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ihm auch ein rauher Wintertag eingezogen, und ist der Schnee zu dichten Haufen in den Straßen gelegen und hat noch immer geschneit, als wäre der Himmel ein Baum= wollenlager, und dazu der Sturm durch die Straßen geheult, als hätt' er den Process verloren und war gar eisig falt wie mitten im Winter und ist auch die Kälte drinnen gesessen in P. Hofbauer's Mark und Bein, als wär' ihm das Feuer ausgegangen auf dem Herde, und könnt das Herz kein warmes Blut mehr kochen zur Leibeswärmung, und es hat ihn gefröstelt vor argem Fieber und war ihm so elend, so jammervoll elend, dass er sich kaum halten konnte auf den eigenen Füßen. Und doch ist er mit P. Pajalich, der ein junger Geistlicher war aus des Seligen Schülern, herübergegangen nach der italienischen Kirche und hat ein feierliches Seelenamt gehalten für Frau Jablonowska, und hat ihm dabei P. Pajalich assistiert als Diacon und Herr Madlener, der Caplan war bei St. Augustin, als Subdiacon. Und wenn P. Hofbauer auch gar elend war, so hat er doch die Körperschwäche niedergekämpft mit der eisernen Willenskraft, dass man ihm nicht einmal was angemerkt hat von all seinen Schmerzen, denn es kann der Wille gar viel, wenn er nur fest ist und von Eichenholz. Seine Leiden hat er als Opfergabe neben die heilige Hostie gelegt auf die Patene, und hat dies dem liecben Gott gar wunderbar gefallen, und wird auch der Frau Jablonowska lieblichen Trost gebracht haben im Fegefeuer. Bei der Communion aber sind ihm die Kräfte gebrochen und er hat angefangen zu zittern wie eine Brücke vor dem Einsturz und ist auch blass und bleich geworden im Gesichte, wie wenn das Blut nimmer heraufkönnte in die Wangen vor Ohnmacht und Schwäche, dass man fürchtete, er wäre nimmer imstande, das Opfer zu Ende zu bringen. Doch hat er auch da noch die lezte Kraft gesammelt und das Requiem zu Ende gesungen. Drinnen aber in der Sacristei hat er sich nach Ablegung der heiligen Gewänder in einen Sessel gesezt, um auszuruhen, und ist die junge Fürstin Jablonowska gekommen, ihm zu danken für seine große Liebe. Und wie sie sah, dass er so schwach sei, wie ein blutleeres Kindlein, hat sie ihm ihr Leid ausgedrückt über sein Kranksein. Er aber hat kurz geantwortet, und sich mit seinem lieben Heilande unterhalten, den er im Herzen trug. Und ist dies das lezte Opfer gewesen, das er Gott darbrachte auf Erden und

hat nimmer Messe gelesen von diesem Tage an, und war, als hätt er nur Kraft schöpfen wollen vom heiligen Opfer zu seinem Gang in den Himmel und als wollte er sterben wie sein lieber Heiland, der sich auch hingeschleppt hat zum Opferberge mit den lezten Kräften und beim Opfer am Kreuzesstamm schwach geworden und gestorben ist zu der Welt Heil, und war wiederum, als wollte sein Diener Tod und Sterben zusammenfließen lassen mit dem Tod und Sterben seines göttlichen Meisters zu einem seligen Ende und gemeinsamen Opfer, und hat auch darin gar wunderbar dem lieben Heiland geglichen, dass er sein ganzes im Dienste des Nächsten verzehrtes Leben hat auslöschen lassen in einem Werke der Liebe, wie sein göttlicher Heiland gelebt hat für uns fündige Erdenwürmer und gestorben ist aus Liebe zu uns.

Von der Sacristei weg ist er heimgefahren in seine Wohnung mit P. Pajalich, Herrn Madlener und Herrn Kraus in einem Wagen, den Herr Penkler hat kommen lassen, und hat sich zuhaus ausgekleidet mit Hilfe des guten P. Pajalich und niedergelegt zum letzten Schläfchen.1)

Es gibt kein schöneres Ende des Lebens, als wenn es ausklingt so herrlich und gottgefällig wie des lieben Heilands Leben, und wenn der Christ den Tod zum letzten Opfer macht, das er dem Schöpfer des Lebens zu Füßen legt. Und ist kein Opfer so kostbar als das Opfer des Lebens im Sterben, weil kein Opfergut so kostbar ist wie des Lebens Gut, und nimmt's der ewige Gott so liebreich an wie Jaats Opfer und des lieben Jesus Opfer. Bring' daher in gesunden Tagen oft Leib und Leben Gott zum Opfer dar, als lägst du schon im Sterben; dann ist's dir schon süße Gewohnheit im Sterben und wird dir nicht so sauer ankommen, deinen Willen drein zu geben, wenn der Doctor einmal nimmer recht heraus will mit der Farb'. Noch schöner aber ist der Tod, wenn man ihn geholt hat im Dienste des Nächsten und des Sterbens Quell und Anfang die Liebe ist, die man geübt hat an einem leidenden Menschen. Und man möcht' darum oft einem barmherzigen Schwesterlein fast neidig sein ums Sterben, wenn es im Kranken- oder Kinderdienst zusammenbricht in jungen Jahren wie ein aufgeblühtes Blümlein im Frühlingsreif; denn es muss ein

1) Summ. p. 359.

herrlicher Himmel sein, zu dem die Liebe die Thür aufmacht. Geh' darum auch du nicht gar zu zimpferlich um mit deinem Leben und verzehr' es im Dienste des Nächsten; es gibt noch Höheres als tausend Erdenleben und das ist die echte, heilige Nächstenliebe.

Freiwillig will ich Dir opfern und
Deinen Namen preisen, o Herr, denn er
ist gut.
Pf. 53, 8.

15. Die gefrenzigte Nachtigall.

aum ist der leidende Priester zu Bette gelegen, da ist auch schon der Doctor gekommen, Herr Veith, und hat auf den ersten Blick gesehen, dass da seine Kunst zu kurz wäre, und war doch ein berühmter Mann im Doctorfach und Director der ersten Thierarzneischule von ganz Österreich. Gesagt aber hat er nichts: denn er wollte niemandem Angst machen vor der Zeit. Die Klosterfrauen haben gleich eine warme, gute Rindjuppe geschickt aus der Klosterküche und die hat P. Hofbauer getrunken und hat ihm gut gethan und er ist schnell wieder ein bischen stärker geworden. Darum haben P. Pajalich und Herr Madlener bald süße Hoffnung gehabt, er werde sich erholen und aufstehen können und sei alles nur eine vorübergehende Schwäche wie ein kleines Mittagswölklein im Hochsommer, und ist ihnen überhaupt nicht in den Sinn gegangen, daß der liebe Gott, der doch so unendlich weise sei, gerade jezt seinen Diener abrufen solle von der Erde, wo die Einführung der Congregation vor der Thüre stehe, und haben gemeint mit ihrem Ameisenverstand, es gehe nicht ohne Hofbaner. Die guten Nonnen aber drüben im Ursulinenkloster haben tüchtig gebetet um ihres Seelenführers Genesung und gefastet und allerhand Bußzwerke verrichtet und was ihnen sonst die Liebe in den Sinn gab. Und es hat in den ersten drei Tag n auch geschienen, als ob der Schwestern Beten und Weinen Gottes Herz gerührt hätt', dass er noch ein paar Jährchen dazuwerfe zu des Seligen Leben; denn mit diesem ist es jeden Tag besser geworden bis zum Sonntag. Doch war diese Besserung nur wie das letzte Aufflackern eines erlöschenden Lämpchens und hat Gott nichts mehr gegeben auf aller Schwestern Gebet,

weil er's besser gemeint hat mit seinem Diener und ist dieser bereits vor der Himmelsthür gestanden, wenn's auch niemand gesehen hat. Am 13. März aber, Am 13. März aber, am Montag, haben auch die, so vom Krankhein nicht viel verstanden, wohl sehen können, dass es aus sei mit allem Hoffen; denn da hat sich des Kranken Zustand gar schrecklich verschlimmert. Darum hat man auch P. Stark entfernt aus seiner Nähe und hat ihn Herr Graf Szechenyi gar liebevoll aufgenommen in sein Palais, damit der Anblick des sterbenden Vaters nicht auch seine schwache, kaum erlangte Gesundheit zum zweitenmal untergrabe. Für den sterbenden Hofbauer aber ist das Krankenbett ein hartes, schmerzvolles Lager ge= worden, wie das Kreuz, an dem sein lieber Heiland gestorben, und haben Schmerzen seinen Leib durchwühlt wie ein gefräßiger Käfer eine morsche Rinde. Die Hämorrhoiden, an denen er so lange gelitten hatte, sind übergegangen in eine schmerzliche Unterleibsentzündung und aus der ist der Krebs herausgewachsen wie die Hig' aus dem Feuer. Die Schmerzen sind mit jedem Tage ärger geworden, wie wenn man stets frisches Holz zulegt zum brennenden Feuer und hat ihn der ganze Leib gebrannt, als läg er in Flammen. All die Schmerzen konnte man lesen in seinem Antlig wie in einem offenen Buche; und doch ist kein Laut der slage über seine Lippen gekommen und hat selber im Sterben die Geduld geübt, zu der er so oft die Sterbenden ermahnt hatte, und ist dagelegen auf seinem Bette wie ein liebes, zartes Lämmlein auf der Schlachtbank. Und wenn ihm auch die Schmerzen noch so zugesezt haben wie ein Rudel hungriger Wölfe einem armen Häslein, so hat er doch nichts wissen wollen von Erleichterung und gönnte sich nicht einmal ein weicheres Bett, sondern wollte den Tod auf seinem harten Strohsack erwarten. In der Tiefe seiner Seele aber hat er Gott gar oft gedankt für alle Leiden und seinen heiligsten Willen angebetet, der ihm Schmerzen sende wie eine goldene Kette zu ewigem Schmucke.

Dem Arzte hat er gehorcht wie ein Kind seiner Mutter, und wenn auch manche Verordnung desselben von seiner Sittsamkeit ein hartes Opfer verlangte, so hat er sich doch gefügt ohne Widerred', als hätt er feinen eigenen Willen, und hat auch im Willen des Arztes Gottes Willen erkannt, obwohl er jah, dass alles umsonst sei. Und wie ihm der Herr Doctor ein warmes Bad verschrieben, hat er auch

das genommen troß seiner Schamhaftigkeit und hat sich von P. Bajalich vorlesen lassen aus einem frommen Buche, während er im Bade war, damit seine Seele genährt werde mit guten Gedanken und sich stärke für die kommenden Schmerzen.

Auch sonst hat's geschienen, als sollte er sterben wie sein lieber Heiland ohne Hilf' und Pfleg'; denn er hat feinen Laienbruder gehabt, der ihm die lezte Treue gethan hätte, und barmherzige Brüder hat's auch nicht gegeben, dass man einen hätt rufen können an sein Krankenbett, und vor Weiberpfleg' hat der Kranke selber Respect gehabt, und darum hat er nur die Pflege genossen, die ihm seine jungen Freunde gethan haben. Das sind zwar gute Leute gewesen. und haben edle Herzen gehabt und darinnen gar große Lieb' zu ihrem Erzieher und Führer und hätten sich glücklich. geschäßt, ihm einmal Dank erweisen zu können für alle seine Gutthaten; und manche ans ihnen sind auch gelehrte Herren gewesen und studierte Doctoren und haben viel gewusst von allerhand Dingen; aber vom Krankenwarten haben sie so viel verstanden wie eine Schwalbe vom Lesen und Schreiben, und war darum ihre Pflege und Wartung manchmal gar wenig zart, wie man sich's denken kann, und haben das Ding oft verkehrt angegriffen und die Schmerzen des Leidenden noch vermehrt, die sie vermindern wollten. Und auch darüber hat er nicht geklagt, sondern freundlich gedankt für jeden Dienst und jeden Schmerz, den er zu dulden hatte durch ungeschickte Lieb'.

Und wie einmal Herr Krans, der geistliche Branntweinbrenner, der selber P. Hofbauer's Jünger war, das alles gesehen hat: die großen Schmerzen und die kleine Pfleg' und wie der Tod so langsam heranschliche, als wollte er dem Leidenden das Leben tropfenweis aus dem Leibe ziehen, dass es zum Erbarmen war, hat ihm das Mitleid gepackt und hat doch nicht helfen können. Dafür hat sich ihm das Mitleid ins Gesicht gesezt und auf die Zunge und er hat seinen leidenden Seelenführer angeblickt mit wehmüthigen Augen und hat ihm auch gesagt, wie weh' es ihn thue, dass sein Vater so leide und er könne nicht helfen. P. Hofbauer aber hat ihm eine heilige Antwort gegeben und erwidert: » Was Gott will, wie Gott will und wann Gott will.« Und so lange er reden konnte, ist er mitten in Schmerzen noch sanglustig gewesen und hat gar gerne sein Lieblingsliedchen angestimmt und gesagt und noch sterbend gesungen:

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