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ist wieder herausgebrochen aus seiner Seele wie ein Feuerstrahl und hat sein schreckliches Licht über Vergangenheit und Zukunft ausgegossen, dass ihm angst und bange ward. Immer und immer wieder hat das Wort in seiner Seele widerhallt wie hundertfaches Echo: »Ich will sehen, wie ein Verdammter stirbt«, und ist ihm warm und falt über den Rücken gelaufen und hat des Satans Krallen schon gefühlt in seiner Seele und hat gewähnt, es wäre selbst das Bett unter seinem Leibe schon Feuer und sei sein Gewissen ein Nest von Würmern, die reden könnten und ihm zuriefen alle auf einmal: »Du bist ein Verdammter !«< Das hat er nimmer ausgehalten und hat sich dem Seligen zugewendet an der Zimmerthüre und selbem einen flehenden Blick zugeworfen und hat ihm zugewinkt, er solle näher treten. Da hat der gute P. Hofbauer aufgejubelt, denn die Gnade hatte den Sieg errungen; und ist wieder hingetreten zum Sterbenden und hat ihn angeblickt mit himmlischer Milde und liebendem Mitleid. Der aber ist nimmer der Alte gewesen, sondern hat dem Priester mit zitternder Stimme gesagt: Hochwürdiger Herr, können Sie mir alle Beleidigungen verzeihen, die ich Ihnen zugefügt habe?« »Ja,« sagte der Selige, es ist schon alles verziehen.« Das hat dem Kranken wohlgethan, wie ein kühler Trunk dem Fiebernden. »Aber,« hat er erwidert, wird mir auch Gott meine Sünden verzeihen? Und wie er das gesagt hat, ist ihm ein Strom von Thränen aus den Augen gebrochen, und er hat geweint und geschluchzt wie weiland St. Petrus nach der Verleugnung, und den Seligen angeblickt, als wollte er die Antwort in seinen Augen lesen. P. Hofbauer aber hat ihn nicht lange warten lassen auf eine Antwort und hat entgegnet: »Gott ist gut; erwecken Sie einen Act der Rene über Ihre Sünden und alles ist Ihnen verziehen.« Da hat der Sterbende erleichtert aufgeathmet wie ein begnadigter Mordbrenner und süße Thränen geweint vor Ren' und Gotteslieb' und Staunen über Gottes unendliche Barmherzigkeit, dass man ihm hätt' neidig sein können um sein Glück und sein Weinen. Dann hat er gebeichtet, was er gesündigt hatte sein ganzes Leben lang, und hat fortgeweint beim ganzen Beichten und mit seinen Reuethränen seine schmußige Seele reingewaschen, dass sie wieder blank und weiß wurde wie am Tauftag, und haben die Thränen das Wurmnest ausgetränkt in seinem Gewissen, und statt Zorn und Wuth

ist süßer Friede auf seinem Gesichte gelegen, das gar wundersam verklärt war von Gottes Gnade und süßer Seelenlust. Dann hat er noch den Leib des Herrn empfangen und die lezte Ölung und sich um reichliches Reisegeld umgesehen für den Weg in die Ewigkeit. Nach der lezten Ölung aber hat er in die Züge gegriffen und sich gerichtet zum Sterben und ist bei Bewusstsein geblieben bis zum lezten Augenblick. Und während er starb, blieb P. Hofbauer an seinem Bette stehen und hat ihm vorgebetet und Trost zugesprochen und Vertrauen eingehaucht auf Gottes Liebe und Erbarmung und hat ihm das Kreuz Jesu Christi vor die Augen gehalten, dass er aus Jesu tiefen Wunden Hoffnung trinke und Jesu bitteres Sterben zum Vorbild nehme. Mit inniger Liebe hat der Kranke das Kreuz geküsst ein ums anderemal und des guten P. Hofbauer's Hand ergriffen, in der er das Kreuz gehalten hat, und hat sie mit seiner leßten Kraft an sein Herz gepresst. als wollte er von Jesus nimmer lassen in Ewigkeit und als sollte P. Hofbauer sein Schußengel und Fürsprecher sein beim Gerichte Gottes. Und so ist er ge= storben.1)

Gelt, das hat dich gerührt; und wenn du dich nicht schämen thätst, möchtest vielleicht jezt selber weinen vor Rührung und zerdrückt am Ende eine Thräne im Aug', dass dir's niemand anmerkt, wie dir das Weinen kömmt. Aber lass das, und reden wir zwei auch ein ernstes Wort mit einander! Wie lang bist du denn nimmer beichten gegangen? Vielleicht ist's seit dem Heiraten her oder doch schon gar viele Jahre? Und wenn du auch öfter gehst, weil's so der Brauch ist bei euch, oder weil du fromme, brave Eltern hast, die dich hinzutreiben zum Beichtstuhl; wie steht's mit deinem Beichten? Wär's vielleicht nicht besser, du wärest gar nicht gegangen, von wegen Mangel an Reu' und Aufrichtigkeit ? Lieb Freund, wenn's mit dir zum Sterben kommt, am End' könnt man auch an dir sehen, wie ein Verdammter stirbt. Wer im Leben nicht gut beichten lernt, der lernt's auch im Sterben nicht, und die Sünden, die man in gesunden Tagen verschweigt, nimmt man gewöhnlich mit in die Ewigkeit, und wer den Priester hasst, so lange er noch auf gesunden Beinen steht, dem steckt unser Herrgott keine andern Brillen

1) Summa pag. 203, 204.

auf, wenn's zum Abfahren ist, und P. Hofbauer's gibt's so viele auf Erden, wie fettes Gras um Weihnachten. Merk dir das, wahr ist's.

Und man wird hinausgehen und schauen die Leichname der Menschen, die sich an mir versündigt haben; ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer nicht erlöschen, und sie werden zum vollen Abscheu sein allen Menschen. Jaias 66, 24.

69. Den Feind auf den Armen.

s ist gar so wundersam schön gewesen, wenn Feindeslieb und Sanftmuth herausgeblißt haben aus P. Hofbauer's Augen wie Sonnenlicht aus einem Diamanten, dass ich dir noch ein Exempel hersezen muss zur Erbauung. Ich kann nicht anders.

Einmal ist's gewesen, da ist der gute, selige P. Hofbauer in einem Postwagen gefahren und hat auch Gesellschaft gehabt auf der Reise, wenn's auch bloß ein einziger Herr war, der mit ihm gefahren ist. Es ist zwar immer kurzweiliger, wenn man nicht allein zu reisen hat und einen Collegen findet, mit dem man ein vernünftiges Wort reden kann über dies und das, und ist dies in den guten alten Zeiten noch erwünschlicher gewesen, wo man noch nicht an einem Tage ganze Länder durchdampft hat. Aber P. Hofbauer's Reisebegleiter war ein gar merkwürdiger Kamerad, dem das Laster schon längst die Unschuld aus der Seele und das Mark aus dem Leibe gefressen hatte. Er war noch jung und ist doch schon welk gewesen und altersschwach wie ein ausgefressener Raupenbalg und sind ihm die Augen tief in den Höhlen gelegen, wie der Hund im Stall bei Regenwetter, und hat aus ihnen ein unheimliches Feuer geleuchtet, das genährt war von sündiger Begierlichkeit und teuflischem Priesterhass, und war auch sein Gesicht wie hässliche Krötenhaut, so warzig und gelb, und der ganze Kerl sah aus wie ein verkrüppelter Zwetschkenbaum, der am Verdorren ist, dass man ihm auf den ersten Blick anmerken konnte, er werde nimmer gar weit zu springen haben. Anfangs hat er sich den Seligen angeschaut wie der Esel den Vollmond. Wenn du aber nicht wissen solltest, wie's der macht, brauchst du dir bloß die Gesichter anzuschauen, welche manche Touristen während

der Eisenbahnfahrt schneiden, wenn ein armer Kapuziner ins Coupé steigt mit grauem Bart und brauner Kutte. Allgemach aber hat sich eine finstere Wolke um seine Stirne gelegt und sind aus seinen Augenhöhlen feurige Blize hinübergeschossen auf sein geistliches Vis-à-vis und es ist ihm immer unheimlicher geworden in der Nähe des Priesters, was auch oft anderen Leuten passiert, deren Gewissen rein ist wie ein Köhlerhemd. Und weil zum Blißen auch das Donnern gehört, hat er angefangen zu brummen und wurde immer lauter, und weil sich der Selige nicht rührte, ist der elende Mensch mit gröberem Geschütz ausgerückt und hat schreckliche Gottes-lästerungen ausgestoßen und seine lose Zunge geweht an allem Heiligen im Himmel und auf Erden und hat besonders den seligen Clemens verspottet als trägen Pfaffen, der gut fresse und viel trinke und länger schlafe als arbeite und überhaupt zu nichts gut sei, als dass man seine Haut zum Gerber trage, um Stiefel daraus zu machen für arme Handwerksburschen. Anfangs hat ihn der Selige mit Liebe und Sanftmuth zurechtgewiesen und höflich gebeten, er solle doch Gott nicht lästern und seine Heiligen und die heilige Religion nicht verhöhnen. Doch wenn man dem Hund Zuckerbrot vorhält, so beißt er drein, und ist auch der verkommene Mensch bei jeder Zurückweisung noch bissiger geworden in seinem Spott. Da hat P. Hofbauer geschwiegen wie der liebe Heiland vor Herodes und hat für den verblendeten Lästerer gar innig gebetet. Lange Zeit sind sie so nebeneinandergesessen und hat der eine gebetet und der andere geflucht. Wie sie aber zum nächsten Wirtshaus kamen, ist dem armen Jungen knurrig geworden im Magen und hätte gerne seinen Kräften wieder aufgeholfen mit Essen und Trinken. Doch wie er aufstehen wollte, um hinabzusteigen vom Wagen: hat er's nicht können vor Krankheit und Schwäche und ist wieder zurückgesunken auf seinen Siß, wie ein halbleerer Strohsack. Wie das der gute selige P. Hofbauer merkte, dass an diesem miserablen Menschen nichts gut sei als das Mundstück und dass er sich nicht einmal auf den Beinen zu halten vermöge, hat er auf alle Schmähungen vergessen, ihn auf seine Arme genommen und hinabgehoben vom Wagen und hineingetragen ins Wirtshaus. Und als er fertig war mit Essen und Trinken, hat ihn P. Hofbauer wieder auf seinen Armen zurückgetragen in die Kutsche und ist das noch viel herziger gewesen, als wenn eine Mutter ihr frankes

Kindlein wiegt auf ihren Mutter-Armen. Der Spötter aber ist jest stille geworden und hat nimmer gespottet, sondern in Gedanken sein Porträt hingestellt neben das des gelästerten Priesters und ist ihm das eine gar schwarz und hässlich vorgekommen wie Satans Ebenbild, und die Gestalt des Priesters stand vor seiner Seele wie eine Heiligenstatue in seiner Heimatskirche. Und wie er nach einer Zeit wieder mit verschämten Blicken aufschaute zum edlen Menschenfreund, der ihm gegenüber saß und leise betete, da hat er erst recht Respect gekriegt, ihn demüthig um Verzeihung gebeten für alle Unbill und gesagt: »Hätte ich so einen Priester früher kennen gelernt, ich wäre niemals in diesen elenden Zustand gekommen. «1)

Was ist's doch Wunderbares um die christliche Sanftmuth! Ist so schwach und hilflos wie ein Wiegenkind, dass sie sich nicht wehren kann bei Spott und Schimpf und aller Misshandlung, und lässt sich tödten, in grausamem Tode, und hebt keine Hand zur Wehr und hat kein Wort zur Vergeltung und ist doch so stark, dass sie wilde Herzen bändigt und die ganze Erde erobert, und ist stärker als Heeresmacht, die nur siegt über Menschenleiber. Und ist die Sanftmuth so klein und unscheinbar, dass man sie Lammestugend nennt, und doch so groß und erhaben, dass sie der allmächtige Gott selber zu seiner Herzenstugend erhoben hat, und mahnt der liebe Heiland, dass man von ihm lernen solle, wie sanftmüthig er wäre vom Herzen. Darum bau' auch du der Sanftmuth ein Kapellchen in deinem Herzen und verehr' sie fleißig drinnen Tag für Tag und werd' ein Osterlämmlein Jesu Christi. Wenn du recht achtgibst auf dich selber, wirst du alle Tag' Gelegenheit dazu haben.

Mein Geist ist füßer als Honig.
Eccl. 24, 27.

70. Zweierlei Augen.

u wist vielleicht gern wissen mögen, wieso es denn gekommen sei, dass der gute selige P. Hofbauer so lieb und freundlich hat umgehen können mit seinen Feinden und Beleidigern. Das ist davon ge= wesen, weil er diese Menschengattung angeschaut hat mit den

1) Summ. pag. 214.

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