassen, daß es gleich frevelhaft sey, den Principe loben, und ihn tadeln; und ihnen gehört zu der heiligen Verfassung des Vaterlandes, auch ein jedes zufällig entstandne Verhältniß, das verrückt werden kann, ohne die geringste bemerkbare Spur zu hinterlassen. Ist Alles ruhig, so scheint es ihnen ein Verbrechen, schlafende Vorstellungen und Leidenschaften zu wecken. Brausen diese auf, und erregen einen Sturm, so soll es Weisheit seyn, zu schweigen, um die Partheyen nicht zu erbittern. Ist das Ungewitter endlich vorüber, und erzeugt die allgemeine Ermattung einen Stillstand, so wird Jeder, der einem verrätherischen Frieden mistrauet, von allen denen, die sich wieder sicher glauben, mit Hohn, oder mit Bedauern, zur Ruhe gewiesen. Aber wenn Verfassung, Rechte von Stånden, Marimen der Staatsverwaltung, einmal ein Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit, der ernsthaften Untersuchung, und der vorwißigen Kritik geworden sind, so ist es unmöglich, sie der öffentlichen Beurtheilung wieder zu entziehen. Wenn die Ehrfurcht, mit welcher ein Volk seine gewohnten Verhältnisse für unveränderlich hielt, und die Gedankenlosigkeit, mit der es eine vermeinte Nothwendigkeit derselben fühlte, einmal zerstört worden sind, so ist es vergeblich, einen Zustand zurückzuwünschen, der nie zurückkehren kann, weil Alles was ihn hervorbrachte verschwunden ist. Alsdann mögen rechtschaffene Männer mit bittrer Wehmuth den Verlust des hinscheidenden Guten beElagen; und eitle Thoren mögen sich in sanfte Träume des Wahnes wiegen, als ob diejenigen, welche die öffentliche Ge

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