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lichen abwechselnd 6) und überdies mit mannigfachen Alternationen unter mehreren Stimmen nach feststehenden Ordnungen).

IV. Das Direktorium im Fürstenrathe führten von Materie zu Materie abwechselnd Oesterreich und Salzburg).

V. Die Berechtigung, eine fürstliche Virilstimme zu führen, wurde hauptsächlich nach dem Besitzstande des hierfür als Normaljahr angenommenen Jahres 1582 (Zeit des Reichstages zu Augsburg) beurtheilt. Die Fürstenhäuser, welche damals schon eine Virilstimme hatten, wurden als altfürstliche Häuser, im Gegensatz der später in den Fürstenstand erhobenen (sog. neufürstlichen Häuser) bezeichnet "); ein rechtlicher Unterschied war aber dadurch auf dem Reichstag nicht begründet 10). Hiernach stellte man als Grundsatz auf, dass jedes fürstliche Haus, so viele Stimmen von seinen Ländern zu führen berechtigt sei, als es davon 1582 geführt habe; doch war dies, wenn auch im Allgemeinen, doch nicht durchaus richtig.

VI. Von den 100 Stimmen des Fürstenrathes waren 55 entschieden katholisch 11): die Stimme von Osnabrück aber bald katholisch, bald protestantisch, da dieses Fürstenthum abwechselnd einen katholischen und einen protestantischen Bischof zum Landesherrn hatte 12).

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6) Siehe das Schema bei Gönner, Staatsr. §. 150. Leist, §. 76. 7) Das Verzeichniss bei Gönner, §. 154. Sechs weltliche Fürstenhäuser, welche vorzugsweise die alternirenden Häuser hiessen (Pommern, Mecklenburg, Würtemberg, Hessen, Baden und Holstein-Glückstadt) alternirten sogar nach zehn Ordnungen, sog. Strophen. Gönner, §. 154 a. E. 8) Pütter, inst. §. 103. - Leist, Staatsr. §. 78. Jede Grafenbank hatte überdies ihr specielles Direktorium. Gönner, Staatsr. §. 157. 9) Das Jahr 1582 wurde zuerst von Moser (in Moserianis, 1739. Thl. I. Nr. 1) angenommen. Vergl. Pütter, histor. Entwickel. Thl. II.

S. 11. Gönner, §. 135. Note t.

10) Leist, Staatsr. §. 75.

11) Hinsichtlich der Religionseigenschaft der Grafenbänke sah man auf die Mehrzahl der Mitglieder: die schwäbische Bank galt für katholisch, die wetterauische und fränkische für protestantisch, die westphälische für gemischt, daher ihre Stimme von Materie zu Materie abwechselnd, von einem protestantischen und einem katholischen Gesandten geführt wurde. Gönner. Staatsr. §. 159.

12) J. P. O. art. XIII. §. 1:

Caesarea Majestas. . . permittit, ut ejusmodi alternativa successio in dicto Episcopatu Osnabrucensi deinceps

VII. Durch den Frieden von Lüneville (1801) wurde in dem Reichsfürstenrathe eine grosse Veränderung bewirkt, indem alle geistlichen Stimmen bis auf Regensburg säcularisirt wurden und 18 Stimmen des linken Rheinufers ganz hinwegfielen. Hierdurch sank die Zahl der entschieden katholischen Stimmen auf 28 herab. Eine neue Eintheilung und Vermehrung der Stimmen im Fürstenrathe, welche im Plane lag, kam bis zur Auflösung des deutschen Reichs nicht mehr zur Ausführung 13).

§. 95.

C. Das Collegium der Reichsstädte1).

I. Bis zum Jahre 1803 hatten 51 Städte auf dem Reichstage Sitz und Stimme, und hiessen eben daher Reichsstädte 2).

II. Die Reichsstandschaft wurde ebenso, wie die Landeshoheit der städtischen Korporation (der universitas civium) beigelegt, und nur in deren Namen von dem Magistrate aus

inter Catholicos et Augustanae confessionis episcopos, ex familia tamen Ducum Brunsvicensium, quamdiu ea duraverit, postulandos, locum habere debeat." Ein protestantischer Bischof (Princeps postulatus in Episcopum) von Osnabrück hatte einen Sitz auf einer Querbank in der Mitte zwischen den geistlichen und weltlichen Fürsten. J. P. O. art. V. §. 22.

13) Ueber die betreffenden Verhandlungen auf dem Reichstage siehe L. K. Aegidi, der Fürstenrath nach dem Lüneviller Frieden, Berlin 1853. 1) Ph. Knipschild, de jur. et privileg. civ. imperial. Arg. 1657. (2. Ausg. 1687. 3. Ausg. 1740.) Fol. - J. J. Moser, von den deutschen Reichsständen S. 1041; ders. v. d. reichsstädtischen Regimentsverfassung, 1772 (neues Staatsr. XVIII.); ders. reichsstädtisches Handbuch, worinnen Urkk. etc. 2 Thle. Tübingen 1732. 1733. Pütter, inst. §. 104 flg. Gönner, Staatsr. §. 161 flg. Leist, Staatsr. §. 79. Schmid, Staatsr. §. 139, Siehe besonders: G. W. Hugo, die Mediatisirung der deutschen Reichsstädte, Karlsruhe 1838 (enthält viele urkundliche Nachweisungen über die alten Reichsstädte, und verfolgt die Mediatisirungen derselben vom XIII. Jahrhundert an). G. V. Schmid, die mediatisirten freien Reichsstädte Deutschlands, Frkf. a. M. 1861. — Ueber die Entstehung der Reichsstädte siehe meine deutsche Rechtsgesch. 3. Aufl. 1858. Thl. II. §. 55; und insbesondere über die Bedeutung der Bischöfe bezüglich derselben, meine Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts, Bd. III. (1861) S. 67 flg. 83 flg.

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2) Siehe die Aufzählung bei Pütter, inst. §. 104.

geübt 3). Die Reichsstädte waren wahre Reichsstände, aber eben desshalb so wenig souveraine Republiken, als die übrigen Reichsstände souveraine Fürsten 4).

III. In den älteren Zeiten war es streitig gewesen, ob die Reichsstädte eine entscheidende Stimme auf dem Reichstage hätten sie wurde ihnen aber endlich in dem westphälischen Frieden ausdrücklich zugestanden 5). Nur bei gewissen Sachen hatten sie überhaupt kein Stimmrecht, nämlich a) bei Aufnahme von Reichsständen in den Fürstenrath"); b) bei Wiederverleihung solcher heimfallenden Reichslehen, welche die Reichsstädte nicht berührten), und c) seit 1803, bei Reichskriegen, wogegen ihnen eine längst gewünschte Neutralität beigelegt wurde).

IV. Die Reichsstädte verhandelten in zwei Bänken, der rheinischen und der schwäbischen Städtebank. Die Erstere bildeten 14, die Letztere 37 Städte 9). Davon wurden 13 als katholisch, 33 als protestantisch und 5 als gemischt betrachtet. Jede Stadt führte auf der betreffenden Bank eine Virilstimme.

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3) Reichshofrathsconclusum v. 1746 bei Moser, v. d. reichsstädtischen Regimentsverfassung (N. Staatsr. XVIII.) S. 64:,,Kais. Majestät befehlen dem Stadtmagistrat zu F. in seinen Gränzen zu bleiben, und sich denen Ständen des Reichs nicht gleich zu achten, sondern wie er in der That nichts anders ist, als ein Collegium solcher Männer, die autoritate caesarea von der Bürgerschaft erwählet worden, nicht jure proprio zu regieren, sondern als bestellte Administratores dem gemeinen Wesen vorzustehen. Von der eigentlichen Bürgerschaft in den Reichsstädten waren aber deren Schutzgenossen oder Schutzbürger, so wie die Landbewohner auf den reichsstädtischen Gebieten wohl zu unterscheiden, welche zu der Bürgerschaft in dem Verhältnisse von Unterthanen standen, und an dem Stadtregiment keinen Antheil oder doch nur beschränkte politische Rechte hatten. Ueberreste dieses Verhältnisses haben sich z. B. in Frankfurt bis auf die neueste Zeit erhalten. 4) Gönner, Staatsr. §. 161. III. Mit Unrecht tadelt aber derselbe die Bezeichnung der Reichsstädte als kaiserliche, freie Städte. Siehe meine deutsche Rechtsgesch. u. meine Alterthümer des deutschen Reichs u. Rechts a. a. O. (siehe Note 1).

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) J. P. O. art. VIII. §. 4: Tam in universalibus vero, quam particularibus diaetis liberis Imperii civitatibus, non minus quam caeteris Statibus Imperii, competat votum decisivum.“

6) W.-K. art I. §. 5 (s. oben §. 90. Note 6 und §. 92. VI.).

7) W.-K. art. XI. §. 10.

8) R.-D.-H.-S. v. 25. Febr. 1803. §. 27.

9) Siehe die Eintheilung in diese beiden Bänke bei Pütter, inst. §. 104.

V. Durch den Reichsdeputations hauptschluss von 1803 wurden 45 Städte mediatisirt, so dass das reichsstädtische Collegium nur noch von sechs Städten, Augsburg, Lübeck, Nürnberg, Frankfurt, Bremen und Hamburg gebildet wurde 10).

VI. Das Direktorium in dem reichsstädtischen Collegium führte früher die Stadt, in welcher der Reichstag gehalten wurde, also seit 1663 Regensburg. Unter dem 4. Mai 1803 hatten die übrig gebliebenen sechs Städte einen Vertrag errichtet, wonach das Direktorium unter ihnen von zwei zu zwei Jahren wechseln sollte 11).

§. 96.

Verhandlungsweise auf dem Reichstage. Reichsgutachten. Reichsschlüsse. Reichsabschiede1).

I. Die Versammlung der Reichsstände unter den Auspicien des Kaisers, d. h. auf Berufung durch denselben und unter dessen hoheitlicher Gewalt, zur Verhandlung und Erledigung von Reichsangelegenheiten hiess: allgemeine Reichsversammlung oder Reichstag (Comitia imperii universalia, Dieta imperii). Nur der Kaiser hatte das Recht, den Reichstag zu berufen und seine Beschlüsse zu sanktioniren (sog. Ratifikationsrecht) 2). Der Kaiser war verpflichtet, mindestens alle zehn Jahre, oder so oft es des Reichs Nothdurft erforderte, einen Reichstag zu halten und hatte sich desshalb jedesmal vorher mit den Kurfürsten zu verständigen 3). Als Versammlungsort wurde eine Reichsstadt gewählt. Seit 1663 war aber der Reichstag permanent geworden, und hatte bis zur Auflösung des Reichs seinen Sitz zu Regensburg.

II. Da der Reichstag nur unter den Auspicien des Kaisers handeln konnte, so musste dieser fortwährend auf dem Reichstage gegenwärtig sein, entweder in Person, was aber schon

10) R.-D.-H.-S. art. 27.

11) Leist, Staatsr. §. 79.

') Moser, v. d. Reichstagsgeschäften 1768; v. d. deutschen Reichstagen, II Thle. 1774. Pütter, inst. §. 139 flg. Gönner, Staatsr. §. 168.

Leist, Staatsr. §. 80 flg.

2) Siehe oben §. 84. Note 3.

3) W.-K. art. XIII. §. 1.

seit dem XVII. Jahrhundert ausser Gebrauch gekommen war, oder durch einen Commissarius mit Repräsentativ - Charakter. Dieser hiess,,kaiserlicher Principalcommissär" und wurde nach der Praxis nur aus dem Fürstenstande des Reichs genommen 4). Auch dieser trat nur bei der feierlichen Eröffnung und am Schlusse des Reichstags persönlich auf: im Uebrigen handelte er mit dem Reichstage schriftlich durch sog. Commissions dekrete. Dem Kaiser war jedoch unbenommen, schriftliche Erlasse auch unmittelbar dem Reichstage zugehen zu lassen solche hiessen Hofdekrete. Dem kaiserlichen Principalcommissär war noch ein sog. Concommissarius beigegeben, d. h. ein Staatsmann ohne Repräsentativcharakter, welcher mit der eigentlichen Geschäftsführung betraut war.

III. Auch die Reichsstände erschienen seit dem XVII. Jahrhundert auf dem Reichstage regelmässig nur noch durch Gesandte (sog. Reichstagsgesandte).

IV. Das allgemeine reichstägliche oder Reichsdirektorium führte Mainz als Reichserzkanzler 5) durch den von ihm ernannten Reichsdirektorialgesandten. An dasselbe gelangten alle kaiserlichen Erlasse, Zuschriften und anderen Eingaben von Reichsständen oder anderen Personen und wurden von ihm zur Kenntniss des Reichstags gebracht. Die Vervielfältigung zum Behufe der Vertheilung an die Reichstagsgesandten geschah durch Diktatur: der diktirende Sekretär hiess Reichsdiktator. Das Reichsdirektorium hatte ausser der allgemeinen Leitung der Reichstagsverhandlungen auch die Reichsgutachten und Reichsabschiede zu entwerfen, und die Protokolle, sowie überhaupt das Reichstagsarchiv zu bewahren.

V. Die Veranlassung zu Berathungen des Reichstags gaben zunächst die kaiserlichen Propositionen, welche durch Hofdekrete oder Commissionsdekrete eingebracht wurden, oder ein vom Kurfürstenkolleg ausgehender Gesetzesvorschlag (§. 93), oder ein Antrag einzelner Reichsstände oder anderer Personen. Das Reichsdirektorium bestimmte die Reihenfolge der Berathungs

4) Man wollte hierfür auch eine gesetzliche Grundlage in dem R.-A. v. 1548. §. 17 finden (N. S. der R.-A. Thl. II. S. 486): „kaiserl. Majestät verordneten Commissarien, so Fürsten des Reichs sein sollen."

5) W.-K. art. XIII. §. 6.

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