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gnädiger Vater und lässt sein Kind nicht verderben und untergehen, sondern streckt ihm die rettende Hand entgegen, wenn's Zeit ist. Verlass dich drauf.

In enigem Gedächtnisse wird der Be rechte sein, sich nicht fürchten vor bösem Gerüchte; sein Herz ist gefasst und hoffet auf den Herrn; fein Herz steht fest, er wanket nicht, bis er wegschauen kann über seine Feinde. Ps. 111, 7. 8.

82. Gegenwind.

amit du aber siehst, dass obige Red' kein leeres Stroh sei und dass man auch gegen die Hoffnung noch hoffen solle, will ich dir jezt herseßen, was weiter mit P. Hofbauer geschehen ist, und was der da oben gesagt hat zu den famosen Gedanken und Plänen seiner Feinde auf Erden.

Die erste Folge der Untersuchung war, dass P. Sabelli einen Pass gekriegt hat ins Schweizerland. Beim Pass aber ist noch ein Brief gelegen, darin ihm die hohe Regierung den Befehl gegeben, er jolle sich in Wien nimmer lang blicken lassen; denn in drei Tagen müsse er schon über der Grenze sein. Das hat ihm freilich nicht übel gefallen, und er hat auch gerne gehorcht und ist schon am 17. Jänner 1819 fort aus der Wienerstadt. Aber auch P. Hofbauer hat jeden Tag gefürchtet, es könnte ein Bote kommen von der hohen Regierung mit des Kaisers Unterschrift und Siegel, um ihn hinauszubegleiten aus Wien, und er hat seine Gedanken auch den Klosterfrauen mitgetheilt und offen gesagt: »Ich bin keinen Tag sicher, ob ich nicht aus Österreich vertrieben werde. Er hat auch bereits seinen Bündel geschnürt, und sich reisefertig gemacht übers Meer. Dazu hatte er auch vollen Grund, denn seine Feinde haben sich nach der Untersuchung nicht aufs Chr gelegt, sondern waren ganz eifrig, ihren Brei zu Ende zu kochen, und sind selbst zum Kaiser gegangen und haben ihm ins Gesicht gelogen und gesagt, dass P. Hofbauer freiwillig fortgehe aus Österreich und dass er deshalb gebeten habe um einen Reisepass nach Amerika. Wie der Kaiser den Kopf geschüttelt hat und das Ding ihm doch etwas unglaublich vorkam, hat man ihm seine Unterschrift vorgewiesen und sein Siegel dazu. Jezt hat auch der Kaiser nimmer zweifeln

Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

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können, dass es Ernst wäre mit dem Abschied; aber aufgeseufzt hat er; denn er liebte den eifrigen Priester so gar innig und entließ ihn nur ungern und hat erwidert: » Wenn P. Hofbauer freiwillig gehen will, habe ich nichts dagegen! aber als Landeskind hätte ich ihn nicht ausgewiesen.« Und jezt ist das Verweilen des Seligen in Österreich nur mehr eine Frage von Tagen gewesen.

Da aber hat Gott im Himmel dreingegriffen und dem Winde eine andere Richtung gegeben und ist selber dem armen, schwachen Greis, der allein und weltverlassen dastand, unter einem Rudel von Feinden Schild und Hort geworden und es ist wieder einmal das alte Sprichwort zu Ehren. gekommen: Wo die Noth am größten, ist Gottes Hilfe am nächsten. Als Werkzeug seiner Hilfe hat sich Gott besonders den guten Erzbischof von Wien, den Grafen Hohenwart, ausersehen und ihm's noch zur rechten Zeit wissen lassen, was man im Schilde führe gegen den eifrigen Priester. Den hat das in tiefster Seele geschmerzt und er ist unverzüglich zu Sr. Majestät gegangen und hat Audienz begehrt. Hiebei hat er dem Kaiser reinen Wein eingeschenkt und erklärt, wie er hinter's Licht geführt worden wäre von des Seligen Feinden, die mit allen Wassern gewaschen wären, und hat ihn innig gebeten, er möge ihm doch nicht den besten Priester nehmen, den er habe in der ganzen Diöcese. Da hat der Kaiser die Augen aufgethan und nicht gewusst, was er denken solle vom ganzen Handel. Und weil er ein rechtliches Herz besaß und keinem Menschen Unrecht thun wollte mit Wissen und Willen, hat er die Sache zuerst selber untersuchen wollen. Jeßt aber hatte er nicht Zeit dazu; denn er war schon reisefertig hinein nach Rom, um dem Papste als treuer Sohn der heiligen Kirche einen Besuch zu machen. Daher hat er anbefohlen, man solle P. Hofbauer nichts thun, bis er selber wieder zurück wäre von der Römerreise. Als seinen Stellvertreter, dem er die ganze Regierung übergab, hat er seinen Bruder ernannt, den Erzherzog Ludwig, der ein gar frommer Christ und ein lieber Herr war und bei Gott und Menschen in Lieb' und Ehren stand. Dann ist er abgereist.

Weil der Kaiser selber ein bischen harthörig gewesen ist gegen ihre guten Rathschläge, haben jeßt die Herren Josefiner bei seinem Bruder angeklopft und ihm die alte Litanei vorgefungen, wie früher dem Kaiser, und haben ihn

ersucht, es möge doch er den »römischen Spißl« hinausjagen aus Österreich; denn sonst könne das liebe Vaterland nicht zur Ruhe kommen. Da sind sie aber erst recht abgeblißt wie eine Flintenkugel an einem Panzerschiff; denn der hat kein Gespass verstanden in geistlichen Dingen, und ist ihm überhaupt die ganze Josefinerei im Magen gelegen wie ranzige Butter. Darum hat er auch den pflichteifrigen Herren zur Antwort gegeben: »Wissen Sie, meine Herren! In Wien hätte man nicht bloß einen P. Hofbauer vonnöthen; sondern es wäre zu wünschen, dass sechs solcher Priester da wären, die arbeiten wie er, um die religiöse Lage von Wien zu verbessern.« Diese Antwort haben sie nicht erwartet gehabt und ist ihnen zu Gesicht gestanden wie dem Teufel das Vaterunser und haben dabei hinuntergeschaut nach der Nase und die Köpfe hängen lassen und sich davongeschlichen wie geprügelte Hunde und haben's zum zweitenmale nimmer probiert, an diese Thüre anzuklopfen. So geht's, wenn der Mensch den Muth nicht sinken lässt und offen auftritt für Recht und Gewissen, wenn's sein muss; ein festes Wort zur rechten Zeit hat schon manche Lästerzunge gelähmt, dass sie sich nimmer gerührt hat.

Zugleich mit dem Kaiser ist auch der apostolische Nuntius von Wien hineingereist nach Rom, ist aber viel schneller gefahren, um mit dem Papste noch vor dem Kaiser sprechen zu können, ihm ein Licht anzuzünden über die kirchliche Lage von Wien, und ihm vor allem zu sagen, welche Treibjagd die geistlichen und weltlichen Beamten anstellen nach P. Hofbauer, und wie man ihn beim guten Kaiser anschwärze als päpstlichen Spion, der entfernt werden. müsse, dass es zuleht der Kaiser selber glaube und schon nahe daran sei, diese Stüße der Kirche umzureißen und wegzuwerfen. Das hat sich der heilige Vater gut notiert in seinem Gedächtnis, und wie der Kaiser selber kam und Audienz verlangte, sind die beiden Herren beisammen gesessen, wie Vater und Sohn und haben miteinander gar herzlich gesprochen. Und mitten im Gespräche hat der gute Papst Pius VII. dem Kaiser ein artiges Compliment ge= macht und ihm erzählt, dass er mit süßer Freude gehört hätte, wie in Wien einige wundersam eifrige Priester wären, und absonderlich müsse er ihm gratulieren, dass er in Wien den P. Hofbauer habe, der ein wahrhaft apostolischer Mann und die Zierde seines Clerus und die Säule der

Kirche wäre. Da hat der Kaiser aufgeschaut und aufgehorcht und hat das ganz anders geklungen, als das Gelispel, das er über diesen Geistlichen bisher in der Wiener Hofburg gehört hatte. Und weil der Papst wusste, dass man P. Hofbauer verklagt habe als Österreichs Maler in Grau und Schwarz, hat er den Spiess ungedreht und gar klug hinzugesezt: P. Hofbauer klagt über die Römer, dass sie nicht wissen, wie die Deutschen zu behandeln wären; denn er meint, es ließe sich viel Gutes wirken, wenn die Deutschen auf die gehörige Weise behandelt würden.«

Da hat der Kaiser erst gehörig Freude gehabt, und erkannt, dass P. Hofbauer nicht nur ein eifriger Priester, sondern auch ein guter Österreicher wäre und eine kräftige Stüße für Staat und Kirche. Und wie er sich erinnerte, dass er den bald verjagt hätte aus seinen Staaten auf die Einsprache seiner Hofschranzen, sind ihm diese guten Freunde auch verdächtig vorgekommen wie höfliche Spizbuben; denn es ist nicht jeder ein Freund, der einem schön vormusiciert.

Die Gedanken über den Kummer, den er so unverdient dem heiligen Priester bereitet habe, sind in seinem Kopf herumgefahren, wie Fledermäuse im Rauchfang, wenn unten. eingeheizt wird, und es hat ihn der Schmerz gepackt und die Rene wie ein heftiger Krampf. Und wie er angelangt ist im Palaste seiner Gesandtschaft, hat er das Seelenweh nimmer ertragen können, sondern seinen Seelenarzt gerufen, der Darnaut geheißen, und ihn begleiten musste auf all seinen Reisen, und selber ein inniger Verehrer P. Hofbauer's war. Dem hat jeßt der Kaiser geklagt, was ihm der Papst gesagt habe über die Zierde des Wiener Clerus, und wie das Wort ihn so schmerze, weil er den braven Priester misskannt habe, und hat ihn um eine Arznei gebeten gegen das Seelenfieber, das man Rene nennt, und sagte: »Ach, den guten P. Hofbauer haben wir schwer gekränkt. Das thut mir leid. Wüsste ich nur, mit welcher Wohlthat ich all seine Leiden wieder gut machen könnte! So hat der gute, edle Kaiser geredet, und Herr Darnaut hat drauf erwidert: P. Hofbaner hat nur den einen Wunsch, dass seine Congregation in Österreich eingeführt werden dürfe. Wenn Euer Majestät dieses sein Verlangen erfüllen, dann ist ihm volle Genugthuung geworden.« Dies Wort hat den Kaiser wieder getröstet und ist für sein wundes Vaterherz ein süßes Labsal gewesen.

Von Rom ist der Kaiser hinabgefahren nach Neapel und hat ihm der neapolitanische König gar schöne Festlichkeiten veranstaltet, eine nach der andern, und haben die Leute ihre Häuser beflaggt und Lichter angezündet in ihren Fenstern am Abende, und mit Glocken geläutet und ihm Evviva zu= gerufen zu Hunderttausenden, und so lange er in Neapel war, haben sich die Festlichkeiten abgelöst, wie die Tage im Jahr. Aber bei all dem Festrausch ist dem edlen Kaiser das dem P. Hofbauer angethane Unrecht im Kopf herumgegangen wie ein Leichenbitter und er hat noch von Neapel aus, am 23. Mai 1819, heimgeschrieben nach Wien und den P. Hofbauer aufgefordert, die Regeln seiner Congregation ihm vorzulegen und anzugeben, wie die Congregation in Österreich eingeführt werden könne, damit er sehe, was sich thun lasse. So geht's, edle Herzen können nicht lachen auch mitten in Freuden, so lange noch ein Herz weint, das sie gekränkt haben.

Unterdessen ist P. Hofbauer zu Wien gesessen voll Furcht und banger Erwartung und hat jeden Tag gemeint, es müsse der große Brief kommen vom Kaiser mit dem Pass darinnen. Endlich ist ein Herr gekommen in kaiserlicher Livrée und hat einen großen Brief gebracht, der war vom Kaiser selber und hat sich P. Hofbauer nicht anders denken können, als da müsse der Pass drinnen sein und sein Ausweisungsdecret. Wie er aber den Brief aufgemacht und angefangen hat zu lesen, hat er seinen Augen nimmer getraut und noch einmal die Adresse angeschaut, ob denn der Briefträger die Hausnummer nicht verfehlt habe und wie er gesehen, dass doch der Brief ihn angehe, hat er nimmer weiter lesen können; denn es sind ihm die Thränen in die Augen getreten, wie Soldaten in die Schildwach', und er hat geweint vor Lust und Freud und die Gedanken sind ihm durcheinandergelaufen wie Masken am Faschingstag, und er wäre bald selber außer sich gekommen vor unnennbarer Wonne und war war ihm, wie einem Straßenkehrer mit einem franken Weib und einem Dußend kleiner Kinder, wenn er den ersten Treffer macht in der großen Lotterie; denn statt dem Pass nach Amerika hat ihm der liebe, gute Kaiser den Auftrag geschickt, einzureichen um die Einführung der Congregation. Und wo er sich am fernsten glaubte von der Erfüllung seiner heißesten Lebenswünsche, ist ihm selbe vor die Füße gefallen wie ein Goldklumpen vom Himmel. Darum hat er sich hingestürzt auf die Knie und Gott gedankt

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