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eingetheilt sind, ihre speciellen Ansichten über eine zur Verhandlung stehende, und an einen Ausschuss zur Begutachtung verwiesene Angelegenheit durch den stimmführenden Gesandten haben zu Protokoll geben lassen, ohne dass desshalb von der Bundesversammlung eine Bemerkung gemacht worden wäre 3).

III. In der 13., 16. und 17. Stimme ist durch solche Privatconventionen ein Wechsel (Turnus, Alternation) in der Stimmführung eingerichtet worden. Der Bundestagsgesandte, welcher nach dem Turnus die Curiatstimme führt, ist in diesen drei Curien berechtigt, dieselbe in allen minder wichtigen Sachen, d. h. wo überhaupt Bundestagsgesandte selbstständig zu handeln befugt sind und eine Meinungsverschiedenheit nicht denkbar ist, auch ohne vorherige Verständigung mit den Bundestagsgesandten der übrigen Mitglieder der Curie, wenn solche überhaupt aufgestellt sind, und er nicht etwa ohnehin für sämmtliche Mitglieder bevollmächtigt ist, abzugeben. In denjenigen Fällen aber, wo eine Meinungsverschiedenheit möglich und überhaupt die Sache von einiger Wichtigkeit ist, hat sich der stimmführende Gesandte mit den übrigen Gesandten der Curie, wenn solche aufgestellt sind, vorerst zu benehmen und zu verständigen. Wenn die Verständigung nicht erfolgt oder überhaupt Instruktionseinholung nothwendig wird und die von den Regierungen eingehenden Instruktionen nicht gleichlautend sind, so gelten in jeder der drei Curien, welche einen Turnus eingeführt haben, andere Grundsätze über das Zustandebringen der Gesammtstimme 1).

3) Vergl. die Erklärung des Bundestagsgesandten der 12. Stimme für die grossherzogliche Regierung von Sachsen-Weimar-Eisenach und des Bundestagsgesandten der 16. Stimme für die Staatsregierung von Reuss jüngere Linie, die Kurhessische Verfassungs-Angelegenheit betreffend, im Protokolle der B.-V. v. 5. Dec. 1861, §. 300, S. 747 flg. 749.

4) In der 13. Stimme (Braunschweig und Nassau) besteht seit 1816 ein Wechsel in der Stimmführung von drei zu drei Monaten. Gegenwärtig ist der nassauische Gesandte auch für Braunschweig bevollmächtigt. Für den Fall abweichender Instruktionen findet ein Turnus in der Weise statt, dass bald Braunschweig, bald Nassau die entscheidende Stimme hat. Das Entscheidungsrecht wechselt von Gegenstand zu Gegenstand, jedoch so, dass der Staat, der in einer Sache einmal gestimmt hat, auch bei den etwaigen späteren Abstimmungen in derselben Sache bis zu deren Erledigung die entscheidende Stimme führt. Das Bestehen einer

IV. Für die 12. Stimme, die Curie der grossherzoglich und herzoglich sächsischen Häuser, führt ein von den Mitgliedern gemeinschaftlich bestellter Gesandter die Stimme. Die Vereinbarung wird unter den Mitgliedern in der Art bewirkt, dass Weimar zu diesem Behufe 2 Stimmen, Meiningen 1, Altenburg 1 und Coburg 1 Stimme führt, und Majorität entscheidet, daher auch, wenn zu Weimar noch eine Stimme hinzukommt, der weimarische Gesandte die Curiatstimme abgeben kann, ohne vorher mit den anderen Gesandten in Conferenz treten zu müssen. Falls auf der einen Seite SachsenWeimar, auf der anderen die drei herzoglichen Regierungen stehen, entscheidet aber abwechselnd (alternirend) bald die Stimme von Weimar, bald die übereinstimmende Instruktion der herzoglichen Häuser. In der 14. Curie der beiden Mecklenburg führt Schwerin die Stimme allein 5). Für die

Uebereinkunft über die Führung der 16. Stimme (Liechtenstein, beide Reuss, Schaumburg-Lippe, Lippe, Waldeck und Hessen-Homburg), aber nicht die Art der Uebereinkunft, ist bei der Bundesversammlung zur Anzeige gekommen, Prot. 1851, §. 20. 49. 63. Es besteht gegenwärtig eine monatliche Alternation in der Stimmführung unter den oben genannten sieben Mitgliedern der sechszehnten Stimme. Gewöhnlich lassen sich mehrere dieser Staaten von einem unn demselben Gesandten vertreten (s. §. 124 a.). Lippe-Schaumburg und Liechtenstein haben jedes seinen besonderen Gesandten. Die Stimme der beiden Hohenzollern wird seit der Erwerbung dieser Fürstenthümer durch Preussen nicht mehr geführt (s. oben §. 114); doch zahlt Preussen fortwährend die betreffenden Beitragsquoten zur Bundeskanzleikasse. Bei Verschiedenheit der Ansichten in dieser Curie entscheidet die Majorität. In der 17. Stimme, der Curie der vier freien Städte, besteht seit 1816 ein Turnus von Jahr zu Jahr, nach der Reihenfolge: Lübeck, Frankfurt, Bremen, Hamburg, jedoch mit nicht seltenen Ausnahmen von dieser Zeitfrist nach vorgängiger Verständigung. Jeder der freien Städte kommt ein Viertel der Gesammtstimme zu. Bleibt bei Differenz der Instruktion der Versuch der Verständigung erfolglos, so entscheidet auch in dieser Curie die Majorität. Bei Stimmengleichheit gibt die eben stimmführende Stadt den Ausschlag.

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5) Aus den Bundesprotokollen ist hierüber nichts bekannt, als dass Mecklenburg-Strelitz, unter Bezugnahme auf seine mit Schwerin bestehende Privatübereinkunft, in der ersten Sitzung des engeren Rathes der B.-V., nach Wiederherstellung des Bundestags, am 2. September 1850, Protok. §. 3, S. 4, sich dagegen verwahrte, als ob es ,,durch die Aeusserungen, zu welchen sein Bevollmächtigter bei vorkommenden Abstimmungen im engeren Rathe der B.-V. veranlasst sein werde, sich die Ausübung

15. (Curiat-) Stimme führt Oldenburg die Stimme. In der Curie selbst hat Oldenburg 4 Stimmen, von den übrigen Mitgliedern, Anhalt-Dessau (-Cöthen), Anhalt-Bernburg und die beiden Schwarzburg, hat jedes eine Stimme. Die Majorität bildet sich wie bei der 12. Curie, so dass also Oldenburg die Gesammtstimme abgeben kann, so wie ihm eines der anderen Mitglieder beitritt.

V. Wenn die nach der Privatconvention der Mitglieder einer Gesammtstimme zur Stimmführung berechtigte Regierung die Abgabe der Stimme mit oder ohne genügenden Grund verweigert oder unterlässt, so sind die übrigen Mitglieder der Curie, wenn nicht auch für sie ein von der Bundesversammlung für genügend erkannter Grund zur Unterlassung der Abstimmung vorliegt, sowohl berechtigt, als verpflichtet, die Gesammtstimme abzugeben 6).

VI. Können sich die Mitglieder einer Curie nicht über ihre Abstimmung vereinigen, und erweisen sich dabei auch die vorstehenden Bestimmungen über die Bildung einer Majorität in der Curie als unzulänglich, so kann die betreffende Curiatstimme gar nicht abgegeben werden 7).

der beiden Mecklenburg nur gemeinschaftlich zustehenden Stimme anzumassen beabsichtige." Gegenwärtig haben beide Mecklenburg nur einen und denselben Gesandten. Für den Fall einer sich nicht ausgleichenden Differenz in den Ansichten der beiden Regierungen gibt MecklenburgSchwerin zweimal nacheinander, hierauf Mecklenburg-Strelitz einmal u. s. w. den Ausschlag für die Abstimmung.

6) In diesem Sinne erklärte sich das Bundespräsidium unter Zustimmung der B.-V. auf die (Note 5) angeführte Verwahrung von Mecklenburg-Strelitz, ebendas. (Protok. v. 2. Sept. 1850, §. 3, S. 4):,,die inneren Angelegenheiten der Curien seien zwar dem Uebereinkommen der einzelnen Mitglieder derselben überlassen; so die Stimmführung: indessen könne nicht anerkannt werden, dass die Abwesenheit einzelner Mitglieder der Curie die übrigen hier vertretenen Mitglieder der Curie ihrer Verpflichtung entbinde, sich an den Berathungen und Abstimmungen der hohen Versammlung zu betheiligen.“ Vergl. noch unten §. 127, I. 7) Dieser Fall ereignete sich bei der 15. (Curiat-) Stimme in der Sitzung der Bundesversammlung vom 12. August 1858, in der SchleswigHolsteinischen Sache.

§. 124 a.

Von der Bevollmächtigung eines Bundestagsgesandten für mehrere Viril- oder Curiatstimmen.

I. Die Bundesgrundgesetze enthalten kein ausdrückliches Verbot der Bevollmächtigung eines und desselben Bundestagsgesandten für mehrere Staatsregierungen. Jedoch ergibt sich aus dem Präsidialvortrage des Fürsten Metternich in der 30. Sitzung der Wiener Ministerialconferenzen am 15. Mai 1820 und dem hieran anschliessenden Beschlusse der Conferenz, dass man es allgemein als selbstverständlich betrachtete, dass mindestens für jede der 17 Stimmen im engeren Rathe ein besonderer Bundestagsgesandter aufgestellt sei1). Es ist dies auch unumgänglich erforderlich zur gehörigen Besetzung des engeren Rathes, zur erschöpfenden Berathung und zur Gewinnung genügender Arbeitskräfte für die Berichterstattungen und zur gehörigen Vertretung der oft sehr entgegengesetzten Interessen der Bundesglieder. Es beruhet somit die Organisation des engeren Rathes wesentlich auf der Voraussetzung der Vertretung der 17 Stimmen durch mindestens eben so viele Bundestagsgesandte, und muss sonach die ständige Beauftragung des Bevollmächtigten einer der 17 Stimmen mit der Führung noch einer anderen Stimme im engeren Rathe

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1) Präsidialvortrag des Fürsten Metternich in der 30. Sitzung der Wiener Ministerialconferenzen am 15. Mai 1820 über die Form der Verhandlungen am Bundestage: Während dieser Periode (der Sitzungsperiode im Gegensatze der Ferienzeit) müssen alle 17 Stimmen des engern Raths durch eigne Bevollmächtigte vertreten werden. Ausserordentliche Verhinderungen des einen oder des andern Bevollmächtigten können allein nur ausnahmsweise die Uebertragung seiner Stimme begründen. Solche Verhinderungen müssen jedoch stets, nebst den sie motivirenden Umständen, dem Präsidio und durch dasselbe der Bundesversammlung angezeigt werden.“ Die Conferenz beschloss hierauf: ,,Diesen Vortrag, dessen Inhalt der Kaiserliche Hof durch Präsidialproposition an den Bundestag zu bringen gedenke, an die resp. Höfe und Regierungen einzuschicken, damit sie desshalb ihren Gesandten zu Frankfurt vorläufige Instruktion zu ertheilen gut finden möchten.“ Dass dies geschehen ist, beweist die hiermit übereinstimmende ununterbrochene Praxis am Bundestage.

als eine Incompatibilität betrachtet werden, und zwar hauptsächlich im wohlverstandenen Interesse jener Staatsregierung selbst, welche den Bevollmächtigten als ihren Staatsdiener zuerst aufgestellt hat.

II. In dem vorgedachten Präsidialvortrage des Fürsten Metternich und dem zustimmenden Conferenzbeschlusse vom 15. Mai 1820 liegt zugleich die Anerkennung, dass es den Mitgliedern einer jeden Curie frei steht, einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten ständig für die Führung der Curiatstimme aufzustellen. Dies ist auch in der Bundesversammlung nie beanstandet worden, und erklärt sich vollständig daraus, dass eine jede Curie ihre Stimme im engeren Rathe nur als Gesammtstimme nach vorgängiger Vereinbarung abgeben kann 2). Durch diese Gestattung der Ernennung eines und desselben Bundestagsgesandten für die Mitglieder der nämlichen Curie ist auch den ökonomischen Rücksichten, welche dieselben von der Aufstellung eigener Bundestagsgesandten innerhalb der Curie abhalten können, gentigende Rechnung getragen. Grössere Staaten können es ohnehin weder ihren Interessen noch ihrer Würde angemessen finden, den Bundestagsgesandten einer anderen Regierung ständig mit der Führung ihrer Stimme zu beauftragen.

III. Mit der Gestattung der ständigen Bevollmächtigung eines gemeinschaftlichen Bundestagsgesandten für die Mitglieder einer Curie hängt die Bestimmung im §. 16 der revidirten Geschäftsordnung vom 16. Juni 1854 zusammen, wonach jeder Gesandte, welcher die Plenarstimmen mehrerer Bundesstaaten führt, solche einzeln in der für das Plenum festgesetzten Ordnung abzugeben hat3). Auch hieraus, dass die revidirte Geschäftsordnung hier nur von den Plenarstimmen spricht, ergibt sich, dass die ständige Beauftragung des Bevollmächtigten einer der 17 Stimmen des engeren Rathes durch noch eine andere Staatsregierung zur Führung ihrer Stimme im engeren Rathe als unverträglich mit dem Organismus desselben vorausgesetzt wurde. Dabei ist nicht zu übersehen, dass die Thätigkeit des Plenum's eine ganz andere ist, als die des engeren Rathes, indem in Ersterem nur Stimmen einfach abge2) Siehe oben §. 124, II.

3) G. v. Meyer, Corp. Jur. Confoed. Germ. 3. Aufl. Thl. II. S. 597.

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