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Thürlein sich aufgethan, und hat nicht lange gezaudert, sondern ist hinaus aus dem Käfig der Welt in die freie, reine Luft des Klosters nach Brüssel zu den Salesianerinnen, und war doch selber schon eine alte Matrone.

Wie sie aber noch klein war und unter P. Hofbauer Religion gelernt hat, ist sie auch gar einfältig gewesen. Einmal hat ihr der Seiige wieder Religionsunterricht gegeben und gar lieblich vom Himmel geredet, wie schön es dort wäre, und was die Engel thun und die Heiligen und dass alle braven Kinder hineinkommen und dass dort der liebe Gott zuhause sei und seine Mutter und auch der Schußergel und dass es dort noch weit schöner wäre als in der Wienerstadt und alle Tag' gar lustig hergehe mit Singen und Musicieren und alle Tag' was neues sei, und dass man nicht alt werde und nicht krank, und nimmer sterben dürfe und nicht zu lernen und zu arbeiten brauche, sondern Festtag habe die ganze Ewigkeit. Da hat das Kind gierig zugehorcht, als würde ihm die Großmutter ein Märchen erzählen von einer Feenkönigin und einem Goldpalast. und war doch kein Märchen, sondern lautere Wahrheit. Auf einmal aber ist's hinübergeflogen über des Mägdleins Gesicht, wie eine kleine Wolfe; denn sie hat an was gedacht, was ihr sehr am Herzen gelegen ist und das war ein schönes Kleidchen, und fürchtete sich doch, sie könnt's nicht bekommen im Himmel und hat darum den guten Lehrer gar zaghaft gefragt: »Hat man auch im Himmel ein schönes Kleidchen an?« Da hat P. Hofbauer gelächelt über des Kindes Einfalt und geantwortet: >> Ach, du Närrin! das schönste Kleid, das du auf Erden wünschen kannst, wäre abscheulich im Vergleiche zu der Herrlichkeit, die du im Himmel bekommen wirst.«1)

Es ist aber des Kindes Frage nicht so einfältig ge= wesen: denn es läuft die Seele nicht nackt und bloß im Himmel herum, wie ein Schwarzer in Afrika, sondern hat auch ihr Gewand an, aber nicht ein Kleid, das schon ein Schaf getragen oder das zuerst dem Seidenwurm zum Bette gedient hat, und hat's auch kein Schneider gemacht und keine Näherin. Was aber für ein Kleid die Seele im Himmel trägt, hat P. Hofbauer gar schön gesagt; denn es ist das Kleid der Herrlichkeit und ist gewoben aus hellen Strahlen und hat alle Farben wie der Sonnenstrahl und glänzt und

1) Haringer, S. 158,

leuchtet durch den ganzen Himmel viel schöner als ein Diamantenschmuck auf dem Haupte einer Königin, dass man's kaum ansehen kann vor Glänzen und Funkeln und andere Augen haben muss, als Erdenaugen, weil die zu schwach sind für diesen Glanz. Und es wird nicht alt und fadenscheinig und blaßt nicht ab und erlischt auch sein Glanz nicht in alle Ewigkeit und ist das gleiche Gewand, das der liebe Herrgott selber anhat, nur nicht gar so schön, weil doch Gott noch schöner sein muss als seine Heiligen; und darum ist's so wunderschön, dass aller Welten Schönheit und Herr= lichkeit wie nichts ist zu diesem Kleide. Bleibst du rein und demüthig, liebe Seele, und bewahrst Gottes Gnade dein Lebetag, dann kriegst auch du dies Kleid.

Alsdann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Vaters. Matth. 13, 43.

29. Priestersegen.

3 sind aber auch viele Kinder gewesen, die zu den Ursulinen in die Schule gegangen sind und viele waren im Pensionate bei den guten Schwestern und auch auf diese Kinder hat P. Hofbauer gut eingewirkt, wenn er auch nicht gerade ihr Lehrer war; denn es haben ihm die Schwestern die Kinder zugeführt, wie weiland. die jüdischen Mütter dem lieben Heilande, dass er sie segne. Auch sonst hat sich P. Hofbauer viel angenommen um die jungen Pflänzlein, dass sie gesund bleiben an der Seele und gerad' wachsen dem Himmel zu.

Da war auch ein Mägdlein aus Preußisch-Schlesien, das hat ihr Herr Vater schon im Jahre 1810 nach Wien gethan ins Ursulinenkloster, damit es dort erzogen werde nach Christenbrauch. Und wie P. Hofbauer Beichtvater wurde bei den Schwestern und predigte in ihrer Kirche, hat das Kind bald Vertrauen bekommen zum ehrwürdigen Herrn und gewann ihn lieb, wie seinen Vater, der Rittmeister war im Preußenlande und Richtarsky geheißen. Und P. Hofbauer's Christenlehren senkten sich tief ein in dessen Seele, wie ein Goldstück, das man ins Wasser wirft, und sind dem Kinde ein Wegzeiger geblieben, nach dem es

sich gerichtet hat sein Leben lang. Gar oft, wenn P. Hofbauer im Kloster gewesen ist, hat die Klostermeisterin, Mater Aloisia, das Mägdlein zum Seligen geführt, und der hat ihm gute Lehren gegeben und seinen Segen und das Kind ist darüber glücklich gewesen, als hätt' ihm der Vater hundert Gulden geschickt zur Recreation. Aber immer hat es nicht im. Kloster bleiben können, weil es schon groß geworden und hinausgewachsen ist über die Kinderschuhe und doch keine Klosterschuhe anprobieren wollte; denn es wär' auch gar nicht einmal gut, wenn alle braven jungen Leute ins Kloster liefen, weil die Welt bald ein Zuchthaus würde. Darum hat der Vater das Töchterchen nach sechs Jahren wieder heimgeholt. Dem Kinde aber ist das Scheiden von dem lieben Wiener Kloster und den guten Schwestern und dem heiligen Priester gar hart gekommen; denn es war ihm, als müsste es sich trennen von Vater und Mutter und müsst' hinaus in die Welt zu wildfremden Menschen. Und wie es zu P. Hofbauer kam, um von ihm Abschied zu nehmen und ihm noch einmal zu danken für die guten Lehren und all seine Liebe, ist dem Mägdlein das Herz so schwer gewesen wie ein Mühlstein und hat laut geschluchzt vor Schmerz und Elend, dass es nichts hat sagen können vom ganzen schönen Spruch, den es eingelernt hatte. Aber niedergefniet hat es sich vor P. Hofbauer und aus seinen Augen ist geflossen Thränlein auf Thränlein auf den Boden herab und P. Hofbauer hat seine Hände segnend auf des Mägdleins Kopf gelegt und zum Himmel geblickt in innigem Gebet, als wollte er mit den Augen Gottes Segen herabziehen über des Kindes Seele. Dann hat er dem Kinde noch eine gute Lehre mitgegeben wie ein Schächtelchen, darin es den Segen legen sollte, damit es ihn nicht verliere, und hat gesagt: Mein Kind, beherzige tief die Lehren, welche du in diesem Hause empfangen hast, und es wird dir immerdar wohl ergehen und du wirst ein hohes Alter erreichen. «< Darauf hat er sich verabschiedet vom Kinde, und dies ist heimgegangen zu seinem Vater und hat später geheiratet und ist Generalin geworden und Frau des Herrn Baron Pongrácz. Der Segen des P. Hofbauer aber war gar reich, dass er nicht ausgegangen ist viele Jahre lang und ist gewesen, als hätte P. Hofbaner was gehabt von einem Propheten, wie er obiges Wort gesprochen; denn die Baronin ist eine alte Matrone geworden und hat noch gelebt anno 1877,

und wenn sie seitdem nicht gestorben ist, lebt sie heute noch, und ist glücklich gewesen durch alle ihre Lebensjahre, und wenn schon hie und da ein Kummer über ihr Herz gekrochen ist, hat sie das Schächtelchen aufgethan und gebetet zu P. Hofbauer und ist der Kummer gestorben wie ein Mücklein, das man zerdrückt hat.1)

Man soll große Dinge halten auf den Priestersegen, wie auf Gottessegen, weil der Priester Gottes Statthalter ist auf Erden und seine rechte Hand, die er hat weihen lassen zum Segnen, und darum ist Priestersegen so viel wert, dass man weit laufen soll d'rum, absonderlich wenn's ein heiliger Priester ist. Knie dich darum andächtig nieder, wenn der Priester den Segen gibt bei der heiligen Messe und mach' ein andächtiges Kreuz dabei, das er hängen bleibt an deiner Seele, und kommst du sonst zu einem Geistlichen, so bitt' schön um den heiligen Segen, und hast du Kindlein, so führ' sie auch zum Priester, dass er sie segne mit seiner geweihten Hand. Es wird dich sicher nicht reuen.

Wenn ihr in ein Haus gehet, so grüßet dasselbe und saget: Der Friede sei mit diesem Hanse! Und wenn das Haus dessen würdig ist, so wird euer Friede über dasselbe kommen.

Matth. 10, 12-13.

30. Das Aveglöcklein.

u musst aber nicht denken, lieber Leser, dass P. Hofbauer bloß mit nobeln Büblein geredet hat oder freundlich gewesen ist mit Mägdlein, die schöne

Kleider am Leibe hatten; denn es sind ihm die armen. Kinder noch weit lieber gewesen als die reichen, weil sie ihn noch mehr erinnert haben an das arme Jesufind im Häuslein zu Nazareth. Einmal ist ihm auch so ein blutarmes Büblein zugelaufen auf der Gasse und hat ihm die Hand geküsst. Wie aber P. Hofbauer das Büblein ansah, hat's ihm gar sehr erbarmt; denn es war durchsichtig vor Hunger und Armut und sein Röcklein hat viele Löcher gehabt und war schon alt und schmußig und an allen Kleidern hat kein

1) Haringer S. 270.

rechter Stich mehr gehalten, weil alle Fäden auseinandergiengen wie Leim beim Feuer. Dazu ist das Büblein selber schmußig gewesen, als hätte es in der Früh sein Gesicht mit Lehm gewaschen und nicht mit Brunnenwasser, und man konnte leicht sehen, dass es gewaltig an der Erziehung fehle. Darum hat ihm P. Hofbauer zu essen gegeben, was er bei sich hatte; dafür hat das Büblein gedankt und ist ihm nachgelaufen wie das Hündlein dem Herrn. Und P. Hofbauer hat mit ihm ein Gespräch angeknüpft über den Katechismus und es ausgefragt über die heilige Religion, wie viel Gott seien. und qöttliche Personen und wer die Welt erschaffen und die Menschen erlöst habe und wer sie heilige und wie die Gebote Gottes heißen und die der Kirche und wie viele Sacra= mente es gebe und was man sonst ein Kind noch fragt über den christlichen Glauben. Bald aber konnte P. Hofbauer erkennen, dass der Kleine nicht Kopfwch habe von wegen zu viel Lernens; denn er hat gar nicht antworten können auf alle Fragen, und ist sein Köpflein noch rein gewesen von religiösen Begriffen wie Spaßenhirn. Dem seligen Kinderfreunde hat diese Wahrnehmung bitter weh gethan und er hat noch mehr Mitleid empfunden mit der armen Kinderseele, die aufwachsen solle wie das Hirschlein im Walde und nichts zu wissen bekäme über alles, was das Wichtigste ist für den Menschen auf Erden, und sei doch auch geschaffen nach Gottes Bild und Gleichnis und erlöst mit Christi Blut. Und kam ihm das arme Büblein vor wie ein Pflänzlein, das man hinausgeworfen hat auf die Straße und das verdorren muss, weil es kein Wasser hat und kein Erdreich, seine Würzlein dreinzusehen. Er hat nichts mehr geredet, sondern ist still und stumm dahingegangen und das Büblein lief neben ihm her und hat auch nichts gesprochen; denn es ist ihm selber leid gewesen, dass es so blöde sei in der Religion. Und wie sie in die Annagasse kamen, ist P. Hofbaner in ein großes altes Haus getreten und auch das Büblein hat mitgehen müssen, weit hier das Schulhaus war von St. Anna. Da drinnen aber hat P. Hofbauer den Schulmeister aufgesucht, ihm das zerlumpte Kind vorgestellt und ihn schön gebeten, er möge ihm Unterricht geben in allem, was ein Kind wissen soll, er werde es schon zahlen, solle sich aber mit großer Geduld versehen; denn in diesem Köpflein sei noch blutwenig Einrichtung zu finden.

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