Wege, auf einmal zerronnen, wie ein schöner Regenbogen, wenn man ihn fangen will. Dennoch hat er den P. Hofbauer noch einmal gezupft am Mantel und hat ihn gefragt, ob er denn vergessen habe, dass er ihm ein gutes Abendmahl versprochen hätte. Der aber hat gelächelt und ihm wieder gesagt, er solle nur beten und schlafen gehen; das gute Essen würde schon kommen. Das ist dem jungen Menschen erst gar merkwürdig vorgekommen, dass man zuerst schlafen gehen und dann erst essen solle. Aber weil er gehorchen gelernt hat in Babenhausen, so hat er sich niedergekniet neben P. Hofbauer und mit ihm gebetet um Gottes Schuß und Schirm in dieser Nacht und dann haben sie sich neben einander gelegt aufs Stroh in der Ecke. Schlafen aber haben sie nicht können vor Hunger und Müdigkeit, und es ist auch gewaltig laut zugegangen in der Wirtsstube, wenn auch blos zwei Gäste da waren, die am Wirtstische saßen und Karten spielten; denn je länger sie spielten, desto mehr stieg ʻihnen das Blut in den Kopf. Weil der eine von ihnen gewaltiges Bech hatte und immer verspielte, wurde er zornig und warf die Karten auf den Tisch, dass sie tanzten, und begann, seinen Kameraden zu schmähen, dass er falsch spiele und mit dem Teufel im Bunde sei. Da wurde auch dieser zornig, ballte die Faust und schlug auf den Tisch, dass die Bierkrüge erschrocken in die Höhe sprangen, und meinte, wer nicht spielen könne, solle die Karten liegen lassen. Beider Augen leuchteten gar unheimlich und sie sprangen auf von den Sißen und verfluchten einander und lästerten den lieben Gott im Himmel und es war wie ein Herensabbath in der Walpurgisnacht. Stark hat sich verkrochen im Stroh, um nichts zu sehen und zu hören; P. Hofbauer aber hat eine Zeit lang ruhig zugehört. Wie jedoch das Lästern immer ärger wurde, und eine Beleidigung Gottes nach der andern wie eine Höllenflamme gen Himmel stieg, da ist er aufgestanden von seinem Lager und dazwischen getreten zwischen die zwei Streitenden und hat sie gebeten, sie mögen doch Gott nicht beleidigen um einiger Kreuzer willen, und wieder gut werden mit einander, und einander verzeihen; denn es sei Zorn und Streit und Fluchen ein gar unchristlich Ding, das keinen Segen bringt, sondern nur bittere Reue zurücklasse im Herzen, sobald der Zorn im Kopfe verraucht sei. Dabei hat er eines jeden Hand ergriffen und hat sie beide angeschaut mit einen Blicke so sanft und mild, dass er Steine hätte rühren können. Da sind die zwei Männer stille geworden; denn bei jedem Worte P. Hofbauer's ward es ruhiger in ihrer Seele; und wie er ausgeredet hatte, gaben sie einander die Hand zur Versöhnung und sehten sich zusammen wie vor dem Streite. Einer derselben aber hat große Ehrfurcht bekommen vor P. Hofbauer und ihn bewundert als einen heiligen Mann, und hat nicht gewusst, was er P. Hofbauer geben solle zum Lohne für seine Liebe. Da hat er sich erinnert, dass die zwei Herren schlafen gegangen seien, ohne zu essen, und darum hat er den Wirt gerufen, und eine große Portion gutes Essen bestellt; und wie das auf dem Tische stand, und gar einladend seinen Dampf in die Luft ringelte, hat er den P. Hofbauer schön gebeten, er möge kommen und auch sein Begleiter und möge mit ihm essen; denn hungrig schlafe sich's nicht gut. Jezt haben sie sich zusammengesetzt an den Tisch in der Wirtsstube, die zwei Spieler und P. Hofbauer und auch Stark ist schnell aufgesprungen und hat sich zu ihnen gesetzt; und es hat ihm geschmeckt und er hat erst aufgehört zu essen, als er genug hatte. P. Hofbauer aber hat ihm lächelnd zugesehen und gesagt: »Siehst du, Martin, dass der liebe Gott seine Diener nicht im Stiche lässt.« Und wie sie fertig waren, haben sie sich wieder hingelegt auf den Boden und haben Gott gar innig gedankt für die Mahlzeit, bis sie einschliefen neben einander. Die zwei Männer aber haben sich höflich empfohlen und sind friedlich ihres Weges gegangen.1) Es geschieht wohl öfter, dass zwei Weiber zanken auf der Straße wie zwei erbitterte Hähne, und es laufen die Leute zusammen und horchen und schauen und lachen vor purer Schadenfreude, als gäbe es eine schöne Komödie; oder auch, dass zwei Männer im Wirtshause über einander gerathen, wenn ihnen das Bier gen Kopf steigt, dass sie nimmer recht wissen, was sie sagen vor Zorn und Aufregung. Oder es ist in deinem eigenen Hause, dass sich Streit erhebt zwischen Geschwistern oder Dienstboten oder gar zwischen Mann und Weib; denn auch in der Ehe ist nicht immer schön Wetter und Sonnenschein, sondern gar manchmal Sturm und Bliz und Hagelschlag. Es ist dann nicht recht, dass du dem einen hilfst gegen das andere; denn das wäre so gut, wie wenn du Öl in ein Feuer schüttest; sondern wenn du wahre Christen 1) Summ. p. 155. 157. 331. liebe hast in deinem Herzen und Freude am Frieden und an der Eintracht, und du glaubst, dass dein Reden Nußen bringt: so wirf dich zwischen beide und rede ihnen zu in Güte und Freundlichkeit, sie mögen sich versöhnen und ablassen von Streit und Hader; denn es hat oft schon ein gutes Wort große Feindschaften verhindert auf lange Zeit. Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. Matth. 5, 9. A 34. Der gebrochene Schild. m andern Morgen sind die zwei Wanderer wieder frisch und wohlgemuth weitergezogen und noch manches Stündlein gewandert, bis sie hinabkamen in die schöne Stadt Wien an der Donau. Da hat schon der gute P. Hübl auf sie gewartet, der aus Warschau gekommen war, und hat dem P. Hofbauer erzählt von dem Eifer der guten Polen und von Verfolgung und Hass, die auf die Bennoniten hereinstürmten, wie wilde Hunde auf ein zu Tode geheztes Wild. In Wien sind sie mehrere Wochen lang geblieben und P. Hofbauer hat sich umgesehen um ein Kloster, wo er seinen Mitbrüdern eine Zuflucht schaffen könnte in dieser stürmischen Zeit; aber er hat kein Pläßchen finden können in ganz Österreich, um sich niederzulassen; denn es sah da noch gar traurig aus von all den Kriegen und Schlachten der vergangenen Jahre und all den Verwüstungen der Franzosen, die das schöne Österreich zertreten. haben wie ein Würmlein, und niemand konnte daran denken Klöster zu gründen. Darum ist P. Hofbauer mit P. Hübl und Fr. Stark wieder abgereist von Wien und zurückgekehrt nach Warschau, das er zwei Jahre früher hoffnungsfreudig verlassen hatte, wie ein Goldgräber, der hinüberreist nach Californien in Amerika. Und jezt kam er heim wie ein ausgeplünderter Bettler und konnte seinen Mitbrüdern nur erzählen von Verfolgung und Leiden und von getäuschten Hoffnungen und dem Triumphe des Bösen auf Erden. Aber sein Muth und sein edles Gottvertrauen ist ihm geblieben und wurde noch größer und schöner in all seinen Leiden. Und wie er heimgekommen im kalten December 1806 nach Warschau und hineingetreten ist in das theure Kloster, da hat er seine Brüder begrüßt, so heiter und freundlich, als wäre er der siegreiche Kaiser Napoleon, und die haben auch gejubelt, dass ihr Vater wieder da sei, und haben sich nimmer gefürchtet vor all ihren Feinden, denn es sah auch in Warschau ganz anders aus, als damals, wo P. Hofbauer fortgezogen war ins Schwabenland. Warschau gehörte zwar noch den Preußen, aber in der Stadt hausten die Franzosen seit dem 28. November, wo sie eingezogen waren in Polens Hauptstadt, und P. Hofbauer versprach sich gar wenig Gutes von ihnen, weil alles Elend und Blutvergießen und alle Gräuel und Laster und aller Unglaube und der Hass gegen die heilige Religiou, wie sie jezt in Europa zu Hause waren, von Frankreich ansgegangen war. Am 19. December 1806 ist Kaiser Napoleon selber nach Warschau gekommen und im Jahre 1807 am 9. Juli hat er zu Tilsit mit Preußen einen Frieden geschlossen und dem Preußenkönige Polen wieder abgenommen, das derselbe dreizehn Jahre früher an sich gerissen hatte. Er hat es aber nicht selber behalten, sondern zu einem Großherzogthume gemacht und dem König Friedrich August von Sachsen ge= geben. Der war zwar ein katholischer, frommer Herr, der die heilige Kirche gerne geschütt hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre, und er hatte auch den guten P. Hofbauer innig lieb sammt allen Bennoniten, aber er ist nur ein Schattenherzog gewesen in Polen von der Franzosen Gnaden und hat tanzen müssen nach dieser Herren Melodie, und durfte nur gehorsamer Diener sein des Kaisers Napoleon. Der hat aber die preußischen Beamten verjagt aus der Stadt und dem Lande und hat an ihre Stelle französische Beamte gestellt, und statt der preußischen Pickelhaube hat man jezt nur französische Mützen gesehen. Wenn auch die Franzosen katholisch getauft waren, so sind sie doch viel schlechter ge= wesen, als die lutherischen Preußen, weil sie ungläubig waren wie ihr Lehrer Voltaire und den Glauben gar einmal ganz abgethan hatten in ihrem Vaterlande. Wie sie zu Hause in Frankreich die Priester verfolgt und die Klöster vernichtet hatten, so wollten sie dies Höllengeschäft auch fortsetzen in Warschau drüben. Und weil ihr Herr Kaiser so ein mächtiger Mann geworden war, vor dem ganz Europa gezittert hat, daher sind auch die französischen Freimaurer und Illuminaten, die in Warschau lebten, gar übermüthig geworden und haben Krieg geführt gegen das friedliche Kloster St. Benno, wie ihr Herr Kaiser gegen die Mächte Europas. Darum sind über P. Hofbauer jest traurige Zeiten gekommen und er hat selber später einmal gesagt, dass kein Mensch wisse, und es erst beim jüngsten Gericht aufkommen werde, was er zu Warschau gelitten habe in diesen Tagen. In der Freimaurerloge zu Warschau wurde ein schlauer Feldzugsplan entworfen gegen die armen Bennoniten und es haben die Freimaurer von damals es gemacht, wie sie es heutzutage machen, um der Religion eine Grube zu graben und sie darein zu legen für ewige Zeiten. Sie haben zuerst dahin gearbeitet, dass die Bennoniten verachtet werden, und haben Verleumdungen hiuausgestreut unter das Volk, wie man Kleesamen ausstreut auf die Wiese. Die haben sie drucken lassen gar vielmals, und haben alle diese sauberen Schriftchen gratis ausgetheilt unter die Leute, damit man sie lieber angenommen hat, und darinnen sind allerlei Verbrechen gestanden, die die Bennoniten begangen haben sollten, und an denen so viel wahr ist, als am Versprechen des Satans im Paradiese. Auch Spottlieder hat man gemacht auf die Bennoniten, und hat sie gar wißig abgefasst und in Musik gesezt, damit sie leichter ins Gehör gehen und lieber hinabtanzen in die Seele. Die hat man gesungen auf der Gasse und im Wirtshaus, und das hat den Herren Wirten Geld gebracht, weil die Kehle der Gäste durstiger geworden. ist, als durch Salzbrot und Paprika. Überall hat man von den Bennoniten gesprochen, wacker auf sie losgelogen, und sie verflucht und verdammt bis in die unterste Hölle. Und weil die Kirchen der Freimaurer die Theater waren und ihre Prediger die Schauspieler, darum hat man auch dort die Bennoniten verhöhnt, und wenn in einem Schauspiele ein Spizbube vorgekommen ist, der große Verbrechen begangen hat, jo haben sie ihm das Kleid eines Redemptoristen angezogen und haben daraus einen Bennoniten gemacht, der fromme Gesichter schneiden musste, wie der Teufel bei der Versuchung Christi, der im Herzen aber doch ein Schurke war von reinstem Wasser. Den Leuten, die im Theater ihre Bildung holen, ist das ein gewaltiger Ohrenkißel gewesen, und sie haben gelacht und geflatscht vor Freude und Wohlgefallen. Mehr aber noch haben |