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Bürschlein alle Wahrheiten des Glaubens so klar anseinandergelegt, dass es sonnenhell wurde in ihrem Geist und hat ihnen auch alle Schönheiten enthüllt, die im Christenthume liegen, dass sie entzückt wurden über diese schöne Religion, und haben sich nimmer gefürchtet vor dem Taufwasser, sondern sich mächtig gesehnt darnach, wie der Durstige nach einem kühlen Tränklein. Und wie der Pfingstsamstag kam des Jahres 1810, ist ihre Sehnsucht gestillt worden, und der päpstliche Nuntius Herr Severoli hat sie getauft in seiner Capelle. Es war das der schönste Tag in ihrem ganzen Leben und der heilige Geist kehrte ein in ihrem Herzen wie weiland bei den Aposteln und brachte ihnen Gnade und Frieden und Freude, und auch die Mutter jubelte auf aus tiefstem Herzensgrunde, wie man sich's leicht denken kann. P. Hofbauer aber ist Seelenführer geworden für die ganze Familie; denn auch die zwei Neubekehrten empfiengen gar fleißig die heiligen Sacramente, und es machten alle schnelle Fortschritte im Guten wie talentierte Schulbüblein, wenn sie einen guten Lehrer haben. Jonas, der jezt Johann geheißen, ist bald nach Rom gegangen und hat wundersam schöne Bilder gemalt; und Philipp ist Soldat geworden gegen die Franzosen und ist später selber hinein nach Rom zu seinem Bruder und hat das Bildermalen noch besser verstanden als dieser. P. Hofbauer aber verlor sie nicht aus dem Auge, wenn sie auch weit fortgezogen waren von Wien, sondern schrieb ihnen fleißig, so lange er lebte, und hat sie bis zum Sterben gemahnt, sie mögen brave Christen bleiben und Gott lieben und die Sünde flichen. Und das hat geholfen, dass ihr Leben selber ein wunderschönes Bild geworden ist, das ihnen der liebe Gott abgekauft hat um die ewige Seligkeit.

Das alles aber freute die Mutter Dorothea so innig, dass sie am 28. Juni 1817 dem P. Hofbauer einen gar dankbaren Brief geschrieben hat von Frankfurt am Main, darinnen Folgendes zu lesen war:

»Hochverehrter, theurer, geistlicher Vater! Heute, am Vorabende der großen Apostelfeste, kann ich es mir nicht versagen, mich mit Ihnen zu unterhalten. Kein einziges großes Fest wird gefeiert, wo ich nicht in Gedanken zu den Füßen meines geliebten geistlichen Vaters zu liegen wünsche, um seine Lehren, seine Sprüche der göttlichen Weisheit zu vernehmen. - Über unseren guten Philipp und seine Sache

haben Sie, wie ich auch schon im voraus wusste, ganz so geredet und ihm natürlich auch so geschrieben, wie wir es gar nicht anders wünschen und verlangen können. Ich segne mein gutes Kind, dass er sich so ganz auf Ihren Ausspruch verlässt; denn niemand weiß besser, uns auf Gott und seinen heiligen Willen zurückzulenken, als Sie, unser väterlicher Freund, und das wollen wir denn auch alle thun. Wir wollen aus vereinten Herzen Gott anrufen, dass er das Herz des Jünglings lenke und seinen Geist erleuchte. Sie, theurer Freund, der Sie des Jünglings Gemüth und seine Schwächen, wie seine Anlagen alle kennen, da Sie ihn immer geleitet und unterrichtet haben Sie werden ihm auch ferner rathen und ihn lenken; darauf allein kommt es an... Unterstüßen uns Euer Hochwürden durch Ihr heiliges Gebet, auf welches wir so großes Vertrauen sehen, und insbesondere beten Sie fortwährend um die Gnade der wahren Erleuchtung des Geistes, damit wir auf diesen dunklen Wegen und im Getümmel der Feinde uns zurechtfinden. «

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Es schaut uns aus diesem Briefe eine gar edle Seele entgegen, wie ein grünes Alpenthal in der Morgensonne, und ist auch Frau Dorothea immer edler und heiliger geworden, je länger sie P. Hofbauer's Leitung genossen hat, und man hätte nimmer gekannt, dass das einmal eine Jüdin gewesen sei. Ihr Leben lang hatte sie große Hochachtung und Liebe zu ihrem Seelenfreunde, und selbst wenn sie fort musste von Wien, hat sie in demüthigen und erbaulichen Briefen den Verkehr mit ihm unterhalten.

Noch wunderbarer aber ist es gewesen, dass auch Herr Schlegel ein unbegrenztes Zutrauen hegte zum Seligen und sich von ihm leiten ließ, als wäre er ein unerfahrenes Büblein, und fast alle Tage ist P. Hofbauer zu ihm ins Haus gekommen und es wurden beide innige Freunde. Herr von Schlegel aber wurde seltsam fromm und hat die Gnade wirken lassen in seiner Seele mit ihrer ganzen Kraft. In seinem Schlafzimmer hatte er Weihwasser, Crucifix und Betschemel, und auf dem Betschemel ist er jeden Tag gekniet gar lange Zeit, und wenn ihm in den Gassen von Wien ein Priester begegnete, hat er die Gesellschaft verlassen, bei der er gerade war, und ist auf den Priester zugegangen. und hat ihm die Hand geküsst, als dem Gesalbten des Herrn, und hat sich nicht gefümmert, wenn auch die Leute, die an ihm vorübergiengen, spöttisch gelacht haben.

Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

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Dabei ist er immer gelehrter geworden, dass in ganz Wien niemand war, der mehr gewusst hätte als Herr von Schlegel, und hat immer neue Bücher geschrieben über wundersam hohe Dinge. Zu allem aber, was er schrieb, hat er sich P. Hofbauer's Segen erbeten und ihm. vieles vorgelesen, bevor er es hat drucken lassen, um zu erfahren, ob es katholisch sei oder nicht. Einmal hat er ihm wieder was vorgelesen, was herausgeblüht war aus seinem Geiste und dabei hörte P. Hofbauer andächtig zu und ist sein Blick immer freundlicher geworden bei jeder Zeile und alles, was Herr von Schlegel herausgelesen aus seiner Schrift, gefiel ihm gar gut und er hat Gott gepriesen, dass er diesem Manne einen so hellen Verstand gegeben. Wie Herr von Schlegel zu Ende war mit der Leserei, hat er P. Hofbauer angeblickt, als wollte er jezt aus seinen Augen lesen, wie ihm die Sache gefalle. Da aber hat's gefunkelt und geleuchtet vor Freud' und Wonne, wie wenn Herr Schlegel einen Edelstein angeschaut hätte beim Sonnenlicht, und P. Hofbauer spannte die Arme aus nach seinem Friedrich und drückte ihn vor Lieb' und Lust an sein Herz, wie wenn er sein Bruder wär', den er lang nimmer gesehen im Leben, und hat gesagt: Gut, mein Friedrich, ganz gut; aber noch besser ist's, den Herrn Jesus vom Herzen lieben. «1)

Es ist was wunderbar Schönes um einen lichten, hellen Geist, den der liebe Gott hineingestellt hat in den Menschenkopf wie einen schönen Stern in eine Lampe, und sind alle geistreichen Gedanken, die da herausleuchten in Wort und Schrift und schönen Büchern, wie Sternenlicht, das niederflimmert vom Himmel, und man schaut's gern an und ist entzückt und möcht den Stern selber gern sehen, der so freundliches Licht hinausschickt in die Welt, und ist doch jeder Menschengeist nur wie der Vollmond am Himmel und hat sein Licht ausgeborgt von der ewigen Sonne, die Gott ist. Darum ist's gut, wenn's einer versteht, schöne Bücher zu schreiben, weil uns aus jedem Buche die ewige Sonne anschaut im Mondlichte des Menschengeistes und gar recht gut ist's, wenn der Mensch seinen Geist leuchten lässt in guten Büchern, die er schreibt zu Gottes Lob und der Menschheit Frommen; denn dazu hat ihm Gott das Licht

Haringer: S. 280.

lein angezündet im Gehirn. Aber weit besser ist's noch, wie ich mein', wenn der Mensch trachtet, dass er eingeht in die Anschauung Gottes und alle Dinge der Welt einmal ansehen fann im Sonnenlichte selber. Da sieht er alles viel besser und schöner, als aus allen gelehrten Büchern. Dazu aber kommst du nicht mit Bücherschreiben, sondern mit der Gottesliebe und kommt der am nächsten zur Anschauung Gottes, der auf Erden den Herrn Jesus am meisten geliebt hat, auch wenn er kein einziges Büchlein geschrieben. Und das fannst auch du, mein lieber Leser, Gott lieben, wenn du nur willst, selbst wenn du keinen Buchstaben schreiben gelernt hast; denn es hat dir der barmherzige Gott die Liebe schon in der Taufe in die Seele geseht wie ein Rosenstöcklein, und musst nur sorgen, dass sie nicht verdorre, sondern schön blühe und gut rieche vor Gott und seinen Heiligen. Merk' dir das, mein lieber Leser. Es sind gar viele gelehrte Bücherschreiber in der Hölle, aber keine Seele, die Gott geliebt hat aus ganzem Herzen; und darum ist es besser, Gott lieben als schöne Bücher schreiben.

Wenn ich die Gabe der Weissagung
hätte und wüsste alle Geheimnisse und be-
fäße alle Wissenschaft.
hätte aber

die Liebe nicht, so wäre ich nichts.
1. Cor. 13, 2.

22. Mein Friedrich.

3 trifft auch der gelehrteste Doctor nicht immer das Schwarze in der Scheibe und hat oft curiose Ansichten über Dinge, die anderen Leuten sonnenklar

sind, und der liebe Herrgott lässt ihm diese Kurzsichtigkeit, damit er nicht stolz und hoffärtig werde wie weiland Herr Luzifer und hinabstolpere in die Hölle. Darum hat auch Herr von Schlegel, den man sogar einen Riesen genannt in der Wissenschaft, nicht alles gewusst und meinte sogar, dass der katholische Glaube in den Nerven size wie Wachtposten im Schilderhäuschen. Einmal hat er seine Meinung auch dem guten seligen P. Hofbauer mitgetheilt und expliciert und hat geglaubt, es werde der Selige wieder seine Arme aufthun und ihn vor Freude ans Herz drücken. Aber es ist anders gekommen; denn P. Hofbauer hat nicht

das Schwarze für weiß erklärt und auch keine Complimente gehabt für das, was nicht gut und recht gewesen war. Er hörte dem Erzähler gar ruhig zu; weil aber Herr von Schlegel auch ein Dichter war, so wollte er mit dem Explicieren nicht fertig werden, und doch ist dem seligen P. Hofbauer schon die Geduld ein bischen kurz geworden; denn was er da vom Dichter zu hören bekam, war nicht recht katholisch. Und wenn wieder so ein Kraftspruch aus Schlegel's Munde kam, der nicht hineingehen wollte in P. Hofbauer's Seele, hat dieser den Kopf geschüttelt und zuweilen ausgerufen: »Das ist nichts, gar nichts.« Herr Schlegel-aber hat sich hiedurch nicht beirren lassen, sondern ist immer feuriger geworden in seinem Vortrage, je länger er sprach, und meinte, er müsse P. Hofbaner befehren und zur Überzeugung bringen, dass er Recht habe; denn was er da vortrage, sei so klar, wie das Einmaleins.

Jedoch dem P. Hofbauer ist's immer unklarer geworden und unfatholischer und kam ihm vor wie verpestete Luft, die er einathmen müsse, und hat für seine eigene Seele gefürchtet, dass sie könne vergiftet werden von all dem giftigen Gered', und schrie immer öfter auf: »Das ist nichts, gar nichts. Und weil alles nichts geholfen und Herr Schlegel blind und taub war für seinen Zuhörer, ist P. Hofbauer endlich aufgestanden, dass auch der Herr Hofrath hat aufstehen müssen, und hat wieder seine Arme ausgestreckt nach dem begeisterten Dichter und hat ihn an sein Herz gedrückt und tüchtig geschüttelt, als wollte er alle verkehrten Ideen herausschütteln aus seinem Gehirn, und hat ihm lächelnd zugerufen: »Du bist doch mein Friedrich!« Den aber hat diese Umarmung nicht gefreut, sondern gewaltig verdrossen, und runzelte sich seine Stirne wie ein Weinbeere um Ostern wegen der Unterbrechung und er machte sich los aus den Armen des Priesters und wollte wieder anfangen von seinen katholischen Nerven mit den Worten: »Nun ja wohl, aber . . .« Doch über das Aber ist er nicht hinausgekommen; denn es hat P. Hofbauer jetzt von was anderem angefangen und seine Zunge laufen lassen, dass der Dichter nimmer zu Worte kam.1)

Man kann nicht zu allem Ja und Amen sagen, was man hört, weil nicht alles wahr und gut ist und darf oft

1) Brunner: S. 271.

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