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gar oft, wenn's schon Mittag war, haben sie nicht einmal gewusst, wo sie was hernehmen sollten zum Essen. Da aber ist P. Hofbauer's Liebe erwacht, wie der Mutter Liebe an des Kindes Krankenbett, und er hat für sie gesorgt, wie wenn sie seine Kinder wären, und weil sie selber das Kloster nicht verlassen durften, um guten Leuten ihre Noth zu klagen, hat ihnen der gute Beichtvater ins Kloster gebracht, was er nur bekommen konnte. Einmal hat er ihnen einen Arm voll Kerzen zugetragen, und ein andermal ein liebes zartes Lämmlein gebracht, das er unter seinem Mantel trug durch die Straßen von Wien. Wohin er kam, hat er ein klagelied angestimmt über die bittere Noth der guten Schwestern, wie ein treues Hündlein, dem ein Räuber den Herrn erschlagen hat im Walde draußen, und hat rührend gebeten, man möge ihm was schenken für seine guten Kinder, dass man ein Herz hätte haben müssen von Stein oder Eisen, wenn man ihm hätte verweigern wollen, um was er bat. Und was er bekam, hat er jubelnd ins Kloster getragen. Einmal hat er gar den Erzherzog Rudolf angebettelt, der Erzbischof gewesen ist von Olmüß und Bruder vom guten Kaiser Franz, dass er Fürbitte einlege bei seinem Herrn Bruder dem Kaiser. Und das hat er gethan und hat der Kaiser alle Schulden gezahlt, die die Klosterfrauen hatten, bis auf den lezten Kreuzer.

Ein andermal ist die Noth hoch gestiegen wie Meereswellen bei einem gewaltigen Sturme, und wohin die Schwester Ökonomin blickte, hat sie nichts mehr gefunden, womit sie den Hunger der Schwestern hätte stillen können; denn es ist kein Brot mehr dagewesen in der Lade und kein Fleisch im Keller und kein Mehl im Kasten und fein Geld in der Börse und kein Credit bei reichen Leuten und das Kloster ist leer gestanden an Vorräthen wie ein Krämerladen nach einem Ausverkauf. Wie die gute Schwester all die Noth und den Jammer sah, und nicht wusste, wie sie abhelfen könnte, ist ihr das Mitleid mit den hungrigen Schwestern zu Augen gestiegen und sie hat angefangen zu weinen und zu schluchzen vor Lieb' und Erbarmen. Und einer Schwester, die des Weges kam, hat sie ihre Noth geklagt, damit ihr selber leichter würde im Herzen. Die aber hat aufgeseufzt aus tiefster Seele und meinte: »Ach, wir brauchten wohl einen stummen Fisch wie zu des guten Apostels Petrus Zeiten. Mit diesem Fisch aber, lieber Lejer, hat es folgende Geschichte gegeben:

Wie der gute St. Petrus noch auf Erden lebte, hat das Judenland den Römern gehört, und diese haben die Tempelsteuer eingehoben von den Juden und hat auch der gute St. Petrus und der liebe Heiland selber dem Römerkaiser die Tempelsteuer zu zahlen gehabt. Da ist einmal der heilige Petrus nach Kapharnaum gekommen, allwo die Steuereinnehmer gehaust haben zu Dußenden, und ist die Steuer noch schuldig gewesen für dies Jahr. Wie ihn die Herren Beamten sahen, sind sie auf ihn zugelaufen, wie Hunde auf einen armen Hasen, und haben ihn angebellt: »Was ist's, zahlt euer Meister die Steuer nicht? Es war das zwar keine höfliche Einladung zum Steuerzahlen, doch ist das schon so Zöllnermanier. Dem guten St. Petrus aber ist dieser Gruß ins Gebein gefahren wie Gicht und Rheumatismus, und hat nicht gewusst, was er antworten solle, sintemalen er kein Geld gehabt und sein Meister auch feines. Und er hat gemeint, es packe ihn schon ein Heidengendarm am Halse und führe ihn fort in den Schuldenarrest. Und in der Angst seines Herzens hat er nichts herausgebracht als das Wörtlein Ja, um loszukommen, und hat sich fortgeschlichen wie ein Dieb, den man auf frischer That erwischt. Wie er heimgekommen ist zum lieben Heiland voll Angst und Schrecken, hat ihm sein göttlicher Erlöser schon herabgelesen am Gesichte, dass es wieder was Besonderes abgesezt habe, und weil er Gott gewesen ist und alles wusste, was geschieht im Himmel und auf Erden, darum hat er auch in des Petrus Seele gesehen, woher denn das Angstbild komme in seinem Angesicht. Und che noch der gute Apostel anfieng, von seinem Gespräche mit dem Herrn Steuereinnehmer zu berichten, ist ihm der liebe Heiland schon zuvorgekommen und hat ihm nach längerem Discurs übers Steuerzahlen den gar merkwürdigen Auftrag gegeben: »Geh' hin an den See und wirf dort die Angel aus, und den ersten Fisch, der anbeißt, den zich' heraus und mach' ihm den Mund auf; da wirst du Geld finden drinnen und das nimm und trag' es zum Herrn Zöllner als Steuer für dich und mich.« Nun ist der gute St. Petrus verwundert dagestanden und hat nicht gewusst, was er denken solle; denn es hat in seinen grauen Kopf nicht recht hineinwollen, dass ein Fisch mehr Geld im Mund habe, als er und sein Meister in der Tasche, und dass gerade der rechte Fisch anbeiße, und dass ihm auch das Geld nicht heraus

falle beim Schnappen nach dem Wurm an der Angel. Doch weil er ein folgsamer Mann gewesen, darum ist er gegangen und hat am See von Genesareth die Angel ausgeworfen, und bald ist ein Fisch dahergeschwommen, der sich verbissen hat in der Angel, und wie St. Peter ihn packte, lag in seinem Munde wahrhaftig das Geld zur Steuer. Das hat er genommen und ist triumphirend zum Steuereinnehmer geeilt und hat ihm die Steuer bezahlt bei Heller und Pfennig. 1)

Das Geschichtlein hat die gute Ursulinerin im heiligen Evangelium gelesen und wünschte sich jetzt auch so einen Fisch in der Donau, der ihnen das Geld zutrüge im eigenen Munde. Doch weil sie von dieser Fischgattung noch nichts gelesen in einer Naturgeschichte, wenn's auch allerhand Gethier gibt auf der Donau Grund, so hat sie auch gar wenig Vertrauen gehabt auf eine Hilfe und hat den Kopf hängen lassen wie St. Peter vor dem Steuereinnehmer und die Ökonomin vor den leeren Schränken. Und doch war das gefehlt, denn es soll der Mensch nie verzagen in der größten Noth, weil der allwissende Gott immer noch ein Thürchen kennt, durch das er die Noth hinausjagen kann aus dem Menschenleben, und hat der Fische genug auf dem Land und im Wasser, die er dem Menschen schicken kann zu Heil und Segen, wie dem guten St. Peter im neuen und dem Herrn Tobias im alten Bünde. Und es ist auch der Fisch bereits auf dem Wege gewesen nach dem Ursulinenkloster, denn schon nach einigen Stunden ist der gute P. Hofbauer mit freudestrahlendem Antlitz im Kloster erschienen und hat die zweifelnde Schwester mit bedeutungsvollem Blicke angesehen und ihr gesagt: »Schwester, ich bin der stumme Fisch.« Das Geld aber hat er nicht im Munde getragen wie der Fisch im Judensee, sondern in der Tasche, und da hat er hineingegriffen und einen Beutel herausgezogen, den er der staunenden Oberin übergab, damit sie Stillung hätte für ihren und der Schwestern Hunger. Und wie die gute Oberin den Beutel aufgethan hat, um zu sehen, wie weit sie denn springen könne mit diesem Gelde, haben ihr blanke, gelbe Goldfüchse entgegengelacht, mit denen der Beutel angefüllt war von unten bis oben. Und jetzt haben sie Brot kaufen können und Mehl und Fleisch und war ihrer Noth gesteuert

1) Matth. 17, 23-26.

für lange Zeit und haben sogar einen Theil ihrer Schulden gezahlt mit dem wunderbaren Gelde. 1)

Es ist aber P. Hofbauer in Wahrheit ein stummer Fisch gewesen, denn aus seinem Munde ist kein Wörtlein gekommen über all die Wohlthaten, die er der leidenden Menschheit erwiesen hat, und hätt' die ganze Welt nichts davon erfahren, wenn nicht andere Leute weniger stumm gewesen wären als er selber. Und ist auch das ein Zeichen der Heiligkeit und der Ausglanz eines edlen, guten Herzens und soll jeder Mensch es ihm nachthun, der will, dass seine guten Werke eingeschrieben werden ins Buch des Lebens; denn wenn der Mensch seine guten Thaten ausposaunt wie weiland die Pharisäer zu Christi Zeiten, und nichts sucht als Menschenlohn und Weltruhm, wenn er was gegeben hat zu einem Kirchenbau oder für die Armencasse, oder einen Krankenverein oder bei sonstiger Noth, so ist all sein Wohl= thun keinen falschen Heller wert vor unserem Herrn und ist nichts als eine löcherliche Nuss oder ein wurmstichiger Apfel, den ihm unser Herrgott nicht abkauft um Himmelslohn. Was er kriegt für sein Pharisäeralmosen, ist Menschenlob und Menschenehr', was er eben will, und das ist der rechte Preis für die faule Frucht, weil er auch so viel wert ist, wie der Rauch aus der Selchküche, den der Wind davonträgt, dass man in einigen Augenblicken nichts mehr sieht davon. Für dich aber, liebe Seele, ist es viel profitabler, wenn du das Gute thust im Geheim, dass es niemand sieht, als der allwissende Gott, denn dann handelst du nicht nach Pharisäerreden, sondern nach Christi des Herrn Anweisung, der wohl am besten weiß, was dir den Himmel aufthut und echten und rechten Klang hat vor seinem himmlischen Vater.

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ie P. Hofbauer bei Weltleuten verschiedentlich geholfen mit Großem und Kleinem und dem einen 100 Ducaten gegeben hat und dem anderen eine Semmel, wie sie's benöthigten, so hat er auch den Klosterfrauen nicht immer volle Geldbeutel und kaiserliche 1) Summ. p. 208.

Gnaden gebracht, sondern hat ihnen auch Kleinigkeiten beschafft, wenn die ausgereicht haben zur Hebung der plößlichen Noth.

Einmal, wie der Convent der guten Schwestern in der bittersten Armut geschmachtet hat, hätte eine Schwester bekleidet werden sollen mit dem Ordensgewande. Weil aber das Geld rar gewesen ist wie zu Adams Zeiten und die Schwester doch nicht hat bloßfüßig laufen können wie Frau Eva, darum hat die gute Oberin zur armen Schwester gesagt: »Eingekleidet können Sie wohl werden, aber neue Schuhe, wie sie die Schwestern tragen, kann ich Ihnen nicht kaufen. Sie müssen wohl die Schuhe, die Sie aus der Welt mitgebracht haben, noch tragen, bis bessere Zeiten kommen.« Da hat die Schwester wohl gute Miene gemacht zum bösen Spiele und ist in die Exercitien gegangen und hat sich vorgenommen, alle Opfer zu bringen, welcher die Klosterarmut von ihr fordern würde; denn es nahm den Anlauf, als ob sie gar groß werden sollten. Doch diesmal hat sich der liebe Gott mit dem guten Willen zufrieden gegeben, und der guten Schwester gezeigt, dass er Schuhe liefern könne, wenn er auch kein Schuhmachermeister sei mit Patent und Freibrief. Denn mitten in den Exercitien ist der selige P. Hofbauer als Gottes Botengeher ins Kloster gekommen zur jungen Schwester und hat zwei nagelneue Schuhe unter dem Mantel getragen, wie sie im Kloster in Gebrauch sind. Die hat er mit schelmischem Lächeln hingestellt vor die verblüffte Schwester und ihr gesagt: »Probier', ob sie dir passen; und wenn sie dir nicht passen, so kauf' ich dir andere.<< Die Schwester aber ist hineingeschlüpft in die Schuhe und sind die ihr nicht zu klein gewesen und auch nicht zu groß, sondern haben ihr gepasst, als wären sie herausgewachsen aus ihrem Fuß; denn es hat ihr Schußengel mitgeholfen, wie P. Hofbauer sie aussuchte, und der hat wohl gewusst, wie groß das Maß sei. Darob war die Schwester gar erfreut, dass ihr Seelenführer auch an die Schuhe denke zur Zeit der Noth und hat gewaltigen Respect gehabt vor diesen heiligen Schuhen, so dass sie dieselben nur an den höchsten Festtagen trug dem geistlichen Vater zu Ehren, und sind daher die Schuhe gar alt geworden, an die 34 Jahre und haben noch kein Loch gehabt und keine andere Krankheit. 1)

1) Summa pag. 209.

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