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man ihm reiche Geschenke gemacht. Und dabei hat er nicht bloß Speise gespendet, sondern auch Trost, und der hat den armen Leuten nicht minder wohl gethan, weil er von einem Heiligen kam und einem liebewarmen Herzen. Der Trost aber, mit dem er die Gaben gewürzt hat, war nicht ein Erdenkräutlein, sondern eine Himmelsblume; denn er hat die Armen ermahnt zur Geduld und Ausdauer und Ergebung in Gottes heiligen Willen und dass der Vater im Himmel nicht vergessen werde auf seine armen Kinder auf Erden und dass gerade die von der Welt Verlassensten seinem Herzen am nächsten stehen, und im Himmel die ersten Pläße einnehmen werden an des armen Jesus Seite. Und das war ihnen gar süß, wie Engelssang, und haben gelauscht wie auf Gottes Wort und haben die Armut leichter getragen wie früher. Wenn dann P. Hofbauer wieder nach der Thür suchte, um auch in ein anderes Haus Trost und Hilfe zu tragen, hat man ihm noch innig die Hand geküsst und Thränen des Dankes niedergeweint auf dieselbe, und hat ihm noch vielmals Vergelt's Gott nachgerufen aus voller Seele. Und wenn er selber frank war, dass er nicht gehen konnte zu seinen lieben Armen, hat er den Madlener ge= schickt und den Srna, zwei eifrige Schüler, dass sie statt seiner Trost und Hilfe brächten in die Hütten der Armen.1)

Aber auch schon am frühen Morgen, wenn er hinausgieng zu den Mechitaristen, hat er an seine Armen gedacht und seine Taschen mit Brot gefüllt und anderen Dingen, um sie an die zu vertheilen, die auf seine Hilfe schon warteten. Jeden Samstag ist die Sacristei der Ursulinen zur Gemeindestube geworden, in der sich die Armen versammelt haben; und dann ist P. Hofbauer in ihre Mitte getreten als Gottes Almosenier und hat sie beschenkt mit dem, was sie brauchten und was er hatte. Es war überhaupt kein Armer, dem er nicht geholfen hätte, so gut er fonnte, mit Speisen und Kleidern und was ihnen sonst vonnöthen war. Sogar der alten Invaliden hat er sich angenommen, und sind oft ganze Processionen derselben zur Ursulinenkirche gekommen, zwar nicht um zu beten und Gnade zu holen; denn das geht bei einem alten Soldaten viel schlechter vom Fleck als das Fluchen; sondern um Speisen und andere Dinge in Empfang zu nehmen aus des

1) Summ. pag. 211.

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Seligen Händen. Und wie wenn das noch nicht genug wäre, hat er selbst im Beichtstuhl, den er benüßte in der Ursulinenkirche, unter dem Sig eine Lade gemacht, und die hat er gefüllt mit Semmeln. Wenn dann ein Armer kam und feine Sünden bekannte, hat P. Hofbauer nach der Lossprechung in die Lade gegriffen und eine Semmel herausgeholt für das arme Beichtfind. Nur eine Classe von Armen ist gewesen, gegen die sein Herz hart blieb, weil es auch die geliebt hat, und das waren die Bettelkinder, denen er nie was gab, weil er nicht mithelfen wollte durch seine Gutherzigkeit, dass sie das Bettelhandwerk lernen statt eines andern Gewerbes. 2)

Und wie erst anno 1817 die große Hungersnoth ge= kommen ist über die Wienerstadt, hat P. Hofbauer's Herz geblutet und ist ihm gewesen, wie einer Schwalbenmutter, die Junge hat im Neste drinnen, und regnet schon lang und kann kein Futter finden weit und breit für die hungrigen Kleinen, die ihr die offenen Schnäbel entgegenrecken, so oft sie heimkömmt, und kann ihnen doch nichts geben. Jezt ist P. Hofbauer gar rührig geworden und hat gesammelt und gebettelt, wo er konnte, und selber sich das Nothwendige entzogen, um den Hunger seiner Armen stillen zu können, und hat manchem das Leben gerettet, der sonst verhungert wäre in diesem traurigen Jahre. Und es ist gewesen, als hätt ihn der liebe Gott nach Wien geschickt wie weiland Josef, Jacob's Sohn, nach Egypten, um der Stadt ein Brotvater zu werden in theuren Zeiten.

Doch jest will ich auch einmal zu dir betteln kommen, lieber Leser, denn ich brauch' dir nicht erst zu sagen, dass auch wir in elenden Zeiten leben und Armut und Hunger angewachsen ist wie ein vielhundertjähriger Eichenwald. Du hast vielleicht etwas, was du entbehren kannst, und ein anderer kann's brauchen und braucht es nothwendig. Thu' die Hand auf und gib. Und weißt du nicht, was und wem, so will ich dir so einige Hungerleider vor die Seele führen, denen du helfen kannst mit deinem Überfluss. Gibt's in deinem Ert nicht auch arme Studentlein, denen du einen Kosttag geben oder erbitten kannst bei guten Leuten? Es ist doch schön, wenn das Studentlein einmal groß ist und ein

1) Summ. p. 208.
2) Brunner S. 232.

Geistlicher und dir am Altare einen Kosttag erbittet beim reichen Himmelskönig. Oder gibt's nicht arme Kinder, die ein fadenscheiniges Kleidlein anhaben mitten im Winter und löcherige Schuhe und nichts im Magen als den Hunger? Hast du nichts dafür? Und gibt's nicht verschämte Hausarme und arme Kranke im Ort? Du hast gewiss eine warme, kräftige Rindsuppe, die am Ende gar dem Hunde vorgesetzt oder ins Viehfutter geschüttet wird? Ist's nicht schöner, wenn du sie hinüberschickst zum armen lebendigem Ebenbild Gottes ? Und wenn ein Bettler kömmt oder ein armer Handwerksbursch, speis' ihn nicht ab mit leeren Worten, sondern gib' ihm was! Du wirst darob nicht arm werden. Und besteht im Ort ein St. Vincenzverein oder sonst ein Bund, der auf christlichen Füßen steht und das Wohlthun auf seine Fahne geschrieben hat, tritt bei und schäm' dich nicht, anderen Gutes zu thun.

Ach, wenn die Liebe brennen möchte in aller Herzen, wäre die sociale Frage bald gelöst ohne Revolution und Straßenkampf.

...

Betrübe das Herz des Dürftigen nicht und verzögere die Gabe dem Bedrängten nicht; denn wenn einer mit erbitter= tem Herzen dich verwünschet, so wird sein Flehen erhört, weil ihn erhört, der ihn erschaffen hat. Eccli. 4, 3, 6.

45. Ein hungriger Maler.

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uch im Almosengeben ist P. Hofbauer wundersam flug gewesen und hat nicht gewollt, dass seine Gabe ein weicher Bolster würde für arbeitsscheue Köpfe, oder dass sie verschämten Armen die Röthe auf die Wangen jagte. Zu P. Hofbauer's Zeiten hat in Wien ein Maler gelebt, dem das Hungerjahr 1817 gewaltig zu Herzen gieng; denn wenn er schon in anderen Jahren nicht zu flagen hatte über zu viel Bestellungen, so ist ihm in diesem Jahre die Arbeit ganz ausgegangen, weil jeder eher an Brot gedacht hat, als an Gemälde. Und weil er auch sonst nicht zu viel Vermögen hatte, so hat der Hunger bald auch an seine Thüre gepocht und hat doch nicht gewusst, wie er den ungeladenen Gast wieder fortbringen könnte. Zur Arbeit hat ihm der Auftrag gefehlt und zum Betteln der Muth und stehlen hat er doch nicht wollen, weil er ein ehrlicher Mensch gewesen. Da hat er in der höchsten Noth

seine Zuflucht zum guten, seligen P. Hofbauer genommen und ihm sein ganzes Elend geschildert, wie es ihm auf der Seele lag, dass er keine Arbeit habe und auch kein Brot, und hat ihm auch gesagt, dass er noch der einzige Stab sei, auf den er sich stüßen könne. Der Stab ist auch nicht gebrochen und P. Hofbauer hat ihn lieb getröstet mit der Vorsehung Gottes und besseren Zeiten. Weil aber der Mensch mit Trost allein seinen Hunger nicht stillen kann, hat P. Hofbauer zum Seelentrost auch noch den Leibestrost gefügt, dem hungrigen Maler zu essen gegeben und hat von da an gar liebreich gesorgt für dessen Bedürfnisse, bis die schlechten Tage vorüber waren und sich auch ein Maler wieder was verdienen konnte. Einmal hat er auch einem seiner Schüler gesagt: »Nimm dort meinen Mantel! Was du drinnen findest, trag' es zum armen Maler!« Damit aber der Maler nicht von Gottes und der Menschen Gnade zu leben brauchte, hat ihm der Selige auch Arbeit gegeben und ihn beauftragt, er solle Bilder malen vom Heiligen Alphonsus. Die hat er gemalt und hat sich Geld verdient auch für kommende Tage.

Und das ist die beste Sorte des Almosens, wenn man den Armen Arbeit gibt. Es läuft gar mancher arme Mensch herum auf Erden, der gern arbeiten möcht und findet doch keine Arbeit, weil nach dem modernen Christenthum alles geregelt ist durch Angebot und Nachfrage, und ist darob gezwungen ein Müssiggänger zu werden und ein Landstreicher oder noch was Schlechteres. Wenn aber einer nicht arbeiten will, so soll er Hunger leiden; dem geschieht recht; denn zu einer trägen Hand gehört ein leerer Magen. Es geht aber auch mancher christliche Handwerker elendiglich zugrunde und macht den Juden Plaß, weil Christenleut' viel lieber beim jüdischen Großhändler kaufen, der die Dinge schlecht und wohlfeil gibt, als beim ehrsamen Christenmeister, der um einige Kreuzer theurer arbeiten muss, weil er es nicht übers Gewissen bringt, Schundware zu liefern. Mach's anders! Ist auch ein Almosen. Und wenn einer arbeitet bei dir oder du was bestellst bei ihm, zahl' ihm, was recht ist; denn auch er muss leben wie du, und zwick' ihm nicht die blutigen Kreuzer noch ab! Das wär' Sündenwerk und nicht Christentugend.

Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder eingeerntet haben, welcher von euch vorenthalten worden, schreit; und ihr Ge schrei ist zu den Ohren des Herrn der Heerscharen gekommen. Jac. 5, 4.

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46. Vergelt's Gott.

it all seiner Freigebigkeit ist der gute, selige P. Hofbauer nicht ärmer geworden; denn es sind all die »Vergelt's Gott« der Armen und ihre

Gebete für ihren Wohlthäter und auch ihr Undank, mit dem sie oft seine Güte belohnten, hinaufgestiegen zum Himmel wie duftende Weihrauchsäulen und hat's der liebe Gott viel tausendmal vergolten schon hier auf Erden. So viel P. Hofbauer auch gab, er hat doch immer wieder gehabt zu geben, weil ihm Gott die Herzen der Reichen eröffnete, dass sie ihre Almosen in seine Hände legten. Jeden Freitag durfte Herr Srna aus dem Kloster der Salesia= nerinnen zwei große Laib Brot holen für die Armen und ein reicher Bäcker auf der Wieden und Herr Appich in der Rauhensteingasse schickten ihm fast jeden Tag Semmeln und anderes Brot, und wenn er oft selber dahin kam, füllten sie seine unergründlichen Manteltaschen mit Brot von allenSorten. Und wenn er da oder dort zur Tafel geladen war, hat man ihm die Überbleibsel der Tafel angeboten, dass er sie heimtrage, und hat manchmal sein Begleiter schön gethan und sich geweigert, es anzunehmen; denn er hat es für unanständig gehalten, zuerst zu essen an fremdem Tische und dann noch dazu einzupacken, was noch da ist. P. Hofbauer aber hat andere Begriffe gehabt von der Höflichkeit und hat schön gedankt für das Angebot und in seine weiten Taschen_geschoben, was Raum fand, und hat es heimgetragen für seine Armen. Und erst wie die gutherzigen Wiener erfuhren, dass die Armen seine Kinder wären, und dass er selber betteln gehe für die Hungernden und Bedürftigen, hat man ihm von allen Seiten Kleider geschickt und Speisen und es haben. sich auch die Geldbeutel der Reichen aufgethan und sind große Summen durch die Hände des armen Ordensmannes gegangen. Einmal hat er dem Herrn Hofrath Müller 100 Ducaten einhändigen können, für seine Erziehungsanstalt. 1) Und ein andermal hat er dem Herrn Clemens Brentano, der als hungriger Dichter nach Wien gekommen ist, und mit all seiner Phantasie die Steine nicht hat in Brot verwandeln fönnen, und auch mit all seinen Liedern die Herzen nicht rühren konnte, dass sie sich seines Hungers erbarmten, eine Rolle von 100 Ducaten gespendet. )

1) Haringer S. 2.5. 2) Brunner S. 172.

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