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ihm doch von Herzen verzeihen, dass er ein so böser Mensch gewesen sei, um Jesu Christi willen, denn er wolle sich bessern und ein braver Mann werden und ein gutes Beispiel geben und all das schreckliche Ärgernis wieder gut machen, das er angerichtet habe. Und das alles hat er kaum sagen können, weil das Schluchzen und Weinen seine Stimme erstickt hat; so groß ist seine Rene und Zerknirschung gewesen. Aber auch dem Herrn Pfarrer sind die Augen übergegangen vor Freude und Rührung, und er hat auch geweint mit dem armen Sünder, der vor ihm gekniet ist, und hat ihn aufgehoben, wie der gute Vater den verlornen Sohn, und im Übermaße seiner Freude ist er dreimal aufgehüpft, wie ein lustiger Bursche, und ist doch schon ein alter Herr gewesen. 1)

Wie du das gelesen hast, was ich dir soeben erzählt habe, lieber Leser, hast du vielleicht deine Gedanken wo anders gehabt und gedacht an den guten Hirten im Evangelium und an das honigsüße Wort, das in der Bibel steht bei St. Lucas und das ich dir an das Ende des Capitels geschrieben habe, damit du es leichter siehst; und es ist dein Denken nicht ganz unvernünftig gewesen, denn wenn der Mensch auch so viele Sünden und Laster auf seinem Gewissen hat, als er Minuten gelebt hat auf Erden, und es ist jede Sünde so groß, wie des bösen Judas Verrath gewesen ist, und er kniet nieder in Demuth und Reue vor dem lieben Herrgott und seinem Stellvertreter im Beichtstuhl und bekennt, was er gethan hat und bittet den beleidigten Gott um Verzeihung, so hat Gott selber eine unendliche Freude darüber und mit ihm freut sich der liebe Heiland und seine jungfräuliche Mutter und der Schußengel und alle Engel und Heiligen mitsammen; und je sündhafter das Leben des Büßers gewesen ist, desto größer ist der Jubel im Himmel, wenn's dem Menschen aufrichtig ernst mit Reue und Vorsay. Und wenn er weint vor Schmerz und Reue, so singt und jubelt der Himmel dazu, und es ist für den armen, fündigen Menschen ein gewaltiger Trost, dass der liebe Gott, der doch gar nichts vergißt, auch nicht das kleine Würmlein am Weg, doch so leicht die Sünden der Menschen vergessen kann. Daher säume nicht, wenn du gesündigt hast, sondern mache Ernst, wie der Bürger von Weinried, und

1) Haringer S. 92.

tehre nimmer zurück zu Sünde und Satansdienst, denn es ist freudiger zu weinen im Dienste Gottes, als lachen und jubeln in Sünde und Laster.

Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel Freude sein über einen Sünder, der Buße thut, mehr als über neun und neunzig Gerechte, welche der Buße nicht bedürfen. "Luc. 15, 7.

31. Eine Messe für's Fenstereinwerfen.

ur ein halbes Jahr ist P. Hofbauer in Babenhausen gewesen und hat in dieser kurzen Zeit schon wun4dersam viel des Guten gewirkt, und es hat bald die

ganze Gegend ein anderes Aussehen bekommen. wie ein liebliches Gebirgsthal im Frühling, wenn der Schnee schmilzt und Wiesen und Felder ihr grünes Kleid anziehen, das ihnen der allmächtige Gott gemacht hat. Es sind die Leute wieder fleißig zu den Sacramenten gegangen und haben weniger gesündigt als früher, und ihre Sitten sind besser geworden, wenn auch wilde Kriegszeiten waren. Dieser Eifer aber ist nicht gewesen wie Strohfeuer, das lustig aufbrennt und in einigen Minuten erlöscht und nur noch stinkt und raucht, sondern hat angehalten lange Zeit und noch sechzig Jahre darnach hat man viele Leute gesehen, die ein gar frommes Leben geführt haben.

Wie aber der Herr Pfarrer gemerkt hat, dass seine Gemeinde immer besser und eifriger werde, hat er gejubelt in seiner Seele und Gott gedankt für diesen eifrigen Priester, wie damals, wo er ihm den reuigen Bürger zugeführt hat, und hat sogar gesagt, dass er keine Hoffnung hätte auf die ewige Seligkeit, wenn nicht P. Hofbauer mit den Seinigen gekommen wäre. Die Leute aber haben P. Hofbauer geliebt, als wäre er ihr Vater, und haben ihm zu essen gebracht; und weil sein Talar gar abgetragen und zerrissen war, und keine rechte Farbe mehr hatte und auch kein Fleck mehr daran halten wollte, haben sie ihm einen neuen gemacht. Wenn der auch bloß aus grober, schwarzgefärbter Leinwand gewesen ist, so hat ihn doch P. Hofbauer dankbar angenommen und getragen; denn er hat ihn geschüßt gegen Kälte und Regen, so gut, als wäre er vom feinsten Tuche. Auch haben sie vor ihm gewaltigen Respect gehabt wie vor einem

Heiligen und den Boden geküsst, auf dem er gestanden war, denn wenn der Mensch heilig ist, so kann er es nicht verbergen, wie das Veilchen den Duft nicht verstecken kann, wenn es auch mitten im hohen Grase steht. Sein Bild und sein Andenken hat sich ihrer Seele eingeprägt, dass sie ihn nicht vergessen konnten viele Jahre lang. Wenn lange darnach jemand Böses thun wollte vor Gott, hat man ihm oft gesagt: Was würde wohl P. Hofbauer sagen? Und wenn ein gutes Jahr gekommen und viel Getreide gewachsen ist auf den Feldern und saftiges Gras auf den Wiesen und wenn kein Hagel das Getreide zerschlagen und auch die liebe Sonne nicht zu heiß auf die Wiesen gebrannt hat, und Mensch und Vieh gesegnet waren: da hat man den himmlischen Segen der Fürbitte des seligen P. Hofbauer zugeschrieben, und man wird dabei auch nicht Unrecht gethan haben; denn wenn die Heiligen nicht zahlen können, was man ihnen Gutes thut, dann beten sie, und das ist unendlich mehr, als eine Truhe voll Maria-Theresienthaler. Sechzig Jahre, nachdem P. Hofbauer fortgezogen war von Babenhausen, hat man einem alten Weiblein ein Bild gezeigt, und darauf war das Porträt des Seligen gar getreu gemalt, aber es stand kein Name darunter, und man hat dem Weiblein auch nicht gesagt, wer das wäre auf dem Bilde. Wie aber die das Bild gesehen, hat sie es genommen und ihre Augen haben geleuchtet vor Freude, als wäre sie ein Mägdlein von 17 Jahren, und hat das Bild geküsst wohl an die hundertmal und ausgerufen: »Das ist ja P. Hofbauer!« Und sie ist doch erst ein Kind gewesen von 10 Jahren, wie P. Hofbauer in Babenhausen war, und hat in den langen Jahren. viel erlebt des Guten und Bösen und hat manches vergessen, aber auf P. Hofbauer hat sie nicht vergessen; so tief hat sich sein Andenken eingegraben in ihre unschuldige Seele. Im Pfarrhofe aber, wo er wohnte, hat man das Zimmer, in dem er gewesen ist, leer gelassen noch viele Jahre lang aus Ehrfurcht vor dem heiligen Gaste, dessen Bild man darin aufgehängt hat zum ewigen Andenken. Aber auch in Herzen drinnen ist sein Bild gehangen, die sonst nicht besonders viel gehalten haben auf Religion und Frömmigkeit, und es hat sogar einer gesagt in Babenhausen draußen: »Ich habe einen Soldatenmagen; aber diesen Herrn habe ich lieb gehabt!<<

Doch es gab auch Leute in Weinried und Babenhausen, die einen gar verdorbenen Soldatenmagen hatten; und die konnten nicht einmal den guten, seligen P. Hofbauer vertragen; denn solche Leute gibt es überall, denen alles Heilige Augenweh macht, wie das Sonnenlicht der Nachteule, und es hat selbst solche gegeben im Judenlande, die den lieben Herrn Jesus gehasst haben bis zum Tode. Solch ein böser Mensch hat auch zu Babenhausen gelebt zur Zeit, als P. Hofbauer draußen war im Schwabenlande. Es war dies ein junger, ausgelassener Bursche, dem das Predigen des Seligen Kopfweh gemacht hat, weil P. Hofbauer so oft und gerne von Gehorsam gepredigt hat und von Mäßigkeit und Keuschheit, und das wollte dem jungen Menschen nicht gefallen; denn er hatte so seine eigene Idee von der Freiheit, wie die Franzosen von damals sie hatten, und saß auch gerne beim Biere und bei lustiger Gesellschaft und auch die Weiber haben ihm gefallen, so dass er auf das sechste Gebot Gottes ganz und gar vergessen hat. Daher hat ihm das Predigen des seligen P. Hofbauer weh gethan und in seiner Seele ist der Hass lebendig geworden gegen den eifrigen Prediger und auch der Teufel hat darein geblasen, so dass das Feuer immer größer geworden ist und ihm zuletzt den ganzen Verstand weggebrannt hat, dass er nimmer recht wusste, was er that.

Einmal hatte er eine gar schlimme Nacht; denn er hat nicht geschlafen, sondern ist dem Lasterhandwerk nachgegangen, zu dem man kein Licht braucht, weil es um so besser gedeiht je dunkler es ist ringsum. Und wie der Morgen kam, hat ihn sein Herr Meister, der Teufel, ausgezahlt mit barer Münze. Was er aber bekommen hat, waren nicht etwa blanke Guldenstücke oder silberne Thaler, sondern ein schwerer Kopf und müde Augen und ein böses Gewissen und überdruß und üble Laune; denn das ist das Geld, das in der Hölle geprägt wird.

Weil ihm der Lohn zu schwer war und er ihn allein nicht tragen konnte, so hat er ihn ausgeschüttet vor dem Hause, in welchem P. Hofbauer gewohnt hat. Und alles, was er da niederlegte, war wüster Lärm und Schmähungen und Lästerungen gegen Gott und seinen Diener und das ist ihm von den Lippen gelaufen, wie das Mehl vom Mühlstein, wenn viel Wasser rinnt auf die Räder. Je länger er getobt hat, desto höher ist ihm die Galle gestiegen, und zulezt hat er sich gebückt, Steine ergriffen und hinaufgeschleudert zu den

Fenstern, dass die Scheiben klirrten und in Scherben sprangen und die Steine hineinflogen in das Zimmer des Seligen als Boten der Rache. Wie die Leute ringsum den Lärm hörten und das Klirren der Fensterscheiben, sind sie an die eigenen Fenster geeilt und haben gar neugierig geschaut, was das für ein Morgengruss wäre. Wie sie aber den wüthenden Menschen sahen auf der Straße drunten, und dass er einen Stein nach dem andern hinaufwarf zu den Fenstern des Seligen und jeden Wurf mit einem neuen Fluchwort begleitete, da ist auch ihnen der Zorn gekommen und sie haben nach Knitteln gesucht in ihren Häusern und sind herausgekommen auf die Straße in hellen Haufen und auf ihren Gesichtern konnte man lesen, dass sie die Absicht hatten, dem wilden Menschen eine heilsame Lection auf den Rücken zu schreiben, die er gar redlich verdient hat. Es hat aber auch P. Hofbauer den Lärm gehört; denn es sind die Steine niedergefallen zu seinen Füßen. In seiner Seele aber hat sich nicht der Zorn geregt über den angethanen Schimpf und auch nicht der Schmerz um die zertrümmerten Fensterscheiben, sondern das Mitleid mit dem verblendeten Menschen, der sich vom Teufel leiten ließ, wie ein Esel von der Bäuerin, wenn sie Milch zu Markte führt. Und wie er gemerkt hat, dass auch noch die Nachbarn kommen, dem armen Menschen ein blaues Andenken zu geben an diesen Morgen, da ist erst sein Mitleid gar groß geworden, und er ist herausgetreten unter die Bauern und hat sie besänftigt mit milden, guten Worten und hat den ausgelassenen Menschen in seinen Schuß genommen, als wäre er sein Sohn und nicht sein Feind. Den erzürnten Männern aber hat er zugerufen: »Thut ihm nichts zu Leide; ich gehe jezt in die Kirche und werde für ihn die heilige Messe lesen.« Da haben die Bauern einander verwundert angeschaut; denn dass man so viel Nachsicht und Erbarmen haben könne mit einem verkommenen Menschen, das wollte nicht in ihre Köpfe; und sie haben die Knüttel gesenkt und die Köpfe geschüttelt und sind langsam nach Hause gegangen; P. Hofbauer aber ist in die Kirche geeilt und hat dort andächtig gebetet für die Seele des Jünglings und die ganze heilige Messe aufgeopfert für dessen Befehrung. 1)

Es ist das eine gar edle Rache gewesen, die P. Hofbauer genommen hat an seinem Feinde, und er hat es ge= 1) Haringer S. 91.

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