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merkwürdiger Gegensatz zwischen dem gewaltigen Kaiser Napoleon und dem armen, verfolgten P. Hofbauer, die jest beide in der gleichen Stadt waren; denn Napoleon war gefürchtet in ganz Europa und zog im Siegesrausche von Augsburg nach Wien, und der Kaiser von Österreich ist vor ihm geflohen, wie ein Lämmchen vor dem Wolfe; Napoleon aber ist von Sieg zu Sieg geeilt und hat Europa in Bangen und Schrecken erhalten zehn Jahre lang, und Könige und Fürsten haben vor ihm gezittert wie Espenlaub. Und P. Hofbauer ist verfolgt worden von einer Stadt zur andern und war verkannt und verachtet, wie sein lieber Heiland vor 1800 Jahren, und hatte keine Heimat und wusste oft nicht, wohin er sein Haupt legen sollte, und selbst Bischöfe und Priester haben mit Verachtung auf ihn niedergeschaut, wie auf einen Narren und Volksverführer. Das hat einige Jahre gedauert. Und dann ist P. Hofbauer gestorben und hat ein Leichenbegängnis gehabt wie ein Kaiser; und ein Jahr später ist Kaiser Napoleón gestorben auf St. Helena, und hat ein Leichenbegängnis gehabt wie ein Bettler. Und jezt sind an die siebzig Jahre vorüber und über Herrn Napoleon hat die Geschichte gerichtet und hat ihn verurtheilt als ehrgeizigen Eroberer, der Europas Glück zertrümmert, und sein Name steht unheilvoll in den Geschichtsblättern dieses Jahrhunderts und seine Familie ist verbannt von ihrer Heimat und stirbt aus, wie ein Lichtlein verlöscht, und seine Pläne sind zu nichts geworden.. Über P. Hofbaner hat die Kirche gerichtet und der Papst, in dem Augenblick, wo die ganze Welt ihm huldigend zu Füßen lag, und er hat ihn selig ge= sprochen und sein Name wird gelobt und gepriesen auf dem ganzen Erdenrunde und man betet zu ihm, wie zu einem Hei= ligen und baut ihm Altäre und verehrt und küsst seine Gebeine in heil. Ehrfurcht und nennt ihn den Reformator seines Vaterlandes, und seine geistliche Familie breitet sich aus über die halbe Welt wie ein riesiger Baum, und seine Pläne sind aufgegangen wie eine fruchtbare Saat; denn es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen irdischer Größe und himmlischer Größe, zwischen Erdenruhm und wahrer Heiligkeit, wie zwischen einem Stern, den der liebe Gott angezündet hat am Himmel oben und der brennt Jahrtausende lang, und einem Gaslichte, das der Nachtwächter anzündet auf den Straßen und das auslöscht nach einigen Stündlein, und gar übel riecht, wenn man den Hahn nicht abdreht.

Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

13

Der Fürstbischof aber hat den seligen P. Hofbauer gesegnet und hat ihm seinen Schuß erheißen, so lange er lebe. Dann ist P. Hofbauer mit P. Sabelli hinabgereist nach Babenhausen, um den Fürsten Fugger zu besuchen und ein Haus zu miethen als Wohnung. Und da mussten sie wieder hindurch durch die französischen Soldaten, die sie groß angeschaut und wohl auch gespöttelt haben über die armen geistlichen Herren. Sie aber haben sich nicht viel darum gekümmert und sind weiter gezogen betend und schweigend. Noch waren sie nicht weit von Augsburg entfernt Baben

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hausen zu, da rannte ein französischer Soldat auf P. Hofbauer los und sah gar grimmig drein, als läge die Hölle selber in seinen Augen. Wie der den wehrlosen Priester sah, bekam er Muth gegen ihn; und weil er wohl ahnte, dass die armen Geistlichen nicht viel Geld haben dürften, bekam er Appetit nach P. Hofbauer's Mantel, den er aber nicht bezahlen wollte, wie ehrliche Leute es thun. Daher zog er den Säbel aus der Scheide, holte gewaltig aus und sehte ihn auf die Brust des Seligen und schrie ihn an mit zorniger Stimme, er solle ihm den Mantel lassen oder er müsse sterben. Wenn auch P. Hofbauer damals bereit war, zu sterben, so war ihm

doch das Leben lieber als der Mantel; und er hat ganz ruhig seinen Mantel herabgenommen von der Schulter und hat ihn dem Soldaten hingereicht, als hätte er ihn früher bloß ausgeborgt. Der aber ist lustig fortgestürmt und war um einen Mantel reicher, aber auch um eine schwere Sünde, weil er einen armen Priester ausgeraubt hatte; und auch P. Hofbauer ist weitergezogen ohne Mantel, aber reicher um ein gutes Werk; denn er hat nicht geklagt über den französischen Räuber und auch kein Wort verloren über diese Begegnung, geradeso als hätte ihm der Soldat nur einen guten Morgen gewünscht.1)

Dem Franzosen aber hat der Mantel keinen Segen ge= bracht; und wenn er sein Verbrechen nicht gut gemacht hat auf Erden noch, so hat ihn der liebe Gott vor sein Gericht geladen nach dem Tode; denn es ist Diebstahl und Raub ein gar großes Criminalverbrechen gegen Gottes heiliges Gesez, das der göttliche Richter mit schwerem Kerker bestraft in der ewigen Hölle drunten. Darum sollst du nicht stehlen oder rauben oder wuchern, wenn du auch arm bist; denn es ist alles Erdengut nur ein Mantel, den du umhast einige Jährchen, bis der Tod ihn dir abnimmt, und ihn hinträgt vor Gottes Richterstuhl, damit du Rechenschaft gebest, ob er dein ist oder nicht.

Weder Diebe noch Geizige werden das Reich Gottes besigen. 1. Cor. 6, 10.

24. Wovon leben Sie?

aum war P. Hofbauer im October 1805 nach Babenhausen gekommen, so miethete er ein kleines Häuschen und berief noch in demselben Monate

alle seine Mitbrüder aus Thabor herüber nach Babenhausen. Diese nahmen rührenden Abschied von den guten Leuten in Jestetten und kamen schon am 4. November mit all ihrer Habe zu Fuß nach Babenhausen. Mehrere Monate später kamen auch die Redemptoristen aus Triberg; denn da P. Hofbauer sah, dass sich diese Häuser nicht halten ließen, hatte er sich entschlossen, sie aufzugeben.

1) Haringer, S. 87.

In Babenhausen aber herrschte wieder die liebe Noth, wie sie geherrscht hatte in Jestetten und Warschau. Das Häuschen musste erst hergerichtet werden für die neue Gemeinde, als P. Hofbauer ankam.

Und das gieng nicht so schnell, sondern nahm geraume Zeit in Anspruch. Wie daher die Redemptoristen ankamen von Jestetten her, konnten sie noch nicht einziehen in das Häuschen. Aber in Weinried drüben, eine Viertelstunde entfernt von Babenhausen, war ein Pfarrer, der hieß Wagner und hatte auch ein so edles Herz, wie der Generalvicar in Augsburg und wie der Fürst Fugger, und wies den Patres allesammt sein Haus zur Wohnung an und bewirtete sie mit der freigebigsten Gastfreundschaft acht Tage lang. Wenn der Abend kam, streuten sie Stroh aus auf den Boden eines großen Saales und schliefen darauf, einer neben dem andern, wie Soldaten im Feldlager; denn der Pfarrhof war klein und der Herr Pfarrer war nicht so reich an Habe und Gut, dass er jedem Redemptoristen hätte ein Bett anweisen können in seinem Hause.

Nach acht Tagen war das Haus in Babenhausen fertig hergerichtet, dass man es beziehen konnte, aber das war eine gar elende Wohnung. Von den Wänden lief das lichte Wasser herab, wie im Frühling von einem Berge, denn die Mauern waren frisch angeworfen und wollten nicht trocknen im Winter, und man konnte auch nicht viel Holz kaufen zum Heizen, weil man kein Geld gehabt hat, und so ist's im Winter kalt und feucht gewesen, und es ist nur zu wundern. dass niemand krank geworden ist vor Nässe und Kälte. Und weil das Häuschen gar klein war für dreißig Personen, die da drinnen wohnen sollten, so mussten viele mitsammen wohnen in einem Zimmer, wie Soldaten in einer Kaserne, nur haben sie keine Betten gehabt, wie die Soldaten, sondern haben auf dem Boden geschlafen, wie arme Handwerksburschen in einer Bauernstube. Sie haben aber alle diese Leiden und Entbehrungen nicht geachtet, denn es ist der selige P. Hofbauer bei ihnen geblieben und hat ihnen geholfen, das Kreuz zu tragen. Geschlafen aber hat er nicht bei ihnen, weil ihn der Herr Pfarrer von Weinried gar innig gebeten hat, er möge bei ihm bleiben jede Nacht und Messe lesen in seiner Kirche und predigen und beichthören und Seelen retten, so viel er könne. Das hat dem guten P. Hofbauer gefallen und er hat gedankt und ist

geblieben; jeden Morgen aber ist er hinüber zu seinen lieben. Brüdern nach Babenhausen und hat nachgesehen, wie es ihnen gehe, und hat ihren Glauben belebt und ihr Vertrauen auf Gott, denn das ist ihm niemals ausgegangen, wenn ihm. auch oft sonst alles ausgegangen ist im Hause.

Da ist einmal jemand gekommen ins Klösterlein von Babenhausen und hat gesehen, wie da alles so arm sei, wie es war im Stalle von Bethlehem, und wie da kein Bett wäre, sondern nur ein paar Schemel und Bänke, und einige alte Tische, und ein wurmstichiger Kasten im Winkel, und wenig Brot und Mehl, und noch weniger Geld in der Casse. Und wie er das alles gesehen, hat er sich gar sehr gewundert, die Hände über dem Kopfe zusammengeschlagen vor gewaltigem Staunen, P. Hofbauer angeblickt mit großen Augen, und ihn gefragt: »Ja, wovon leben Sie denn?« Der aber hat gelächelt, gegen Himmel geschaut und geantwortet: >>Von der göttlichen Vorsehung. «1) Und das war eine gar wunderbar fluge Antwort, auf die man nichts sagen kann, denn es leben alle Menschen auf Erden, die Reichen und die Armen, doch nur von der göttlichen Vorsehung, und nicht bloß die Menschen, sondern, auch die lieben Thiere, groß und klein, denen der liebe Gott den Tisch deckt in Feld und Wald, bis ihre Zeit um ist und sie sterben müssen nach Gottes Willen, und auch die Pflanzen alle leben von Gottes Vorsehung, da ihnen der liebe Gott gar füße Speisen in wunderbar kleinen Portionen hineingethan hat in das Wasser, das fie trinken mit dem kleinen Mund am Würzchen drunten, damit sie wachsen und groß werden, wie es Gott haben will. Darum soll der Mensch nie verzagen, wenn das Brot ausgeht im Kasten, denn die göttliche Vorsehung kann auf keinen Menschen vergessen, wie sie auch auf den guten seligen P. Hofbauer nicht vergessen hat in den Tagen der Noth. Denn wie einmal gar nichts im Hause gewesen ist und der Koch gemeint hat, er habe einen Rasttag, dass er nichts zu kochen brauche, weil er nichts habe, ist auf einmal ein Wagen drunten gestanden vor der Hausthüre und keine Pferde dabei und auch kein Kutscher, und der Wagen ist gefüllt gewesen mit Fleisch und Brot und Mehl und Schmalz und Gemüse aller Art, und was man sonst zum Essen braucht und niemand hat erfahren können, woher der

1) Haringer S. 90.

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