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und hat dem Herrn Doctor mit strenger Miene ins Gewissen geredet und gesagt: »Das geht Sie nichts an und Sie verstehen es auch nicht. Ich muss für ihn Rechenschaft ablegen.1)

Das ist eines Oberen Sprache und wär' gar gut und heilsam, wenn sie alle Obern verstünden in den mancherlei Klöstern; ihr Schuldbuch wär' reiner und ihr Gericht wär' kürzer und leichter und ihr Fegfeuer wär' auch ein bischen fühler und in ihrem Kloster wäre auch mehr Zucht und Ordnung und mehr Respect vor Oberen und Regel und würde ein Wort eines solchen Vorstehers mehr nüßen als eine dreitägige Predigt eines Oberen, der durchsichtige Finger hat; denn, was versehrt, das lehrt.

Du musst aber nicht etwa glauben, dass der Selige bloß gedonnert hat auf die Untergebenen und vielleicht nach Cben gar süß geflötet. Das wär' Selbstsucht und Menschenfurcht und kein heiliger Eifer, und so was hat kein Logie im Herzen eines Heiligen. Darum hat sich der Selige auch nicht gescheut, seinen Vorgesezten die Wahrheit zwar mit Ehrfurcht, aber mit entschiedener Offenheit zu sagen, wenn sie was gethan hatten, ohne die Regel der Congregation zu befragen. Zu selbiger Zeit ist gar vielen Redemptoristen in Welschland drunten die Armut zu schwer geworden und hätten auch gerne dies Kreuz ein bischen kleiner und leichter gemacht. Und weil sie doch noch so viel Gewissen gehabt haben, dass sie nicht ein offenes Loch in die Regel schossen, die jedem Redemptoristen den unabhängigen Gebrauch des Geldes zu seinem Nußen verbot, haben sie einen Umweg gemacht und auf einem Generalcapitel durchgesezt, dass jeder Redemptorist bei dem Cbern des Hauses eine Casse habe, die ihm gehöre und mit der er machen könne, was er wolle. Dieser Beschluss hat dem Seligen die Glut in die Wangen getrieben, als brännte er ihm an der Seele, und er hat hineinschreiben lassen in Welschland und feierlich protestiert gegen diesen hochweisen Rathschluss. Was er aber geschrieben hat, das hat zu deutsch also gelautet:

»Uns ist der Beschluss des lezten Generalcapitels unter die Augen gekommen, darin wir mit Schrecken gelesen haben, dass es den Untergebenen erlaubt wäre, bei den Obern Geld als ihr Eigenthum zu hinterlegen. Diese Verordnung ist

1) Summ. p. 257.

bisher in der Congregation, wenigstens im Kirchenstaate und außer Italien, unerhört gewesen, weil sie dem Gelübde der Armut so schädlich ist, Trauer auf Trauer häuft, weil sie eine Todeswunde ist, die dem ganzen Institute einmal den Untergang bereiten wird, da durch diese Verordnung unzähfigen Missbräuchen und Störungen der guten Ordnung die Thüre sperrangelweit aufgethan wird.')

Es that aber der gute P. Hofbauer mit seiner Strenge nichts anderes, als was schon gar viele hundert Jahre vor ihm der liebe Heiland selber gethan hat, der auch nicht immer holdselig gelächelt und Kinder umarmt und arme Sünder getröstet hat, sondern oft ernst und streng geworden ist und den Leuten die Hölle heiß gemacht und den Pharisäern gar große Brocken zum Verschlucken vorgelegt hat. Und wie er die Krämerjuden im Tempel gesehen, hat er ihnen nicht eine Verneigung gemacht und ihnen auch nicht liebreich gesagt: »Ist's gefällig, meine Herren?« sondern hat einen Strick genommen und sie hinausgepeitscht bis auf den lezten Mann; denn es hat die Güte ihre Stund' und auch die Strenge die ihrige.

Ich habe für das Gute gerifert und werde nicht zu Schanden werden. Eccl. 51, 24.

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77. Zuwendig.

enn aber auch P. Hofbauer manchmal kalt und frostig gewesen ist, weil's sein hat müssen, so ist das doch nur das Auswendige gewesen an ihm; inwendig aber hat das Feuer der Bruderliebe gebrannt wie ein Vesuv drunten in Italien oder im Ätna drinnen auf Sicilien, und gar manchmal hat das innere Feuer der Bruderliebe die Eisbrücke durchbrochen und ist herausgeschossen in wunderbar prächtiger Schönheit. In Wien ist ein blutjunges Bürschlein von 19 Jahren zu ihm gekommen und wäre um alles in der Welt gern ein Redemptorist geworden. Weil P. Hofbauer an ihm einen guten Willen sah und eine reine Seele und ein aufrichtiges Herz und auch einen Beruf von oben, darum hat er ihn auf

1) Summa pag. 307.

genommen unter seine Zöglinge und hat ihm sogar eine Wohnung gegeben in seinem Häuschen. Dem Jungen ist aber das Blut in den Adern gerollt wie Feuer und er ist empfindlich gewesen wie Reben und Nussbaumlaub gegen die Kälte. Einmal hat ihm der selige P. Hofbauer einen Verweis gegeben über einen begangenen Fehler und ist ihm dabei nicht mit sammtenen Handschuhen über die Wange gefahren. Das hat den Jungen geschmerzt und in seiner innersten Seele hat sich der Stolz aufgebäumt und auch der Teufel hat

ihm zugeblasen, dass der Tadel doch zu strenge sei und dass er ihn nicht verdient habe, und dann hat er das Köpflein hängen lassen wie ein erfrorener Georginen= stock, und ist ihm eine Thräne in den Augen hängen geblieben wie ein Thautropfen, der zu Eis erstarrt ist an einem Schneeglöcklein. Und er ist schweigend fortgegangen in sein Zim mer und hat den Kopf in die Hände gelegt und fortgebrütet über

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der Versuchung wie die Henne über einem Entenei und ist die Versuchung und der Verdrußs darob immer stärker und größer geworden. Aber lang ist er nicht dagesessen auf seinem Sündenstuhl, da hat's an der Thüre geklopft und wie er »Herein« gebrummt hat, ist der gute P. Hofbauer zu ihm ins Zimmer getreten und war sein Blick nimmer streng und sein Antlig nimmer falt, sondern hat dem Betrübten voll Sanftmuth entgegengelächelt und seine ganze Liebe über ihn ausgegossen wie einen farbenprächtigen Feuerstrahl. In der Hand hat er einen Zettel getragen und den hat er dem jungen Trauermantel vor die Augen gehalten und ihm im Tone der süßesten Liebe gesagt: »Kennst Du dies Lied? Geh', sing mit mir!« Und dabei hat er ihm mit einem

Blicke himmlischer Sanftmuth ins Auge geschaut, als wollte er sagen: Sei nicht böse! Ich hab's ja gut gemeint.« Und er hat angefangen zu singen und der Student hat mitsingen müssen, und beide haben ein Duett gesungen so schön, wie's nicht zwei Engel singen mit einander, und wie ihre Stimmen zusammenklangen zu lieblicher Harmonie, so haben auch ihre Herzen wieder zusammengestimmt in Lieb' und Eintracht. Mit jedem Vers ist's wärmer geworden in des Jünglings Seele, und wie sie zu Ende waren mit dem letzten Vers, da ist aus des Getränkten Herzen jeder Troß entwichen. wie Rauch beim Kamin und er hat erst recht gefühlt, welch' edle Perle er am seligen Clemens gefunden, und hat sich geschämt seiner Empfindlichkeit und erst jezt den Seligen lieb gehabt wie das Kind den liebenden Vater.

Das Lied aber, das beide vereint hat, war also gesetzt:

»Nun will ich Maria grüßen

Und fallen zu ihren Füßen,

Lieben, ja licben will ich sie allezeit,
Denn sie ist nach Gott mein Leben,
Ihr will ich mich ganz ergeben,
Lieben, ja lieben will ich sie allezeit.

Schönste Jungfrau der Jungfrauer,
Thu' nach Jesus mich anschauen,
Bitte, ach bitte für mich Dein Kind,
Dass es mir die Gnad' verleihe,
Und barmherzig mir verzihe
So viele auch meiner Sünden sin d.

Maria, ich befehle

Dir mein Leben, Lib und Seele.

So lang ich von Gott das Leben noch hab',

Will ich Dich, Maria, preisen,

Alles Lob und Ehr' erweisen,

Bis ich, ja bis ich liegen werd' im Grab.

Wenn ich werd' im Todbett liegen,

Voller Angst in leßten Zügen,

Komme, ach komme, Maria, Lei Zeit!

Steh' mir bei am leßten Ende,

Nimm m.ine Seel' in Deine Hände,

Führ' sie, ach führ' sie, zur himmlischen Freud.')

1) Summ. pag. 291. Haringer S. 522.

Packt auch dich der Teufel am Zipfel deiner Seele und seht dir zu mit grober oder seiner Versuchung und du meinst ihm nimmer entrinnen zu können, sing' ein heiliges, lustiges Liedlein. Es hilft das Singen so gut wie das Beten; denn der Teufel ist nicht bloß ein verdammter Geist, der nicht beten kann, sondern auch ein finsterer Geist, der nicht singen kann.

Die Liebe zu seinen Mitbrüdern hat in P. Hofbauer's Seele überhaupt fortgeglüht wie das Feuer im Innern der Erde und ist nie erloschen, und hat sich bald da, bald dort Luft gemacht. Seine armen Mitbrüder in der Schweiz mussten herumirren von Ort zu Ort wie Gemsen im Winter, die kein Futter finden und vom Jäger gehezt sind. P. Hofbauer hat das gar tief geschmerzt um seiner lieben Brüder willen. Wie er aber erfuhr, dass die Congregation geseßliche Aufnahme gefunden habe im Schweizerlande und zu Valsainte sogar ein Kloster bezogen hätte und Missionen halten könne bis hinein ins Elsaß: hat seine Seele aufgejubelt in süßer Freude und er hat einige der schönen Paramente, die er von Warschau mitgenommen hatte, hineingeschickt an seine lieben. Mitbrüder in den Schweizerbergen.

Gar sehnsüchtig hat er sich umgesehen nach Ländern und Städten, in denen er seiner Congregation ein Ruheplätzchen verschaffen könnte, und hat die Begierde hell aufgelodert in seiner Seele, Klöster zu gründen in aller Herren Ländern. Und weil damals in Europa für die Klöster wenig Play gewesen ist, hat er hinübergeschaut nach Amerika und sogar zwei seiner Schüler, Hätscher und Libozfy, bestimmt zu amerikanischen Missionären. Da kam Herr Fortunato Ercolani von Rom nach Wien, der ein eifriger Passionist gewesen ist und Bischof in der Walachei. Und wie der erfuhr, dais P. Hofbauer an Amerika denke, hat er ihn gebeten, er solle doch mit seinen Jüngern in Europa bleiben und seine Schüler hinunterschicken zu den Walachen; denn es sei doch nicht so weit als übers Meer und hätten auch die Leute im Türkenland unsterbliche Seelen, und wären schrecklich verlassen von geistlicher Hilfe, noch mehr als die Christenmenschen in Amerika. Darüber hat P. Hofbauer nachgedacht vor Gott und seiner heiligen Mutter und hat erwogen, wie traurig es sein müsse, wenn so viele Menschen den wahren Glauben verlieren und Türken werden oder Schismatifer, weil sie feine Priester haben. Und wie er vernahm, dass in Bukarest viele

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