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thum, und sorgsame Liebe, dass er es pflegt wie die Mutter das neugeborene Kindlein, und muss über all dem beten, dass der König der Herzen ihm all die Gaben zusammengebe, die ich da aufgezählt habe; denn es wäre das Schlimmes, wenn so ein Pflänzlein absterben möchte und zu Grunde gienge oder ausgerissen würde aus dem Klosterboden, das doch wachsen könnte, durch die Schuld des Gärtners.

Komm' vom Libanon, meine Braut, fomm' vom Libanon, tomm': du wirst getrönt. Hohes Lied, 4, 8.

50. Die alte Schachtel und noch eine Klosterfrau.
as hat P. Hofbauer gewusst und ist zart und scho-
nend umgegangen mit den neu eintretenden Schwe-
stern, und wenn hie und da eine das Köpfchen

hängen ließ, so hat er es wieder aufgerichtet mit Trost und Ermunterung, und ist manche Schwester eine glückliche Klosterfrau geworden durch seine zartsinnige Liebe, die sonst auf und davongelaufen wäre in der ersten Versuchung. Da ist im Ursulinenconvent auch ein junges Mägdlein eingetreten, dem der Teufel nachlief wie ein italienischer Bettelbub einem Fremden, bis hinter die Klostermauern; denn es ist dem Versucher kein Ort zu heilig, und muss sich der Mensch überall in acht nehmen vor seiner listigen Bosheit, auch wenn er in der Kirche ist oder im Kloster. Dem Mägdlein aber ist er Tag und Nacht in den Ohren gesessen und hat ihr gewaltig zugesezt mit tausend Versuchungen, und ihr gesagt, dass sie nicht berufen sei zum Ordensstande und dass sie das strenge Leben nicht aushalten könne und am Ende gar noch verdammt werde, weil sie sich mit Gewalt eingedrängt habe in die heiligen Mauern, und sie sei auch nicht würdig, Christi Braut zu werden, um ihrer vielen Sünden wegen. Daneben hat er ihr die Welt ausgemalt wie eine schöne Kirche und ihr das Weltleben vor die Seele gezaubert wie ein verlorenes Paradies voll Lust und Freude und Erdenseligkeit, und wie es viel schöner sei, die Freiheit zu athmen und neue Kleider zu tragen und einen Mann zu haben, als ewiges Beten und Fasten und Stillschweigen. Über all dem Schlangengezische ist dem armen Kinde geworden wie weiland der Frau Eva im Paradiese, und hat großen Hunger gekriegt

nach der verbotenen Frucht der Weltfreuden. Und wie der Versucher merkte, dass sein Feuer schon zünde, hat er seinem Opfer erst recht zugesetzt und alle Tag was neues gewusst vom schwarzen Kloster und der lichten Welt, dass alle Freude davongelaufen ist aus ihrem Herzen wie die Kinder vor dem Rauchfangkehrer, und hat sich Trauer und Ekel in ihre Seele gesenkt wie schwarze Wolken ins Thal, wenn's regnen will. Und es hat auch oft aus ihren Augen lichte Thränen geregnet, die sie weinte im Stillen über das Unglück, dem sie selber entgegengelaufen sei durch ihren Eintritt ins Kloster. Da hat sie der Satan getröstet und ihr vorgespiegelt, dass sie den Irrthum noch gut machen könne; denn sie habe noch keine Gelübde gethan und könne noch frei zurückkehren in die Welt ohne Sünde und Gottes Beleidigung. Das leuchtete ihr ein wie ein Gnadenstrahl von oben und sie war bald entschlossen, ihren Bündel zu schnüren und wieder hinauszugehen zu Vater und Mutter. Schon hat sich der Satan die Hände gerieben vor Lust und Freude, dass er wieder eine Seele um Beruf und Gnade gebracht habe durch seine frommen Reden. Doch es ist noch einer schlauer gewesen als der schlaue Satan und das ist Gott im Himmel, der des Menschen Wege kennt und des Satans Räuberschlauheit und zur rechten Zeit den rechten Retter schickt, wenn nicht der Mensch selber Pact geschlossen hat mit dem Teufel und freiwillig mit ihm läuft zum Höllenthor. Wie das verblendete Kind schon fix und fertig war mit seinem Plane und schon Tag und Stunde sich ausgedacht hat zur Heimkehr, ist ihr eines Tages der gute, selige P. Hofbauer, dem sie doch kein Sterbenswörtlein gesagt hatte von Versuchung und Fluchtgedanken, in den Weg getreten und hat ihr gesagt mit vorwurfsvoller Liebe: Francisca, bleib' im Kloster; dazu bist du von Gott berufen. « Jezt aber erst ist ihre Verwirrung groß geworden, dass der Klosterbeichtvater nicht bloß in Büchern lejen könne, sondern auch in Menschenherzen, und ist ihr die Röthe zu Gesicht gestiegen voll Scham und Reue. Aber auch der Teufel hat sich geschämt, dass er entlarvt sei mit seinen Höllenkünsten, und ist geflohen wie der Dieb vor dem Gensdarm und hat das arme Mägdlein in Ruhe gelassen mit Laufgedanken, so lange es lebte; und das Mägdlein ist eingekleidet worden und hat Gelübde gethan und ist eine brave Klosterfrau gewesen. und hat über die 80 Jahre erlebt und keine unzufriedene

Stunde mehr gehabt im Kloster und ist ihr ein lebenslanges Räthsel geblieben, wie der Satan sie so habe hinter's Licht führen können. 1)

Es ist aber das kein Räthsel, sondern klar wie Brunnenwasser; denn es hat der Mensch gar blöde Augen für die Geisterwelt, dass er oft den Engel nicht unterscheiden kann vom Teufel und Gottes Stimme von des Versuchers Gelispel. Und geht das nicht bloß jungen Mädchen so, die in's Kloster gehen, sondern passiert auch gescheiten Herren, die viele Jahre studiert haben auf hohen Universitäten, dass sie sich vom Schwarzen hänseln lassen und seine höllischen Grundsäge für himmlische Weisheit halten. Nur einen Menschen hat Gott ausgenommen von dieser Blödsinnigkeit und hat ihm lichte, helle Augen gegeben, dass er auch die Geister sehen und unterscheiden kann von einander, ob sie schwarz seien oder licht, und das ist der Seelenführer, dem der liebe Herrgott diese Gnade gibt nicht für seine Seele, sondern für fremde Seelen. Darum sollst du zu ihm gehen, wenn sich was Verdächtiges regt in deiner Seele, und sollst ihn um Rath fragen wie einen Advocaten und sollst ihm nicht bloß deine Sünden sagen, sondern auch deine Versuchungen und was immer dir zweifelhaft ist in deiner eigenen Seele.

Wie man in einer Bildergallerie diejenigen Bilder, die zu einander einen Gegensatz haben, nebeneinander hängt, wie z. B. eine Winterlandschaft neben eine Sommerlandschaft und einen alten Mann neben eine alte Frau, so will ich dir jetzt von einer anderen Klosterfrau erzählen, die das lautere Gegenstück war zur guten Francisca und der P. Hofbauer eine süße Medicin verabreichte, dass sie ihr geholfen hat mit Gottes Beistand. Diese Klosterfrau ist auch Ursulinerin gewesen und hat Jacoba von Welschenau geheißen und ist am nämlichen Tag ins Kloster gegangen, an dem P. Hofbauer Beichtvater wurde bei den guten Schwestern. Die hat sich viel glücklicher gefühlt im Kloster als die arme Francisca und hätte man sie um aller Welt Schäße nimmer hinausgebracht in die Welt, wenn auch vor dem Kloster draußen alle Engel gesungen hätten. Das hat der Satan wohl gewusst, darum hat er eine andere Arie angestimmt, die gar melancholisch geklungen hat, um ihr Herz in die rechte Stimmung zu bringen. Denn, indem er der guten

1) Summ. p. 324.

Francisca lustige Liedlein aufgespielt hat von Welt und Weltfreuden, um sie hinauszusingen aus dem Kloster, hat er der armen Jacoba nichts als Trauermarsch geblasen und Requiem gesungen, um ihr das Leben im Kloster zu verleiden. So lange sie im Noviziat war, hat sie viel leiden müssen von mancherlei Krankheit und hat gefürchtet, man könnte sie wieder hinausschicken mit dem franken Leib, und hätt doch so gerne im Kloster gelebt bis zum letzten Athemzug. Darum ist sie sehr traurig geworden und hat die Trauer gefressen an ihrer Seele, wie die Krankheit am Leib, und haben beide an ihrem Leben gezehrt wie zwei Mäuse an einem Stücklein Speck. Doch weil sie flüger war als die weltlustige Francisca, hat sie ihr Leid und ihre Angst dem seligen P. Hofbauer geklagt. Der aber hat freundlich gelächelt, sie liebevoll getröstet und gesagt: »Du wirst Profess ablegen und wirst gesund werden und wirst viele überleben, die jest gar rosige Wangen haben.« Das hat freilich geklungen wie eine Prophezeiung künftiger Dinge und ist ein großer Trost gewesen für ihre wunde Seele. Aber es hat nicht den rechten Schein gehabt, als ob die Prophezeiung wahr werden sollte; denn wenn auch die Krankheit hie und da von ihrem Leibe wich, so ist's doch nur gewesen, als gienge sie auf Sommerfrische und ist bald wieder zurückgekehrt in ihr früheres Logement und hat die gute Novizin mehr Zeit im Bette zugebracht als im Chor. Und wie der Tag herankam, an dem sie hätte Gelübde thun sollen, ist sie erst recht krank geworden und hat auch zu zweifeln begonnen an P. Hofbauer's Wort, wie weiland St. Peter auf dem Meere an der Wunderkraft Christi, als wäre es nur so ein leeres Gerede gewesen ohne Geist und Inhalt. Weil sie aber keine Seelenfalten hatte vor ihrem Führer, darum hat sie ihm auch diese Zweifel aufgedeckt, und dass sie schon keine Hoffnung mehr habe auf gesunde Tage und ein längeres Leben und die Gnade der Gelübde. Doch dies hat den Seligen nicht aus dem Sattel gebracht, und er hat der kranken Novizin nichts anderes gesagt, als früher, sondern zog ihr den Schleier noch mehr weg von der Zukunft, damit sie noch vertrauensvoller hineinschauen könne in dieselbe, und sagte: Und doch wirst du Gelübde ablegen; und wenn du 28 Jahre alt sein wirst, dann wirst du gesund werden; ja du wirst noch eine alte Schachtel werden. Da ist das gute Kind erst recht traurig geworden, nicht weil sie der Beichtvater

eine alte Schachtel tituliert hat, und ist doch ein adeliges Fräulein gewesen, sondern weil sie erst mit 28 Jahren gesund werden sollte, und hätte doch die Gesundheit schon mit 24 Jahren vonnöthen gehabt zur Profess.

Und es hatte wieder den Schein, dass sie Recht behalten würde mit ihrer Angst; denn bald darauf haben sich die Schwestern zusammengesetzt zur Berathung, was sie denn machen sollen mit der franken Jacoba. Und da hat man überlegt, dass das Kloster kein Krankenhaus sei und man die Schwestern nicht aufnehme für das Bett, sondern zu Gebet und Arbeit, und dass nicht bloß ein guter Wille und ein edles, großmüthiges Herz, sondern auch ein gesunder, kräftiger Leib vonnöthen wäre, um die schweren Pflichten des Klosterstandes erfüllen zu können. Und weil von Gesundheit bei der guten Jacoba nichts zuhause war, hat man einstimmig beschlossen, sie nicht zu den Gelübden zuzulassen, sondern sie heimzuschicken in das Vaterhaus. Bevor aber der Entschluss ausgeführt wurde, hat die gute Oberin denselben noch dem seligen P. Hofbauer mitgetheilt, damit er sein Urtheil dazulege. Doch der hat anders gedacht und ist als Anwalt aufgetreten für die franke Candidatin und hat der Oberin gesagt: „Ah! lasst sie die Gelübde machen! Sie wird gesund werden und ein hohes Alter erreichen und wird der Gemeinde gar viele Dienste leisten.« Das ist der guten Oberin ein merkwürdiges Wort gewesen, dass ein krankes Mägdlein der Gemeinde viel nüßen solle und dass man hohes Alter erreichen könne, wenn man die jungen Jahre im Bett zubringe, und hat den P. Hofbauer angeblickt, wie weiland die Juden den lieben Heiland, da er ihnen gesagt hatte, dass sie sein Fleisch essen und sein Blut trinken würden. Aber weil sie große Dinge hielt auf ihren Beichtvater, mehr als die Juden auf den lieben Heiland, und weil sie auch wusste, dass er oft weiter schauen könne als andere Men= schen, darum hat sie ihm mehr getrant als aller Schwestern Einsicht und hat den Beschluss umgestoßen auf P. Hofbauer's Rath, und die kranke Jacoba zugelassen zu den heiligen Gelübden. Die aber ist noch vier Jahre krank gewesen, wie der Selige es vorausgesagt hatte, und wie sie 28 Jahre alt war, hat die Krankheit Reißaus genommen und ist nimmer gekommen und sie ist gesund geworden wie gar wenige Schwestern. Und auch eine alte Schachtel ist sie geworden und hat länger gelebt als alle Schwestern, die damals im Kloster

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