Page images
PDF
EPUB

auch aus einer heiligen Seele herauswächst, und kann die andere nimmer anschauen vor Eifersucht, und möchte lieber alle Tage zum Beichtstuhl laufen aus heiligem Hunger. Und wenn der Beichtvater etwas ernst und trocken ist, wie er's sein soll, wenn er nicht zwei Seelen gefährden will, dass sie zu Grunde gehen für alle Ewigkeit, so wird sie um so trauriger und fühlt sich unglücklich, dass der geistliche Vater kein Herz habe, und klagt's ihrer Freundin, wie verlassen sie sei, und läuft wohl gar von einem Priester zum andern und probirt, ob nicht einer sei, der mehr Honig habe, als die übrigen. Oder es ist ihr der gewöhnliche Weg schon zu ordinär und möchte gern absonderlich heilig sein und nicht durch Gehorsam zum Himmel kommen und eifrige Pflichterfüllung, sondern meint, es habe unser Herrgott ein besonderes Absehen mit ihr, und wolle sie schon im Leben zum Erzengel avancieren lassen, dass sie ihn schauen dürfe in Visionen und heilige Offenbarungen erhalte aus seinem Munde, und ist ihr der Beichtvater zu wenig heilig, dass er sie nicht verstehen könne und die Wege Gottes nicht kenne, und wollte lieber selber ihn belehren, wie er sie leiten solle nach Gottes Willen. Ich will nicht hoffen, dass du, liebe Seele, zu diesen Extrazüglern nach dem Himmelreiche gehörest; aber wenn das wäre, dass du in obiger Zeichnung dein Porträt wiederfändest und du würdest Beichtkind sein vom seligen P. Hofbauer, so würde er dir rathen, nicht gar so fromm sein zu wollen, oder würde dir Valet sagen als Seelenführer; und er hätte recht; denn es ist alles das Irrthum und Täuschung und sündige Betschwesterei ohne echten Kern und gediegene Frommheit und steckt der Teufel dahinter, der den Mantel geliehen hat von einem Engel des Lichtes. damit du ihn nicht kennen mögest, und ist in Nr. 1 oft nur versteckte, geheime Sinnlichkeit, und in Nr. 2 steckt geistlicher Hochmuth, der dich blendet, dass du die schwarzen Flecken nicht siehst, die an deiner Seele sind. Merk dir das, liebes Christenkind, und folge deinem Seelenführer, aber bet' ihn nicht an!

Ecid' Euch nicht selber flug.

Röm. 11, 25.

B

13. Der Branntweiner.

ar mild und sanft ist P. Hofbauer gegen ängstliche Seelen gewesen und hat gerade gegen sie eine wunderbar himmlische Geduld gehabt. Der liebe Gott hat ihm auch die Gnade verliehen, die Skrupel derselben mit wenigen Worten hinwegzublasen. Aber das ist nicht bei allen gegangen, denn es haben sich oft die Skrupel und Zweifel hineingegraben in die Seele wie Runzeln in ein altes Gesicht und waren nimmer auszubügeln mit aller Sorgfalt. Und diese armen Leute haben den guten Beichtvater geplagt über die Maßen und seine Geduld auf eine harte Probe gestellt; aber die ist immer größer gewesen als alle die Skrupel und hat sich durch alle Ängsten und Zweifel nicht überwinden lassen. Unter diesen war einer, der hat Johann Kraus geheißen und hat Schnaps ausgeschenkt in der Leopoldstadt drüben. Und wenn auch sonst die Branntweiner oft nicht zu den besten Christen gehören, so ist doch der eine absonderliche Ausnahme gewesen und hat beinahe gelebt wie ein Geistlicher und auch ein Kleid getragen, dass ihm die Kinder zugelaufen sind auf der Gasse, um ihm die Hand zu küssen, weil sie gemeint haben, er müsse Pfarrer sein oder sonst ein geistlicher Herr. Daher haben ihn die wißigen Wiener den Herrn Spiritual geheißen. Später aber, lange nach P. Hofbauer's seligem Ende ist er wirklich Priester geworden und jetzt haben die lustigen Wiener umgedreht und haben ihn erst den Herrn geistlichen Branntweiner tituliert. Der ist gar einfältig und fromm gewesen, und in Skrupeln gesessen, wie der Hase im Kleefeld und hat sich nicht helfen können, weil er gemeint hat, es müsse alles große Sünde sein, was er thue und denke. Der arme Mann hatte gehört, dass P. Hofbauer ein so selten guter Beichtvater wäre, und hat ihn auch zu seinem Beichtvater auserwählt. Der ist aber für den Seligen ein gar schweres Kreuz geworden; denn er hat immer beichten wollen und doch immer geglaubt, dass all sein Beichten nichts wert sei, und hat immer um Rath gefragt, und doch wieder gemeint, dass er den Rath nicht gut verstanden habe und darum gegen P. Hofbauer's Willen handle und hat jeden Tag neue Angsten und Skrupeln aufgetrieben, wie gährender Wein die Trebern und hat täglich dem guten Beichtvater dasselbe Liedlein vorgesungen, dass es diesem schon ekelig geworden ist in der Seele; und wenn

P. Hofbauer geglaubt hat, es sei ein Skrupel ausgetilgt aus seinem Herzen, so sind schon wieder dafür zehn neue aufgetaucht, und er hat ihn belästigt wie eine Bremse das Rösslein im Sommer, wenn's heiß ist. Aber wenn auch das Jahre lang so fort gegangen ist ganz regelmäßig, wie die Sonne auf und untergeht, so hat er doch nie seinem sanften Beichtvater ein Wort der Ungeduld ausgepresst. Nur wenn der arme Branntweiner gar nicht zu curieren war, hat P. Hofbauer ihm manchmal lächelnd gesagt: »Nun, Ein Kraus, das geht an, aber Zwei Kraus brächten mich um.«2)

Es existiert fein größeres Kreuz für einen Beichtvater, als wenn ihm der liebe Gott Skrupulanten auf die Seele geladen und man möchte Mitleid haben mit so einem geistlichen Herrn wie mit einer armen Seele im Fegefeuer; denn es wird tausendmal eher ein tiefgefallener Sünder bekehrt, ehe sich ein Strupulant curieren lässt, auch wenn er kein Branntweiner ist. Und das ist darum, weil der Skrupulant, der doch gar dumm und thöricht ist, meint, er sehe klarer in seiner Seele, als sein Gewissensführer, dem der liebe Gott dazu Beruf und Gnade gegeben hat, und er müsse sich selber das Recept verschreiben und nicht der Seelenarzt, und gibt gegen alle Skrupel mitsammen nur eine einzige Medicin, die gar wohlfeil ist und doch unfehlbare Wirkung thut und die heißt: blinder und unbedingter Gehorsam gegen den Seelenführer. Man friegt sie in der Apotheke zum guten Willen

Wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündigte, als ihr empfangen habt der sei verflucht. Gal. 1, 9.

14. Zwei Geschäfte ohne Vorbereitung.

ater Hofbauer ist jedoch nicht der Mann gewesen, der es leicht genommen hätte mit Seelen und Sünden wie der Wind mit der Wolle, sondern er hat gar sehr geachtet auf eifrige Pflichterfüllung. Wie er selber nie den Beichtstuhl betreten hat, ohne sich vorzubereiten im Gebete, so hat er auch eine gewissenhafte Vorbereitung von allen verlangt, die zur heili

1) Haringer: S. 240.

gen Beicht gegangen sind. Aber auch da hat er die Klugheit walten lassen und gemeint, dass Seelen, die wöchentlich zur heiligen Beichte gehen, nicht gar zu skrupulantenmäßig ängstlich sein sollen mit der Gewissenserforschung vor der Beicht. Gar oft, wenn er ins Ursulinenkloster gekommen ist, um die guten Nonnen Beicht zu hören, sind sie verlegen geworden und haben sich entschuldigt, sie seien noch nicht vorbereitet und können noch nicht hintreten zur Beicht. Diese Entschuldigung aber hat bei P. Hofbauer so viel gegolten, wie eine wässerige Schneeflocke, und er hat nur geantwortet: »>Kommt nur! Ich werde euch schon helfen.«< Dann hat er Schwester um Schwester zum Beichtstuhl gerufen und hat sie selber liebevoll vorbereitet auf die heilige Beicht, mit ihnen das Gewissen erforscht, als wäre er dabeigewesen, wie sie gesündigt hatten, und ihnen Reue eingeflößt und gute Vorfäße, wie sie es selber nie zu Stande gebracht hätten ohne ihn.1)

Einmal ist P. Hofbauer auch ins Kloster gekommen, um die Beichten aufzunehmen; aber man hat ihn gar lange warten lassen; denn es sind die Schwestern viel beschäftigt gewesen und hatten keine Zeit gehabt, sich vorzubereiten, und doch wollten sie nicht hinzulaufen zum Beichtstuhl wie das Hündchen zum Futter. Das haben sie aber nicht bloß darum gethan, weil sie lieber qut beichten wollten als schlecht, sondern auch deshalb, weil sie sich vor dem ernsten Gesicht und dem Tadel fürchteten, den ihnen P. Hofbauer einschenken. würde, wenn sie daherkämen ohne Anlauf und Vorbereitung; denn es haben auch die Klosterfrauen noch kleine Schwächen und Mängel und gehen darum beichten, um davon loszukommen, und musst dich daran nicht ärgern, wenn du davon liesest oder hörst; denn du hast noch größere, nur siehst du sie vielleicht nicht, weil du den Staar hast oder sonst ein Übel an deinem Seelenang', und ist kein Mensch auf Erden, außer ein paar besonders privilegierte Heilige, der ohne alle Fehler durchkommt im Leben. Darob haben die guten Schwestern gar arge Verlegenheit gehabt und haben eine einfältige Seele gesucht, die zuerst hineingehe zur Beicht und das ärgste Unwetter über sich ergehen lasse. Da ist ihnen eine blutjunge Schwester in die Luere gekommen, die nichts Böses geahnt hat, Jacoba von Wälschenau; die haben

1) Summ. pag. 200.

Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

24

die anderen Schwestern Schwestern freundlich angeredet : » Gar liebe Schwester, gehen Sie nur gleich zur heiligen Beicht, damit wir uns vorbereiten können.« Wenn es der jungen Schwester auch selber nicht leicht wurde, ohne Vorbereitung ein Sacrament zu empfangen, so ist sie doch dem Wunsche nachgekommen und ins Beichtzimmer ge= treten; und da hat sie sich niedergekniet und demüthig um Verzeihung gebeten, dass sie gerade von der Arbeit komme; aber P. Hofbauer ist gut und sanft geblieben und hat kein strenges Wort gehabt für das demüthige Kind, sondern hat es so gut vorbereitet und so liebevoll getröstet, dass Jacoba voll Freude und Seligkeit herausgekommen ist aus dem Beichtzimmer. Draußen aber haben alle anderen Schwestern schon gewartet und haben lesen wollen in ihrem Gesichte, wie stark es drinnen gewettert, und haben sich gar sehr verwundert, wie sie das Schwesterchen so fröhlich und heiter sahen. Und sie haben sich gefreut, nicht über die Schwester, sondern über sich selber, dass auch ihnen schön Wetter ent= gegenleuchten würde aus dem Angesichte ihres Beichtvaters und sind voll seliger Hoffnung hineingetreten ins Beichtzimmer. Aber es ist ihnen gegangen wie dem armen Menschen, der zu Gericht citiert wird und meint, er werde eine Erbschaft machen, und wird statt dessen ins Loch gesteckt bei Wasser und Brot; denn es hat ihnen P. Hofbauer eine strenge Predigt gehalten und es sind alle herausgekommen mit langen Gesichtern, wie weiland Herr Jonas aus dem Bauche des Walfisches. Jezt ist aber erst die junge Schwester neugierig geworden und hat sie gefragt, ob ihnen denn P. Hofbauer so süße Lehren gegeben habe, dass sie weinen müssten vor Rührung. Und da haben sie gestanden, dass es ihnen gar schlecht gegangen sei und eine hat eröffnet, dass ihr P.. Hofbauer gesagt habe: »Zum Beichten und zum Sterben muß man immer bereit sein; denn man weiß nicht, zu welcher Stunde der Herr kommen wird.«1)

Es hat aber damals P. Hofbauer gar nicht Unrecht gehabt, dass er gemeint, man müsse immer bereit sein zum Sterben, denn der Tod hat oft ganz curiose Einfälle und mäht nicht bloß das alte Hen ab, das schon dürr und dorr ist, sondern auch junges, saftiges Gras, das noch gerne wachsen möcht', und um das beinah' schad ist, dass es

1) Summ. p. 199.

« PreviousContinue »