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den Beter selber und für Werner und für eine ganze Stadt, und freut sich auch heute der Selige an Werner's Seligkeit und danken ihm viele Wiener und andere Leute für sein Gebet, das Herrn Werner gerettet hat. Und was könntest nicht auch du ausrichten, liebe Seele, wenn du dich einmal entschließen könntest, dem lieben Herrgott ein großartiges Opfer zu bringen, um das er vielleicht lange schon bettelt. Also, liebes Herz, zieh' die Schlafhaube ab und richte dich auf und thu's den zweien Heiligen nach! Ist ohnehin alles, was du opfern fannst für Gott, nur ein Zwergenspiel gegen das, was dein lieber Heiland gethan hat für dich und deine Seele.

Und auf den Knien liegend schrie er (Stephanus) mit lauter Stimme und sprach: Herr, rechne ihnen dieses nicht zur Sünde! Apostelg. 7, 59.

J bin der Geringite unter den Aposteln, der ich nicht würdig bin, Apostel zu heißen, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe. Aber durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin, und seine Gnade ist mir nicht unwirksam gewesen. 1. Cor. 15, 9-10.

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37. Ein Spitzbube.

nter den jungen Leuten, die sich um den seligen P. Hofbauer geschart haben, sind nicht lauter Engel gewesen und auch nicht lauter solche, die es werden wollten; sondern es hat sich mancher drunter ge= mischt, der inwendig hohl war wie ein ausgetrocknetes Hühnerei.

Und das ist nicht zu wundern, weil auch unter den zwölf Aposteln ein Judas gewesen ist. Doch, wenn so ein Bürschlein mit seinem Heiligenschein auch andere hat täuschen können, so hatte doch P. Hofbauer schärfere Augen und hat ihm hineingesehen bis auf der Seele Boden und hat des halb Werner gerne gesagt: »P. Hofbauer schaut auch durch dicke Bretter. «

So ein dickes Brett war ein junges Herrchen, das Josef Wolf geheißen und schon gar viel erlebt hatte in der Welt, wenn es auch noch nicht weit in die Zwanzigerjahre hineingesprungen war. Geboren hat ihn eine jüdische Mutter in Bayern draußen anno 1795, and weil auch sein Vater Jude gewesen, ist auch der Bub Jude geworden von Geburt an. Aber weil es ihm besser behagte im Christenthum als

bei den Juden, hat er sich in Prag taufen lassen und ist katholisch geworden mit 17 Jahren. Dann reiste er nach Wien und studierte zwei Jahre lang und ist hinaus nach Deutschland zum Herrn Grafen Leopold Stolberg, der ein eifriger Katholik gewesen ist im deutschen Reiche, und hat an dessen Tische gegessen durch mehrere Monate. Von da ist er gar hineingereist nach Rom im Jahre 1816 und hat viele Empfehlungsbriefe mitgebracht in die ewige Stadt. Und weil er Convertit war vom Judenthum und es ihm an Talent nicht mangelte und absonderlich wegen seines frommen Gesichtes hat man ihn aufgenommen in die Propaganda, damit er Missionär werde in heidnischen Ländern. Aber es ist der Wolf kein Lamm geworden, wenn er auch in der Taufe geschworen hat zur Religion des göttlichen Lammes, sondern ist ein jüdischer Wolf geblieben troß Tauf und Chrysam und hat sogar von Rom aus verdächtige Briefe geschrieben. an deutsche Protestanten und hat die fezerische Lehre vertheidigt und hat sich auch nicht belehren lassen, sondern den Sittenrichter gespielt über Rom und die katholischen Priester, dass man ihm nach zwanzig Monaten die Thüre hat zeigen müssen, durch die er hereingekommen war in die Propaganda.

Herr Wolf ist nun wieder heraus nach Österreich und kam nach Wien mit einem Empfehlungsbriefe, den ihm der Cardinal Litta mitgegeben hat an Herrn Leardi, Nuntius des Papstes in Wien. Weil ihm aber das Geld zu Ende. gieng und er auch im Magen gewaltige Leere verspürte, darum hat er in Wien dem guten P. Hofbauer geschrieben, er möge sich seiner erbarmen und ihn aufnehmen unter seine Schüler, denn er habe eine große Sehnsucht, ein eifriger Sohn des heiligen Alfonfus zu werden. P. Hofbauer hat diesen Brief gelesen, und wenn er auch stark nach Knoblauch gerochen, so ist doch der Selige mitleidig gewesen und hat den Wolf selber aufgesucht in seiner Wohnung, um ihm den Puls zu fühlen nach seiner wahren Gesinnung. Da aber hat er bald gemerkt, dass ihm der Puls gar unregelmäßig schlage, und hat ihm eine Vorlesung gehalten über die heilige römisch-katholische Kirche, und wie sie allein die einzige gewesen sei, die zu der Arianer Zeiten die Gottheit unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus vertheidiget habe, und dass sie auch heute ihr Gesicht nicht verändert hätte, sondern im römischen Papst ihr unfehlbares Oberhaupt besize, dem sich jeder Christ unterwerfen müsse bei

seiner Seele Seligkeit. Dabei hat der Wolf andächtig zugehört und hoch und heilig versprochen, dass er katholischer Christ bleiben wolle sein Leben lang und auch bereit sei, für den heiligen Glauben Blut und Leben zu opfern. Doch P. Hofbauer hat nicht viel gegeben auf wohlfeile Redensarten, die oft nur ein Tüchlein sind auf einer eiternden Wunde und hat keine Lust gespürt, ihn einzureihen unter seine Schüler. Und nur weil Herr von Schlegel und Werner und Madlener und Veit und noch manch andere für ihn kräftig Fürbitte eingelegt haben, und weil er auch Rücksicht nehmen musste auf den Herrn Nuntius und den Cardinal Litta in Rom, hat er ihn endlich doch aufgenommen und ihm freien Zutritt gestattet unter seinen Schülern.

Nun ist Wolf gar eifrig geworden, viel eifriger noch als alle anderen und hat in der Kirche die Augen wundersam sittsam zu Boden geschlagen, dass er sich nicht getraute, nach einem Menschen zu sehen, und hat die Hände andächtig gefaltet beim ganzen Gottesdienst und ist dagekniet, als wäre er das lebendige Abbild vom guten St. Aloisius. Und wenn P. Hofbauer am Abend dem jungen Volke eine Predigt gehalten hat, oder beim Spaziergang ein Geschichtchen erzählte, ist keiner so aufmerksam gewesen wie Wolf, und hat sein Auge nicht abgewandt vom Erzähler und sich sogar aufgeschrieben, was er gehört.

Dabei hat er selber gern geistliche Dinge geredet und Efel gezeigt an der Welt und was der Welt ist, und wenn ihn P. Hofbauer oft verdemüthigte, dass es den anderen leid that um das arme Bürschlein, hat der Wolf den Kopf gesenkt und geschwiegen und hat ein füßes Gesicht geschnitten, als hätte er Zuckerbrot zwischen den Zähnen und gedankt für den Verweis und hat nachher so heiter dreingeschaut wie früher.

Und es ist gewesen, als hätte seine Seele erst jezt den rechten Boden gefunden, dass sie gedeihe und wachse wie Weizenfrucht, und als hätt' es P. Hofbauer bald bereuen. können, wenn er ihn nicht angenommen hätte zum Schüler. Doch den Seligen haben die guten Augen auch diesmal nicht im Stiche gelassen und er hat hinter dem Heiligenschein die Hörner gesehen und den Bocksfuß.

Schon in den ersten Tagen, da er aufgenommen war zum Jünger, ist er in der Kirche gekniet auf der Evangelienseite beim Amte, das der Selige gelesen und auch beim

heiligen Segen so andächtig wie ein Engelein vor Gottes Thron und hat so lieblich gesungen, dass die ganze Kirche sich an seinem Singen höchlich erbaute. Dioben im Oratorium ist eine Klosterfrau gekniet hinter dem Gitter und ein bisschen neugierig geworden, wer denn die Nachtigall sei, die so wundersam singe - denn es ziehen auch die Klosterfrauen den Weiberrock nicht aus, wenn sie den Schleier nehmen und hat hinuntergeschaut in die Kirche und das Bürschlein gesehen beim Hochaltar und hat's auch für einen Engel gehalten, der vom Himmel gestiegen sei. Und wie sie bald darauf mit P. Hofbauer zusammengetroffen ist und der ihr die Freude erzählte, die er an seinem jungen Völklein habe, hat sie ihm gratuliert zum jungen Studenten, der seit kurzem so andächtig bete und schön singe vor aller Augen. Da hat aber P. Hofbauer die Stirne in Falten gelegt und ist ernste Wehmuth über sein Gesicht gepflogen wie eine Eule über einen Grabhügel und er hat der Klosterfrau kurz gesagt: »Den behalt' ich nicht.« Das hat die wieder nicht begreifen können, wie man denn einen Engel fortjagen könne vom Altare und hat sich ihr Staunen in jeder Falte des Gesichtes verrathen. Da befreite sie P. Hofbauer von ihrem Zweifel und sagte: »Schau ihn nur an! Er verräth ja in Gesicht und Benchmen ein gar unruhiges Herz!«1)

Und es währte nicht lange, da hat der junge Wolf so andächtig geredet vor P. Hofbauer und so süß gethan, als hätte er jeden Tag eine Verzückung, und hat dem Seligen erzählt, was für fromme Gefühle aufwallen in seiner Seele und wie der Herr ihn mit Gnaden überschütte und ihm tausendfache Tröstungen spende im Gebete und welch' heilige Entschlüsse seinem Willen entwachsen wie süßes Gras der saftigen Wiese. Eine Zeitlang hat P. Hofbauer diesen Abwaschwasserredeschwall über sich ergehen lassen; dann aber ist's ihm doch zu viel geworden und er hat dem Wolf erklärt, in welche Familie er gehöre nach der rechten Naturbeschreibung, und sagte: Wolf, Wolf, du bist ein Spizbube und kommst noch auf den Galgen.« 2) Und wenn auch dies Compliment dem Herrn Wolf nicht besonders geschmeckt hat, so ist es doch wahr gewesen; denn wie bald darauf P. Hofbauer den jungen Wolf hineinschickte in die Schweiz

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zu weiterer Prüfung seines Charakters, hat er die Prüfung so schlecht bestanden, dass er hat entlassen werden müssen aus der Congregation. Und bald darauf ist er protestantischen Engländern nachgelaufen und ist selber lutherisch geworden und Mitglied der englischen Bibelgesellschaft und ist herumgereist in der weiten Welt bis nach Asien und nach Amerika und hat in der ganzen Welt die zehn Stämme Israels aufgesucht; und weil er sie nicht gefunden, hat er sich in EngLand hingelegt und ist gestorben, und wenn er auch nicht am Galgen geendet hat, so ist er doch ein Spizbube gewesen, dessen Tod ich dir und mir nicht gern wünsche.

Da hast du, lieber Leser, das lebendige Porträt von der Heuchelei, die ein so schweres Laster ist, dass der selige P. Hofbauer, der doch so starke Schultern hatte für fremde Fehler und Sünden, sie hat nicht ertragen können. Und hat auch um dieses einen Lasters willen der liebe Heiland die Pharifäer gehasst wie der Himmel die Hölle und ihnen schreckliche Bußpredigten gehalten über diese Sünde und Ehrentitel ausgetheilt, wie du sie nirgends findest in einem Complimentierbuch, und hat ihnen furchtbares Weh zugedonnert, dass ihnen davon die Ohren gegellt haben. Und er hat Recht gehabt; denn es ist ein abscheuliches Ding, wenn man die Hölle zudeckt in seiner Brust mit dem Ciboriummantel und den Teufel versteckt im Herzen, dass ihn die Leute nicht sehen, und über sein Sündengrab voll Moder und Fäulnis Lilien und Rosen pflanzt und das Kreuz draufsteckt, dass man meinen sollt, es gehört unserem Herrgott. Und es ist das der höchste Grad der Verblendung, die der Teufel über das Menschenauge ziehen kann; denn wenn ein Kranker seine Leibesgebrechen verhehlt und thut, wie wenn er gefund wäre, so kann ein Doctor ihm nicht helfen, und wenn er auch beim Erzengel Raphael Medizin studiert hätte, wie weiland der junge Tobias, und geht der Arme zu Grunde durch Scham und Heuchelei, dass seiner nimmer Rath wird. Hüt dich d'rum vor diesem Laster, und stell' dich vor der Welt nicht anders, als du bist vor Gott und deinem eigenen Gewissen, sonst wird am Ende doch unser Herrgott die Uhr recht richten, deren Zeiger du verdrehst, und dann ist's für dich zu spät. Wie es dir aber dann zu Muthe sein würde, das sollst du auch bald hören.

Die Hoffnung des Heuchlers schwindet . . . und wie ein Spinngewebe ist sein Vertrauen. Job. 8, 13-14.

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