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fein, wie die Uniform an einem Ungarhusaren. So lange P. Hofbauer in Wien war, hat er die Montur der Redemptoristen getragen. Aber wenn auch die heutigen Redemptoristen nicht gerade in die feinsten Stoffe gekleidet sind, so ist doch P. Hofbauer's Gewand noch viel ordinärer gewesen. An den Füßen hatte er Schuhe und nicht seine Stiefletten, die waren grob gearbeitet mit dicken Sohlen und haben auch nicht geglänzt und gefunkelt wie ein frisch polierter Tisch aus Ebenholz; denn statt der Wichse hat P. Hofbauer Öl genommen und seine Schuhe festgeschmiert, was, nebenbei gesagt, den Schuhen gesund war und den Füßen. Gar manchesmal sind sie auch zerrissen gewesen und haben nicht bloß der frischen Luft freien Zugang gestattet, sondern auch dem Wasser. Und auch die Strümpfe hat er nicht weggeworfen, sobald sie ein Loch bekamen, sondern hat sie geflickt mit eigenen Händen und sich nicht gefürchtet, die geweihte Hand zu entheiligen, wenn er Zwirn und Nadel durch dieselbe gleiten lasse, und man hat sogar noch an seiner Leiche Strümpfe gesehen, die mit Lederflecken ausgebessert waren. Gar oft, wenn man ihn verwundert fragte, warum er denn dem Schneider ins Handwerk pfusche, hat er lächelnd geantwortet: »Ein Priester muss auch sein Hauswesen verstehen. <<

Den Leib hat ein Habit bedeckt, der morsch und altersschwach war und schon lange gern um das Gnadenbrot ge= bettelt hätte, wäre er nicht stumm und mundlos gewesen; er hat zwar kein Loch gehabt, aber mancherlei Flecke, die P. Hofbauer selber draufgenäht hatte. Und dass die auch nicht sein und tadellos auf dem alten Tuche gesessen sind und mancher Nadelstich dagestanden ist wie ein Weberknecht beim ersten Exercieren, kannst du dir leicht denken, sintemalen der Selige zwar das Bäckerhandwerk, aber nicht das Schneiderhandwerk erlernt hatte.

Während der sieben Jahre, da er Beichtvater war bei den Ursulinen, hat er täglich den gleichen Habit getragen, und es wäre nicht möglich gewesen, dass die Fäden so lange zusammengehalten, wenn man damals nicht bessere Ware gehabt hätte als in unserer helllichten Schwindelzeit. Nur einmal hat einen neuen Habit mitgebracht in der Ursulinenkirche und das ist ein hoher Festtag gewesen bei den guten Schwestern. Diese sind gar heftig erschrocken, wie sie das neue Gewand des Seligen erblickten, und hat eine der

andern zugerufen: » Wunder! Wunder! Unser geistlicher Vater trägt einen neuen Talar.« 1)

Über dem Habit trug er im Winter einen dunkelblauen Mantel von altem Schnitt und abgetragenem Tuch, der schon manches erzählen konnte von seinem langen Leben und seinen Strapazen und dem man bald abgesehen hat, dass er be= reits die Reise von Warschau nach Wien mitgemacht habe.) Im Sommer hat er zwar einen leichteren Mantel getragen von schwarzer Farbe mit stehendem Kragen, weil er weite Gänge hatte in die Vorstädte; aber der ist deswegen nicht nobler gewesen, sondern so elend wie der Wintermantel. Zu allen übrigen Kleidern hat der Hut gepasst, der auch nimmer in den Jugendjahren war und seine breite Krempe hat hängen lassen wie der Elephant seine Ohren. In der Regel hat er aber auch den für überflüssig gehalten und seinen. Kopf nur mit einem schwarzen Häublein bedeckt. Handschuhe hat P. Hofbauer sein Lebtag nie getragen und auch eine Taschenuhr hielt er für leicht entbehrlich, weil in Wien gar viele Kirchen sind und hat jede einen Thurm und ist darauf in der Regel eine Uhr, an der er hat ablesen können, wie hoch es an der Zeit ist.

So hat P. Hofbauer's Kleidung ausgesehen und hätt ihm niemand zehn Groschen gegeben um alles, was er am Leibe hatte, und war doch alles schön, weil es rein und säuberlich war und gut gebürstet. Gar oft hat sich der Selige drin selber bewundert und wenn wieder ein Fezen Tuch herabhieng von seinem Kleid, hat er ihn einfach weggerissen und lächelnd gesagt: »Ein sauberer Generalvicar!<<

Dabei ist er doch ein sauberer Generalvicar gewesen, der in seinem armen Gewande viel schöner dagestanden ist, als manche Prinzessin in Seide und Perlenschmuck; denn er hat die Schönheit nicht vom Kleide geborgt, sondern sie in seiner eigenen Seele getragen, dass sie herausleuchtete auch durch das arme Gewand. Es ist überhaupt gar dumm und albern, wenn der Mensch so große Dinge hält auf Kleiderpracht und Leibespub. Es ist das ekelhaft und geckenmäßig, wenn ein Mann eitel ist auf seine Kleider; drum will ich davon nicht reden, weil dir am Ende gar übel werden. könnte. Aber wenn ein junges Weibsbild oder auch ein altes

1) Summ. p. 301.
2) Summ. p. 308.

in der Früh lange nicht herauskömmt aus der Schlafkammer und zwar nicht wegen des vielen Betens, sondern weil sie sich vom lieben, schönen Spiegel nicht hat trennen können, und wenn sie auf dem Kirchgang aufgepugt ist wie eine chinesische Kaisertochter, in Seide und Bändeln, mit kleinen Schuhen an den Füßen und Glacéhandschuhen an den Händen, in denen gestern noch der Rechen gewesen ist oder die Gabel, oder wenn sie eine Tornüre und anderes städtisches Modezeug trägt hinten oder vorn, und wenn am Ende gar noch das Kleidchen unten und oben zu kurz ist, als wäre die Inwohnerin über Nacht gewachsen, so ist das ein böses, böses Ding; denn es werden alle Teufel wach in den Menschenherzen, denen sie begegnet auf dem Wege, wie Hunde in einem Bauerndorfe, wenn ein Wagen durchfährt bei der Nacht, und das ist der Teufel der Lüsternheit, der herausschaut aus jungen Männeraugen und der Teufel des Neides in jungen Mädchenherzen und der Teufel böser Urtheile in Altweiberseelen, und alle diese Teufel hat ein Satan aufgeweckt, der drinsißt in diesem eitlen Wesen und der heißt Eitelkeit. Ich mein', es wird der liebe Heiland, dem der Mensch doch vor allem gefallen soll, nicht gar viel Freude haben bei diesem Höllenconcert, und es habe ihm P. Hofbauer besser gefallen in seiner einfachen Armut als so eine Teufelsbraut in ihrem Hofstaat. Meinst du nicht auch so? Kleid' dich daher einfach und züchtig, wie es deinem Stande ziemt. Und bist du Mutter, kleid' auch dein Kind danach und put' es nicht auf wie einen Seiltänzer oder ein spanisches Afflein.

Desgleichen sollen sich auch die Weiber in anständiger Kleidung mit Schamhaftigkeit und Sittsamfeit schmücken, nicht mit ge= flochtenen Haaren oder Gold oder Perlen oder kostbarem Gewande.

1. Tim. 2. 9.

44. Der Armenvater.

3 wandeln manche Menschen auf Erden, die halten. nicht viel auf gut Essen und Trinken und schöne Kleider und fasten oft mehr als die alten Einsied= ler in der Wüste und gehen so arm und elend gekleidet, dass du ihnen gern was schenken möchtest und sind dabei doch nicht heilig; denn es hängt ihr Herz am Gelde und sind besessen vom Teufel des Geizes, der ein arger

Tyrann ist und seinen Unterthanen nichts vergönnt von ihrem eigenen Gut. Und es wandeln andere Menschen auf Erden, die gar arm und dürftig leben und sich einfach kleiden, wenn sie's auch hätten und sich bessere Tage anthun könnten, aber es unterlassen, nicht aus Geiz und Geldlust, sondern weil sie das Irdische gering achten, und haben dabei kein Herz für den Nächsten und sind von Stein und Eisen, wenn fremde Noth an ihre Thüre klopft, und meinen, es sei nur üppigkeit und Weichlichkeit, wenn ein Armer über Hunger flagt. Von dieser Sorte Menschen waren gar manche Philosophen aus dem alten Heidenthum. Doch so ein Heiliger ist P. Hofbauer nicht gewesen. Er hat wundersam streng gelebt für seine Person und ist mild und lieb und gut gewesen bei fremdem Elend. Und wenn er so arm gewohnt hat und so elend gekleidet war und seinen Leib so schlecht genährt hat, so sind das nur Opfer gewesen, die er brachte, um was zu haben für seine lieben Armen. Und es war, als schlügen zwei Herzen in seinem Leibe und sei das eine von Stein und das andere von Fleisch und Blut, gar weich und gut, und schlüge das steinerne für ihn und das weiche, gute für andere. Viele tausende von Gulden sind durch seine Hände gegangen und ist nichts daran hängen geblieben als Armut und Noth, und ist sein Reichthum gewesen, fremde Armut zu lindern, und seine Seligkeit, anderer Hunger zu stillen, und sein ganzes Leben, herzugeben, was er hatte. Hilfe bringen, hat man gesagt, war seine Lust, und im Dienste der Armen, hat ein anderer gesagt, war er beschäftigt wie eine Mutter bei ihren Kindern.

Du wirst dich noch erinnern, lieber Leser, wie er alle Kinder, die ihm zugelaufen sind, mit Äpfeln tractiert hat und mit anderen süßen Dingen, und wie er den Studenten am Abend aufgewartet mit allem, was sich vorfand in seinem Kasten. Aber auch zu Mittag hat er alle Tage seinen Tisch gedeckt für fünf bis sechs hungrige Studenten.

Denen aber hat er nicht etwa von seinem Überflusse mitgetheilt, was auch andere Leute können, die nicht so heilig sind, wie er gewesen ist, sondern ihnen das eigene Mittagessen, das er bekommen hat von den Ursulinnen, oder was sonst in seinem Kasten war von Fleisch oder Fischen und Mehlspeisen als Geschenk von guten Leuten. Dabei hat er die Studenten selber bedient und ihnen das Essen aufgetragen mit freundlichem Gesichte, wie weiland

der liebe Heiland die Apostel bediente beim letzten Abendmahl, und hat sich selber vergessen und den eigenen Hunger, dem er nur einige Stücklein Brot oder einige Löffel Suppe zuwarf während des Auftragens, oder den er abspeiste mit den alten Resten, die den hungrigen Studenten noch übrig blieben. Oft haben sich unter die Studenten noch andere Arme gemischt, die auch Hunger hatten, und dann mussten die Studenten ihr Brot und ihr Mittagessen mit den Armen theilen, und kam zu guter Lezt noch einer, dem man auch den Hunger herablas vom Gesicht, und war nichts mehr da, als eine einzige Schüssel, so hat er die weggenommen vom Tische und sie dem Armen gegeben, dass er sich gütlich thue mit dem, was er drinnen fand. So ist es nicht selten geschehen, dass ihm selber von all seinen Speisen, die man ihm geschickt hat, nichts mehr übrig blieb, als der leere Teller. Und wenn man ihn mahnte, er solle doch an den eigenen Hunger denken, und andere nicht inniger lieben als sich selber, hat er lächelnd zur Antwort gegeben: »>Was geht das dich an, wenn ich schon satt bin?«1) - Für die armen Studenten aber, die er selber nicht nähren konnte, und die Kinder, die keinen Vater und keine Mutter mehr hatten, ist er zum Bettler geworden und hat ihnen bei reichen gutherzigen Leuten ein Mittagessen erbettelt, und für seine Studentlein hat er sogar oft die Wohnung bezahlt.

Nachmittags aber hat er den blauen Mantel umgehüllt und der hatte eine gar tiefe Tasche, und hat die Tasche gefüllt mit Speisen, die noch übrig geblieben sind, und mit Hausbrod und Semmeln und Kipfeln und hat die Reise angetreten zu verschämten Hausarmen und Kranken in der Stadt und Vorstädten draußen, und war ihm kein Weg zu weit und keine Ermüdung zu groß, wo er Armen Hilfe bringen konnte um Gottes willen. Oft hat er überdies noch ein frisch gewaschenes, gewaltiges Taschentuch genommen und darein gebunden, was im Mantelsack nimmer Plaß fand. Und wenn er dann austheilte in den armen, dürftigen Stüblein, haben aller Augen geleuchtet vor Freud' und Dank und hat ihm selber die Freud' hineingestrahlt in die Seele wie warmes Sonnenlicht in die Stube im Frühling und hat herausgelacht aus seinen Augen, und er fühlte sich glücklicher, als hätte

1) Summ. p. 207.

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