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Aug' des Menschen und ist, als hätt' es vom Himmel seine Farbe geliehen, der schon gar manche tausend Jahre sein schönes Blau der Erde zeigt und zeigen wird bis an den jüngsten Tag. Und ist auch der gute, selige P. Hofbauer wie das herzige Blümlein mit dem schuftigen Röcklein und dem lieblichen Namen; denn er ist in der Liebe den unsterblichen Seelen gar treu gewesen, so tren, dass er nicht einmal im Himmel hat Ruhe gehabt, sondern herabgestiegen ist an ein Sterbebett, weil er es einmal im Leben versprochen hat.

Unter den Ursulinen zu Wien ist eine gewaltig fromme Schwester gewesen, die hat Sebastiana geheißen mit ihrem Klosternamen, und hat so erbaulich und christlich gelebt, dass sie allen andern ein Muster und Vorbild wurde, und ist das gar löblich; denn wenn im Kloster keine frommen Seelen mehr sind, die das Gute thun nach allen Seiten, wo soll man sie denn noch suchen? Es hatte auch P. Hofbauer großen Respect vor der guten Schwester und hat sie im Scherze einmal die Heilige genannt. Doch da ist ihr gewefen wie dem Pudel, wenn man ihn mit Wasser begießt, und sie hat in ihrer Demuth den Heiligenschein nicht auf ihrem Köpflein gelassen, sondern ihn herabgerissen, und ist lebendig geworden wie ein kollernder Truthahn, und hat gemeint: »Was bin ich? eine Heilige? Ja, ein miserabler Wurm. Aber Ener Hochwürden befehren große Sünder, Sie taufen Juden, belehren das Volk, tragen unseren Herrn und Erlöser in die Häuser der Sterbenden und unterrichten andere Priester, dass sie Gleiches thun. Das ist's, was einen zum Heiligen macht.« Es war aber das ein einfältiges Gered' wie Kleinkindergeschwätz, wie denn überhaupt die gute Sebastiana. gute Sebastiana auch ein einfältiges Schwesterchen war: denn all das, woraus sie den Heiligen zusammenstellte, macht noch in alle Ewigkeit keinen Heiligen und sind gar manche gewesen, die alles das gethan haben und noch viel mehr und sind doch nicht heilig geworden, sondern haben in der Hölle den Tisch gedeckt bekommen, weil die Heiligkeit nicht in der Bekehrung fremder Seelen liegt, sondern in der Hinkehr der eigenen Seele zu Gott, ihrem Schöpfer. Darum hat auch P. Hofbauer schelmisch gelächelt bei dieser Bersonsbeschreibung eines Heiligen und hat erwidert: »Die hat mir's heimgezahlt. Und weil sie so gut Heiligen= bilder malen konnte, darum hat er ihr auch eine Probe dieses Heiligenmusters versprochen und gesagt: »Nun wart',

Leben d. fel. Clem. M. Hofbauer.

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ich will auch dir beim Sterben beistehen und dich in den Himmel hineinwerfen.« Und dies Versprechen ist gewesen, wie wenn man ein Würmlein ins Wasser wirft und schnappen die Fischlein darnach und hat auch die gute Schwester geschnappt nach dem Köder und hat ihn beim Wort genommen und erklärt: »Gut, Sie haben Ihr Wort verpfändet für meine Todesstunde. Ich werd' Sie an Ihr Versprechen erinnern.« Es sind ein paar Jahre hingegangen, da ist P. Hofbauer gestorben und die gute Sebastiana hat noch weiter gelebt, und es hatte nicht das Ansehen, als ob der todte Beichtvater sein Versprechen noch zu lösen vermöchte; denn vom Sterbebett ins Grab ist der Weg gar kurz, aber vom Grab zum Sterbebett ist ein weiter, langer Weg, den auch viele Heilige nicht zu gehen vermögen. Und ist noch ein paarmal Winter und Sommer gekommen, und dann hat der Tod auch Schwester Sebastiana heimgesucht. Und wie schon. / in den letzten Zügen lag und ihre Seele halb losgelöst war von des Leibes Banden, hat sie sich erinnert an P. Hofbauer's Versprechen und in ihrer kindlichen Einfalt gemahnt an fein gegebenes Wort und dass jezt Zeit sei, es zu halten. P. Hofbauer hat ihr Bitten gehört, wenn er auch im Himmel war und sie auf Erden und sie so stille flehte, dass keine Schwester es vernehmen konnte; denn es sind die Heiligen den Menschen nahe und haben ein gutes Gehör für deren Bettelgesuche. Mit einemmal ist die sterbende Schwester ausgebrochen in die Worte: »P. Hofbauer! P. Hofbauer!« und hat die Augen weit aufgethan und ihre Züge haben sich verklärt zum Lächeln und sie selber ist zurückgesunken ins Kissen als Leiche. Und auf ihrem Angesichte, heißt es im Lateinischen Buche, darinnen diese Geschichte steht, hat der Friede Gottes geruht. Ihre Seele aber hat P. Hofbauer hinübergeführt in die Ewigkeit und hineingeworfen in den Himmel laut seinem Worte.1)

Wo soll ich dir jezt eine Lehr' hernehmen, lieber Leser, von der guten Sebastiana oder vom seligen P. Hofbauer oder gar von beiden? Auch dein Leib wird einmal daliegen auf dem Todtenbette wie eine Almhütte im Winter, aus der die Sennerin ausgewandert ist hinab ins Thal, und ist dir so falt in allen Gliedern, wie wenn Schnee auf deinem Leibe läge und spürst doch nichts mehr davon und man hat ein

1) Summ. pag. 391.

weißes Tuch über dich ausgebreitet, damit die Fliegen dich nicht aufwecken vom Todesschlaf, und geht alles so still ein und aus und tritt nur auf den Zehenspißen auf und wenn sie reden miteinander, thun sie's still und leise, als ob du's etwa gar noch hören könntest. Und da kommt ein guter Freund oder eine gute Freundin und hebt das weiße Tuch weg von deinem weißen Gesicht, um dir noch einmal ins Antlitz zu schauen. Und wenn dann selbiger Mensch staunen thät über dein verklärtes Gesicht und die süße Ruhe in deinen Zügen und den stillen Frieden in deinen Mienen und ausrufen könnt': »Auf diesem Gesichte ruht der Frieden Gottes!« gelt, das wär dir wohl recht für selbige Zeit; fürchtest dich ohnehin vor dem Sterben und denkst dir manchmal in der Stille: Wenn's nur schon vorüber wär'! Halt' Mannestreue im Leben wie P. Hofbauer. Hast du einem was versprochen, so gib es ihm bei Heller und Pfennig, auch wenn's dich ein bisschen juckt, und hast du Vertrag gethan mit einem, zwick' ihm nicht ab, dem armen Menschen, und processir' ihm nicht am Ende gar sein eigenes Recht herunter zu des geldhungrigen Advocaten Seelenfreude, und lass dir dein verpfändetes Wort heilig sein wie Gottes Versprechen. Und halt Mannestrene deinem Weib, wie du's versprochen hast an deinem Ehrentag, und halt Mannestrene Gott dem Herrn in jungen und alten, in gefunden und kranken Tagen, in guten und bösen Zeiten, wie du's ihm so und so oft schon verheißen hast an Tagen und Stunden, wo die Gnade besonders warm hineingeschienen hat in deine Seele, und sei fein Schulbub, der seine Lection vergisst von einem Tag zum andern.

Viele Menschen werden barmherzig genannt; aber einen treuen Mann, wer findet ihn. Sprichw. 20, 6.

67. Öl auf Sturmeswellen.

ater Hofbauer's Liebe und Seeleneifer ist gar warm und heiß gewesen wie Julijonne, die nicht nur hinableuchtet voll belebender Kraft in die fruchtbaren Thäler, sondern auch den Schnee schmitzt und das Eis auf den Bergen, dass auch dort manch' hübsche Blümlein und gesunde Kräutlein sein Köpfchen emporheben kann zu schönem Sommerleben. Und wenn ihm auch manch

mal am Kranken- und Sterbebette Hass und Verachtung entgegengestarrt haben wie eisige Gletschermassen, so hat er mit der wärmenden Kraft seiner Sanftmuth bald auch solche Herzen durchdrungen, dass sie aufgethaut sind zu nußbarem Leben.

Einmal ist ein Soldat schwer frank darniedergelegen, der hatte zwar viele Soldatensünden in seiner faulen Seele, wie Würmer in altem Käse, und hat sie noch dazu lieb gehabt, die Sünden nämlich, wie ein Mutterschweinlein seine Jungen, und ist daher erschrecklich zornig geworden, wenn er einen Geistlichen sah, der ihn hätt' reinigen können von seinem Gewürm. Und als echter Soldat hat er auch das Fluchen verstanden, dass dem Teufel in der Hölle hätt' bang werden müssen, der doch sonst ein guter Meister ist in der Fluchkunst. Wie es nun mit dem faulen Kameraden bergab gegangen ist und die Leute um ihn gemerkt haben, dass sie bald zum Tischler werden zu gehen haben um ein Logement für den Kranken, haben sie noch zuvor um den seligen P. Hofbauer geschickt, dass er seine Seele noch einrichte vor dem Sterben. Wie aber der zum Kranken fam, ist ein böser Geist in den Kranken gefahren und der hat sich aufgerichtet in seinem Bette wie eine Natter, der ein Mensch auf den falten Leib getreten, und hat dem Seligen entgegengeschrien Komm' nur her, miserabler Pfaff, ich reiß' dir die Augen aus dem Schädel. Doch dies Soldaten latein hat der Selige nicht verstanden und hat den Zornesausbruch abprallen lassen an seinem edlen Priesterherzen und ist hingetreten an das Bett des Kranken und hat dem ledernen Soldaten mit Lieb' und Freundlichkeit an die Seele geredet, dass auch der bald andere Saiten aufzog und ist aufmerksam geworden und haben sich bald seines Zornes Wogen gelegt und er hat dem Priester ins Gesicht geblickt, wie denn der Geistliche aussehe, der auf solche Ansprache so süße Antwort wisse. Und des Seligen sanftes Auge und sein mildes, liebes Gesicht voll Geist und Güte und seine süßen, freundlichen Worte haben auch seine eigene Seele angesteckt mit Lieb' und Zutrauen und er hat bald sein Herz ausgeleert und seine Sünden in einer guten Beicht, dass beide als gute Freunde von einander gegangen sind.')

1) Summ. pag. 231.

Wenn auf dem Weltmeer draußen das Wasser recht hoch geht und große Wellen wirft, als wollt's den babylonischen Thurm vollenden oder mithelfen am Eiffelthurm im Franzosenlande, nimmt man Öl und schüttet's aufs zornige Wasser, und das wird ruhig und still und rührt sich nimmer, als hätt's der Schlag getroffen. Und wenn das Wässerlein drinnen im Herzen deines Nebenmenschen auch rebellisch wird und selbiger Mensch aufbraust in wildem Zorn, gieß' ihm Öl aufs Herz und bleib ruhig und lass ihn toben, und wenn er fertig ist, so lächle friedlich und sprich freundlich. Es müsste gar sonderbar zugehen, wenn der Sturm in seiner Seele stärker wäre, als auf stürmischen Meereswellen.

Eine sanfte Antwort bricht den Zorn; eine harte Nede erwecket Grimm. Sprichw. 15, 1.

68. Schwefelgeruch.

s geht, Gott sei's geklagt, nicht an allen Krankenund Sterbebetten so erbaulich und friedlich zu, wie an dem des alten Soldaten, von dem ich dir gerade erzählt hab', sondern es duftet oft ge= waltig am Sterbebett, dass man auf- und davonlaufen könnt', nicht von wegen des Aasgeruchs, den der sterbende Leib aushaucht, denn den könnte man am Ende noch ertragen, wenn in der Seele drinnen besserer Wohlgeruch wäre. Es athmet aber oft gerade aus der Seele heraus von brennendem Schwefel, als ob der Teufel ihr die Hölle schon untergezündet hätte vor Gericht und Urtheitsspruch. Und ist bei alledem das allertraurigste, wenn der Sterbende selber schon so dickhäutig geworden ist um die Nase herum, dass er nichts mehr riecht von dem Höllengestank in seiner Seele und meint, es dufte seine leibeigene Seele im Tugendgeruch wie Lavendel und Thymian. Und es gehört schon eine große Portion Tugend dazu, wenn man's bei so einem Fenercandidaten noch aushält und gut und freundlich reden kann wie mit einem sterbenden Heiligen.

War damals in Wien ein hochstudierter Doctor und gar berühmter Augenarzt, der hat Barth geheißen und ist Professor gewesen an der Wiener Universität. Mit lauter Stu diererei aber ist er so weit gekommen, dass er den Glauben

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