Page images
PDF
EPUB

vom Ausgang und leuchtet bis zum Niedergang, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein.« Und dies Wort hat ihnen P. Hofbauer erklärt und hat gesagt: »Das wird geschehen am Tage, wo wir sterben; denn da wird unser ganzes Leben mit Bligesschnelle und Blizesklarheit vor unserer Seele stehen, und wird das Licht, in dem wir es schauen, ein ganz anderes sein, als in dem wir es jezt betrachten, weil es das Licht der Ewigkeit ist. So hat er gepredigt bei Bliß und Donner im dunklen Zimmer und ist jedes Wort eingedrungen in die Herzen und hat keiner der Zuhörer sein Lebtag so aufmerksam einer Predigt zugehört, wie dieser. Und wie sie zu Ende war, hat jeder den P. Hofbauer gebeten, er möchte ihm die Lebensbeicht abnehmen, und P. Hofbauer hat sich hingesezt auf seinen alten Stuhl und die blaue Stola genommen und knieten sich die Studenten vor ihn auf den Boden einer nach dem andern und er hat sie noch Beicht gehört am nämlichen Abend, bei Donner und Blih, und wie der Himmel wieder blau und heiter war und die Sternlein lustig herabgeleuchtet haben vom Firmament, als wenn sie geput wären, so ist auch tiefer Friede auf ihren jungen Herzen gelegen wie eine schöne Sommernacht auf Flur und Wald. 1)

Gar manchmal an einem heißen, schwülen Sommernachmittag, da steigt von Süden oder Westen her ein kleines Wölflein auf, dass man meint, man fönnt's mit einem Kaffeelöffelchen herabschöpfen vom Firmament. Aber es wächst viel schneller als ein Kind in der Wiege, und findet bald Kameraden, die von allen Seiten zusammenkommen, als wären sie alle geladen zu einer Theegesellschaft, und fließen in einander wie Wassertropfen im Glas. Und bald zieht sich vor die Sonne ein grangelber Schleier, als wolle sie ein Mittagschläfchen thun. Auf Erden aber ist's so schwül und ängstig, wie bei einer Criminalverhandlung, und traut sich kein Blatt am Baume zu regen vor Angst und ist die ganze Natur so unheimlich still, als ahnte sie die Nähe des Richters, nur Vöglein schwirren ängstlich zwitschernd durch die Luft und suchen ein sicheres Obdach. Am Himmel aber wird's finster und finsterer und in der Ferne grollt dumpfer Donner, wie wenn eine Schlacht wäre hinter den Bergen, und von Zeit zu Zeit schießt ein greller Blitz durch die schwarzen Wolken, die wie riesige 1) Summ. pag. 130. Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

31

Schweizerberge am Firmamente stehen. Und dann hebt sich der Sturm und peitscht den Sand von den Straßen über Feld und Wiese und die Wolken über den Himmel, dass er schwarz wird wie eine Negerleiche. Nun steht das Gewitter über deinem Dorf und Haus und durchzucken grelle Blize nach allen Seiten die Wolken, dass es dir die Augen blendet, und kracht und dröhnt der Donner Schlag auf Schlag, dass du meinst, es sei der jüngste Tag im Anzug. Machs Fenster zu, damit's nicht zieht und stell' dich dran und schau' hinaus und hinauf zum wettergrauen Himmel, Es ist das ein gewaltig schönes Schauspiel, das der liebe Gott aufführt am Firmamente droben, damit die Menschen seine Allmacht bewun= dern können und ihn fürchten lernen, der den Blizz aussendet, wohin er will. Fall' dann nieder auf die Knie und bet' ihn an, den allgewaltigen Gott! Und fährt der Blizstrahl in einen alten Baum im Walde draußen oder gar in einen Obstbaum in eurem Garten oder ins Wasser im Teich, dass du erschrickst und zitterst am Leib: he, Freund, wie wärs, wenn er ein bischen näher gekommen wäre und hätt eingeschlagen in deinem Zimmer und deinem eigenen. Leib? Möchtest du jezt sterben? Sag's aufrichtig und genir' dich nicht! Wenn so ein Bliz hineinleuchtet mit seinem Schwefellicht in deine Seele bis auf den Grund: siehst du da nichts drinnen, wovor du selber erschauderst: unrecht Gut oder Hass auf den Nachbar oder Fleischessünden. oder sonst ein Krötengezücht, das du nie gerne angeschaut hast bei Sonnenlicht und das am Ende gar schon drunten liegt Jahr und Tag und fault wie ein todtes Ross beim Wasenmeister, weil du es verschwiegen hast in hundert Beichten. Und fährt wieder ein Blitz durch den Himmel wie der ewige Richter am jüngsten Tag und kracht der Donner drauf, dass das Haus erbebt und der Boden wankt, auf dem du steht: möchst du sterben? Vielleicht thut auch dir eine lange Beicht noth, und wärs dir lieber, es stünd' jezt ein Priester neben dir, dem du gleich beichten könntest, damit es ruhiger würde in deiner Seele drinnen. Wart' nicht lang und geh' zum Beichtstuhl und mach' Ordnung, damit du beim nächsten Wetter nimmer so viel Herzklopfen kriegst und ruhiger hinausschauen kannst in die empörte Natur.

Preiset, ihr Blige und Wolken, den
Herrn; lobet und erhebet ihn über alles
in Ewigkeit.
Dan. 3, 73.

35. Gute Lehren.

icht immer hat P. Hofbauer dem jungen Volke so ernste Predigten gehalten, wie damals; denn es wären die jungen Leutlein bald ausgeblieben und nimmer

gekommen in sein armes Stüblein, wenn sie jeden Abend eine Bußpredigt gekriegt hätten zum Schlafengehen. Das hat P. Hofbauer wohl gewusst und auch in der heiligen Schrift gelesen, dass es eine Zeit zum Weinen gebe und eine Zeit zum Lachen, und darum hat er auch freundlich gescherzt mit den Studenten, wie ein junges Kählein mit einem alten Pantoffel: aber auch seine Scherze sind lehrreich gewesen und hat jeder Scherz ausgesehen wie eine lustige Christenlehr', aus der man sein Stücklein entnehmen kann. Und das ist der rechte Scherz, in dem auch eine gute Wahrheit liegt, wie ein Granatkörnlein im Schieferstein.

Gar oft ist P. Hofbauer zu Herrn von Szecheny gegangen. Der ist ein ungarischer Graf gewesen und ein braver katholischer Christ und hatte ein schönes Haus in der Wienerstadt und einen großen Garten rings um das Schloß. Den P. Hofbauer aber hat er verehrt wie einen Heiligen und ihm seine eigenen Kinder anvertraut zur Erziehung und ist selber sein Schüler geworden in Sachen des Seelenheils. Alle Wochen lud er ihn ein zum Speisen, hat sich aber das Essen theuer zahlen lassen mit gutem Beispiel und heiligen Reden, davon der selige P. Hofbauer einen unerschöpflichen Schatz gehabt hat; denn wenn der Mensch Heiligkeit und Tugendsinn trägt in der Seele drinnen, so strahlt er sie überall aus wie die Sonne das Licht, auch bei Spiel und Essen und ist der Heiligen Speisen so erbaulich wie ihr Beten. P. Hofbauer aber nahm die Einladung an, wenn es ihm auch schwer geworden ist, bei vornehmen Leuten zu tafeln, um dem guten Herrn nicht weh zu thun, und hat zu Unterricht und Essen oder wenn er sonst was zu thun hatte beim gnädigen Herrn, seinen Lieblingsstudenten mitgenommen, der Madlener hieß und aus einem verrückten Pantheisten, d. h. aus einem Menschen, der jedes Schaf und jeden Esel in vollem Ernst für ein Stücklein Herrgott hält durch des Seligen Liebe und Eifer ein guter Christ und heiliger Redemptorist geworden ist.

Damals aber ist Herr Madlener noch Philosoph ge= wesen und hat den Dingen nachgespürt und ihren Gründen,

wie die Mäuse dem Speck. Darum hat er auch einmal, wie er mit P. Hofbauer durch des Herrn Grafen Garten gieng, das philosophische Köpflein hübsch hoch getragen und zum Himmel geschaut, an dem weißgraue Wolfen vorüberzogen wie Schwäne im See. Dabei sind ihm die Wolken gar merkwürdig vorgekommen, wenn ein anderer Mensch auch nicht viel dran gesehen hat, und sie haben in seinem Köpflein allerhand Figuren angenommen von Menschen und Thieren, die in einander verschmolzen, und ist immer was neues draus geworden. Das hat ihm sonderlich gut gefallen und er hat die Wolken am Himmel nicht genug bewundern. fönnen ob ihrer Pracht und dass sie es verstünden, dem Menschen allerlei Gesichter zu zeigen. Unterdessen aber ist P. Hofbauer neben ihm gegangen demüthiglich und gesammelt und hat zu Boden geblickt und gebetet. Und wie sie nach Hause kamen und die Studentlein schon alle beisammen saßen, hat sich Herr Madlener nimmer halten können und Bericht erstattet über die schönen Wolken, die im Garten des Herrn von Szecheny wären. Da aber haben die anderen. herzlich gelacht über den philosophischen Himmelgucker und auch P. Hofbauer lächelte, und wie er am anderen Tag wieder gekommen ist, der junge Student, hat ihn der Selige schon beim Eintritt gefragt: »Nicht wahr, Madlener, im Garten des Grafen Szecheny sind sehr schöne Wolken?« Und das ist jezt der Gruß geworden, mit dem der Selige seinen Liebling jeden Tag empfangen hat. Dieser aber wurde nicht böse über den schelmischen Wolkengruß, sondern hat ihn lachend hinuntergeschluckt und sich gar kräftiglich vorge= nommen, seine Phantasie zu zügeln, dass sie nimmer davon= laufe bis hinauf zu den Wolken. 1)

Man konnte dem seligen P. Hofbauer überhaupt nichts übel nehmen, weil aus jedem seiner Worte die Liebe herausgeblickt hat und die Absicht, die jungen Herzen zu veredeln wie ein Rosenstöcklein. Darum haben oft ein paar Worte genügt aus dem Munde des Seligen, um die jungen Seelen aufjubeln zu machen in seliger Freud'. Einmal ist der ganze Studententrupp herausgekommen aus des Seligen Wohnung und ihre Augen haben feurig gefunkelt wie Sternlein am Himmel und in ihrem ganzen Gesicht ist Jubel und Seligfeit gesessen, wie wenn sie den Doctorhut gekriegt hätten

1) Brunner S. 277.

Zufällig ist einer des Weges gekommen, der sie alle gekannt hat, und staunte gewaltig über ihre Seligkeit und hat sie auch gefragt, was denn das wäre, dass sie heute so begeistert hinausblickten in die Welt, wie weiland die Apostel am Pfingsttag, und ob ihnen am Ende gar P. Hofbauer einen geistreichen Vortrag gehalten, der ihre Seelen entzündet hätte, wie ein Funke das Pulver.

»Ja wohl, haben sie geantwortet, »einen geistreichen Vortrag hat er gehalten, den wir nimmer vergessen werden von Anfang bis zum Ende, weil wir noch nie so was Schönes gehört haben, seit wir auf unsern Füßen stehen, und sind doch auch nicht von gestern oder vorgestern.« Da ist der Fremde erst recht neugierig geworden und hätt' um alle Welt gern was erfahren von dem geistreichen Vortrag, und hat darum weiter gefragt, was denn der Vortrag für ein Thema gehabt, und was für Goldkörner drinnen gewesen. seien und was sie besonders entzückt und begeistert hätte. Und nun haben sie ihm den ganzen Vortrag erzählt; der aber war kurz und hat nur drei Wörtlein gehabt, und die haben geheißen: »Kinder, seid's brav! Das allein hat die großen Kinder so entzückt, wie ein Musikstücklein von Haydn oder Mozart. 1)

Und ist auch das die geistreichste Rede gewesen, die je ein Mensch gehalten hat; denn es liegt der ganze Katechis mus drinnen und alle Theologie und die gesammte Bibel, und ist doch so kurz, dass jeder Mensch sie leicht behalten. fann, auch wenn sonst nicht viel Leim drinnen ist in seinem Gedächtnis. Und hält sich der Mensch dran in seinem Leben und Wandel, so kann's ihm an Glück nicht fehlen und an Trost und Frieden, so lange er lebt auf Erden, und leuchtet das Sternlein der Freude aus seinem Auge, auch wenn der ganze Welthimmel von Jammerwolfen bedeckt ist, und erlöscht dies Sternlein nicht im Sterben, sondern leuchtet gar ruhig und friedlich hinüber in die andere Welt und wird erst drüben zur glänzenden Sonne, die leuchtet und funkelt in alle Ewigfeit. Amen. Darum merk' auch du dir, liebe Seele, dies Sprüchlein, und geh ihm nach alle Tag', du kannst unmöglich fehl gehen!

Arbeite als ein guter Kriegsmann Jesu Christi. 2. Tim. 2, 3.

1) Brunner S. 160.

« PreviousContinue »