Page images
PDF
EPUB

und Lauenburg, und Liechtenstein. Die übrigen 28 souverainen Fürsten und freien Städte traten dem Dreikönigsbündnisse bei. Gleichzeitig fingen aber Hannover und Sachsen an, sich zurückzuziehen.

II. Am 26. bis 28. Juni 1849 hatten sich 130 Abgeordnete der ehemaligen Frankfurter Nationalversammlung vom sogenannten Centrum in Gotha versammelt, und erklärten, für die Annahme des preussischen Entwurfes wirken zu wollen, weil doch einmal die Frankfurter Reichsverfassung in ihrer ursprünglichen Gestalt unausführbar sei. Auf diese Art hoffte man mindestens das Werk der Paulskirche in seinen Grundlagen zu retten, und seiner vollen Wiederherstellung in einem künftigen günstigeren Zeitpunkte entgegen sehen zu können. Zum Organe dieser Partei wurde die deutsche Zeitung erkoren3).

III. Am 19. Oktober beschloss der Verwaltungsrath unter Widerspruch von Sachsen und Hannover, die Wahlen der Abgeordneten zum Volkshaus auszuschreiben; am 20. Okt. schieden daher Sachsen und Hannover aus dem Verwaltungsrathe aus1). Nichts desto weniger schrieb der Verwaltungsrath am 17. November 1849 die Vornahme der Wahlen der Abgeordneten zum Volkshaus auf den 31. Januar 1850 aus und bezeichnete zugleich Erfurt als den Ort, wo die demnächst zu berufende Reichsversammlung zusammen treten

[ocr errors]

3) Die Erklärung der Gothaer Versammlung, v. 28. Juni 1849, siehe bei Laube, das erste deut. Parl. Bd. III, S. 444. Siehe über die Gothaer Versammlung auch A. Boden, gesammelte kleine Schriften, S. 327 flg.

4) Die Regierungen von Sachsen und Hannover betrachteten das Ausschreiben der Wahlen als „,eine dem Bündniss v. 26. Mai entgegenlaufende, die Zwecke desselben gefährdende, und insbesondere die innere und äussere Sicherheit Deutschlands bedrohende Massregel. Sie betrachteten diesen Schritt ferner als im Widerspruche mit art. XI der B.-A. stehend (s. oben §. 189, Note 4), und da nun die ,,Eventualität“ eingetreten,,,das es nicht gelungen, den Süden Deutschlands in den Reichsverband . . . aufzunehmen, dass vielmehr nichts zu errreichen gewesen, als die Herstellung eines nord- und mitteldeutschen Bundes," so nahmen sie auch,,gegenwärtig den Zeitpunkt als eingetreten an, wo die Vorbehalte der k. sächsischen und k. hannover'schen Regierung v. 26. Mai d. J. (s. oben §. 189) Platz greifen." Siehe die Note der k. sächs. u. hannover'schen Bevollmächtigten v. 20. Okt. 1849 in den: Aktenstücken, betr. das Bündniss v. 26. Mai, Bd. II, S. 91 flg.

solle 5). Am 28. November protestirte Oesterreich gegen die Einberufung des Reichstages als gegen eine Verletzung der Bundespflichten 6). Demungeachtet berief der Verwaltungsrath am 13. Februar 1850 die Reichsversammlung auf den 20. März nach Erfurt. Am 25. Februar erklärte Hannover förmlich seine Lossagung vom Bündniss7). Am 15. März sprach sich der König von Würtemberg sehr entschieden in seiner Thronrede gegen das Bündniss aus ); alsbald wurden die preussischen Gesandten von Hannover und Würtemberg zurtickgerufen.

IV. Noch hielt Preussen an dem Gedanken fest, den Bundesstaat,, mit Vielen oder mit Wenigen" zu Stande zu bringen 9). Am 26. Februar 1850 fand sich aber doch der

5) Aktenstücke, Bd. II, S. 162. In dem Verwaltungsrathe waren damals nur noch Preussen, Baden, beide Hessen, die grossherzogl. und herzogl. sächsischen Häuser, beide Mecklenburg, Nassau, Braunschweig, Oldenburg und die anhaltischen Herzogthümer, beide Schwarzburg und beide Reuss, und die freien Städte Hamburg, Lübeck und Bremen vertreten.

6) Weil, Quellen, S. 244.

7) Die Erklärung der k. hannover'schen Regierung v. 25. Febr. 1850 lautet dahin: „dass sie durch den Beschluss des Verwaltungsrathes v. 13. Febr. 1850 ihre Beziehungen zu dem Vertrage v. 26. Mai 1849 als völlig gelöst betrachten und ihr Verhältniss zu den Theilnehmern desselben auf die Grundlage des deutschen Bundes zurückgeführt ansehen müsse." Weil, Quellen, S. 244. Der Verwaltungsrath beschäftigte sich einige Zeit mit dem Gedanken, Hannover vor dem Schiedsgerichte (s. Note 2) zu belangen: man ging aber von diesem Plane, seiner voraussichtlichen Erfolglosigkeit wegen, wieder ab. Auch die Stellung

der Hansestädte in der deutschen Union war sehr eigenthümlich. Unter dem 8. und 13. Febr. hatten sie in dem Verwaltungsrathe schon eine vollständige Sonderstellung in Bezug auf ihre Handels- und Schifffahrtsverhältnisse in Anspruch genommen, und sich für den Fall des Austrittes von Sachsen u. Hannover, oder des Nichtanschlusses v. Holstein und Lauenburg weitere Entschliessung vorbehalten. Weil, Quellen, S. 244. (Siehe unten §. 196, Note 5).

8) Abgedruckt ist die Thronrede des K. v. Würtemberg v. 15. März 1850 in der Augsburger Allg. Ztg. v. 16. März 1850, Nr. 75, S. 1187. Das Bündniss vom 26. Mai wird darin als ein ,,künstlicher Sonderbundsversuch" bezeichnet, „,in der Mitte von den drei grössten Landmächten ohne Aussicht auf Bestand in den Tagen der Gefahr."

9) Rede des H. v. Radowitz in der zweiten preussischen Kammer, am 25. August 1849; siehe dessen gesammelte Schriften, Bd. II, S. 419.

Verwaltungsrath wegen des Nichtbeitritts der grösseren Staaten veranlasst, eine Additionalakte zum Bündnisse vom 26. Mai 1849 zu entwerfen 10). Hiernach sollte der Bundesstaat nicht mehr Reich, sondern deutsche Union heissen; das Verhältniss dieser deutschen Union zu den nicht beitretenden Staaten wurde weiterer Verständigung vorbehalten. Die deutsche Union solle im deutschen Bunde stehen bleiben, aber darin als Gesammtheit die Rechte und Pflichten ihrer einzelnen Mitglieder ausüben. Ausdrücklich wurde erklärt, dass die deutsche Union gegen die anderen Bundesstaaten kein Kriegsrecht ausüben wolle; der Fürstenrath sollte aus fünf Stimmen bestehen, worunter aber noch Sachsen aufgeführt wurde, weil es sich noch nicht förmlich von dem Dreikönigsbündnisse losgesagt hatte 11).

§. 193.

Das Interim vom 30. September 1849. Die Bundescommission. Rücktritt des Erzherzogs-Reichsverwesers (20. December 1849).

I. Seit der Auflösung des Frankfurter Parlaments erkannte Preussen den Reichsverweser nicht mehr als provisorische Centralgewalt an1). Da aber allmählig klar geworden war,

10) Abgedruckt in Weil, Quellen, S. 245 flg.

14) Die in der Additionalakte vom 26. Febr. 1850 für den Fürstenrath projektirten Stimmen waren: 1) Preussen; 2) K. Sachsen, die grossh. u. herzogl. sächsischen Häuser, nebst den anhaltischen, schwarzburgischen und reussischen Häusern; 3) Hannover, mit Braunschweig, beiden Mecklenburg, Oldenburg und den drei Hansestädten; 4) Baden; 5) beide Hessen, Nassau, beide Lippe und Waldeck. - In dem bezüglichen §. 67 des Berliner Entwurfes v. 26. Mai 1849 waren sechs Stimmen für den Fürstenrath projektirt: 1) Preussen; 2) Bayern; 3) die sämmtlichen sächsischen, anhaltischen, schwarzburgischen und reussischen Häuser; 4) Hannover, Braunschweig, Holstein mit Lauenburg, beide Mecklenburg, Oldenburg und die drei Hansestädte; 5) Würtemberg, Baden, beide Hohenzollern, Liechtenstein; 6) beide Hessen, Luxemburg mit Limburg, Nassau, beide Lippe, Waldeck, HessenHomburg und Frankfurt.

1) Schon in seiner Rede in der zweiten preussischen Kammer, am 25. August 1849, hatte sich H. v. Radowitz hierüber folgendermassen

dass die von Preussen beabsichtigte deutsche Union keinenfalls mehr alle deutschen Staaten ausser Oesterreich umfassen werde, Deutschland aber, sowohl seiner europäischen Stellung und der auswärtigen Angelegenheiten im Allgemeinen halber, als auch wegen der holsteinischen Sache insbesondere, sowie auch wegen der Erhaltung und Verwaltung des Bundes eigenthums, namentlich der Bundesfestungen, und wegen seiner militärischen Gesammtinteressen, nicht länger ohne irgend einen Einheitspunkt, d. h. eine von allen Bundesstaaten ohne Ausnahme anerkannte Exekutivbehörde bleiben könne, und da überdies der Erzherzog-Reichsverweser wiederholt den Wunsch geäussert hatte, unter den nunmehr ganz veränderten Umständen seiner Würde zu entsagen, und die ihm durch den Bundesbeschluss vom 12. Juli 1848 anvertraute Gewalt wieder an die Gesammtheit der Mitglieder des deutschen Bundes zurückzugeben 2), so musste man darauf bedacht sein, eine neue provisorische Centralgewalt für Deutschland zu erschaffen. Dies geschah durch eine Uebereinkunft zwischen Oesterreich und Preussen, zu Wien am 30. September 1849, das sog. Interim3).

ausgesprochen, (s. dessen gesammelte Schriften, II, 417): In gleichem Masse, m. H., bedarf nun der weitere (d. h. deutsche) Bund eines interimistischen Organs, da die k. Regierung ein solches in der provisorischen Centralgewalt, die von der Nationalversammlung durch Beschluss v. 28. Juni v. J. eingesetzt worden war, nicht mehr zu erkennen vermag. Obwohl dieselbe durch den B.-B. v. 12. Juli bestätigt worden ist, so war die Ausübung ihrer Befugnisse doch an die Verantwortlichkeit des Reichsministeriums gegen die Nationalversammlung, also an die Dauer der letzteren gebunden. Bei vollster Anerkennung der hohen Verdienste, die der erlauchte Inhaber der provisorischen Centralgewalt sich um das Vaterland in dessen schwerster Zeit erworben hat, konnte Preussen doch nicht die Fortsetzung einer Regierungsgewalt anerkennen, die jetzt weder auf dem Boden der ursprünglichen Einsetzung stände, noch wie der frühere Bundestag, an die Verantwortlichkeit gegen die deutschen Regierungen gewiesen wäre. Die Einsetzung einer neuen provisorischen Behörde des Bundes ist daher jedenfalls nothwendig, und die k. Regierung hat sich bereit erklärt, über deren zweckmässigste Einrichtung sich mit den anderen deutschen Regierungen zu verständigen.“

2) Hierauf nimmt namentlich der Eingang des Interim (s. Note 4) v. 30. Sept. 1849 Bezug.

3) Abgedruckt bei Weil, Quellen, S. 247.

II. Es hatten sich hierdurch diese beiden Kronen im Einverständnisse mit dem Erzherzog - Reichsverweser dahin verständigt, dass sie ,,für den deutschen Bund, und im Namen sämmtlicher Bundesregierungen" und unter Vorbehalt ihrer Zustimmung, die Ausübung der Centralgewalt gemeinschaftlich und ausschliesslich bis zum 1. Mai 1850 übernehmen wollten, insofern dieselbe nicht früher an eine definitive Gewalt übergehen könne1). Als Zweck des Interim wurde die ,,Erhaltung des deutschen Bundes, als eines völkerrechtlichen Vereines der deutschen Fürsten und freien Städte zur Bewahrung der Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit ihrer im Bunde begriffenen Staaten und zur Erhaltung der inneren und äusseren Sicherheit Deutschlands", also genau der Grundlage des art. 2 der deutschen Bundesakte entsprechend, angegeben 5). Die deutsche Verfassungsangelegenheit blieb,,der freien Vereinbarung der einzelnen Staaten" während des Interim überlassen. Dasselbe galt von den nach art. 6 der Bundesakte dem Plenum der Bundesversammlung zugewiesenen Angelegenheiten "). Für den Fall, dass bei Ablauf des Interim die deutsche Verfassungsangelegenheit noch nicht zum Abschlusse gediehen sein sollte, wurde es den deutschen Regierungen anheim gestellt, sich über den Fortbestand des Interim zu vereinbaren 7). Die seither von der provisorischen Centralgewalt geleiteten Angelegenheiten, insoweit dieselben nach Massgabe der Bundesgesetze innerhalb der Competenz des, engeren Rathes der Bundesversammlung gelegen waren, wurden während des Interim einer „, Bundescommission" übertragen, zu welcher Oesterreich und Preussen je zwei Mitglieder ernennen sollten, und die ihren Sitz zu Frankfurt zu nehmen hatte. Den übrigen Regierungen wurde frei gestellt, sich einzeln oder mehrere gemeinschaftlich durch Bevollmächtigte bei der Bundes commission vertreten zu lassen ).

4) Interim, §. 1.

5) Interim, §. 2.

6) Interim, §. 3.

7) Interim, §. 4.

8) Interim, §. 5.

Durch die Zulassung von Bevollmächtigten der

einzelnen Bundesstaaten bei der Bundescommission war der Sache nach

« PreviousContinue »