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Butten Holz herauftragen müssen zur Heizung der Zimmer. Und weil die armen Schwestern schwache Weibsleute waren und das Holz gar schwer und die Stufen gar viel, haben sie sich schwer geplagt und ist ihnen der Schweiß von der Stirne geronnen wie das Regenwasser von der Dachtrause, und wäre ihnen bald der Athem zu kurz geworden für die langen Stiegen, dass sie manchmal haben rasten müssen auf ihrem Holzweg. Wenn sie so der gute Beichtvater getroffen, hat er sie mitleidig angeblickt und ihnen zugerufen: »> Mein Jesus, lass' mich mit dir dies kleine Kreuzlein tragen!«) Und ist gewesen, als wollte er in ihren Herzen das Echo hervorrufen, dass auch sie das Wörtlein sprechen zu Jesu Freud' und ihrem Trost.

Set' dich ein bischen nieder auf Calvaria unter Christi Krenz und halt' Umschau und Einschau in deine Christenseele! Ach, wie sind wir doch blind und schwachsinnig an beiden Augen und haben feige Seelen wie Hasenseelen! Wie oft denkst du denn an Christi Leiden und Sterben? Du gehst vielleicht gar dran vorüber ohne Dank für all die. tausend Blutstropfen, die dein göttlicher Bruder in so glut heißer Liebe für dich vergossen hat, und efelt dich an dem blutrünstigen Leichnam und wärst du ewig verdammt und verloren ohne Krenz und Calvaria! Und wenn du schon Mitleid hast und sich auch hie und da ein Thräulein des Mitleids verstohlen herabschleicht über deine Wangen, ist nicht sogar dein Weinen unfruchtbar wie ein Novemberregen und sündigst lustig weiter auf Jesu Kosten? Und wenn er dich einladet, dein Krenzlein mit ihm zu tragen, und bietet dir ein Dörnlein an von seiner Krone, jo rennst du davon wie die Weibstent' vor der Feldichlacht, und kannst du nicht aus, so schreist du auf wie einer, den eine giftige Viper gestochen hat! Wie trostlos! Ist denn der gekreuzigte Jesus nicht auch unser Bruder?

3. Station.

Das Brothäuslein.

Indessen hat sich der liebe Heiland nicht beirren lassen durch der Menschen Kaltblütigkeit, sondern hat noch eine Station gemacht und ein Häustein aufgeschlagen, darin

1) Summ. p. 67

er wohnen wird bis zum jüngsten Tage, um die Fremde zu theilen mit seinen Brüdern und Schwestern, und ist dies Häuslein gar klein, und hat der liebe Heiland doch Play darinnen, weil er feinen Hofstaat macht wie große Herren auf der Welt und hätt' auch Play, wenn das Häuslein noch tausendmal kleiner wär'. Das Haus aber, darinnen dein göttlicher Bruder thront, ist aus Weizenbrot gar kunstreich geformt und ist vom Weizenbrot nichts mehr da als Farb' und Geruch und Geschmack und Gestalt, das Wesen aber ist herausgenommen und hat sich statt dessen der liebe Heiland dreingesetzt aus purer, unendlicher Liebe zu dir. Du merkit, wo ich hinaus will, gelt, und denkst schon an das hoch heilige Sacrament des Altars, darin der unendliche Gott sich selbst übertroffen hat an Lieb' und Erbarmen. Da sizt der liebe, gute, göttliche Bruder schon an die viele hundert Jahr' in seinem kleinen weizenen Häuslein und schläft nicht, sondern ist wach Tag und Nacht und wartet still und geduldig, ob nicht ein Bruder kömmt oder eine Schwester auf Besuch, oder weil sie was brauchen, und ob ihn nicht ein's einladet von seinen Geschwistern zu einer Visite in Herz und Seele. Ach, wenn man anfängt darüber nachzusinnen, wo diese Liebe herkömmt und wie weit sie geht und was Gott ist und der Mensch, und was Gott hat für all sein Lieben und Opfern, so geht's einem, wie einem sechsjährigen Bauernbüblein aus dem Waldviertel, das zum erstenmal in ein Theater kömmt in der Kaiserstadt; es gefriert der Verstand und man kommt nimmer weiter im Denken, und hat man ein Herz im Leib', so muss man lieben.

Ganze Stunden ist der gute, selige P. Hofbauer gekniet vor dem Tabernakel und hat traulich geplandert mit seinem göttlichen Bruder und hat sich versenkt in Jeju Herz und ist geschwommen im Meere der Liebe. Was sie da mitjammen. geredet haben, wer weiß es? Es müssen aber gar süße, liebliche Dinge gewesen sein, denn P. Hofbaner war oft ver sunken in glühender Andacht, dass er nichts gewusst und gemerkt hat von der Welt um ihn, und oft hat sein Antlig geleuchtet in süßer Lust und ist ihm gewesen wie weiland St. Peter am Tabor. Und wenn das hochwürdigste Gut zur Anbetung ausgesetzt war, und der liebe Heiland sich den Augen seiner Brüder zeigte, wie wenn der Kaiser heranstritt auf den Balkon seiner Burg, dann waren ihm die Augen zu klein und es war, wie wenn ein Strahl ausgienge von

Jejus im Sacramente und brennte hinein in Hofbauer's Seele, und es rötheten sich die Wangen und sein Antlig strahlte in überirdischem Lichte, wie wenn der Mond das Sonnenlicht niederwirft auf unsere Erde.) So oft er aber durch die Kirche gegangen ist, hat er es mit so wunderbarer Eingezogenheit und Andacht gethan, dass die Leute aufgestanden sind in den Bänken und haben ihm nachgeschaut, jo lange sie fonnten, und haben heilige Ehrfurcht gekriegt vor dem höflichen Priester und sind selber andächtiger geworden durch Hofbauer's Beispiel. 2)

Und wenn der Selige auf seinem Gange durch die Kirche zum Tabernakel gieng, darinnen sein lieber Heiland Residenz hielt, ist er andächtig niedergesunken auf ein Knie und ein paar Augenblicke in dieser Stellung verharrt und hat seinen göttlichen Bruder gegrüßt in dieser ehrfürchtigen Haltung: denn ohne Gruß hätte er nicht vorbeigehen mögen an seines Erlösers Wohnthür.3) Und hat er gemeint, er sei allein in der Kirche und brauche keine Rücksicht zu nehmen auf andere Leute, die die Liebe nicht brennt, dann hat er seine Gefühle laufen lassen, wie sie wollten, und ist gar zärtlich geworden mit Jesus, und hat ihm wohl auch Küsse zugeworfen mit der Hand vor Lieb' und Andacht.) Wenn er aber Jesum in seinen Händen trug in der Monstranze oder im Ciborium, und mit seinem Heilande durch die Kirche schritt oder durch die Straßen von Wien, dann war er selig und wonnig, wie weiland die liebe Gottesmutter in der heiligen Weihnacht, und schloß seine Augen und neigte sein. Haupt, als wollte er es legen an Jesu Brust, wie St. Johannes beim letzten Abendmahl, und haben die Leute gefürchtet, er müsse fallen bei jedem Schritte.5) Er aber hat oft vergessen, wo er war, und seine Gefühle nimmer einsperren können in seine innere Seele, sondern hat oft die Monstranze an sein liebendes Herz gepresst und an seine brennenden Wangen und hat sich Glaube und Liebe und Dank und rührende Andacht auf seinem Antlig gemalt, wie allerlei Farben auf einem Ölgemälde.) Nicht selten ist er auch

1) Summ. pag. 93.
2) Summ. pag. 175.
3) Summ. pag. 182.
4) Summ. pag. 176.
5) Summ. pag. 182.
6) Summ. pag. 95.

in laute Seufzer ausgebrochen, wenn er gedachte an Jesus im Sacramente, und hat aufgejubelt: » guter Jesus, o höchstes, liebenswürdigstes Gut!« 1)

Am rührendsten und innigsten jedoch ist seine Andacht beim Opfer der heiligen Messe geworden. Nie hat er dasselbe unterlassen, wenn er auch auf Reisen war, und hat oft weiten Umweg genommen, um in eine katholische Kirche zu kommen. Selbst wenn er frank war, hat er sich noch in die Kirche geschleppt, um das heilige Opfer zu feiern. Bei der Messe aber ist er gewesen wie ein flammender Seraph, der vom Himmel gestiegen. Schon die Gebete, die er bei Anfang der Messe gesprochen am Fuße des Altares, hat er mit tiefer Zerknirschung gebetet. Und wenn er das Confiteor sprach und an seine Brust schlug, ist es gewesen, als wollte er Rene erwecken für alle Sünder der ganzen Erde.") Und je weiter er kam beim heiligen Opfer, desto heller loderte die Andacht auf in seinem Herzen, und stand er da vor Gott voll Majestät und Würde, und aus jedem seiner Gebete sprach der lebendige Glaube und jede seiner Bewegungen athmete innige Andacht. Kein Auge konnte ihn anschauen, ohne dass im Herzen Liebe und Andacht entzündet wurde und ein hoher Begriff im Geiste auftauchte vom heiligen Opfer.) Und wenn er auch glühte vor Liebe wie eine Kohle im Feuer, so hat seine Andacht doch keinen buckeligen Auswuchs gehabt, und ist nicht gefünstelt gewesen, wie der Triller einer Opernsängerin; denn das ist die schönste Andacht, die aus dem Herzen quillt, lustig und frisch, wie das Bächlein aus dem Felsen. Auch hat er nie die Rubriken der Kirche übertreten, sondern sich dran gehalten bis ins Kleinste.1) Nach der Wandlung aber hat seine Andacht die Höhe erreicht, wie der Bergsteiger, wenn er am Gipfel ist, und ist ihm gewesen, als fühle er Jein Athem an seinen Wangen und schaue der Herr voll Milde und Liebe herauf zu ihm von der heiligen Hostie und könne er, der Mensch aus Staub und Asche, jezt spielen mit seinem allmächtigen Gotte. Dabei ist er oft in Seufzer ausgebrochen über Gottes Liebe und Herablassung) und hat heiße Thränen

1) Summ. p. 182.

2) Summ. p. 175, 182.
3) Summ. p. 175.
4) Summ. p. 182.

5) Summ. p. 177.

Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

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geweint vor Dank und Rührung. Und die Leute sind gekommen in hellen Haufen und haben ihm zugesehen beim Messelesen, und ihre Andacht entzündet an seiner Glut, und gar vornehme Herren haben sich's zur Ehre gerechnet, ihm dienen zu dürfen am Altare. Nach der Messe aber ist er nicht davongelaufen, wie ein entsprungener Sträfling, sondern hat sich noch hingekniet und seinem Heiland gebührend Dank gesagt für alle Ehr' und Lieb'.

So hat der Selige selber Ehrfurcht und Liebe an den Tag gelegt gegen den lieben Heiland in der Hostie und hat der gute Herr Jesus innige Freude haben müssen über eine so treue, liebende Bruderseele. Aber auch andere hat er hingezogen zum Tabernakel, damit sie von Zeit zu Zeit Ehrenwache hielten vor Gott und ihrem Erlöser, und hat darum die Kirche geschmückt und schöne Feste gefeiert, damit die Christen umso lieber hineinkämen in das Gotteshaus, und hat verschiedene Andachten eingeführt, und allerlei schöne Lieder singen lassen, wie ich dir schon oben einmal erzählt habe. Das alles sind Lockrufe gewesen an die Christenherzen, dass sie kämen und beten. Und er hat selber gemahnt und gerufen, man solle fleißig in die Kirche gehen und Jesum nicht allein lassen, und hat die Klosterfrauen ermahnt, sie möchten doch jede Stunde ihrem Bruder eine Visite machen, da sie ja mit ihm unter einem Dache wohnen und nicht weit hätten zu ihm, und hat ihnen auch angegeben, was sie ihm sagen sollten, wenn sie zu ihm kämen, damit's ihm ge= fiele, und sie sollten ihn anbeten und benedeien und sprechen: »Hochgelobt und gebenedeiet sei das allerheiligste Sacrament des Altars von mir und jedem Geschöpfe von nun an bis in Ewigkeit.«1) So sollten sie sprechen, denn das sei Hoffitte bei Sr. göttlichen Majestät. Und seinen Beichtfindern hat er eingeschärft, sie sollten an keiner katholischen Kirche vorübergehen, ohne den Hut abzunehmen und den Hausherrn zu grüßen, und wenn sie auch nur einen Augenblick Zeit hätten, so möchten sie eintreten, und ihn Demjenigen schenken, der ihnen die ganze Zeit geschenkt habe und die Ewigkeit. Wenn sie, aber eintreten in die Kirche, dann sollten sie vor allem ihre Augen mit lebendigem Glauben hinrichten zum Tabernakel und Jesu ihre Huldigung bringen. 3) Und weil

1) Sumin. p. 176.

2) Summ. p. 94.
3) Summ. p. 182.

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