sei von der göttlichen Vorsehung, dem Teufel das Handwerk zu legen. Wie steht es, lieber Leser? Ist der Teufel vielleicht auch Hausfreund in deiner Seele und hat darin schon gar lange das Bürgerrecht und macht sich breit, als wäre das sein eigen Gut? Und hörst vielleicht gern auf sein Reden und Schmeicheln und Locken, lieber noch als auf Gottes Wort in der Kirche oder der Eltern Lehr' zu Hause oder auf des guten Engels Stimme in der Seele drinnen? Und hast ihm vielleicht schon in manchem nachgegeben und darf es niemand wissen, weil du dich dessen schämen würdest, und am wenigsten Vater und Mutter oder sonst ein eifriger Christ? Wenn das wäre, lieber Freund, dann ist es höchste Zeit, dass du ihm die Thüre weisest und ihn hinauswirfst aus deiner Seele, wie einen Dieb, der heimlich einbricht in dein Haus; denn du wärest sonst gar arm daran, viel ärmer noch als eine franke Witwe mit sieben Kindern ohne Stücklein Brot in der Tischlade, und es würde nicht lange dauern, bis der Teufel dir Ekel einflößt an Gebet und Rosenkranz, an Predigt und Sacramenten, und wenn du auch früher noch so gerne gebetet hast und der Rosenkranz deine Freude war, und du der erste warst bei der Predigt und alle acht Tage bei der Communion gesehen wurdest. Und dann wird deine arme Seele schwach und matt im Glauben und im Guten, weil sie Hunger leiden muss, wegen des Teufels Geiz und Bosheit. Die Furcht schlägt nieder den Trägen und weibische Seelen leiden Hunger. Sprichw. 18, 8. B 6. Das Haus im Kugelregen. evor ich dir aber erzähle, lieber Leser, wie Gott den seligen P. Hofbauer zum Apostel von Wien gemacht hat, muss ich dir noch was anderes be richten, was hieher gehört und was für den Seligen gewesen ist wie ein Anlauf zu einem großen Werke. Es war das Jahr 1809 ein gar folgenschweres Jahr für ganz Österreich. Im Vertrauen auf seine gute Sache und auf Gottes Hilfe und der Deutschen Beistand hatte der edle Kaiser Franz wieder beschlossen, den Franzosenkaiser zu be kriegen und dessen Übermuth zu brechen. »Der leßte deutsche Kaiser«, sagt Menzel so schön, »fand im Gefühl seiner angeborenen Würde und der auf ihm ruhenden majestätischen Tradition eines tausendjährigen Reiches den Muth und die Kraft, immer und immer wieder die Doppeladler auf seinen Fahnen zu entfalten, und in hundert Schlachten besiegt, zum hundertunderstenmale wieder gerüstet auf dem Kampfplage dazustehen, zäh, unermüdet, vertrauensvoll, ganz so wie das edle Volk der Spanier.« Darum rüstete der Kaiser im Frühjahre 1809 und stellte 176.000 Mann unter Erzherzog Ferdinand an die polnische, und 80.000 Mann unter Erzherzog Johann an die italienische Grenze. Aber die deutschen Fürsten ließen ihren Kaiser im Stiche. Der ganze Rheinbund stand wie ein Mann zu Napoleon. Der König von Sachsen rief seine Truppen »im Vertrauen auf die göttliche Vorsehung zum Kampfe gegen Österreich auf. In allen öffentlichen Blättern wurde Österreich mit Spott und Hohn überschüttet, seine Erhebung als Wahnsinn, sein Muth als strafbare Thorheit, seine Ansprachen an die Deutschen als Jacobinismus bezeichnet. Die deutsche Nation kniete um Schande bettelnd zu Napoleons Füßen. Nur Hessen und Tirol hielt zu seinem angestammten Herrn, und im Norden Deutschlands erhoben sich die Bauern, weil die Fürsten sich nicht rührten, ihrem Kaiser zu helfen. Aber auch in Österreich selber ist unter den hohen Herren kein rechter Verstand und oft auch kein Patriotismus gewesen, und sie haben bloß Muth und Weisheit gehabt, hineinzuregieren in die Kirche, aber nicht, um den Gewaltherrscher Napoleon zu schlagen. Daher haben die hohen Herren Generäle dem tapferen Erzherzog Carl einen Kriegsplan aufgedrängt, der zu nichts getaugt hat, als zum Verbrennen, und diejenigen, welche die Lieferungen zu besorgen hatten für die Armee, waren so treue und ehrliche Leute, dass ihr Chef, Herr von Faßbender, sich selber das Leben genommen hat, um der Untersuchung zu entgehen, welche zu Tage brachte, er habe für nichts gesorgt, als für seinen Geldbeutel, und habe dem zu Liebe ungeheure Summen unterschlagen, die für die armen Soldaten bestimmt waren. Darum hat sich auch Kaiser Napoleon schon mit dem Gedanken getragen, Österreich zu zertrümmern, und hat sogar offen erklärt, es stehe das Königreich Westphalen auf festeren Füßen und werde länger dauern als das Haus Habsburg. Und es schien auch, dass er recht habe und man hat nimmer viel gegeben um das verlassene und verrathene Österreich. Am 20. April hat Herr Napoleon, der an der Spite seiner Armee in Deutschland eingebrochen war, durch Bayern und Württemberger die Österreicher bei Abendsberg im Bayerlande geschlagen und am 21. sie wieder besiegt bei Landshut und am 22. bei Eckmühl. Erzherzog Carl zog sich nach Böhmen zurück und Napoleon rückte donauabwärts nach Wien. Am 10. Mai stand er mit einer siegreichen Armee von Franzosen und Deutschen, die ihre Waffen gegen ihre eigenen Stammesbrüder kehrten, vor den Thoren der Hauptstadt. Der Kaiser war mit seiner Familie nach Ungarn entflohen. Wien selber war gar nicht befestigt und in der Stadt lag Erzherzog Maximilian mit nur 25.000 Mann. Kein Entsagheer stand in der Nähe; denn Österreichs Truppen standen in Böhmen und Italien und Polen gegen Frankreich und seine Verbündeten zu Felde. Keine Macht regte sich, Österreich zu helfen. Umsonst rief man in Österreich selber die Landwehr zur Vertheidigung der Hauptstadt auf; sie rührte sich nicht. Der Hinweis auf Spaniens Tapferkeit verfehlte beim Volke seine Wirkung; denn die Bande, die es an Habsburg knüpften, waren gelockert, weil in einem Lande, wo die Regierung die Religion zu Tode hungert, auch der Patriotismus siech wird und schwach. Napoleon hatte in Schönbrunn sein Hauptquartier und machte im Luftschloss des Kaisers von Österreich die Pläne, was er anfangen werde mit den Trümmern, in die er das Kaiserreich jezt zerschlagen wolle. In diesem Augenblicke der höchsten Gefahr, wo Österreich am Abgrunde des Verderbens stand, hatte sein Kaiser einen gar treuen Bundesgenossen und das war der selige P. Hofbauer. Der ist nicht davongelaufen, sondern ist in der Hauptstadt geblieben, und hat auf alle Kränkung vergessen, die er in Österreich erfahren hatte bis zu dieser Stunde, und ist Herrn Napoleon mit einer Waffe zuleibe gegangen, die schärfer ist als geschliffene Säbel und besser trifft als die beste Kanone, und das war das Gebet, das er hinaufgeschickt hat zum allmächtigen Lenker der Schlachten; denn er ist jet Tag und Nacht gekniet auf dem Betschemel und hat Gott angefleht, er möge Österreichs Waffen segnen gegen den Räuber fremder Länder. Am 12. Mai hat Napoleon die Stadt beschossen und gewaltige Bomben hineingeworfen in die Stadt, um sie zur Übergabe zu zwingen. Wie die ersten Kugeln hereinflogen nach Wien, ist der selige P. Hofbauer gerade bei einer frommen Familie gewesen. Die aber war gar arm und hatte nichts als ein Haus und das stand beinahe draußen an der Ecke der Stadt und war der Gefahr, zusammengeschossen zu werden, ausgeseht, wie ein armer Soldat, der zuvorderst kämpft in der Schlacht. Darum ist auch den guten Leuten bange geworden um ihr Hab und Gut, wie sie den Kanonendonner hörten und die Kugeln daherfliegen sahen wie feurige Vögel. Und sie fiengen an zu weinen und zu schluchzen und wussten sich nimmer zu helfen. P. Hofbauer aber ist ruhig geblieben und hat sich nicht gefürchtet, und auch den guten Leuten hat er Muth eingeflößt, dass sie nicht verzagen sollten und nicht verzweifelten und hat ihnen hinaufgezeigt zum Himmel, von wo der allmächtige Gott herabschaue auf ihr Haus, um es zu schüßen vor Unglück und Gefahr. Aber es ist das Trösten nicht leicht, wenn einem der Tod grimmig ins Auge schaut und Miene macht, als wollte er einen jeden Augenblick zusammenhauen, dass man nimmer wieder aufsteht; und es sind auch jezt unter all dem Trösten die Bomben nicht weniger geworden, sondern der Kugelregen ward immer dichter, und die Kugeln sind niedergefallen auf den Straßen vor dem Hause draußen und haben eingeschlagen in den Häusern rechts und links wie ein Blitz beim Gewitter und sind majestätisch hinübergeflogen über das Dach, als wollten sie spotten und sagen: wir werden auch dich noch finden. Und mit jeder Minute ist die Angst der armen Leute gestiegen, und sie haben keine Rettung mehr gesehen und gemeint, sie müssten jeden Augenblick begraben werden unter den Trümmern ihres Hauses. P. Hofbauer aber hat gelächelt und ihnen gesagt, sie sollen nur vertrauen auf Gottes heilige Vorsehung, die auch die Schwalbe schüße auf dem Dache draußen, und sollen niederknien und beten, dass Gottes heiliger Engel den Bomben den rechten Weg zeige am Hause vorüber. Da haben sich alle auf die Knie geworfen. und so innig und andächtig gebetet, wie schon lange nicht mehr im Leben. Und es ist gewesen, als ob auch die Bomben neugierig wären auf die betende Familie; denn es ist eine hineingeflogen beim Fenster, dass alles erschrocken ist. Sie hat aber niemanden was zu Leide gethan, sondern fiel ganz sachte zu Boden, als hätte sie ein Engel hingelegt, und rollte in eine Ecke wie ein Marmorküglein, mit dem ein Knabe spielt.1) Bald haben auch die Kanonen geschwiegen, und es sind keine Kugeln mehr über die Häupter der armen Leute geflogen, und es ist wieder ruhig und stille geworden; denn es hat sich Wien ergeben nach einigen Stunden, Das Haus aber an der Stadtecke ist unversehrt geblieben mitten im Kugelregen, und keine Kugel hat es gewagt, ihm zu schaden. Es ist dies Haus ein Bild gewesen vom großen Kaiserhause Österreich, und war auch der gute Kaiser Franz jezt so bedrängt, wie die armen Leute im Hause drinnen, von dem ich dir erzählt habe. Denn es sind auch über seinem Haupte und seinem Hause gar gefährliche Kugeln hinübergeflogen, die ihm den Untergang drohten für ewige Zeiten, und das sind alle die Erfolge gewesen, die der Kaiser Napoleon gehabt hat in diesem Kriege. Der Kugelregen hat aber nicht aufgehört mit der Einnahme Wien's sondern hat erst recht angefangen, wie der französische Eroberer eingezogen ist in die Kaiserburg. Und er ist so dicht geworden, dass das Haus Habsburg gewankt und gezittert hat bis in die untersten Grundfesten. Aber es hat auch P. Hofbauer seinen Kaiser nicht verlassen, wie er die armen Leute nicht verlassen hat im Kugelregen, sondern ist heimgegangen in sein Stüblein bei der italienischen Kirche und hat sich hingekniet vor das Fensterlein, das hinabschaut zum Tabernakel, und noch inniger gebetet als je, es möge Gott einen Engel schicken, der die Gefahr abwende von seinem Kaiserhause. Es ist gut und segensreich, wenn in einem Lande ein Heiliger betet zur Zeit der Bedrängnis, denn dieses Gebet ist mehr wert, als eine geschulte Armee mit einem tüchtigen Feldherrn. Darum hat der liebe Gott auch jezt Haus Habsburg beschüßt, und wenn auch die Bombe hineinfiel ins Kaiserzimmer das ist Napoleon gewesen in der Kaiserburg so hat sie doch nicht plaßen dürfen, weil Gott es verboten, denn der hat jezt Österreich gerettet aus drohender Gefahr. Kaum ist Napoleon in Wien gewesen, da hat er gehört, dass Erzherzog Karl heranrücke zum Entsaße der Hauptstadt. Daher ist er nicht in der Stadt geblieben, sondern ist aufge 1) Summ. p. 157. Leben des sel. Clem. M. Hofbauer. 20 |