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Das Gleiche ist der Fall, wenn der B nicht ihm gehörende Muster in Ausstellungen unter seinem Namen dem Publikum präsentiert. Wenn auch kein materieller Erfolg vorliegt, so beabsichtigt B, sich auf unerlaubtem Wege einen Vorteil zu verschaffen, indem er den kommerziellen Ruf des A auf sich selbst herüberleiten will.

Eine Nachahmung liegt unter Umständen nicht vor. Ich greife folgende Fälle heraus:

1. Wenn nur einzelne Motive benützt worden sind, um die Grundidee eines andern zu verschönern, zu schmücken und hervorzuheben. Dieser Fall liegt vor, wenn vermöge der Änderung ein neuer Gesamteindruck gewonnen worden ist. Neue Resultate können auch erzielt werden durch originelle Kombination von schon geschützten Mustern. In diesen beiden Fällen darf eine Nachahmung nicht angenommen werden.

2. Ferner nicht, wenn die Nachahmung nicht gewerbsmässig, sondern zu privaten Zwecken erfolgte.

3. Ebenso nicht, wenn Abbildungen von geschützten Mustern in wissenschaftliche Abhandlungen aufgenommen werden, wohl aber dann, wenn diese letztern von Industriellen nachgeahmt würden. Dabei ist dann noch zu untersuchen, ob der Schriftsteller oder ein sonstiger Nachahmer oder Beide belangt werden können.

II. Die gewerbliche Verwendung solcher unerlaubter Reproduktionen, also der Verkauf, das Feilbieten, das in Verkehr bringen auf irgend eine andere Weise (z. B. Tausch) oder das Einführen ins Inland ist verboten.

III. Auch das Mitwirken bei solchen Handlungen, die Begünstigung derselben sind unter Strafe gestellt. Es fällt uns auf, dass in dem schweizerischen Bundesgesetze die Veranlassung nicht erwähnt wird im Gegensatz zu § 20 des deutschen Gesetzes betr. die Schriftwerke von 1870, welcher per analogiam auch im Musterrechte Anwendung findet.

IV. Sehr streng wird die Weigerung bestraft, der zuständigen Behörde Auskunft zu geben betreffend die Herkunft der in ihrem Besitze sich befindenden nachgeahmten oder nachgemachten Gegenstände. Die gleiche Norm finden wir auch in den übrigen schweizerischen industrierechtlichen Gesetzen. Dieser Fall fand sich bereits in dem alten Musterschutzgesetze. Der Gesetzgeber nahm ihn wieder auf, weil sich zuweilen Leute weigerten, die

nötige Auskunft zu geben, um wo möglich noch materielle Vorteile daraus zu schlagen. Diese Norm, welche strenge Strafen androht, sollte solchen Schlichen abhelfen. In seinem Entwurfe behandelte der Bundesrat diese Auskunftsverweigerung in einem besondern Art. 32 und er hatte dafür nur eine Ordnungsbusse bis auf 100 Fr. in Aussicht genommen; es war dies eine reine Ordnungsmassregel. Jedes zivil- und strafrechtliche Verfahren wäre weggefallen. Als Erklärung führte der Bundesrat aus, dass gegen solch widerspenstige Leute ja die kantonalen Strafbestimmungen über Zeugnisverweigerung neben jener Busse noch zur Anwendung kommen könnten. Damit werde genügend Remedur geschaffen und eine verhältnismässig schwere Bestrafung vermieden. Die nationalrätliche Kommission dagegen beantragte, diese Weigerung den nämlichen Strafnormen wie die Nachahmung selber zu unterstellen, um dadurch intensiver auf solche Leute zu wirken, welche nie ohne Grund die Auskunft, um die es sich hier handelt, verweigerten. Die Haltung der hier in Frage stehenden Personen erkläre sich daraus, dass sie mit dem Schuldigen das gleiche Ziel verfolgten und mit ihm unter einer Decke steckten. Lege man solchen Leuten nur die kleine Busse bis zu 100 Fr. auf, so würde ihnen diese eventuell wieder ersetzt und es fehle daher eine wirkliche Sanktion des Gesetzes. Umgekehrt lasse sich von der angedrohten Gefängnisstrafe ein namhafter Effekt erwarten. - Es ist theoretisch nicht zu leugnen, dass die Aufstellung eines strafrechtlichen Thatbestandes hier weit geht.

V. Das schweizerische Bundesgesetz zum Schutze der Muster und Modelle kennt im Gegensatz zum schweizerischen Gesetz betr. die Erfindungspatente keine Bestimmung, welche das Vorbenutzungsrecht statuierte. Art. 4 P. G. lautet folgendermassen:

Die Bestimmungen des vorhergehenden Artikels sind nicht auf solche Personen anwendbar, welche zur Zeit der Patentanmeldung die Erfindung bereits benützt oder die zu ihrer Benützung nötigen Veranstaltungen getroffen haben.

Zufolge dieses Artikels kann also der geschützte Patentinhaber sein Verbietungsrecht gegen gewisse Personen nicht geltend machen, sofern diese die gleiche Erfindung schon früher oder zu gleicher Zeit mit dem Deponenten benützt oder zur

Zeit der Deposition schon die dazu nötigen Veranstaltungen getroffen haben. Eine blosse Kenntnis der Erfindung würde freilich nicht genügen.

Der österreichische Entwurf schlägt nun für das Musterrecht in § 7 eine ähnliche Bestimmung vor, die lautet:

Die Wirkung des Musterrechtes tritt gegen denjenigen nicht ein, welcher bereits zur Zeit der Anmeldung das Muster im guten Glauben in Benützung genommen oder die zu solcher Benützung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat.

Derselbe ist befugt, das Muster für die Bedürfnisse des eigenen Betriebes in eigenen oder fremden Werkstätten auszunützen.

Diese Befugnis kann nur zusammen mit dem Betriebe veräussert oder vererbt werden. Der Vorbenützer kann verlangen, dass seine Befugnis von dem Musterbesitzer durch Ausstellung einer Urkunde anerkannt werde. Wird diese Anerkennung verweigert, so hat auf Antrag (Antrag auf Wirkungslosigkeit) das Patentamt über den erhobenen Anspruch in dem für Anfechtungsstreit vorgeschriebenen Verfahren zu entscheiden.

Das schweizerische Bundesgesetz (und zwar das alte und das neue) hat in der Materie des Musterschutzes diese Frage nicht geordnet, ob der Vorbenützer von dem eingetragenen Urheber verfolgt werden könne. Zwar muss zugegeben werden, dass es sich im Musterrechte um weniger bedeutende Dinge und in der Regel um einen Rechtsschutz handelt, der weniger lange dauert als im Patentrecht. Allein es wäre doch wünschenswert, wenn das Gesetz Stellung zu dieser Frage genommen hätte. Es ist nicht zweifelsfrei, ob sie bejaht oder verneint werden muss. Indessen wird eher zu Gunsten des Deponenten entschieden werden müssen.

§ 30. Die Klagen.

I. Die subjektive Berechtigung. 1. Betreffend die Zivilklage. Art. 26 nennt den Geschädigten als klageberechtigt. Darunter ist derjenige zu verstehen, dessen Rechte aus dem deponierten Muster verletzt worden sind. Etwas weiter geht der Begriff der in Art. 13 erwähnten Interessierten. Unter diese

E. Guyer, Gewerbl. Muster u. Modelle.

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Rechtsnorm fallen zunächst auch alle Geschädigten. Allein sie geht noch weiter, indem sie darüber hinaus noch solchen Personen ein Klagerecht gewährt, die ein Interesse daran haben, dass der im Muster- und Modellrecht begründete Zustand aufhöre. Eine ähnliche Gesetzes bestimmung findet sich in Art. 10 des schweizerischen Patentgesetzes; der darin ausgesprochene Rechtsgedanke ist dem französischen Patentrechte entnommen. Es lässt sich hier in der That in einem gewissen eingeschränkten Sinne von Popularklagen sprechen, welche im modernen Industrierechte zur Geltung gelangen.

2. Betreffend die Strafklage. Nach Art. 27 kann jeder, welcher sich in seinen Rechten durch eine der in Art. 24 genannten Handlungen verletzt glaubt, einen Antrag auf Bestrafung stellen. Diese Klageberechtigung steht nur dem Verletzten zu.

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II. Beklagter ist in allen Fällen derjenige, welcher den unerlaubten Eingriff in die fremden Muster- oder Modellrechte begangen hat. Der Ausländer wird durch seinen in der Schweiz wohnenden Vertreter sowohl in der Kläger- wie Beklagtenrolle vertreten, wobei jedoch die kantonalen Bestimmungen über die Prozessvertretung vorbehalten bleiben (Art. 14, 2).

III. Die dem Kläger gegen den Beklagten zustehenden Civilklagen können in folgender Weise zusammengefasst werden:

1. Die Feststellungsklage. Sie ist gegen den vermeintlichen Inhaber eines Rechts gerichtet. Der Zweck dieser Klage geht dahin, gerichtlich zu konstatieren, dass dem Beklagten ein Recht nicht zustehe, dass darauf vielmehr nur der Kläger einen Anspruch habe.

2. Die Klage auf Unterlassung weiterer Störungen.

3. Die Klage auf Schadenersatz. Einige Schwierigkeiten macht unter anderem der Beweis betreffend die Höhe des erlittenen Schadens.

4. Die Löschungsklage. Sie ist gegen denjenigen anzustellen, der unberechtigt ein Muster hinterlegt hat, welches mit einem bereits deponierten identisch ist oder eine essentielle Ähnlichkeit mit demselben aufweist. Die Löschung der Eintragung wird auf erfolgtes gerichtliches Urteil hin vom Amte vorgenommen.

1 Vergl. Meili: Prinzipien des schweizerischen Patentgesetzes, S. 81 ff.

Gegen den Deponenten können von demjenigen, welcher ein Interesse nachweist, folgende zwei Klagen gemäss Art. 13 angestrengt werden:

1. Die Ungültigkeitsklage. Klagegrund ist eine Handlung gegen eine der in Art. 12 des Gesetzes aufgestellten Bestimmungen.

2. Die Verfallsklage. Sie kann in dem Falle angestellt werden, dass auf seiten des Deponenten eine ungenügende Ausführung vorliegt (Art. 11, Nr. 2) während er den Import von Reproduktionen seines in der Schweiz deponierten Musters veranlasst oder sie ausdrücklich oder stillschweigend billigt.

IV. Strafklagen. Es kommen hier diejenigen Rechtshandlungen in Frage, welche in Art. 24 spezifiziert sind. Vor allem ist zu betonen, dass diese Handlungen nur dann bestraft werden, wenn sie dolos verübt wurden. Culpa auch culpa lata genügt keineswegs, sondern verpflichtet nur zu Schadenersatz. Der Versuch wird, da keine gesetzliche Norm dies anordnet oder gestattet, nicht bestraft, sondern erst das vollendete Vergehen. Er verpflichtet auch zu keinem Schadenersatz.

V. Die Verjährung. 1. Zivilklagen. Das Mustergesetz enthält keine diesbezügliche Bestimmung. Die nationalrätliche Kommission von 1900 beantragte eine Verjährung von zwei Jahren, sowohl für Zivil- wie Strafklagen. Allein die Bundesversammlung acceptierte den Zusatz « und der Schadenersatzklage» nicht. Infolgedessen richtet sich die Verjährung der Zivilansprüche nach Art. 69 O. R.; besonders kommt dessen Abs. 2 auch in Betracht. Demgemäss verjährt der Schadenersatzanspruch in zwei Jahren (nicht etwa schon in einem Jahre, weil nach Art. 69, Abs. 2 O. R. die Verjährung der Zivilansprüche nicht kürzer sein soll als die Verjährung der strafbaren Handlungen von dem Tage hinweg, an welchem der Geschädigte Kenntnis von der Schädigung und der Person des Thäters erlangt hat. Erlangte er diese innerhalb dieser zwei Jahren nicht, so läuft die zehnjährige Verjährung, welche mit dem gleichen Tage wie die zweijährige Verjährung also mit dem Tage der Schädigung beginnt.

2. Strafklagen. Nach Art. 27, 3 verjähren diese mit dem Ablaufe von zwei Jahren vom Tage der letzten Übertretung an gerechnet. Wenn Handlungen in Frage liegen, welche zu

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