Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

seinen Verrath. Einer, der damals gelebt und noch gewusst hat, was christkatholisch glauben heißt, der hat gar gesagt, dass man sich keinen Begriff machen könne von der Schwindsucht der katholischen Literatur in selbiger Zeit; denn es haben die Laien wenige katholische Bücher gehabt und auch die Geistlichen nicht und die Prediger haben vielfach das Abwaschwasser über die Kanzel geschüttet, das sie bei protestantischen Schreibern geholt haben und in der Kirche habe man auch oft aus Freimaurer-Büchern Gott angebetet und echt katholische Erbauungsbücher seien so unbekannt gewesen wie ein Dorf in Hinterindien. Das hat P. Hofbauer auch ans Herz gegriffen und hat doch gesehen, dass der Deutsche Hunger habe nach Büchern und gerne lese. »Die Deutschen, hat er gesagt, lesen gern, und man hat nichts, was man ihnen mit gutem Gewissen geben könnte. << Doch auch da ist's nicht beim Jammern geblieben, sondern er ist zur That gegangen und hat gesorgt, dass das Sonnenlicht des wahren Glaubens auch hineinleuchte in die deutsche Literatur und daraus hell und warm die Julisonne dem Leser entgegenscheine und hineinstrahle in seine Seele und darinnen das Eis der religiösen Gleichgiltigkeit zum Schmelzen bringe und Blüten und Früchte hervorrufe aus des Herzens Grund und Vögelein locke, dass sie jubeln und singen in der Seele drin, und dass wieder christliches Denken und christliches Leben und christliche Freud' die Welt durchziehen. Und wenn er auch selber das Zeug nicht hatte zu einem Schriftsteller und sein Lebtag fein Büchlein geschrieben hatte, so hat er doch bald seine Leute gekannt und wer die Feder recht zu halten wisse, dass die christlichen Gedanken daraus rinnen wie klares Wasser aus dem Bergquell, so frisch und lustig. Da hat er angeklopft, und wenn man auch anfangs nicht recht hat hören wollen vor Bescheidenheit und Schüchternheit, weil es ein gar gefährlich Ding ist mit dem Bücherschreiben, so gab er doch nicht nach, bis man die Feder in die Tinte getaucht hat. Und dann hat er ihnen gesagt, was sie schreiben sollen, und ist ihnen durch Rath und Belehrung tren zur Seite gestanden. Georg und Anton Passy sind zwei Dichter gewesen und Madlener ein Philosoph und Emanuel Veith hat von beiden was gehabt und Silbert, der auch P. Hofbauer's Beichtkind und Schüler war, hat auch gut lesen und schreiben können. Die alle hat P. Hofbauer angespornt, eine Zeitschrift zu gründen, die man

[ocr errors]

Ölzweige« taufte und taufte und die zum erstenmal im Jahre 1819 erschienen ist. Darinnen sind allerlei Dinge gewesen, wie in einer Krämerbude beim Jahrmarkt, Ernstes und Lustiges, religiöse Auffäße und erbauliche Sachen und auch gelehrte Abhandlungen und gar rührende Erzählungen und wunderliebliche Gedichte. Und es war das alles so schön zu lesen, dass man heute noch gerne blättert in diesen alten, fräftigen Büchern, und ist einem beim Lesen, wie wenn man durch einen Garten spazieren gienge oder eintrete in eine reichgeschmückte Kirche beim Festtags-Gottesdienst. Georg Passy hat auch sonst viel schreiben müssen auf P. Hofbauer's Wunsch und Herr Silbert, der im Elsaß zuhause war und gut französisch verstand und der anderen Sprachen mehrere, hat durch P. Hofbauer solche Lust zum Schreiben gekriegt, dass er nimmer hat aufhören können und an die 100 Bücher gar nüßlichen Inhalts zusammenschrieb. Auch Herr Veith hat geschrieben Predigten und anderes, wundersam einfach und gar liebliche Bilder dreingeflochten und merkwürdige Geschichten erzählt aus alten Zeiten, von denen kein Mensch was gewusst hat. Es ist aber alles katholisch und kirchlich gewesen. Andere absonderlich gelehrte Männer, die über hohe Philosophie oder übers Kirchenrecht geschrieben. haben oder über Politik und andere gelehrte Dinge wie Friedrich von Schlegel und Adam von Müller und Freiherr von Buchholz, hat er mit seinem Geist erfüllt und sie haben ihm ihre Schriften vorgelesen und er hat Ja oder Nein gesagt und corrigiert und verbessert, wie's noth that. Besonders hat er regen Antheil genommen an dem einzigen. politischen Blatt, das damals in Österreich herausgekommen ist und das Herr von Pilat redigiert und Österreichischer Beobachter getauft hat. — Auch hat ein gar frommer, seeleneifriger Priester in Wien gelebt. Franz Schmidt hat er geheißen und ist Curat gewesen bei St. Stephan und so gelehrt, dass er französisch und englisch und italienisch und griechisch und hebräisch verstand. Den hat sich P. Hofbauer zum Beichtvater gewählt wegen seiner Klugheit und Frömmigkeit und so hochgeschäßt, dass er sagte: >>Hätten wir drei Schmidt in Wien, so könnte man die ganze Stadt befehren.« Den hat er auch ermuntert und gemahut, dass er allerlei Bücher schrieb in allerhand Sprachen für Geistliche und Laien. Die guten Bücher hat er auch angepriesen, dass man sie kaufen soll, und wer kein Geld hatte

>

zum Kaufen, dem hat er sie geschenkt und ist auch durch jedes gute Buch ein Prediger geworden für viele Seelen und ein Tröster in manchem Erdenleid. 1) Heutzutage ist das schon ganz anders in Österreich und gibt es der guten Bücher so viele, dass man keine Noth daran hat. Und es gibt auch gute Zeitschriften und Zeitungen, aus denen man gar viel lernen könnt fürs Privatleben und auch fürs öffentliche Leben. Aber es sind die katholischen Buchhändler oft tief in Schulden oder leben von der Hand in den Mund und schleppen sich fort wie ein armer Fabriksarbeiter, dass es Sünd' und Schand' ist und die Zeitschriften-Herausgeber müssen oft betteln gehen, damit die Zeitschrift nicht verhungere und manche katholische Zeitung wird eingegraben ohne Sang und Klang, weil sie an der Schwindsucht gestorben ist.

Woher etwa das fommen mag? Ist das liebe Österreich so lentarm? Im Jahre 1878 hat man in Österreich über 37 Millionen Menschen gezählt, darunter allein neun Millionen sechsmalhunderttausend Deutsche gewesen sind. Oder sind das lauter Juden und Lutherische? Im katholischen Taufbuch drinnen stehen 23,900.000 Seelen, und die sind doch nicht beschnitten oder lutherisch getauft. Oder können die Leute nicht lesen? Das wär' gar merkwürdig; denn es sind viele hunderttausend Lehrer in Österreich und halten. Schule das ganze Jahr alle Tag fünf Stunden und drüber und muss jedes Büblein in die Schule, das kaum das Höslein angezogen hat und jedes Mägdelein, das sizen kann, und muss lesen lernen acht Jahre lang. Oder haben die Millionen deutscher, katholischer Österreicher kein Geld zum Bücherkaufen? Wie kommt es aber dann, dass die greulichen. Schmutromane sich ausbreiten wie Gelsen im Sommer, und dass die Judenzeitungen gedeihen wie Mäuse in der Speckkammer, und dass alle Judenbuchhändler und Judenschreiber fett und reich werden? Es wird doch das nicht von lauter Judengeld sein? Wär's nicht tausendmal christlicher und vernünftiger, wenn die Katholiken in Österreich zusammenhalten möchten wie draußen im Reiche, und thäten das Geld nicht hinauswerfen für gedruckte Schund- und Schandwaren, sondern thäten katholische Bücher kaufen und katholische Zeitungen halten. Es würde wieder mehr katho

1) Haringer: . 324.

lischer Geist und katholisches Licht und katholischer Muth auftauchen in Österreich, und wäre das wohl ein gut gespendetes Almosen, das man hingibt für seinen heiligen Glauben und die Grundsäge der Christenreligion, und wär' das viel besser, als dass man sein Geld dem Juden in die Tasche steckt, um sich dafür Spott und Lüge zu kaufen. Auch wär' das ein gar saftiges Stück von echtem, ungefälschten Antisemitismus.

Seinen Glauben soll man überhaupt schäßen wie eine Reliquie von der seligen Mutter und soll nichts drüber kommen laffen, nicht einmal im Scherze.

Einmal ist der gute selige P. Hofbauer in einer Gesell schaft gewesen und da hat man geredet von diesem und jenem und hat sich zuletzt auch das Gespräch hinübergedreht auf den heiligen Glauben. Unter den Tischgenossen ist auch Herr von Klinkowström gesessen, der damals noch Protestant war und darum keine hohe Achtung hatte vor dem heiligen Glauben. Der hat sich erlaubt, über eine Sache der Religion einen Scherz zu machen, der nicht gerade gepasst hat. Wie das der Selige hörte, ist ihm gewesen, als hätte man seiner Mutter einen Faustschlag ins Antlig gegeben, und hat sich die Heiterkeit geflüchtet von seiner Stirn und er hat sich nicht gefürchtet von der ganzen Gesellschaft, sondern hat sich hingewendet zum Spötter und ihm in ernstem Tone gesagt: »Mein Herr, worüber sie spötteln, hat viel Blut gekostet, und zwar kostbares Blut.«1)

Nimm dir ein Erempel, lieber Leser, und mach's nach zur rechten Zeit. Hörst auch du so einen spöttischen Spruch über Beten und Beichten, Fasten und Kirchengehen, Papst oder Priester oder sonst einen Artikel deiner Religion und du brauchst darum nicht weit zu reisen ins lutherische Württemberg oder in die Türkei, sondern kannst derlei Spottvögel auch unter den Katholiken finden, die ihre Mutter schmähen, von der sie geboren wurden nimm kein Schloss vor die Zähne, sondern mach' den Mund auf und rühr' dich; es ist nicht gar nobel, wenn man bei derlei Gefäus sizen bleibt, als hätte man die Mundsperr', oder wenn man gar mit den Wölfen heult und den Hunden bellt, als gehörte man auch dazu. Halt' überhaupt deine Religion hoch und gib sie nicht her um alle Erdenschäze; denn es hat der

1) Summ. p. 270.

liebe Heiland jeden Artikel deines Glaubens mit seinem rosen= farbenen Herzblut unterschrieben, dass du ihn anbeten sollst wie den dreimal heiligen Gott selber.

Ihr seid theuer erfauft; werdet nicht Knechte der Menschen. 1. Cor. 7, 23.

W

74. Unter Diplomaten.

as ein guter Sohn ist, dem ist's nicht gleichgiltig, ob's der Mutter gut geht oder schlecht, sondern er wird sich kümmern drum, und wenn etwa eine giftige Zunge es wagen sollte, ihm die Mutter zu lästern, so macht er nicht etwa die Faust im Sacke, sondern zieht sie herans und zeigt sie dem, der seinen Mund zu weit aufgethan hat; und wenn ein gewissenloser Mensch seiner Mutter ein Recht abstehlen will, so ist er ihr beredtester Advocat. So macht's ein guter Sohn für seine Mutter, und so hat's der selige P. Hofbauer gemacht mit der heiligen. Kirche. Ihre Rechte sind ihm heilig gewesen wie seine eigene Seele, und weil damals die Zeit war, wo man das Stehlen nicht für Sünde hielt und man meinte, man erweise Gott und der Welt eine Gnade, wenn man der Kirche die Federn stube: hat P. Hofbaner's Seele gar oft geblutet für seine Mütter und er hat sich für sie gewehrt mit Muth und Klugheit. Und wenn er auch nicht viel studiert hatte vom Jus canonicum, jo hat Gott ihm seine Weisheit geliehen, und die hat weiter geleuchtet als alle Studiertheit sämmtlicher Rechtsgelehrten. Und er hat jelber gern wiederholt, was weiland König David gesagt hat: »Bücherweisheit kenn' ich nicht, aber eingegangen bin ich in die Kraft des Herrn.« Gar oft ist's gewesen, da haben sich die Herren in der päpstlichen Nunciatur zu Wien über dies und das ihre Köpfe zerbrochen und haben hin- und hergeredet und sind doch auf feinen grünen Zweig gekommen und waren doch das gar schlaue Diplomaten und fluge Herren. Dann ist der Herr Nuntius selber zu P. Hofbauer gegangen und hat ihm die Nuss vorgelegt zum Aufknacken. Der aber hat ein paar Secunden die Augen geschlossen und überlegt vor Gott; dann hat er in einigen Worten den Ausweg gezeigt und das ist immer der rechte gewesen. Einmal hat Herr Severoli, Nuntius zu Wien,

« PreviousContinue »