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da wie zu Kindeszeiten? Oder ist sie geknickt und gebrochen und fault im Boden durch deine Schuld und kannst dir feinen Kranz mehr flechten, um ihn auf deine Stirne zu sehen, und steht das Pläßchen leer, allwo sie gestanden? Ach, armes Kind, sie wächst dir nimmer: denn es hat Gott dir nur einen Samen hineingelegt in deine Seele und kommt auch kein zweiter Sommer mehr, auf den du warten könntest, weil der Mensch nur einmal Frühling und Sommer hat im ganzen Leben. Ich geb' dir den Rath, bewässere den Boden mit Renethränen, damit wenigstens noch Passionsblumen drauf wachsen und Himmelsschlüssel, ehe der Winter

fommt.

Oder aber, es beginnen die Blätter zu welken und schlaff zu werden und ein Blumenblättchen ist schon angefressen und riecht die Lilie nimmer so gut, wie ehedem! Ich bitt' dich, gib acht und schan, wo der Feind steckt, in der Wurzel unten als Wurm oder im Boden als Trockenheit oder in der Blüte drinnen als grasgrüner Käfer. Triff' Abhilf' zur rechten Zeit, wie's eben Noth thut, damit nicht auch dir die Blume zugrunde gehe, ehe du's vermuthest. Blüht sie aber noch schön und frisch, so wünsch' ich dir Glück, du Engelschwester und Gottesbraut! Mach' aber einen Zaun um die Lilie, denn es gibt viele, die dir neidig sind um die schöne Blume und die sie dir abfressen möchten aus purer Genäschigkeit.

Blühet wie die Lilie! Gebet einen Geruch und grünet holdselig! Eccli. 39, 19.

40. Der Zaun um den Liliengarten.

ie aber der Zann aussieht und aus welchem Holz er zu machen ist und wie man das ganze Gehege anzulegen hat, dass kein Gaisvolk hindurchkömmt

und auch kein sonstiges Gethier: das alles wird dir wieder der gute selige P. Hofbauer erzählen, weil er in derlei Dingen sehr bewandert ist als Gottesmann.

Die Lilie der Reinigkeit steht in der Seele drinnen und um die Seele herum hat der liebe Herrgott den Leib gebaut. Weil aber Seele und Leib manche Thüren haben durch die der Tod eindringen kann bis zur Lilie, darum sollst du ein Doppelgehege anlegen für diese edle Himmels

blume; eines in der Seele drinnen und eines am Leibe draußen. Das Gehege um die Seele heißt Wachsamkeit und soll stark und fest sein, weil in der Seele selber zwei gewaltige Thore sind, die der liebe Herrgott hineingebaut hat zu gutem Zweck, durch die aber auch der leidige Satan ein- und ausspaziert, wenn man sich nicht zumacht zur rechten Zeit mit der rechten Wachsamkeit. Und heißt die eine Thür Phantasie und die andere Herz. Die erste Thür sollst du dem Teufel nicht noch weiter aufthun durch schlechtes Lesen und schlüpfrige Bilder, und darum hat der gute, selige P. Hofbauer seine Schüler oft gemahnt, sie sollen um des Himmels willen sich fern halten von Romanen und leicht geschürzten Liebesliedern'), weil die nur den Teufel anlocken, dass er komme und den Kopf hineinstecke durch die Phantasie bis in die innerste Seele und da herumrieche an der Lilie, bis sie welft und stirbt vor höllischem Gifthauch und liegt schon gar manche hoffnungsvolle Seele in der Hölle drunten wie ein schmuckes reich beladenes Schiff im Meeresgrund, weil sie leichtfertigen Büchern mehr Glauben geschenkt hat als Vater und Mutter und der Stimme des Gewissens. Und hat die Seele noch eine zweite Thüre und die heißt Herz und geht da die Liebe aus und ein und führt viel Volk mit hinein in die Seele. Und auch da sollt du wachsam sein, dass du keinen Menschen passieren lassest, der nicht von unserem Herrgott die Erlaubnis mitbringt, dass er hineindürfe in deine Seele, und sollst die Liebe nicht dem ersten besten Menschen nachwerfen und mit ihm Freundschaft und Bruderschaft machen; denn das hieße dem Teufel selber das Thor zeigen und ihn freundlich einladen, dass er sich's wohl schmecken lasse an der Lilie, und hat darum P. Hofbauer die Jugend vor gefährlichen Freundschaften gewarnt, die die Unschuld an der Wurzel benagen, dass sie das Köpfchen hängen lässt vor Scham und Schmerz. Das Gefährlichste aber ist, wenn du heimlich Personen anlocken wolltest vom anderen Geschlechte, dass sie kämen und Platz nehmen in deinem Herzen und da drinnen Logement machten um den Zins der Liebelei. Du brauchst sie übrigens nicht einmal anzulocken; sie schleichen schon selber herum um dein Herz wie die Katze ums Mausloch und wenn du nicht wachsam bist über Herz und Seele, so sind sie drinnen und bringst

1) Summ. pag. 311.

fie so leicht nimmer heraus ohne gewaltigen Schaden. Darum sollst du auf der Hut sein vor dem anderen Geschlecht und hat P. Hofbauer den jungen Bürschlein wohl hundertmal gesagt, sie sollten sich inachtnehmen vor dem Weibervolk und achtsam sein im Umgang mit ihm, weil nur die Flucht jeder Gelegenheit die Lilie schüße vor Gefahr. Gar oft hat er den guten, alten Job angeführt, der doch ein Heide gewesen sei und auch sein eigen Weib gehabt habe, und hätte doch einen Bund geschlossen mit seinen Augen, damit sich in ihm nicht etwa ein Gedanke rühre an eine Jungfrau.') Er hat nicht einmal gewollt, dass seine Schüler viel mit Frauen verkehrten, und hat immer wieder den jungen Leuten empfohlen: »Alle frommen Frauen empfehlet dem Herrn. «2)

Dabei hat er auch selber seinen schüßenden Arm über sie gehalten, damit sie sich nicht vergaffen in Frauengesichter und hat manchmal sogar seine Freundlichkeit vergessen und die Stacheln hervorgekehrt wie ein borstiger Igel, wenn er Gefahr gewittert hat für einen jungen Liebling. Einmal ist der selige P. Hofbauer in seinem Zimmer gewesen, das wohl verriegelt war; da hat jemand an der Thüre geklopft und hat um Einlass gebeten. Und wie P. Hofbauer den Riegel weggeschoben und die Thüre aufgemacht hat, ist ein Weib vor derselben gestanden und hat dringend gebeten, es möge der Selige die Güte haben und einen jungen Priester hinausschicken in die Vorstadt zu einer kranken Frau. Wie aber P. Hofbauer von einem kranken Weibe hörte und einem jungen Priester, ist ihm die Sache gefährlich vorgekommen, wie wenn man Feuer anmachte bei einem Pulverthurm, und hat die Stirne gerunzelt und das Gesicht in ernste Falten gelegt und dem Weibe gesagt: »Junge Priester habe ich nicht für dich.« Dann hat er die Thüre zugemacht und hat sie heimgehen lassen mit schlechtem Trost.")

Auch hat er die jungen Priester nie genug warnen. fönnen vor den Frauen, weil auch das zum Weibe gehört, dass es sich verstellen kann und mit den Pfötchen gar lieblich streichelt, in welchen die Kralle steckt, und darum hat P. Hofbauer oft gesagt: »Weiber sind immer Weiber, und

1) Summ. p. 311.
2) Summ p. 310.
3) Summ. p. 312.

so lange sie das Weibis.he nicht abgestreift haben wie St. Theresia und andere heilige Frauen, sind sie immer gefährlich.) Ja, er ist gar der Ansicht gewesen, dass ein Weib nicht einmal heilig werden könne, so lange sie dem Weiberthume nicht entsage, und war das eine harte Nuss, die er dem Frauenvolk in den Schoß geworfen hat, wenn er gesagt hat: »Weiber können nur dann heilig werden, wenn sie das Weibische, das an ihnen hängt, ausgezogen haben. Alle heiligen Jungfrauen und Frauen haben einen männlichen Geist gehabt. Alle Weiber, die das Weibische nicht abgelegt haben, sind mir zum Efel.«2) Und wenn man die Sache recht bedenkt, jo kann man ihm nicht ganz Unrecht geben, denn es gehört zum Heiligwerden eine starke Seele, die sich überwinden kann in allem und jedem, im großen und kleinen das ganze Leben lang, und das steht nicht von Haus aus in Weiberherzen, weil die Frau zum schwachen Geschlecht gehört an Leib und Seele, und muss daher ein Mann werden an Festigkeit der Gesinnung und Starkmuth des Herzens und Ausdauer im Guten; dann kann es auch heilig werden wie die Männer.

Und weil P. Hofbauer so einen gewaltigen Efel gehabt hat vor weibischen Weibern und dabei doch zitterte, es könnte auch seine Seele ein Weib zum Falle bringen wie Adam's Seele und Ruben's Seele und David's Seele und Salomon's Seele und Holofernes Seele und so viele andere tapfere Seelen im alten und neuen Bunde, darum ist er ihnen nicht zu nahe gekommen und hat nur dann mit ihnen verkehrt, wenn es nothwendig war, und hat auch da alle Vertran= lichkeit gemieden und ist ernst gewesen und weniger freundlich und hat nur das Väterliche durchblicken lassen in all' seinen Reden. Lange Discurse hat er mit keiner Frau geführt, auch mit denen nicht, die doch seine Beichtfinder waren, sondern war auch mit ihnen kurz angebunden. So lange er mit ihnen zu thun hatte, war er wachsam über seine Augen und hat keine Frau angeblickt, mit der er redete, auch wenn sie alt gewesen ist oder blatternarbig oder sonst ein Gesicht hatte, das sich nicht gern hätt' malen lassen, sondern hat dabei in der Regel zu Boden geschaut und fast immer die Augen halb geschlossen gehalten, so dass keine

1) Summ. pag. 312.
2) Summ. pag. 311.

Frau sagen konnte, von welcher Farbe seine Augen ̧ge= wesen seien, wenn sie auch noch so neugierig gewesen ist. Einer seiner Schüler hat darum gar schön von P. Hofbauer gesagt, dass er immer nach innen schaue, was nebenbei gesagt, viel nützlicher ist, als wenn der Mensch seine Augen spazieren führt in der weiten Welt. Dabei hat er nicht einmal bei Klosterfrauen eine Ausnahme gemacht, die doch einem heiligen Stande angehören und es hat eine, die ihn gut gekannt hat, von ihm das wunderbare Wort gesagt, dass er keine Klosterfrau vom Gesichte, sondern jede nur aus der Stimme erkannt habe. So streng hat P. Hofbauer sich selber bewacht und ist doch schon ein alter Mann gewesen, tief in den Sechzigern drinnen, dass man denken sollte, der Teufel der Unlauterkeit habe nimmer viel Lust gespürt, anzubeißen an seiner Seele, und war dazu ein Heiliger, von dem der Satan ohnehin mehr Respect hat als vor anderen Menschen. Du wirst daraus sehen, wie du es zu machen hast, liebe Seele, die du noch gerade nicht daran bist, auf die Altäre zu kommen und vielleicht auch noch zum Überfluss ein gar heißes Blut in deinen Adern herumträgst.

Es braucht aber auch der Leib einen Zaun, der dick und fest sein muss, weil im Leibe viele Thüren sind, die Sinne heißen, und die dem Teufel und der Sünde offen daliegen, wie eine Festung vor dem Feind, wenn die Besabung davongelaufen, und dieser Zaun heißt Abtödtung. Auch zu der hat P. Hofbauer den jungen Leuten Lust und Liebe in die Seele gegeben und ist ihnen selber mit gutem Beispiele vorangegangen, dass sie sich nicht fürchten durften, weil das Holz zu diesem Geheg gar spiße Stacheln hat. Da hat er erstlich alle Abtödtungen gern und freudig angenommen, die der liebe Gott ihm zuschickte, und hat nie gemurrt über Wind und Wetter, Schnee und Regen, Hiße und Kälte, oder wenn er oft grimme Schmerzen im Leibe fühlte, 1) sondern ist froh gewesen, wenn ihm der König des Himmels die Gnade schenkte, zu arbeiten an seines Leibes Zaun. Aber auch wenn ihm Menschen eine Abtödtung bereitet haben, wissentlich oder unwissentlich, hat er nicht geklagt, sondern hat auch die angenommen als Gottes heilige Fügung. Bevor er die Ursulinen Beichte hörte, hat er oft lange warten müssen in einem Vorzimmer und ist da

1) Summa p. 289.

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