HARVARD COLLEGE LIBRARY DRESEL FUND June 17,1933 Violence and appression at home can only be supported by treachery and submission abroad. The letters of Junius. H Erster Brief. Gustav an Waldemar. Zwanzig Jahre sind verflossen, seit wir zu Göttingen zusammen die Collegien besuchten, an einem Tische speisten, und manche vergnügte Abende in größerer und kleinerer Gesellschaft mit einander verbrachten. Nach einigen Jahren führte uns das Schicksal wieder in Frankfurt a/M. zusammen. Dort trennten sich aber unsere Wege. Du stiegst auf der Leiter äußerer Ehren und Auszeichnungen, wurdest Gesandter, Großkreuz, Excellenz, mit allen Emolumenten, welche solche Würden in ihrem Gefolge haben. Ich habe keinen Titel, keine Stelle, keinen Orden erlangt, und dennoch möchte ich mit Dir nicht tauschen. Ich war sehr jung, als ich an den Bundestag fam. Allein die Männer, welche dort das große Wort führten, die Beschlüsse, welche sie unter meinen Augen faßten, die Berathungen, welche sie pflogen, sagten mir schon damals gar nicht zu. Ich konnte es nicht länger unter ihnen aushalten, und drang auf meine Abberufung. Endlich wurde sie mir gewährt. Ich trat in den Richterstand, und hoffte dort zu finden, was ich am Bundestage so schmerzlich vermißt hatte: ein tiefes Gefühl für Recht, ein reges Bestreben demselben Anerkennung zu verschaffen, ohne Ansehen der Person, ohne Nebenrücksichten und ohne Sophistik. Ich fand Selbstfucht, Eigensinn und den Wunsch auf der Bahn des Staatsdienstes vorzurücken. Wohl lernte ich auch rechtliche Männer kennen, welche sich den Einflüssen von oben nicht beugten, allein sie waren durchgängig in der Minderzahl. Die feilen Augendiener gaben den Ausschlag. Ich mochte meinen Namen zu ihren Urtheilen nicht hergeben, und verließ den Dienst. Ich will mit Dir darüber nicht. rechten, ob ich wohl gethan, meiner inneren Stimme zu folgen, welche mir zurief: zwischen Dir und den Dienern der Regierung kann keine Gemeinschaft sein! Du würdest Deine Stellung mit der meinigen vergleichen und lächeln. Doch ich erwiedere Dir: abgesehen von der Stimme des Gewissens, dem 'mächtigen Drange der Seele, welcher der Schöpfer unsers Glücks und unsers Unglücks ist, ganz abgesehen von der Wahrheit: des Menschen Wille ist sein Himmelreich glaube ich auch klüger gehandelt zu haben, als Du. Du hast Dich der sinkenden, ich mich der steigenden Sonne verbunden. Deine Zu kunft ist dunkel, die meinige ist licht. Deine Stellung ist bedingt durch die Knechtschaft, die meinige durch die Freiheit der deutschen Nation. Glaubst Du wohl, sie werde noch lange die Fesseln geduldig tragen, welche die Carlsbader und Wiener Beschlüsse ihr anlegten? Ich glaube es nicht. Wenn aber das deutsche Volk diese Fesseln bricht, was wird dann aus Dir werden, der Du mithalfst, sie ihm anzulegen? Im glücklichsten Falle wird man von Dir sagen: das war auch Einer von Jenen, welche für so und so viele tausend Gulden jährlich das deutsche Volk verriethen. Deine Wirksamkeit hat dann ein Ende. Unter dem Drucke der allgemeinen Verachtung wirst Du ein trauriges, thatenloses Leben führen. Mir hat mein Volk nichts vorzuwerfen, ich habe zu keinem Beschlusse auch nur entfernt mitgewirkt, den das erwachte National- und Freiheitsgefühl tadeln wird. Freiheit und Recht waren die Träume meiner ersten Jugendzeit, sie werden das Ziel der Bestrebungen des Mannes sein. Gustav |