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gehören, ist zu ihrem Abschluss die Zustimmung des Bundesrathes und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichstages erforderlich.

Art. 12. Dem Kaiser steht es zu, den Bundesrath und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schliessen.

Art. 13. Die Berufung des Bundesrathes und des Reichstages findet alljährlich statt und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bundesrath berufen werden.

Art. 14. Die Berufung des Bundesrathes muss erfolgen, sobald sie von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird.

Art. 15. Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung der Geschäfte steht dem Reichskanzler zu, welcher vom Kaiser zu ernennen ist.

Der Reichskanzler kann sich durch jedes andere Mitglied des Bundesrathes vermöge schriftlicher Substitution vertreten lassen.

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Art. 16. Die erforderlichen Vorlagen werden nach Massgabe der Beschlüsse des Bundesrathes im Namen des Kaisers an den Reichstag gebracht, wo sie durch Mitglieder des Bundesrathes oder durch besondere von letzterem zu ernennende Kommissarien vertreten werden.

Art. 17. Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Verkündigung der Reichsgesetze und die Ueberwachung der Ausführung derselben zu. Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des Reichs erlassen unb bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.

Art. 18. Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten, lässt dieselben für das Reich vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren Entlassung. Dem zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundesstaates stehen, sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Reichsdienst im Wege der Reichsgezetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Reiche gegenüber diejenigen Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heimathslande aus ihrer dienstlichen Stellung zugestanden hatten.

Art. 19.- Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmässigen Bundespflichten nicht erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden. Diese Exekution ist vom Bundesrathe zu beschliessen und vom Kaiser zu vollstrecken.

V. Reichstag (1).

Art. 20. Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor.

Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im § 5. des Wahlgezetzes vom 31. Mai 1869. (Bundesgesetzbl. 1869. S. 145.) vorbehalten ist, werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Hessen südlich des Main 6 Abgeordnete gewählt, und beträgt demnach die Gesammtzahl der Abgeordneten 382.

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Art. 21. Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Reichstag.

Wenn ein Mitglied des Reichstages ein besoldetes Reichsamt oder in einem Bundesstaat ein besoldetes Staatsamt annimmt oder im Reichs- oder Staatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und Stimme in dem Reichstag und kann seine Stelle im demselben nur durch neue Wahl wieder erlangen.

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Art. 22. Die Verhandlungen des Reichstages sind öffentlich. Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstages bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. Art. 23.

Der Reichstag hat das Recht, innerhalb der Kompetenz des

(1) Reichstag. Elu par le suffrage universel et direct et au scrutin secret (art. 20). Les fonctionnaires n'ont besoin d'aucun congé pour entrer au Reichstag. Le membre du Reichstag qui entre au service de l'Empire ou d'un des États fédérés, ou qui accepte une fonction supérieure en rang ou en appointements à celle qu'il occupait, est sujet à réélection (art. 21). Les débats du Reichstag sont publics et les comptes-rendus exacts des débats publics n'entraînent aucune responsabilité (art. 22). Droit de proposer des lois et de renvoyer au Conseil fédéral ou, selon le cas, au chancelier de l'Empire, les pétitions qui lui sont adressées (art 23). Durée du mandat: trois ans. Le R. ne peut être dissous que par résolution du Conseil fédéral et du consentement de l'Empereur (art. 24). Dans ce cas les électeurs sont convoqués dans les 60 jours et le R. nouveau se rassemble dans les 90 jours (art. 25). Le R. ne peut être prorogé contre son consentement qu'une fois par session et pour 30 jours au plus (art. 26). I vérifie les pouvoirs de ses membres, fait son règlement d'ordre et de discipline intérieure et nomme ses Président, Vice-président et secrétaire. (Art. 27) Décisions à la majorité absolue. Quorum: majorité du nombre légal des membres; lorsque l'affaire ne concerne pas tout l'Empire, on ne compte que les membres appartenant aux Etats intéressés (art. 28). Les membres représentent tout le pays (art. 29). Leur immunité judiciaire et disciplinaire à raison de votes ou d'opinions émises dans l'exercice de leur mandat (art. 30). Consentement du Reichstag nécessaire à la poursuite ou à l'emprisonnement de ses membres pendant la durée de la session, à raison de faits délictueux ou de dettes, et suffisant pour faire suspendre, pendant la même durée, toute poursuite criminelle et tout emprisonnement préventif ou civil (Art. 31). Nul traitement ni indemnité aux membres du Reichstag (art. 32).

Reichs Gesetze vorzuschlagen und an ihn gerichtete Petitionen dem Bundesrathe resp. Reichskanzler zu überweisen.

Art. 24. Die Legislaturperiode des Reichstages dauert drei Jahre. Zur Auflösung des Reichtages während derselben ist ein Beschluss des Bundesrathes unter Zustimmung des Kaisers erforderlich.

Art. 25.

Im Falle der Auflösung des Reichstages müssen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen nach derselben die Wähler und innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen nach der Auflösung der Reichstag versammelt werden.

Art. 26. Ohne Zustimmung des Reichstages darf die Vertagung desselben die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt werden.

Art. 27. Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet darüber. Er regelt seinen Geschäftsgang und seine Disziplin durch eine Geschäfts-Ordnung und erwählt seinen Präsidenten, seine Vizepräsidenten und Schriftführer.

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Art. 28. Der Reichstag beschliesst nach absoluter Stimmenmehrheit. Zur Gültigkeit der Beschlussfassung ist die Anwesenheit der Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich.

Bei der Beschlussfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen dieser Verfassung nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Mitglieder gezählt, die in Bundesstaaten gewählt sind, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist. Art. 29. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des gesammten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden.

Art. 30. Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeusserungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst ausserhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden.

Art. 31. Ohne Genehmigung des Reichstages kann kein Mitglied desselben während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, ausser wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des nächstfolgenden Tages ergriffen wird.

Gleiche Genehmigung ist bei einer Verhaftung wegen Schulden erforderlich.

Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied desselben und jede Untersuchungs- oder Civilhaft für die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben.

Art. 32.

Die Mitglieder des Reichstages dürfen als solche keine

Besoldung oder Entschädigung beziehen.

VI. Zoll- und Handelswesen (1).

Art. 53. Deutschland bildet ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Ausgeschlossen bleiben die wegen ihrer Lage zur Einschliessung in die Zollgrenze nicht geeigneten einzelnen Gebietstheile.

Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Bundestaates befindlich sind, können in jeden anderen Bundesstaat eingeführt und dürfen in letzterem einer Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige inländsche Erzeugnisse einer inneren Steuer unterliegen.

Art. 34. Die Hansestädte Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen ausserhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluss in dieselhe beantragen.

Art. 35. Das Reich ausschliesslich hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Massregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind.

(1) Douanes et Commerce. Territoire douanier et commercial commun à toute l'Allemagne. Égalité complète dans chaque État, dans la circulation et l'imposition des produits indigènes et de ceux des autres États fédéraux (art. 33). Brême et Hambourg ports franes, jusqu'à ce qu'ils demandent à être compris dans la frontière douanière commune (art. 34). Les douanes, les impôts sur le sel, le tabac, la fabrication de l'eau-de-vie, de la bière et des sucres et sirops de production indigène, sont soumis à la législation de l'Empire. Exception pour l'eau-de-vie et la bière fabriquées dans la Bavière, le Wurtemberg et le Grand-Duché de Bade (art. 35). Chaque État continue à lever et à administrer ces impôts en tant qu'il le faisait déjà, avec l'adjonction de fonctionnaires impériaux chargés de rendre compte au Conseil fédéral de l'observation des lois de l'Empire applicables en ces matières (art. 36). Les instructions et règlements existants pour l'exécution de la Législation commune ne peuvent être changés que du consentement du Præsidium (art. 37). Le produit des douanes et impôts ci-dessus indiqués, entre dans la caisse fédérale, en tant que ces impôts sont soumis à la Législation de l'Empire, et sauf à déduire du produit brut: 1) les bonifications et réductions légales 2) les restitutions: pour perceptions indues; 3) les frais de perception et d'administration (art. 38). Marche suivie pour arriver à la fixation provisoire trimestrielle, et définitive annuelle, par la commission des finances du Conseil fédéral et par le Conseil lui-même, des créances de la caisse fédérale sur les différents États de la Confédération, à raison des impôts prémentionnés (art. 39). Maintien provisoire de la convention douanière du 3 juin 1869 (art. 40).

In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Besteuerung des inländischen Branntweins und Bieres der Landesgesetzgebung vorbehalten. Die Bundesstaaten werden jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Uebereinstimmung der Gesetzgebung über die Besteuerung auch dieser Gegenstände herbeizuführen.

Art. 36. Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern (Art. 35), bleibt jedem Bundesstaate, soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen.

Der Kaiser überwacht die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens durch Reichsbeamte, welche er den Zoll- oder Steuerämtern und den Direktivbehörden der einzelnen Staaten, nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesrathes für Zoll- und Steuerwesen, beiordnet.

Die von diesen Beamten über Mängel bei der Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35) gemachten Anzeigen werden dem Bundesrathe zur Beschlussnahme vorgelegt.

Art. 37. Bei der Beschlussnahme über die zur Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35) dienenden Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen giebt die Stimme des Präsidiums alsdann den Ausschlag, wenn sie sich für Aufrechthaltung der bestehenden Vorschrift oder Einrichtung ausspricht.

Art. 38. Der Ertrag der Zölle und der anderen in Artikel 55 bezeichneten Abgaben, letzterer soweit sie der Reichsgesetzgebung unterliegen, fliesst in die Reichskasse.

Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und den übrigen Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug :

1) der auf Gesetzen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuervergütungen und Ermässigungen;

2) der Rückerstattungen für unrichtige Erhebungen;

3) der Erhebungs- und Verwaltungskosten, und zwar :

a) bei den Zöllen der Kosten, welche an den gegen das Ausland gelegenen Grenzen und in dem Grenzbezirke für den Schutz und die Erhebung der Zölle erforderlich sind;

b) bei der Salzsteuer der Kosten, welche zur Besoldung der mit Erhebung und Kontrolirung dieser Steuer auf den Salzwerken beauftragten Beamten aufgewendet werden;

c) bei der Rübenzuckersteuer und Tabacksteuer der Vergütung, welche nach den jeweiligen Beschlüssen des Bundesrathes den einzelnen Bundesregierungen für die Kosten der Verwaltung dieser Steuern zu gewähren ist.

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