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möge. Doch P. Hofbauer war schon mehr herausgeschält aus Erdensinn und Erdenleben, und hat nur an Gott ge= dacht, und seinen anbetungswürdigen Willen, und daher die heilige Antwort gegeben: »Nicht unser, sondern Gottes Wille soll geschehen im Himmel und auf Erden.« Dem Schwesterlein aber ist dieser Flug zu hoch gewesen, und sie hat darum niederer gezielt und gemeint: »Ach, das wäre ja für uns Klosterfrauen ein gar großes Unglück, wenn Euer Hochwürden sterben möchten.« »Nein,« hat der Selige entgegnet, »die Sünde allein ist ein Unglück.«1)

Was ist doch das für ein hohes, edles Wort gewesen, und ist so hoch und tief, dass kein Heidenphilosoph_es_entdeckt hat in der ganzen alten Zeit, und ist doch so wahr und klar, dass man nicht dran zweifeln kann; denn fürs erste hat alles Unglück und jedes Übel, das die Erde überschwemmt, wie ein ausgetretener Wasserstrom, in der Sünd' seine Quelle, und ist die Erbsünd' die Hanptquell', und jedes Menschen persönliche Sünde eine Nebenquelle, die alle zusammenrinnen zum Übelstrom wie Flüsse und Bäche und Bächlein. Und fürs zweite steigt jedes andere Übel gegen Himmel auf, zu reichem Verdienst, wie unsichtbarer Wasserdampf; nur die Sünde allein ist schwerer Erdenstoff und Bodenja und sinkt hinab in der Seele Grund und erstickt in ihr Fruchtbarkeit und Leben, dass sie von Gott verlassen wird, wie ein überschwemmtes Erdreich. Darum ist bittere Noth und langes Krankhein und schnöde Verachtung und falsche Verleumdung und Verfolgung und was man sonst noch Übel nennt, fein wahres Unglück. An die Sünde aber musst du denken, wenn du betest: Erlöse uns von dem Übel. Amen.

Thu' nichts Böses, o widerfährt dir nichts Vöses. Eccli. 7, 1.

11. Kranzeljungfern.

u möchtest vielleicht gern wissen, liebe Seele, wie denn P. Hofbauer so bestimmt hat sagen können, dass er bald sterben werde, da doch der weise Gott dem Menschen seine Todesstunde geheim hält, damit er nicht drauf lossündige, sondern jeden Tag gefasst sei auf das letzte Stündlein. Du

1) Summ. pag. 359.

Leben d. sel. Clem. M. Hofbauer.

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hast aber gewiss schon gelesen, dass der liebe Herrgott manchmal bei den Heiligen eine Ausnahme macht, weil er nichts risfiert dabei, und ihre Seele ohnehin jede Stunde reisefertig ist; darum thut er ihnen oft kund zu ihrem füßen Troste, wann die Seele Einzug halten soll ins gelobte Land.

Und so hat er auch dem jeligen P. Hofbauer sein Sterbestündlein verkünden lassen, und ist das gar wundersam lieb= lich gewesen wie Hochzeitbitten. Und war also:

Einmal, an einem Vormittage ist's gewesen, kurz vor seinem Sterben, ist P. Hofbauer im Beichtstuhl gesessen in der Ursulinenjacristei und sind mancherlei Leute vor seinem Beichtstuhl gestanden, die gewartet haben auf Zuspruch und Lossprechung. Da ist auf einmal die Kirchthüre aufgegangen, und ist eine große Schaar Jungfrauen hereingekommen bei der offenen Kirchenthür bis hin zu P. Hofbauer's Beichtstuhl. Die aber sind nicht gegangen wie andere Leute, sondern über der Erde geschwebt wie eine Rauchwolke; denn es sind keine Erdenjungfrauen gewesen, sondern Engel, die sich dem seligen Bruder zeigen wollten in lieblicher Jungfrauengestalt. Die waren alle gar wunderschön von Angesicht, dass man nicht hat sagen können, welche die schönste sei, und hat doch feine der andern gleichgesehen. Ihre Gesichtchen waren wie Milch und Blut und jugendlich frisch und zart und lag selige Freude und himmlischer Friede drinnen und spiegelte sich die ganze Himmelsseligkeit in ihrem Antlig wie der blaue Himmel in einem klaren See. Die Glieder hatten sie züchtig gehüllt in weiße Gewänder, die ihnen in zierlichen Falten hinabreichten bis über die Füße. Die Kleider aber waren funstreich unvunden mit duftenden Blumenkränzen von mancherlei Farben und schlang sich ein Blumengewinde um ihre Hüfte wie ein blühender Gürtel und eine Blumenkrone trugen sie auf dem Haupte. Jede der Jungfrauen aber trug auch einen Blumenkranz in der Hand, so schön, wie ihn kein Gärtner zu flechten versteht mit all seiner Kunst. Wie sie angelangt waren vor des Seligen Beichtstuhl: bildeten fie einen Kreis und schwangen die Kränze über ihrem Haupte und drehten sich in lieblichen Reigen immer höher und höher und war das ein unendlich süßes, holdes Bild, und war, als ob Engel gekommen wären vom Himmel wie Kranzeljungfern, den Seligen einzuladen zur ewigen Hochzeit und Krönung mit unverweltlichen Blumen. Und der Selige hat sie verstanden und hat sich ein bischen hinausgeneigt vor den

Beichtstuhl den Jungfrauen zu und hat ihnen ein ehrerbietiges Compliment gemacht, wie sich's ziemt vor einem Engel, und mit seligem Lächeln zweimal zugerufen: »Ja, ich fomm' schon, ich komm' schon. Dann sind die tanzenden Engel gegen Himmel geschwebt und hat man nichts mehr von ihnen gesehen und auch nichts mehr gehört. Ein Mann aber ist in der Kirche gewesen, der das alles mitansah und auch P. Hofbauer's Worte hörte. Und wie der darnach den Seligen fragte, was denn das gewesen sei, hat er nur zur Antwort bekommen: »Sei still und sag nichts.« Und bald darauf ist er gestorben, der gute P. Hofbauer.')

Gelt, lieber Leser, so ein Tänzlein wär' dir wohl auch recht im Sterben und möchtest g'rad' fein schief Gesicht schneiden, wenn Engel kommen thäten in deiner Scheidstund' und wollten dich einladen ins himmlische Blumenland zur ruhmvollen Krönung und thäten vor deiner Seele hergehen auf der lezten Wallfahrt, wie vor einem Gnadenbilde, das man in feierlicher Procession herumtrögt um die Kirche. Weißt was, liebe Seele, führ' auf Erden ein englisches Leben und halt dein Herz rein vor Sünd' und dein Tauffleid weiß und makellos wie ein Engelleibchen, und leg' Tugendsamen in die Seele und lass' ihn aufblühen wie Blumen im Ziergarten: Geduld und Sanftmuth und Gotteslieb' und Nächstenlieb' und Keuschheit und Demuth und was es sonst noch für Namen gibt in dieser Pflanzenkunde. Glaub'mir, es kommen dann auch an dein Sterbbett gar mancherlei selige Geister: wie dein Schußengel und deine Patrone und die liebe Gottesmutter und dein göttlicher Heiland selber und geleiten deine Seele in feierlicher Procession zur ewigen Heimat, wo ihr wohl wird auf unendliche Zeiten. Und aus den Blumen, die du angepflanzt hast in deiner Seele, winden sie dir den Kranz zur Hochzeit mit dem Lamme, deinem göttlichen Heiland. Und siehst du auch das alles nicht mit Leibes-Augen, so schaut's doch einmal deine Seele mit unendlichem Entzücken.

Lasset uns freuen und frohloden und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen und seine Braut hat sich bereitet. Geh. Off. 19, 7.

1) Summ. p. 341.

12. Mensch und Fisch.

nterdessen hat der selige P. Hofbauer seinen kranken Leib fortgeschleppt wie eine Ameise ihr zertretenes Schwesterlein und hat fortgearbeitet am Heile der Seele bis herunter zum 4. März. Und wenn auch andere meinten, es gehe besser mit ihm, so hat doch er selber gefühlt, dass es mit ihm bald zu Ende gehe. Einmal, einige Tage vor seiner lehten Krankheit, hat er trotz der heftigen Schmerzen wieder die Beichten der Schwestern gehört; dabei aber haben seine Hämorrhoiden gebrannt, dass er nicht einmal hat sißen können vor Schmerz und Weh, sondern hat stehend die Sünden angehört von den guten Schwestern. Wie das die Schwester Jacoba gehört hat, ist's ihr schwer geworden ums Herz, und sie hat Mitleid gekriegt mit dem armen Seelenführer wie mit einer armen Seel' im Fegefeuer und hat mehr an den Beichtvater gedacht als an Ren' und Vorfah. Und das hat sie ihm auch geklagt und, wie es sie schmerze, dass sie ihn heute so belästigen müsse. Er aber hat ihr mit der Ruhe eines Heiligen zur Antwort gegeben: »Mach' dir nichts draus. Mich lassen heute die Schmerzen nicht sizen. Da ist ihre Angst noch größer geworden, dass er am End' sterben fönnte und sie feinen Seelenführer mehr hätte. Und wie das der gute Hofbauer sah im Grunde ihres Herzens, hat er den Schmerz überwunden und sich niedergesetzt, um ihre Angst zu vertreiben wie eine böse Versuchung; denn was ein echter Heiliger ist, der ist wie sein lieber Heiland, und vergißt auf sich selber, um andere zu trösten, und nimmt das fremde Krenz auf die eigenen Schultern. Von der guten Schwester aber ist die Angst nicht gewichen, sondern ange-. schwollen wie ein Gesicht beim Rothlauf, und nach ein paar Secunden hat sie wieder gejammert vor Mitleid und hat ihre Stimme geklungen wie das Todtenglöcklein auf dem Kirchthurm und hat den Seligen gebeten, er möge es kurz machen an diesem Tage. Doch dieser hat auf das Elendgeläute nichts gegeben, sondern mit Himmelsgeduld ihre Beicht gehört und all ihre Anliegen in sich aufgenommen und hat länger mit ihr gesprochen, als sonst und süßen Trost, den er selber nicht gehabt hat, in ihre Seele geredet.1)

1) Summ. p. 261.

Am 4. März ist die Schwester Thaddäe bei ihm zum lehtenmal zur Beicht gewesen, und dabei hat er ihr eine gar himmlische Lehre gegeben, die sich eingrub in ihre Seele wie der Rost ins Eisen, und sie hat die Worte nicht wegwischen können aus ihrem Gedächtnis ihr Leben lang. Was er ihr aber da gesagt hat unter vier Augen, das war wie ein Abschiedswort des sterbenden Vaters an sein herzliebes Töchterlein und wie das lezte Mahnwort einer Mutter auf dem Sterbebett an das rathlose, hilflose Kind und hat also gelautet: Habe nur eine großmüthige Liebe, die sich durch keine Schwierigkeit überwinden lässt; habe nur thätige Liebe, die Liebe ist niemals müssig; habe eine geduldige Liebe, denn die Liebe erträgt alles; habe eine schmerzhafte Liebe, denn die Liebe muss leiden bis zum letzten Athemzug.« Dann hat er sie hingwiesen auf Jesus im allerheiligsten Sacra= ment und sein liebendes Herz, als wollte er in ihrer Seele eine Liebe anzünden, die brenne wie der Dornbusch vor Moses, und hat ihr mit glühender Begeisterung erzählt, wie heiß Jesus uns liebe im allerheiligsten Sacramente, und wie viel er leide aus Liebe, und mit welch wunderbarer Liebe sein heiligstes Herz uns ertrage. Und dann hat er ihr wie zum Abschied die Worte in die Seele gelegt: »Laufe, Tochter Gottes, laufe in der Rennbahn des Herrn; bedenke, dass nicht der gekrönt werde, der gut angefangen, sondern welcher gut vollendet hat. Sei nicht geizig gegen Gott; denn wer spärlich sät, der wird auch spärlich ernten.1)

So hat er die gute, junge Schwester gemahnt zu trener, eifriger Gotteslieb' und ist gewesen, als wollte er ihr Herz aufziehen wie eine Uhr, damit sie gehe und schlage in Gottes Wohnung bis zum leßten Stundenschlag. Am Abende aber sind die Studenten in seiner Wohnung zusammengekommen und andere junge Herren wie gewöhnlich, und deren hat er mehrere Beicht gehört, weil Samstag war. Darnach hat er geklagt, dass ihn fröstle und dass er das Fieber habe; hat aber doch noch aufgetragen zum Essen und die Schüler bedient wie der liebe Heiland die Jünger. Und während des Essens hat er vorlesen lassen wie sonst und war sein Geist gar frisch und munter im welken Körper und hat seine geistreichen Gedanken dazwischengeworfen zwischen die Lesung wie Goldkörnlein zwischen Pulverförner, und hat sogar die

1) Summ. pag. 166.

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