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bauer gehalten hat, so hat er sich doch nicht getraut, ihn in Schuß zu nehmen gegen die Polizei; denn es sind damals die Herren Beamten in der Kirche mächtiger gewesen, als Bischöfe und Priester.

Und das war ein hartes Opfer für den eifrigen Priester, der gewohnt gewesen ist, sich zu verzehren wie das Wachs an der Kerze, um unsterblichen Seelen zum Himmel zu leuchten. Doch es ist dem seligen P. Hofbauer das Opfern nicht fremd gewesen; denn es hat ihn begleitet wie sein Schatten von Jugend an, und darum hat er auch dieses Opfer gerne niedergelegt zu Gottes Füßen und sich gefreut, einmal wieder für seine eigene Seele sorgen zu dürfen, mehr als in früheren Zeiten; denn es trocknen auch geistliche Arbeiten die Priesterseele aus wie der warme Wind, der den Boden dürr macht, dass alle Blümlein die Köpfchen hängen lassen und sterben. Daher hat sich P. Hofbauer zurückgezogen in die Stille und ein Einsiedlerleben geführt in der geräuschvollen Stadt, gerade so gut, wie früher in Mühlfrauen und in Tivoli, und wenn auch rings um ihn ein gewaltiges Lärmen gewesen ist von Gehen und Fahren, und Menschen und Wägen, so ist es doch in seiner Seele mäuschenstille gewesen wie in einer Kirche bei Nacht und er hat nichts gehört als die Glocken aus den Kirchthürmen, die ihn eingeladen haben gar freundlich, er möge kommen und beten statt anderer Menschen; denn vor dem Tabernakel sei eine süße Freistätte für jedes verfolgte Menschenkind.

Zuerst hat er gewohnt in der Alservorstadt draußen bei einem guten Freunde, der ihn aufgenommen hat in sein Haus um Gottes Barmherzigkeit willen, wie weiland Herr Lazarus den lieben Heiland aufgenommen ohne Zins und Trinkgeld. Dafür hat ihn der liebe Heiland auferweckt von den Todten und war das mehr wert als reicher Zins in blanken Ducaten. Und so hat es auch der liebe Gott dem guten Manne gelohnt in der Alservorstadt, dass er seinem Diener ein Quartier gegeben um Gottes Lohn, wo ihn die ganze Welt verfolgt hat. Aber lange ist P. Hofbauer nicht in diesem Hause geblieben; denn er hat bald eine Wohnung gefunden in der inneren Stadt. Es hat auch damals in Wien noch gute Leute gegeben, die sich den Glauben und die Religion aufgehoben haben im innersten Herzen, wie man das Silbergeld aufhebt im Strumpf oder sonstwo, wenn der Feind ins Land kommt. Und die haben den P. Hofbauer

bald kennen und schäßen gelernt als einen heiligen Priester, wenn er auch nicht gepredigt hat. Und viele haben ihn noch gekannt von früher her; denn es hat sich das Bild des frommen Bäckergesellen tief eingeprägt in ihre Seele, dass der Schwamm der Zeit es nicht hat auswischen können, wenn er auch dreißig Jahre darüber gefahren ist. Und wenn er später oft nach Wien gekommen war auf seinen mancherlei Reisen, und da sich wochenlang aufgehalten und gebetet hatte oder Messe gelesen, so hat er auch die frommen Wiener erbaut und es haben sich damals schon manche Seelen ihm zugewandt wie die Sonnenblume dem großen Feuer am Himmel und er hat sich Freunde erworben, ehe er bleibend nach Wien kam. Ein solcher guter Freund, der große Ehrfurcht gehabt vor dem Seligen, ist Abbate Luigi Virginio gewesen; der war ein Erjefuit und Director der italienischen Kirche am Minoritenplay, die früher den Minoriten gehörte, und jest italienische Nationalkirche war. Dieser fromme Herr war schon viele Jahre lang P. Hofbauer innig befreundet und hatte den Verkehr vermittelt. den der Selige mit Rom gehabt hat, so lange er in Warschau war; und auch jetzt hat er sich angenommen um seinen verfolgten Freund und ihn warm dem Herrn Baron Penkler empfohlen; denn der war weltlicher Verwalter an der italienischen Kirche und ist auch ein gar frommer Herr gewesen, wenn er auch Baron war und ein k. k. Hofrath. Daher war er auch bald dem frommen P. Hofbauer zugethan und hat sich gefreut, in Wien einen so braven Priester zu wissen, und hat ihm auch im wälschen Hanse, neben der wälschen Kirche, ein Zimmer angetragen, das könne er bewohnen mit Fr. Stark, so lange er wolle, und brauche nichts zu zahlen. Das hat P. Hofbauer dankbar angenommen und ist hereingezogen. von der Alservorstadt nach dem Minoritenplaze und hat da ein Leben geführt des Gebetes und der Buße, wie ein frommer Siedler in Egypten. Das Zimmerlein, das er bewohnt hat mit Fr. Start, ist zwar sehr klein und arm gewesen, aber es hat den seligen P. Hofbauer mehr gefreut, als ein schöner Saal mit großen Spiegeln und schönen Bildern und weichen Sopha's und gewichstem Boden in der Kaiserburg drüben; denn es ist gerade hinter dem Hochaltare gelegen im ersten Stock und er ist der Nachbar geworden von seinem lieben Heiland im Tabernakel und das ist der Kaiser nicht in seiner Burg.

Da hat er andächtig gebetet viele Stunden lang alle Tage und es ist ihm die Zeit nicht lang geworden, weil ihm das Beten vom Herzen gieng, wie anderen Leuten, die weniger fromm sind, das Tanzen oder Kartenspiel. Und weil sich gute Freunde gerne einander sehen, so ist er oft hinüber gegangen in das Oratorium der Erzherzogin Beatrix, denn dahin hatte er nur einige Schritte zu machen, und hat sich hineingekniet zum großen Fenster, von dem man hinabsieht auf den Hochaltar und den Tabernakel, und hinabgeblickt auf das Gezelt seines lieben Heilandes und hat auch süße Zwiegespräche mit ihm geführt über dies und das, und es war so ruhig und still ringsum, dass er jedes Wörtlein gehört hat von seinem Gotte im Tabernakel, auch wenn das Wörtlein gar leise war, und auch Jesus hat ihn verstanden, selbst wenn er kein Wort geredet hat, denn er sieht die Ge= danken in der Seele, wie du die Buchstaben in deinem Gebetbuch, ehe der Mensch sie noch ausspricht, und wenn der betende Mensch auch gar nichts sagt, so weiß Jesus doch, um was er betet, so wunderbar tief schaut sein Auge ins Menschenherz.

Wenn er ausgegangen ist, der gute, selige P. Hofbauer, ist er nicht herumgeschlendert in der Stadt, wie ein Mensch, dem das Faullenzen schon zu langweilig geworden ist und der doch nicht weiß, was er thun soll, sondern er hat seine Schritte hinausgelenkt nach Mariahilf und die liebe Mutter Gottes besucht in ihrem Gnadenbilde, und wenn er einmal da gekniet ist auf dem Kirchenpflaster, hat er fast nimmer fortgehen können, denn er hat sich gar gut unterhalten mit seiner guten Mutter, und wenn er sich verabschieden musste, hat sie ihn reich beschenkt mit Trost und Gnaden, weil keiner leer weggeht von ihr, der sie heimsucht. Und P. Hofbauer ist immer wieder gekommen, und täglich ist der Schaß der Gnaden reicher geworden, den er heimgetragen hat von Mariahilf.

So hat er gebetet Tag und Nacht, und wenn nicht betete, hat er seinen Mitbruder unterrichtet in der heiligen Theologie, denn der musste sich vorbereiten auf die heiligen Weihen und ist auch vom apostolischen Nuntius, Herrn Severoli, am 14. October 1810 zum Priester geweiht worden.

Weil aber der Leib auch seine Nahrung braucht, damit er der Seele dienen könne, darum hat P. Hofbauer auch

aus Essen denken müssen. Er hat aber keine noble Köchin berufen von einem Herrschaftshause und ist auch in kein Hotel gegangen zum Speisen, sondern hat sich und seinem Gefährten das Essen selber bereitet, wie früher in Warschau und Babenhausen, und dazu hat er keinen großen Herd benöthigt und auch nicht viel Geschirr, sondern es ist das kleine Öfelein im Zimmer groß genug gewesen; denn er hat alle Tage nur eine Speise auf den Tisch gestellt. Auf dem Speisezettel aber ist nie etwas gestanden von einem Braten und selten was von einem Fleisch, sondern es ist das ganze Jahr Fasten gewesen, und auch da hat P. Hofbauer keine kostbaren Fische gekauft auf dem Fischmarkt, und auch zu den Speisen, die er tochte, hat er feine feinen Gewürze genommen, sondern es ist jeden Tag ganz einfach gekocht worden und ordinär, und hat ihnen doch geschmeckt wie ein Diner bei einem französischen Fürsten, weil sie ein Gewürz mitgebracht haben zum Essen, das besser gewesen ist, als Pfeffer und Ingwer und Nägelein oder Zibeben und das ist der Hunger gewesen.

Das war aber ein gar billiges Gewürz und hat die Speisen um so schmackhafter gemacht, je mehr sie davon. hineingestreut haben ins Essen. Darum haben sie gar nichts gegessen am Nachmittag und gar wenig am Abend, und am nächsten Morgen sind sie nüchtern geblieben bis zum Mittag. Am Freitag und Samstag aber hat der Ofen Ruhe gehabt, weil P. Hofbauer mit Fr. Stark zu Tische geladen war bei der Eisernen Birn«, wo er früher gearbeitet hatte als Bäckergeselle; und auch bei einem anderen Bäcker, der hat Apprich geheißen und in der Raubensteingasse gewohnt, bei St. Stefan drüben, hat er oft gespeist; denn es haben die Bäcker eine große Freude gehabt, dass aus einem Bäckergesellen ein so frommer Priester geworden sei, der jezt ein viel köstlicheres Brot bereiten könne bei der heiligen. Messe, das der erste Hofbäcker nicht backen kann mit all seiner Kunst.

P. Hofbauer aber hat wenig gegessen und jede Speise bezahlt mit anmuthigen Gesprächen von Gott und heiligen Dingen, die so wunderlieblich von seinen Lippen floßen, wie wenn eine Nachtigall eine süße Melodie anstimmt im Gebüsche. Ihm selber aber hat das Fasten gute Dienste gethan, denn es ist sein Kopf klar und hell geblieben wie eine klare Sternennacht und ist ihm das Beten

nach dem Essen so leicht geworden, wie anderen Leuten das Schlafen.1)

Es ist überhaupt das Fasten ein gar nüßliches Kräutlein und birgt in sich wunderbar heilsame Kräfte; denn es verjagt den Teufel, dass er es nicht wagt, eine Seele zu versuchen, die dieses Kräutlein bei sich hat, und macht den Leib zahm und gefügig, dass er nicht wiehert nach verbotenen Lüsten und ist auch eine gute Medicin gegen mancherlei Leibesgebrechen und eine sichere Assecuranz für ein langes Leben; besonders aber wird Geist und Seele stark, wenn der Leib etwas geringer wird, und erhebt sich leichter zu Gott im Gebete und wird Gott ähnlicher, der ein purer Geist ist und fastet die ganze Ewigkeit. Darum hat schon der gute St. Chrysostomus gemeint, dass selbst die Heiligen schöner aussehen, wen sie fasten. Fürchte also auch du, lieber Leser, das Fasten nicht, wie weiland der reiche Prasser, sondern halte deine Fasten, wie die heilige Kirche es will, und thue noch etwas drüber, wenn du vernünftig bist; denn das erspart dir gar langes Fasten in der Ewigkeit.

Brüder, seid nüchtern und wachet!

1. Petr. 5, 8.

5. Der Teufel in Wien.

enn du aber wissen willst, lieber Leser, um was P. Hofbauer gebetet hat in dieser Zeit, so kann ich es dir wohl sagen, wenn es auch nirgends aufgeschrieben ist in einem Buche; denn es lässt sich leicht errathen, weil der Mensch immer nur um das bittet, was er gerne hätte und doch nicht hat. Daher hat P. Hofbauer gebetet für seine Mitbrüder in Polen um die Gnade der Beharrlichkeit und für seine Mitbrüder in der Schweiz, die mit P. Passerat herumirrten wie versprengte Schäflein von Babenhausen nach Chur und von Chur nach Wallis, um ein sicheres Ruheplätzchen. Besonders aber hat er gebetet für sein Wien und sein liebes Österreich; denn es hat damals in Wien ein gewaltiger Teufel gelebt, der hat Aufklärung geheißen und Gleichgiltigkeit gegen die Religion und ist stark und fett gewesen, weil er schon viele

1) Haringer: S. 153–155.

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