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zornigen Weibe. Das Gewitter aber hat sich entladen über dem Herrn Gemahl, dem die Frau Gemahlin jezt eine Bußpredigt hielt folgenden Inhalts: »>Was treibst du denn?« hat sie gesagt, willst du, dass Karl den ganzen Tag Hunger leide und am Ende gar frank werde? Fleisch isst er nicht, und auch Mehlspeisen will er nicht essen, weil du ihm befohlen hast, den ganzen Tag nichts zu essen. Diese Worte wirkten auf des Hofraths Seele wie ein falter Wasserstrahl auf den Kopf eines Trunkenen, und er saß da voll Staunen und Verwunderung über den Gehorsam seines Kindes und vergaß selber aufs Essen, und wie die Frau Amen gesagt, war ihm der Zorn weggeschwemmt von der Seele und er war gerührt bis ins innerste Herz und hätt' selber weinen mögen über sich und seinen Zorn und über das Büblein und seine Bravheit. Und jezt hat er den Karl hereinkommen lassen aus der Küche und ihn mit Stolz und Freundlichkeit angeblickt und gesagt: »Karl, du wirst an keinem Freitag mehr Fleisch bekommen, und jezt iss eine Mehlspeise!« Und von diesem Freitag an ist kein Fleisch mehr auf des Herrn Brenner Tisch gekommen, wenn ein Fasttag war.

Herr Brenner hat selber große Ehrfurcht gekriegt vor P. Hofbauer, der den Kindern solche Ehrfurcht einflößen konnte vor den Eltern, und hat das Büblein zu ihm geführt, dass es ihm diene bei der heiligen Messe.

Bist du eine Mutter, die noch Hirn im Kopfe hat, so koch' kein Fleisch am Freitag, und bist du Vater, der nicht blind ist an beiden Augen, so zwinge um Gotteswillen deine Kinder nicht, der Kirche Gebot zu übertreten und Fleisch zu essen gegen ihr eigen Gewissen am Freitag, als wär' Donnerstag. Und thust du's schon nicht des lieben Herrgotts oder des unschuldigen Kindes wegen, so thu's doch deinetwillen; denn ein Kind, das du zum Ungehorsam zwingst gegen die heilige Kirche und ihre Satzung, wird bald auch dir den Gehorsam künden und sich gegen dich auflehnen wie ein gereiztes Schlänglein; denn es ist der Mensch, auch der fleine und junge, wie ein Eichhörnchen und hat zwei schrecklich lange Zähne rechts und links, die wachsen gar schnell und heißen Hochmuth und Eigensinn, und hat darum die heilige Kirche wohlweislich ihre Gebote gegeben, damit der Mensch die Zähne dran abschleife, wie das Eichhörnchen am Stücklein Holz, damit sie kürzer werden und niemandem schaden.

Seid in Allem gehorsam. 2. Cor. 2, 9.

27. Das getaufte Judenkind.

enn aber der selige P. Hofbauer die Kinder so lieb gehabt, wie ein Englein das andere, so ist das nicht gewesen von wegen der zarten Jugend und bausbackigen Wangen und der manierlichen Kindersprach', sondern von wegen der Gnade und Unschuld, die im Kindesherzen noch rein und unentweiht daliegt, wie eine verborgene Insel im Weltmeer. Und ist ihm am Kinde lieber gewesen ein todter Leib als eine todte Seele.

Dazumal hat in der Wienerstadt ein Christenmägdlein gelebt, das hat gedient bei Judenleuten und ist wundersam fromm, aber noch wundersamer einfältig gewesen. Die Judenleute haben ein Kind gehabt, das war noch klein und erst zwei Jahre alt und ist auch ein Mägdlein gewesen, wie die Christenmagd. Diese aber hat bald große Liebe bekommen zum kleinen Judenfind, und war ihr nur leid, dass das Mägdlein nicht sollte in den Himmel kommen, weil es nicht getauft sei, und war doch sonst so lieb und gut, dass man ihm den Himmel von Herzen gegönnt hätte. In ihrem Leid jedoch hat die Christenmagd bald Rath gewusst; denn sie hat einmal im Katechismus gelesen, dass man im Nothfall keinen Pfarrer brauche zur Taufe und auch keinen Caplan und feine Bathen und fein Gotteshaus, und dass da jedermann taufen könne, er sei Mann oder Weib, Christ oder Jud'. Und sie hat sich gedacht, dass so ein Nothfall wäre bei diesem Kinde, weil es sonst nicht getauft würde von keinem Menschen und das Antlig Gottes nicht zu sehen bekäme durch die ganze Ewigkeit. Und wie sie einmal allein mit dem Kinde im Zimmer war, hat sie Wasser genommen vom Brunnen, es ausgegossen über des Mägdleins Köpfchen und dabei gesagt: »Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, « und hat das Kind getauft nach Recht und Brauch, dass es ein Christenkind geworden ist für ewige Zeiten. Und niemand hat was gewusst davon, nicht einmal die Eltern des Kindes.

Sie selber aber hat darüber eine gar große Freude gehabt, als hätte sie dem Kinde den Himmel aufgethan und müsse das Kind jezt selig werden und könne nimmer fehlen. In ihrer Freude lief sie hinüber ins Ursulinenkloster und läutete an der Pforte und ließ eine Klosterfrau rufen, die mit ihr verwandt gewes n ist, und erzählte

ihr mit leuchtenden Augen, dass sie ein gar gutes Werk gethan hätte und habe es gar klug angefangen, dass niemand was wisse davon; denn sie habe das Mägdlein ihrer Herrschaft getauft mit rechtem Wasser und rechten. Worten und sei das jezt ein Christenkind voll Unschuld und Gnade und könne ins Himmelreich kommen, wie andere Christenmenschen. Der Klosterfrau ist aber das nicht gar so flug vorgekommen, wie der einfältigen Magd, und weil sie selber nicht recht wusste, was sie von der Sache halten. solle, hat sie der Magd aufgetragen, sie solle zu P. Hofbauer gehen und ihm erzählen, was sie gethan hätte; vielleicht sei die Taufe noch nicht fertig und bleibe noch was zu thun übrig. Das hat die gute Magd ein bischen verdrossen, dass sie das Taufen nicht hätte verstehen sollen; aber hat dennoch dem P. Hofbauer getreulich das Stücklein erzählt, das sie gethan zu Gottes Ehr' und des Mägdleins Heil. Der jedoch hat bedenklich dreingeschaut und den Kopf geschüttelt und auch nicht recht heraus wollen mit dem Lobe; denn es ist ihm diese Weiberschlauheit wie ein arges Schwabenstücklein erschienen, und hat selber keinen rechten Ausweg mehr gefunden aus diesem Winkel. Es hätte nämlich die Taufe angezeigt werden sollen bei den Behörden und wären die Eltern davon zu verständigen gewesen, dass ihr Kind ein Christenkind sei und christlich müsse erzogen werden, und wäre wohl der Magd gar übel ergangen, wenn sie vor Gericht sich hätte verantworten müssen, und dazu hat ihn die arme Magd selber erbarmt. Und doch hat er gesehen, dass ein getauftes Kind nicht jüdisch leben dürfe, sondern mit der Taufe auch die Pflicht auf die Seele nehme, Christum zu lieben und seine Gebote zu halten und hat das arme Kind bedauert, dass es mit der Taufe sollte verloren gehen, und auch die Taufe selber ließ sich nimmer wegwischen von dem Herzen, wie Kreideschrift von der Tafel.

Da ist er auf einen gar merkwürdigen Gedanken gekommen und hat der Magd gesagt: Es wäre wohl recht traurig, wenn dies getaufte Mägdlein im Judenthume sollte erzogen werden und wenn es leben würde, wie die Hebräer. Wir wollen jedoch das Ding dem lieben Gott im Gebete anempfehlen; vielleicht gefällt es der göttlichen Vorsehung, das getaufte Kind in kurzer Zeit zu sich in den Himmel zu nehmen.« Darauf ist die Magd gar traurig heimgegangen

und hat sich vorgenommen, kein Judenkind mehr taufen zu wollen.

P. Hofbauer aber kniete sich nieder und fieng an zu beten, es möge der allwissende Gott das Hirschauerstücklein seiner Dienerin wieder gut machen und das Kindlein am liebsten heimholen ins Himmelreich. Und auch den Ursulinen hat er aufgetragen, zu beten um den Tod des Mägdleins. Und wenn sie auch noch nie um eines Menschen Tod gebetet hatten, so haben sie doch P. Hofbauer gehorcht und zu Gott gefleht um des Kindes Sterben. Und schon nach ein paar Wochen ist ein Engel gekommen und hat dem Kindlein die Augen zugedrückt, und wie es eingeschlafen war, hat er dessen Seelchen eingeladen, mitzugehen ins Himmelreich und mit ihm zu spielen vor dem göttlichen Lamme in alle Ewigfeit. Das Kind aber ist gar lieb und sanft gestorben, wie man eine Kerze auslöscht und ist begraben worden auf dem Judenfriedhof; seine Seele jedoch ist im Christenhimmel durch P. Hofbauer's Beten. 1)

Du wirst dich vielleicht stoßen, lieber Leser, an diesem Gebete des Seligen, absonderlich, wenn du selber Vater bist oder Mutter und ein Kindlein hast, das dir gar sehr ans Herz gewachsen ist; und du würdest dich schön bedanken, wenn einer beten thät, dass dir dies Kindlein sterben soll. Und doch ist es oft unendlich besser für Eltern und Kind, wenn so ein Herzensbüblein oder Mägdlein als Kind weggenommen wird von der Erde, so lange es noch klein ist, und ein zartes Knösplein vor Gott und der Welt; denn es setzt sich gar so leicht ein Würmlein hinein in die Knospe, wenn's größer wird und frisst am Herzchen herum und verdirbt es, dass nichts wird draus und es abdorrt an Leib und Seele, und das umso eher, weil gerade die Herzenskinder am meisten verhätschelt werden und man nicht ernst machen. will mit einer strengen Erziehung. Es wären daher gar manche Eltern froh in alten Tagen, wenn ihnen die Kinder weggestorben wären in der Wiege; denn sie hätten weniger Verdruß und Schande und könnten ruhiger schlafen gehen am Lebensabend. Also, lieb Väterchen, lieb Mütterchen, wie's Gott schickt, so nimm's.

1) Summa pag. 218.

Er ward weggerafft, damit die Bosheit seinen Verstand nicht verkehre, noch Trug seine Seele täusche. Weish. 4, 11.

W

28. Das Kleid im Himmel.

eil dem guten, seligen P. Hofbauer die Kinderunschuld so lieb und theuer gewesen ist, darum hat er auch große Dinge auf eine gute Erziehung gehalten und den Eltern von der Kanzel aus zugerufen: Ihr seid Familienväter und Familienmütter. Vergesset nicht, dass Segen oder Fluch des Menschengeschlechtes besonders von euch ausgehe; denn euch ist die Erziehung der Menschheit anvertraut. Ihr werdet sicher ein gutes Geschlecht heranziehen, wenn ihr den widerstrebenden. Willen eurer Kinder beuget. Was in zarte Kinderherzen gepflanzt wird, bleibt bis ins Alter. Haltet darum das eine fest: Wenn ihr thut, was an euch liegt, dann wird auch der allmächtige Gott das Gedeihen geben.« 1)

So hat er gepredigt und sich selber gerne um die Kinder angenommen, sie zu erziehen nach echter Christenlehre. Und wenn ihm ein Vater oder eine Mutter ein Kindlein anvertraute zum Unterricht, so hat sein Auge vor Freude gestrahlt, als hätt' ihm der liebe Herrgott einen schönen Diamanten vertraut, dass er ihn fein bewache, und hat sich alle Mühe gegeben, dem Kleinen alle Pflichten recht tief in die Seele zu sehen, und es sind auch viele Kinder gewesen in Wien, die von ihm Unterricht bekamen in der heiligen Religion und die er vorbereitet hat zur ersten Beicht und Communion.

Unter ihnen war auch eine kleine Gräfin, die hat Karoline Zichy geheißen, und P. Hofbauer hat sie unterrichtet in der heiligen Religion und wunderschön angeleitet, wie sie die erste Beicht verrichten und Jesum in der heiligen. Communion aufnehmen solle in ihre kleine Seele. Alle seine Worte sind bei der kleinen Karoline auf fruchtbaren Boden gefallen und ist das Kind ein frommes Mädchen und eine unschuldige Jungfrau geworden, die sich von P. Hofbauer hat leiten lassen im Guten, bis er gestorben ist, und hat bis in die alten Tage eine Tiefe Sehnsucht nach dem Klosterleben in der Seele getragen wie ein Vögelein im Käfig, das hinausmöcht' ins Freie, und konnte doch nicht ins Kloster gehen, weil ihre Tante sie gebraucht hat. Wie aber die Frau Tante gestorben ist 1866, ist's ihr gewesen, als hätt' das

1) Summ. pag. 142,

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