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rinnen kein Stuhl gestanden an die vier Jahre lang und hat doch kein Mensch was gewusst davon, als nur der gute, selige P. Hofbauer. Der aber hat's niemanden gesagt, sondern ist sein still geblieben, und hat sich auf den Boden gesezt, wenn ihm das Stehen zu lang gedauert hat, bis er einmal erwischt worden ist bei dieser morgenländischen Sißart.) Und weil ihm das noch zu wenig däuchte, hat er selbst seinen Leib nicht geschont und nicht verhätschelt, wie ein thörichtes Weib ihr verzogenes Kind, sondern hat ihn gegeißelt zum wenigstens in der Woche zweimal, und damit er auch was fühle davon, hat er in die Geißel eiserne Spigen hineingeflochten und liegt die Geißel heut' noch mit seinem Blute geschmückt bei den Redemptoristen in Wien. Gar oft hat er eiserne Kettchen mit scharfen Spitzen um die Lenden getragen und hat das so heimlich gethan, dass fast niemand gemerkt hat, wie streng er sei gegen sich selber, damit nicht der Teufel, dem er das eine Thor versperre durch die Abtödtung, durch ein anderes, die Hoffart nämlich, eindringe in seine Seele. 2)

Absonderlich aber hat er seinen Leib nicht üppig gehalten. mit Speis und Trank, sondern hat ihn spärlich genährt, dass alle Welt sich gewundert hat, wie er denn leben könne bei so magerer Kost. Nie nahm er ein Frühstück bis ins höchste Alter und hat sich erst in den letzten Lebensjahren bewegen lassen, davon abzugehen, weil der alte Leib nimmer so wetterfest ist wie der junge. Aber auch da hat er keinen Kaffee getrunken, weder schwarzen noch weißen, und keine Chocolade oder sonst ein Frühstück genommen, das dem Gaumen wohlschmeckt, und hat den Kaffee nur gehabt für die Fremden, die er einlud zum Frühstück; er selber aber hat in alten Tagen einen Teller voll Fleischbrühe getrunken, die er aus der Ursulinenküche bekam und ist dabei gar klug gewesen, weil die Fleischbrühe nahrhafter ist, als Mocca- und Java- und anderer Kaffee; aber auch die hat er erst getrunken, wenn der Hunger schon gewaltig rumorte in seinem Leib, um 10 oder 11 Uhr vormittags, nachdem er von 3 Uhr früh an im Beichtstuhl und auf der Kanzel seine Kräfte aufgezehrt hatte. Es hat ihm auch gefallen, wenn die jungen Leute ihren Leib nicht

1) Brunner S. 168.

2) Summa pag. 292.

verzärtelten und sich ans Fasten gewöhnen, und hat es gerne gesehen, wenn die jungen Bürschchen, die von der Kirche zum Fasten noch nicht verpflichtet waren um ihrer Jugend willen, wenigstens im Advent und in der Fastenzeit das Frühstück dem lieben Gott zum Opfer brachten. Und wenn der Mittag kam, hat er sich nicht zu Tische gesezt wie andere Leute, und sich nicht fostbare Speisen auftischen lassen: allerlei Braten und Geflügel und Torten und was den Gaumen sonst noch kitelt, sondern ist im Zimmer hin- und hergegangen, den Teller in der einen, den Löffel oder Gabel in der andern Hand, und hat die kalten Überreste einer einfachen Mehlspeise, oder ein Stücklein kalten Fleisches oder gar bloß Brot mit Salat gegessen oder nur lautere Suppe getrunken. Das hat genügt bis zum Abende; denn von einer Jause hat er nichts gewusst, so lange er lebte. Aber auch am Abende hat er nicht mehr gegessen, als zu Mittag. 1) Und wenn Samstag war, hat er dem Magen Feiertag gegeben und in der Regel gar nichts genossen bis zum Abende der lieben Mutter Gottes zu Ehren. Den Durst aber hat er mit Wasser gelöscht, das ein vorzügliches Getränke ist und noch obendrein nichts kostet, außer in einer Großstadt, wo man auch Luft und schlechtes Wasser kaufen muss, und hat einmal einem seiner Priester dies aufrichtig gestanden: »Schau,« hat er gesagt, »mein Lieber, ein Missionär muss abgetödtet sein, sonst ist er all seinen Arbeiten nicht gewachsen. Vierzig Jahre war ich alt und hatte noch keinen Wein getrunken. «) Und er ist 66 Jahre alt geworden und hatte auch da noch keinen Wein getrunken und erst in den letzten drei Jahren seines Lebens hat er abends, wenn er todtmüde heimgekommen ist vom Besuche der Armen und Kranken, ein Gläschen genommen und hat dabei oft mit einem dankbaren Blicke zum Himmel gejagt: »Der Wein ist doch eine kostbare Gottesgabe, besonders um die Kräfte alter Lente zu stärken. Und wahr ist's. Darum hat der liebe Gott den Wein auch wachsen lassen, dass man ihn trinke als Gottesgabe zur Mehrung seiner Kräfte, und ist daher eine umso größere Sünde, wenn man die Gottesgabe missbraucht durch Verschwendung und den Wein hineinschüttet in den Leib, bis die Vernunft darin jämmerlich ersäuft und

1) Summ. pag. 252, 386, 288.

2) Summ. pag. 287.

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die Kräfte schwinden und der Mensch daliegt wie ein voller Mehlsack auf einem Eselrücken. Bier aber hatte der Selige niemals über seine Lippen gebracht, so lange er lebte.

War er jedoch in fremden Häusern zur Tafel geladen, was gar oft geschehen ist: so haben alle die kostbaren Speisen, die ihm entgegendampften, auf seine Seele wenig Reiz ausgeübt und er hat nie eine Speise gelobt und der Köchin geschmeichelt um ihrer Kunst willen, sondern hat auch wenig gegessen und das beste vorübergehen lassen, damit der Nachbar sich gütlich thue. Und man hat gesagt, dass er sein Leben lang nie satt geworden sei, und ist doch ein starker Mann gewesen, der mehr Fourage brauchte als ein anderer. Trotzdem ist er alt geworden und hat gelebt an die siebzig Jahre und ist rüstig geblieben auch als Greis, wie du siehst an seinem Bilde, das vorn in diesem Buche ist, dass auch du keine Angst zu haben brauchst, du könntest etwa um ein Stündlein weniger auf Erden friechen, wenn du deinem Gaumen hie und da einen Bußtag gibst; ich mein' sogar, es werde auch der Leib dir dankbar sein, wenn er nicht zu schwer zu tragen hat, und werde es dir damit lohnen, dass er länger aushält und bei Kräften bleibt, wie eine Maschine, die nicht immer in der Arbeit ist. Und wenn's dir auch ein bischen Schweiß kostet, diesen Zaun anzulegen: bedenk', dass die Lilie, die drinnen blüht in deiner Seele, noch mehr wert ist und dass es auch P. Hofbauer nicht leicht geworden ist, sein Fleisch dem Fasten zu unterwerfen, und hat selber geklagt, dass er stets einen großen Appetit gehabt habe. Und zudem verlangt von dir niemand, dass du dich geißzelst bis aufs Blut und Bußzgürtel trägst oder kein Frühstück nehmest oder fastest wie der Selige; denn es sind nicht alle Leute zum Himmelstürmen geboren, wohl aber zum Himmelkommen. Trag' also zum wenigsten die Abtödtung in Geduld, die Gott deinem Leibe auflegt, und halt' die Kirchenfasten und murr' sonst nicht über's Essen, wenn's auch nicht grad' so ist, wie es der Speiszettel deines Gaumens verlangt, und leg' deinen Sinnen sonst hie und da eine kleine Buße auf. Das bringt dich nicht um und hält doch fest.

Jezt weißt du, liebes Herz, wie der Zaun ausschaut um Seele und Leib; es liegt nur noch an dir, ihn aufzurichten zu deiner Lilie Schuß. Umbinden aber musst du ihn mit Gebet, und absonderlich mit dem Rosenkranz, den

P. Hofbauer den Jünglingen dringend empfohlen hat zur Bewährung der Keuschheit. Doch davon ein andermal! Für heut', glaub' ich, hast du genug. Merk dir nur das Sprüchlein noch, das ich dir herseße aus der heiligen Schrift; es sagt dir furz, was ich dir in vielen Worten auseinandergesetzt habe:

Wie eine Lilie unter den Dörnern, so ist meine Freundin unter den Töchtern. Hohes Lied 2, 2.

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41. Hausnummer 989.

eil wir einmal in des P. Hofbauer Wohnung sind unter der Schar seiner Jünger, so schau dich ein bisschen um im Zimmer; es kann auch das deiner Seele von Rußen sein. Du hast übrigens nicht lange zu schauen; denn es ist die Armut die Hausmeisterin und führt ein strenges Regiment und hält stramme Ordnung. Die ganze Wohnung des Seligen besteht in einem einzigen Zimmer, und das dient gar verschiedenen Zwecken; denn es ist Speisezimmer und Schlafzimmer und Empfangszimmer und Hauscapelle. Daneben ist noch ein fleines Cabinet, darinnen der Selige seine Bücher und mancherlei Hausgeräthe aufbewahrt und das zur Speisefammer dient, die bei P. Hofbauer nicht groß zu sein braucht. Das Zimmer aber, das dem Seligen zur Wohnung dient, ist auch kein Saal und nicht ausgemalt oder mit Tapeten behängt, sondern ist klein und unansehnlich und weiß angestrichen, wie ein nettes Banernstüblein, und ist kein kostbarer Schmuck darinnen, wie zum Erempel schöne kostbare Gemälde von berühmten Meistern in breiten Goldrahmen oder große Spiegel zum Dienste der Frau Eitelkeit oder weiche Divans oder Laufteppiche von Pariser Firmen oder zierliche Spigen am Fenster oder prachtvolle Albums auf dem Tische oder was sonst zum Schmuck eines Zimmers dienen kann; sondern das ganze Hausgeräthe ist so ein= fach wie bei der ärmsten Familie in einer Vorstadt draußen. An der Wand stehen zwei Schränke für die Kleider des Seligen, deren Beine schon müde sind vom langen Stehen und auf deren einem eine wertlose Stockuhr steht, und daneben ein Bett, das gar hart ist, weil es nicht mit weichen Flaumen gefüttert ist, sondern mit Stroh, und auf der

anderen Seite, Kasten und Bett gegenüber siehst du ein altes Sopha, das schon mehr Jahre zählt als P. Hofbauer, und neben dem Sopha steht ein Betschemel mit einem Crucifir und einem Marienbilde unter dem Kreuze, davor P. Hofbauer seine glühenden Gebete verrichtet. In der Mitte des Zimmers siehst du den alten langen Tisch, in dem die Würmer seit Jahren Straßen gebaut haben zur bequemeren Spazierfahrt, und um denselben haben mehrere Sessel Play gegriffen, und an den Wänden hängen einige Heiligenbilder, die nur den Wert haben, dass sie andächtig sind und zur Andacht stimmen. Das ist die ganze Hauseinrichtung Hofbauer's und alles dies hat wohlfeile Eigenschaften: Armut, Einfachheit und Alter.) Und ist einem doch so wohl in diesem Stübchen, dass man sich bald zu Hause fühlt; weil ein Schmuck darinnen ist, der sich oft in reichen Sälen und noblen Häusern nicht findet, und das ist die Reinlichkeit und Ordnung; denn es steht alles an seinem Plate, und ist der Fußboden rein, dass man drauf essen könnt und sind die Wände weiß, und auf Tisch und Kästen ist kein Stäubchen zu sehen; denn der Selige hat die Reinigkeit nicht bloß an sich geliebt, sondern auch um sich.

Du bist vielleicht eine Klosterfrau oder ein Klosterherr und hast das Gelübde der Armut abgelegt und liegt auch ein Büchlein in deiner Stube, das man die Regel heißt und darinnen genau aufgezeichnet ist, was alles drin sein darf in deinem Stüblein. Geh', schau einmal nach, ob du nicht mehr hast in deiner Zelle, als dir erlaubt ist, und wirf das Gerümpel hinaus zur rechten Zeit; denn du bist arm und sollst auch arm sein in deiner Wohnung. Oder du bist ein Dienstmädel bei einer Herrschaft oder Ehefrau von einem Beamten oder sonst einem Mann. Halt' Reinlichkeit und Sauberkeit im Haus und Ordnung in den Zimmern, dass jedes Kleid seinen Platz habe und jedes Buch, und geh' dem Staube fleißig auf die Kappe und dulde keinen Schmuß in der Wohnung. Es wird dich der Mann dann länger lieben, als wenn du den ganzen Tag beim Spiegel stehst oder bei der Nachbarin, und bei der Herrschaft hast du besseren Leumund, als wenn du den ganzen Tag an Putz und Liebschaft denkst.

1) Summ. p. 306.

Wie die aufgehende Sonne an Gottes hohem Himmel, so ist die Schönheit des guten Weibes zur Zierde ihres Hauses. Eccli. 26, 21.

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