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geworden war, gar schöne Hoffnungen gemacht, dass auch in Frankreich sich Klöster errichten ließen. 1) Aber es ist noch nicht die rechte Zeit gewesen, und man hat in Frankreich mehr ans Kriegführen gedacht als ans Beten, und die Geistlichen sind auch noch gar sehr verachtet worden, wenn sie nicht Verrath geübt haben an ihren heiligen Pflichten, und P. Hofbauer und Passerat mussten sogar in weltlichen Kleidern reisen, damit man sie nicht kenne als katholische Priester, weil sie sonst verhöhnt und misshandelt worden wären im katholischen Frankreich. Darum sind sie wieder heimgekehrt nach Jestetten und haben das Klostergründen in Frankreich auf bessere Zeiten verschoben.

P. Hofbauer ist aber bald darauf über die Alpen hineingezogen nach Italien und hat auf dieser Reise den P. Hübl mitgenommen und drei Cleriker, und diese waren: sein Neffe Franz Hofbauer und Johann Sabelli und Casimir Langanki. Die drei Cleriker aber hat er mitgenommen, um sie in Italien zu Priestern weihen zu lassen; denn sie hatten schon das gehörige Alter und waren auch gut unterrichtet in der heiligen Theologie, und P. Hofbauer benöthigte ihre Hilfe in der Kirche; und doch konnten sie in Warschau nicht geweiht werden, weil es in Preußen seit 1802 verboten war, einen Menschen zum Priester zu machen, der nicht auf preußischem Boden geboren war; in Constanz aber residierte kein Bischof, weil Carl von Dalberg, der Bischof von Constanz war, nie nach Constanz gekommen ist, sondern lieber in Regensburg und Mainz blieb, wo er überall Erzbischof war, und sein Generalvicar, Freiherr von Wessenberg, noch gar nicht zum Priester geweiht war. Daher hat P. Hofbauer am 24. August 1803 seine Cleriker hineingeführt nach Italien. In Spello bei Foligno hatten die Redemptoristen ein Kloster; da ließ P. Hofbauer die Cleriter zurück, er selber aber ist mit P. Hübl noch weiter gereist bis nach Rom und hat Audienz genommen beim heiligen Vater. Wie er da hineingetreten ist in den großen, schönen Saal, wo der Papst Audienz ertheilte, ist von der anderen Seite der heilige Vater hereingekommen. Das war ein gar lieber, freundlicher Herr mit schwarzen Haaren und geistreichem Angesicht. Wie er aber den P. Hofbauer gesehen, hat er ihn freundlich gefragt, wie er heiße und was er wünsche: denn er hat ihn nimmer gekannt. P. Hof

1) Summ, pag. 48,

bauer aber hat ihn gar wohl erkannt, wenn er ihn auch bloß einmal gesehen hatte in seinem ganzen Leben; denn es ist der nämliche Herr gewesen, der ihm gerade 20 Jahre früher als Bischof von Tivoli das Eremitenkleid angezogen und den Namen Clemens gegeben hatte. Und jezt war er nimmer einfacher Bischof, sondern sogar Papst und P. Hofbauer nimmer Einsiedler von Tivoli, sondern Generalvicar der Redemptoristen und Missionär in Warschau, und alle zwei beteten im Innern die Wege der göttlichen Vorsehung an, die oft zu einem Ziele führen, das der schwache Verstand des Menschen nicht zu ahnen imstande ist. Wie der Papst erfahren, wer der fremde Priester sei, hat er sich gar sehr gefreut über das Wiedersehen, und P. Hofbauer ist niedergefallen auf die Knie und hat dem Papste den Fuß geküsst voll Andacht und Ehrfurcht, wie es der Brauch ist, wenn man zum heiligen Vater kömmt. Der Papst aber hat ihn freundlich aufgehoben und eingeladen, sich niederzuseßen, und hat sich neben ihn geseßt und hat ihn auch gefragt um verschiedene Dinge, und P. Hofbauer hat jede Frage beantwortet, schlicht und recht, und dann hat er den heiligen Vater gebeten, er möge ihm allergnädigst erlauben, seine Cleriker von jedem römisch-katholischen Bischof weihen zu lassen. Das hat ihm der heilige Vater versprochen und hat ihm und P. Hübl den heiligen Segen gegeben, und P. Hofbauer hat dabei leise gebetet, es möge der liebe Gott Amen sagen zum Segen seines Statthalters auf Erden. Dann hat er sich verabschiedet vom heiligen Vater. Am 3. October aber hat er die Erlaubnis, um die er auch schriftlich gebeten hatte, schon bekommen und ist sogleich hinausgegangen nach Spello und hat die drei Cleriker nach Foligno geführt, und dort hat sie der Bischof Marcus Antonius Moscardini zu Priestern geweiht an einem Sonntage, dem 23. October, und am nächsten Tage haben sie die erste heilige Messe gelesen.

Gar gerne wäre der Selige noch hinausgereist nach Nocera zum Grabe des heil. Alfonsus; aber der Winter stand vor der Thür und der Weg von Italien nach der Schweiz und nach Wien und Warschau war beschwerlich und weit. Und so musste er auf die Erfüllung seines Lieblingswunsches verzichten und reiste mit seinen drei neugeweihten Priestern noch am selben Tage unter St. Rafaels Schuß denn es war St. Rafaelitag nachmittags ab nach Loretto und von

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da über den St. Gotthardsberg in die Schweiz bis hinaus nach Thabor.1)

Und so haben den guten, seligen P. Hofbauer alle Wege nach Thabor geführt von Polen und Frankreich und Rom, und es liegt darin eine gar schöne Lehre für dich, lieber Leser. Denn es ist dein ganzes Leben wie eine lange Reise, und es führt dich der Weg manchmal durch warme Länder und liebliche Gegenden und reizende Thäler voll Blüten und Früchten und es lacht dir das Glück entgegen von allen Seiten wie ein blühender Rosenstrauch; aber öfter noch ist dein Lebensweg rauh und beschwerlich und führt durch unfruchtbare Länder, wo kaum ein Gräslein wächst am Wege und du musst Hunger leiden und bittere Noth und hast manch anderes Ungemach zu tragen, wie P. Hofbauer auf seinen Reisen hat ertragen müssen; und die Gebote Gottes kommen dir vor wie ein hoher Schweizerberg, über den du hinübersollst. Aber auf allen deinen Wegen musst du wandern nach dem himmlischen Thabor, wo du verklärt werden. sollst für alle Ewigkeit, wie Christus verklärt worden ist auf dem Thaborberg im Judenlande. Und diesen Berg darfst du nicht aus dem Gesichte verlieren dein ganzes Leben lang und musst ihn erreichen; denn es ist der einzige Berg, auf dem man selig wird.

Wer wird hinaufsteigen den Berg des
Herrn? Wer unschuldig ist an Händen und
rein von Herzen.
Pi. 23, 3, 4.

20. Die Thränen eines Heiligen.

ur sieben Tage ist Hofbauer in Jestetten geblieben, dann ist er wieder mit P. Hübl zurückgereist nach Warschau; die jungen Priester aber hat er auf

dem Thabor zurückgelassen. Auch diesmal ist er nach Wien gekommen und in der schönen Kaiserstadt den ganzen December geblieben. Dann ist er aufgebrochen nach dem Norden und nach einer gar mühevollen Reise über Schnee und Eis endlich wieder heimgekommen in den lezten Tagen des Jänners 1804. Da war wieder ein Jubel, den man nicht beschreiben kann, bei den Bennoniten und allen ihren

1) Hartinger S. 78-81.

Freunden; denn P. Hofbauer ist diesmal gar lange fern gewesen von den Seinen; und er hat zu Hause wieder gearbeitet wie früher und hat gepredigt alle Tage und die Leute haben sich gefreut, da sie seine Stimme wieder hörten, wie man sich freut, wenn man das erste Schwälblein zwitschern hört nach einem langen, kalten Winter.

Aber es hat nicht lange dauert, da hat er Warschau wieder verlassen müssen; denn dringende Bitten riefen ihn nach dem Thabor, weil dort die Noth immer höher stieg, wie das Wasser im Bach, wenn es regnet.

Anfangs August 1804 kamen schon traurige Briefe aus Jestetten nach Warschau, die hat P. Passerat geschrieben und darinnen sein ganzes Herz ausgeschüttet und geklagt, wie man in Jestetten gar bittere Noth leide und fast nichts zu essen habe und auch kein Geld, um sich Brot zu kaufen, und wie die Noth den höchsten Grad erreicht hätte, und die Armut alle darniederdrücke, wie der dichte Schnee die schwachen Weiden im Winter, und wie alle muthlos seien und verzagt und ihnen der Hunger im Gesichte gelesen werden könne gleich einem großen Druck im Gebetbuch. Wie P. Hofbauer diesen Brief gelesen hat, ist ihm die Noth seiner Brüder zu Herzen gegangen, und je weiter er fam mit dem Lesen, desto weicher ist ihm das Herz geworden vor Mitleid mit den armen Brüdern, und seine Augen füllten sich mit Thränen, bis sie übervoll waren, und die sind dann herabgefallen über seine Wangen und in dicken Tropfen herabgefallen auf den Brief, als wollten sie die Buchstaben wegwaschen, die darauf geschrieben standen.

Diese Thränen aber waren gar kostbar in Gottes Augen, wie Perlen im Meeresgrunde; denn es hat sie die Liebe geweint, die Königin aller Tugenden.

Dann hat er den Brief beiseite gelegt und sich entschlossen, den Wanderstab wieder zu ergreifen und die beschwerliche Reise von 3000 Stunden aufs neue zu machen, um die hungrigen Brüder zu trösten, ihnen Hilfe zu bringen, so viel er konnte und ihre Noth zu theileu. Dabei hat er es gemacht wie ein braver Feldherr in einer mörderischen Schlacht, der seine tapfern Krieger nicht verlässt im Augenblicke der Gefahr, sondern dorthin eilt, wo der Kugelregen am dichtesten und die Gefahr am höchsten ist, um seine Soldaten durch sein eigenes Beispiel anzueifern zu Muth und Ausdauer. Und

das ist schön gewesen von P. Hofbauer, weil es ein edles Herz verrathen hat, das gar selten ist auf Erden.

Noch am Ende desselben Monates ist P. Hofbauer ausgezogen mit Fr. Aloisius Cech, der noch ein Cleriker war, weil er noch sehr jung gewesen, und ist zu Fuß nach Dresden gegangen, das ist die Hauptstadt von Sachsen, wo der König residiert, und hat mit des Königs Familien und des Königs Beichtvater gar wichtige Dinge verhandelt zwei Tage lang. Dann ist er nach Augsburg hinunter und nach Constanz am Bodensee und ist da auch überall drei Tage geblieben, wichtiger Geschäfte halber. Auf der ganzen Reise aber hat er gebetet und an den lieben Gott gedacht und ihn gelobt und gepriesen in jedem Grashalm und jedem Baum am Wege, und jedem Vöglein in der Luft, und jedem Sternlein am Himmel, als wäre die Reise eine Wallfahrt gen Jerusalem.

Wie er aber nach dem Berge Thabor gekommen ist, hat er gar viel Armut gefunden und bittere Noth, und er hat es begriffen, dass einem der Muth entsinken könne, wenn man nicht ein Heiliger ist; denn da gab es nur vier bis fünf Zimmer, die bewohnt werden konnten, und die musste man mit Balken stüßen, damit sie nicht einstürzten, und darinnen wohnten an die dreißig Personen, denn da waren fünf bis sechs Patres, zwei oder drei Scholastiker, vier Laienbrüder, zehn Novizen und einige junge Studenten, die man aufgenommen hatte, damit sie auch einmal arme Redemptoristen würden. Die Patres und Scholastiker schliefen im Dachkämmerlein ober der Capelle und die Studenten und Laienbrüder schliefen im Garten draußen in einem alten. Schlossthurme, der hatte keine Fenster, sondern statt derselben hölzerne Balken, um den Regen abzuhalten und den. Schnee: auch die Thüre konnte man nicht schließen, und es strich der Wind aus und ein, als wäre er da zu Hause, und wer hinein wollte in diese Kammer, musste auf einer schlechten Leiter hinaufklettern zu seiner Schlafstelle, wie zu einer Hühnersteige. Im ganzen Hause war nur ein einziger Ofen, der stand in einem großen Saale, der Erholungs- und Studienzimmer war. Der Ofen war auch schon alt und baufällig und musste mit Balken gestützt werden, weil er sonst umgefallen wäre, wie ein alter Mensch, der gerne sterben will. Und wie die Wohnung, so ist auch das Essen gewesen, ärmlich und dürftig; denn da hat es kein Früh

Leben des fel. Clem. M. Hofbauer.

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