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Und als er zurückgekehrt war, hat er wieder Abschied genommen von Thabor und ist einige Tage vor Christi Himmelfahrt 1805 mit vier Priestern und einigen Studenten aufgebrochen nach Triberg. Als er aber am frühen Morgen mit seinen Begleitern sich aufmachte zur Reise, hieng der Himmel voll Wolken und machte ein finsteres Gesicht, wie ein Mensch, wenn er zornig ist, und drohte den Reisenden mit Wind und Regen. P. Hofbauer aber hat den Regen nicht gefürchtet, sondern hat vor der Reise auf seinen Knien in der Kirche gar andächtig gebetet um Gottes Segen auf dem Wege und seinen mächtigen Schuß in der neuen Heimat. Dann hat er sich auf den Weg gemacht mit seinen Begleitern gen Triberg zu.

Sie waren noch nicht weit gegangen: da fieng es an zu regnen, und es fielen zuerst einige Tropfen, als trauten sie sich nicht recht herunter auf die Erde; und dann fielen mehr, als bekämen sie erst Muth durch das Beispiel der anderen, und der Regen wurde immer stärker, und bald waren die Reisenden bis auf die Haut durchnässt und es begann sie zu frieren; denn es war ein kalter Frühlingstag und der Wind jagte ihnen die Kälte in alle Glieder. Sie aber waren fröhlich und beteten und fangen und schickten jeden Wassertropfen, der auf sie herunterfiel, als Opfergabe wieder hinauf zum Himmel, woher er ge= kommen war. Als sie schon zehn bis zwölf Stunden gegangen, waren sie müde, und es wollten sie die Füße nimmer recht tragen auf der kothigen Straße und sie fühlten gewaltigen Hunger; es war auch schon Abend und es wurde immer dunkler und sie sahen den Weg nimmer recht, und doch waren sie noch drei bis vier Stunden von Triberg entfernt; auch war kein Wirtshaus in der Nähe, in das sie hätten einkehren können. Da gewahrten sie einen einsamen Bauernhof an der Straße mit Stroh gedeckt und daneben einen Stall und eine Scheune. In dies Haus ist P. Hofbauer gegangen und hat den Bauer höflich gefragt, ob er mit seinen Gefährten nicht hier bleiben. könne über Nacht. Der Bauer aber hat sein Käppchen zwischen den Fingern gedreht und die Menge geistlicher Herren angesehen einen nach dem andern und ist gar verlegen ge= worden; denn er hat nicht gewusst, was er ihnen vorsehen solle zum Nachtmahle und hat auch keine rechten Federbetten. gehabt für so viele vornehme Leute. P. Hofbauer aber hat

stille gelächelt über die Angst des armen Mannes und hat ihm gesagt, es möge die Bäuerin nur eine warme Suppe kochen und sonst nichts, und zum Schlafen werden sie wohl Stroh finden in der Scheune draußen. Da ist der Bauer noch mehr verlegen geworden über die Demuth und Genügsamkeit dieser geistlichen Herren und hat sich im Herzen gefreut über die hohe Gnade, so heilige Priester beherbergen zu dürfen, und ist hinausgegangen in die Scheune und hat das Stroh gerichtet zu einem warmen Bette. Die Bäuerin aber hat in der Küche eine warme Suppe gekocht, die ihnen besser gemundet, als manchem übersättigten Gaumen ein gebratenes Hühnchen oder kostbares Wildpret. Als sie Gott gedankt hatten für die gute Speise, giengen sie hinaus in die Scheune, knieten sich nieder auf den Boden und P. Hofbauer betete das Abendgebet, als wären sie in einer Kirche, und die anderen beteten nach; und dann zogen sie die Kleider aus und legten sich auf das Stroh, das ihnen bereitet war. Die meisten schliefen bald ein; denn sie waren gar müde, und draußen blies ihnen der Wind ein Schlaflied; P. Hofbauer aber wachte noch lange und seine Gedanken flogen weit hinüber über Länder und Meere bis nach Palästina und Bethlehem und er dachte an den Stall und die Krippe und das Stroh, auf dem das liebe Jesukind gelegen war, als es in der heiligen Weihnacht geboren wurde, und er konnte nicht schlafen vor Freude und Seelenjubel; denn er erachtete es für eine gar hohe Gnade, auf dem Stroh zu ruhen, das sein lieber Heiland durch seine Berührung geheiligt hatte. 1)

Es soll aber jeder Christ gerne an das Jesukind denken im Stalle zu Bethlehem und an die heilige Nacht, in der es zur Welt gekommen ist; denn da hat der Welt Heil seinen Anfang genommen. Man soll daran denken, wenn es Abend wird und wenn man schlafen geht. Und wenn auch das Bett nicht mit Eiderdunnen gefüllt ist, sondern man schlafen muss auf hartem Stroh oder noch härterem Holz, und es gar falt ist im Zimmer, dass man sich nicht erwärmen kann, wie man möchte, so soll man doch nicht murren und klagen, sondern das Opfer Gott zu Liebe bringen, der auch als kleines Kindlein kein weiches Federbett gehabt hat, sondern eine harte Futterkrippe mit Stroh gefüllt, und kein geheiztes Zimmer,

1) Summ. p. 67.

sondern einen nassen feuchten Stall, in dem er nicht geschlafen, sondern geweint und gebetet hat vor Frost und Liebe die erste Nacht auf Erden.

Ihr werdet ein Kindlein finden in Windeln eingewickelt und in einer Krippe liegend. Luc. 2, 12.

W

22. Der heilige Vater.

ie der nächste Morgen angebrochen war, standen die Wanderer auf in der Scheune und suchten ihre Kleider, die waren aber noch nass von gestern her, und sie mussten sich doch wieder anziehen, wie sie waren. Wenn ihnen das auch ein bischen schwer ange= kommen ist, so hat sich doch keiner getraut, ein Wörtlein zu sagen; denn P. Hofbauer sah so heiter und selig darein beim Anblick seiner eigenen nassen Kleider, dass sie sich ge= schämt hätten zu klagen. P. Hofbauer aber zahlte dem Bauer die warme Suppe von gestern abends und das Stroh, auf dem sie geschlafen hatten, und nahm herzlichen Abschied von ihm, und alle giengen nüchtern wieder weiter, bis sie nach Triberg kamen. In Triberg haben die guten Leute schon gar lange auf die Missionäre gewartet. Und wie sie dieselben kommen sahen, haben sie mit allen Glocken geläutet, als wäre hoher Festtag und man läute zum Hochamt, und die ganze Stadt ist ihnen entgegengegangen und hat sie in Procession hineingeführt in die Wallfahrtskirche.

Da war nun ein Jubel über die Maßen, als wäre der liebe Heiland selber vom Himmel gestiegen und hätte Triberg beehrt mit seinem hohen Besuche. P. Hofbauer aber hat sich mit seinen Gefährten niedergekniet vor dem Gnadenbilde in der großen, geräumigen Kirche und hat sich und seine Gefährten dem Dienste der Himmelskönigin geweiht und übergeben. Lange ist er dagekniet und hat gebetet; aber was er der hohen Frau alles gesagt hat, das weiß kein Mensch; denn die Heiligen haben oft gar eigene Anliegen, welche die gewöhnlichen Menschen nicht fassen können. So lange Hofbauer in der Kirche war, haben die Leute draußen gewartet, wie die Israeliten, wenn der Hohepriester vor dem Allerheiligsten betete. Und als er heraustrat, haben sie ihm freudig zugelächelt und haben ihn hinübergeführt in das Haus neben

der Kirche. Es war ein großes, schönes Gebäude, viel schöner als die alte Schlossruine auf Thabor, mit zwei Stockwerken; droben im zweiten Stocke wohnten die früheren Wallfahrtspriester, die jest in den Ruhestand traten, den ersten Stock und die ebene Erde überließ man dem P. Hofbauer und seinen Brüdern zur Wohnung.

P. Hofbauer war nicht hierhergekommen zur Ruhe, sondern zur Arbeit. Daher hat er schon am Christi-Himmelfahrtstage die Kanzel bestiegen und gepredigt. Die Leute füllten die Kirche und waren gar sehr begierig, zu hören, wie denn der Missionär predigen würde. Wie er aber predigte, da wurde es mäuschenstille in der Kirche; denn das war wieder einmal das Wort Gottes, wie es der liebe Heiland gepredigt hatte, voll Einfachheit und Kraft und voll der Salbung des heiligen Geistes und nicht eine verwässerte Salbaderei, wie man sie bisher zu hören gewohnt war. Auch einen Beichtstuhl hat P. Hofbauer aufgesucht in der Kirche und ist Beicht gesessen vom frühen Morgen bis zum späten Abend jeden Tag. Und wenn ein Sonntag kam oder ein Festtag, ist er immer wieder auf der Kanzel erschienen und hat gar ernst gepredigt von dem Gerichte Gottes und der Hölle, von der abscheulichen Sünde und dem schrecklichen Tode, und hat auch gar begeistert gesprochen von der heiligen Communion, und die Leute eingeladen, fleißig zu den heiligen Sacramenten zu gehen, und hat gar lieblich geredet von der zarten Mutter Gottes und wie man sie verehren solle mit Wallfahren und Rosenkranzbeten. Jedes Wort ist den Leuten in die Seele gedrungen, wie der warme Regen eindringt im Frühling in den durstigen Boden, und sie haben den Prediger bald erkannt als einen heiligen Priester, den die Liebe zu ihren Seelen hergeführt habe aus fernen Landen. Einer hat es dem anderen erzählt, wie es jezt aussehe in Triberg, und dass es eine Lust sei, dort zu beten und zu beichten, und dass die Mutter Gottes wieder Priester gefunden habe, die ihr in der Kirche dienen und die das Wort Gottes verkünden und sich auch nicht scheuen, die Wahrheit zu sagen, weil sie selber so leben, wie sie predigten. Und die Leute sind wieder nach Triberg gepilgert, wie ehedem, zu tausenden, dass oft die große Kirche zu klein war für alle, und haben nicht bloß die Predigt angehört und einige Ave Maria gebetet, sondern sind zu den heiligen Sacramenten gegangen und haben sich bekehrt und ihre Sündenlast niedergelegt zu

den Füßen des Priesters und sind leicht und gering wieder heimgegangen; denn die Sünde ist ein großer Stein, der oft centnerschwer auf der armen Seele liegt und sie zu Boden drückt, dass sie kaum aufathmen kann in freudiger Hoffnung. P. Hofbauer aber ist mit jedem Tage eifriger geworden in der Sorge für ihre unsterblichen Seelen, wie das Feuer immer heller auflödert, wenn man ihm Nahrung giebt. Er hat die Kirche geschmückt, so gut er konnte, und die Kerzen nicht gespart beim Gottesdienste und hat die Altäre mit Blumen geziert, wie er es in Warschau gethan hatte. Und jezt sind die Leute noch lieber gekommen; denn wer ein rechter katholischer Christ ist, der liebt es und sieht es gar gerne, wenn das Gotteshaus nicht leer steht, wie ein Haus, das die Bewohner verlassen haben mit Sack und Pack. Damals aber haben auch viele katholische Priester in deutschen Landen filzige Judasseelen gehabt, die es für Verschwendung angeschaut haben, wenn bei der heiligen Messe mehr als zwei Lichter brannten, oder wenn man einige Gulden aufwende zum Kirchenschmuck. Und nun hat P. Hofbauer auch die zwei neugeweihten Priester kommen lassen von Thabor, damit sie zu Triberg am Gnadenaltare der lieben Gottesmutter ihr erstes heiliges Opfer Gott darbrächten. Das hat die zwei Priester innig gerührt und die guten Leute begeistert, dass sie viele Meilen weit herkamen zur feierlichen Primiz; denn sie hatten ein Sprichwort, dass man ein paar neuer Schuhe zerreißen solle, um zu einer Primiz zu gelangen; und es hat dies Sprichwort einen gar tiefen Sinn, weil es auf der ganzen Erde nichts gnadenvolleres giebt, als eine heilige Messe, die ein Priester als Erstlingsopfer dem lieben Gott darbringen.

Den seligen P. Hofbauer aber haben die Leuten den heiligen Vater genannt, und darin das Rechte getroffen; denn er ist gar heilig gewesen und hat sie auch lieb gehabt, wie ein Vater seine Kinder, und hat für ihre Seelen gesorgt, als gehörten sie alle ihm selber.

Es kann einem Priester kein schönerer Titel gegeben werden, als wenn man ihn heiliger Vater nennt, und es ist dieser Titel viel schöner, als geistlicher Herr, oder Herr Doctor, oder sonst ein vornehmer Titel, den man auch oft einem Spizbuben gibt, und es soll jeder Priester trachten, ihn zu verdienen; denn er steht auch hoch angeschrieben bei Gott, wenn er nicht eitel Lüge und falsch ist, wie China

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