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III. Die Grösse der Apanagen wurde zur Reichszeit nur nach billigem Ermessen bestimmt, welches Princip schon die goldene Bulle aufstellte und wobei man sowohl auf den Ertrag des Domänengutes als des eigentlichen Patrimoniums der Familie, nach Abzug der Regierungsunkosten, Rücksicht nahm 5). Daher hielt man auch bei Vermehrung der Einkünfte des Erstgebornen Anträge auf Vermehrung der Apanagen für begründet ").

IV. Die Grundsätze vom römischen Pflichttheile kamen hierbei so wenig in Anwendung, als die von einer auf das Nothdürftige beschränkten Alimentationspflicht 7).

V. Wo nicht von Alters her Paragien oder besondere Fideicommissstiftungen bestehen, oder wo die Domänen des regierenden Hauses nicht ausreichen, muss das Land subsidiär zur Bestreitung der Apanagen beitragen; auch liegt die Verpflichtung zu deren Leistung ganz der Staatskasse ob, WO

5) Aurea Bulla, cap. 25, §. 5: „,Qui (primogenitus) tamen apud alios fratres et sorores se clementem et pium exhibebit continuo, juxta datam sibi a Deo gratiam et suum bene placitum et ipsius patrimonii facultates, divisione, scissione seu dimembratione Principatus et pertinentiarum ejus sibi modis omnibus interdicta.". Ganz in diesem Geiste bestimmt das s.-coburg-gothaische Hausges. 1855, §. 112: „Die Apanagen, Sustentationsgelder, Mitgaben und Witthume sind aus dem Abwurf des Domänengutes zu bestreiten."

6) Pütter, comm. de augendo apanagio, auctis reditibus primogeniti. Jena 1746 und in dessen Sylloge comm. jus priv. princ. illustr. p. 49. Dessen prim. lin., §. 46. Kurhessen, Hausges. 1817, §. 11: „Der Souverain kann die Apanagen nach Befinden, besonders bei einem wesentlichen und bedeutenden Zuwachs von Gebiet vermehren, in keinem Falle aber vermindern." S.-Coburg-Gotha, Hausges. 1855, §. 105: ,,Sofern künftig für das herzogliehe Specialhaus nach den Grundsätzen der sächsischen Hausverfassung durch Abgangs-, Mittellehnschafts-, Anwartungs- oder Erbverbrüderungsrecht ein neuer Anfall an Land und Leuten und Domänen sich ereignet, so tritt eine Erhöhung der Apanagen in dem nämlichen Verhältnisse ein, in welchem sich das Einkommen des Herzogs aus den Domänen vermehrt." Vergl. Hannover, Hausgesetz 1836, cap. X, §. 3; siehe unten Note 9.

7) Pütter, prim. lin., §. 42, 43. Bei den früher häufigen Streitigkeiten in den reichsständischen Familien über die Grösse der Apanagen bezog man sich mitunter auf die unpassende Analogie von 1. Feud. 6. (,,Mutus feudum retinere non potest. . . quo ei ablato, si se exhibere non valeat, tantum ei relinqui debet, unde se sustinere possit.")

keine Domänen vorhanden oder völlig mit dem Staatsgute verschmolzen worden sind ). In solchen Fällen ist da, wo Landstände bestehen, die landständische Bewilligung im einzelnen Falle, sowie auch zu einer bleibenden normalen Bestimmung der Grösse der Apanagen und ähnlicher Bezüge erforderlich").

VI. In den neueren Hausgesetzen sind die Apanagen, welche die Staatskasse zu bestreiten hat, in verschiedener Weise bestimmt worden 10). Mitunter ist ausdrücklich festgesetzt, dass sie nicht in liegenden Gütern bestehen, sondern nur in Geldrenten angewiesen werden können 11). Nebeneinkünfte, welche von Militär- oder anderen Chargen oder aus besonderen Titeln bezogen werden, dürfen in die Apanage nicht eingerechnet werden 12).

VII. Nach gemeinem Rechte haben die Söhne des regierenden Herrn, den Erbprinzen inbegriffen, kein Recht auf eine Apanage, so lange der Vater lebt, sondern es hat dieser von seinen Einkünften denselben die nöthigen Mittel zum standesmässigen Unterhalt zu gewähren. Wenn daher bei dem Aussterben der erstgebornen Linie ein bisher apanagirter Prinz zur Thronfolge gerufen wird, so geht sein bisheriger Antheil an der Apanage nicht auf seine Söhne über, sondern wächst den übrigen Apanageberechtigten zu. Erst wenn der regierende Herr stirbt und der Erbprinz ihm in der Regierung folgt, beginnt somit der Anspruch der übrigen Söhne auf eine Apanage. Ob diese Apanage von dem zur Regierung gelangten Erb

8) So z. B. in Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 1 u. f.

9) So z. B. Hannover, Hausgez. 1836, cap. X, §. 3: „Der Betrag dieser Renten (Staatsapanagen) kann mit Zustimmung der allgemeinen Stände vermehrt werden. Eine Verminderung derselben findet nicht statt, es sei denn, dass eine unabwendliche Landesnoth ein Anderes erforderte."

40) Bayern, Hausges. 1819, Tit. II. Würtemberg, Hausges. 1828, Abschn. VII. Hannover, Hausges. 1836, cap. X. K. Sachsen, Hausges. 1837, Abschn. V. Baden, Apanagenges. v. 21. Juli 1839, §. 1 flg. S.-Coburg-Gotha, Hausges. 1855, Abschn. VIII. 11) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 1.

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Würtemberg, Haus

ges. 1828, §. 23. Hannover, Hausges. 1836, cap. X, §. 3. — K. Sachsen, Hausges. 1837, §. 16. Baden, Apanagenges. 1839, §. 12. 12) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 1. 1836, cap. X, §. 9.

Hannover, Hausges.

prinzen aus seinen Einkünften zu bestreiten ist, oder ob dessen nunmehr apanageberechtigte Brüder durch ihre Concurrenz die Apanagen der übrigen Apanagirten schmälern, hängt von den Bestimmungen des Hausgesetzes ab. Im Zweifel muss Ersteres angenommen werden.

VIII. Die neueren Haus- und Apanagengesetze gewähren dagegen meistens auch dem Erbprinzen und den übrigen Söhnen des Souverains schon bei dessen Leben von dem Tage ihrer Volljährigkeit, oder von einem anderen (späteren) Zeitpunkte, beziehungsweise von der Begründung eines eigenen Haushaltes an, jährliche Renten aus der Staatskasse zum Behufe ihres Unterhaltes, theils auch unter dem Namen von Apanagen, theils unter dem Namen von Sustentationen oder Jahrgeldern, Deputaten, oder auch ohne solche Bezeichnung, und bestimmen zugleich ausdrücklich, von welchem Zeitpunkte an die Prinzen befugt sind, sich zu etabliren 13).

IX. Das Recht, eine Apanage zu beziehen, tritt für die Descendenten nachgeborner Prinzen bei dem Tode ihres Vaters ein, sofern nicht die Haus- oder Apanagengesetze ihnen schon früher selbstständige Renten unter dem Namen von Apanagen oder Sustentationen anweisen. Solche Renten fallen wieder hinweg, sowie die Prinzen in den Genuss der Apanage eintreten. 14).

X. Die apanagirten Prinzen haben von ihrer Apanage den Unterhalt ihres Hauses, die Aussteuer ihrer Töchter, die

13) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 1–5. Würtemberg, Hausges. 1828, §. 30 u. f. Hannover, Hausges. 1836, cap. X. §. 10 ú. f. K. Sachsen, Hausges. 1837, §. 19 u. f. Baden, Apanagengesetz 1839, §. 1 u. f. S.-Coburg-Gotha, Hausges. 1855, §. 98 u. f. — Die Bezeichnung der von der Staatskasse für den Unterhalt des Erbprinzen und der anderen Söhne des Souverains bei dem Leben desselben zu zahlenden Renten als Apanagen ist ganz unpassend und im Vergleich mit dem älteren Rechte unrichtig. Das Recht, sich selbstständig zu etabliren ist für die Prinzen meistens (ohne Rücksicht auf den etwaigen früheren Volljährigkeitstermin) in den angeführten Gesetzen auf 21 Jahre festgesetzt.

14) Würtemberg, Hausges. 1828, §. 36, 38. Hannover, Hausgesetz 1836, cap. X, §. 22 u. f. Baden, Apanagenges. 1839, §. 8 u. f.

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Etablirung und Versorgung ihrer Söhne und die Witthümer in ihrer Linie zu bestreiten 15).

XI. Ist die Apanage ein für allemal für gewisse Linien des regierenden Hauses festgesetzt, so wächst in dem Falle des Abganges einzelner Zweige derselben der eröffnete Antheil der Apanage mit den darauf haftenden Lasten des Witt thums, des Unterhaltes und der Aussteuer der Prinzessinnen den übrigen Zweigen der Linie zu 16). Eine (letztwillige) Disposition über die Apanage steht keinem Apanagirten, selbst nicht in seiner Linie, zu 17).

XII. Meistens ist das Recht, eine Apanage, Sustentation u. dergl. zu beziehen, durch Abstammung aus einer hausgesetzmässigen, ebenbürtigen, mit Bewilligung des Souverains eingegangenen Ehe und, sofern die Apanage mit der Etablirung zusammenhängt, durch Eingehung einer solchen Ehe bedingt 18); auch müssen diese Renten regelmässig im Lande verzehrt werden, und ist der längere Aufenthalt ausser Landes mit Zurückhaltung, nach Umständen auch mit (theilweisem) Verluste der Apanagen bedroht 19).

XIII. Mitunter sind Apanagen oder Sustentationen in der Art privilegirt, dass sie ganz oder zu einem bestimmten Theile keiner Beschlagnahme zu Gunsten von Gläubigern unterworfen sind 20).

15) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 6, Absatz 1.

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Würtemberg, Hausges. 1828, §. 26. Hannover, Hausges. 1836, cap. X, §. 8, 17 u. f. Baden, Apanagengesetz 1839, §. 12, a linea 3. — S.-CoburgGotha, Hausges. 1855, §. 101.

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16) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 6, Absatz 2. Hannover, Hausges. 1836, cap. X, §. 20. K. Sachsen, Hausges. 1837, §. 29, 30. 17) Nur mit specieller Erlaubniss des Königs gestattet eine solche Disposition: Bayern, Hausges. 1819, Tit. VIII, §. 6. 18) Siehe oben §. 217, Note 6. 1839, §. 11.

§. 24.

- Vergl. auch Baden, Apanagengesetz

19) Siehe oben §. 216, Note 7. Würtemberg, Hausgesetz 1828, - Hannover, Hausges. 1836, cap. X, §. 6. — K. Sachsen, Haus

gesetz 1837, §. 17. Baden, Apanagenges. 1839, §. 13.

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20) Würtemberg, Hausges. 1828, §. 25. Hannover, Hausgesetz 1836, cap. X, §. 7. K. Sachsen, Hausges. 1837, §. 18. Baden, Apanagenges. 1839, §. 14.

§. 262.

Versorgung der Prinzessinnen. Aussteuer. Erbverzichte. Witthümer der Gemahlinnen der Prinzen1).

I. So lange die Prinzessinnen unverheirathet sind, muss für ihren standesmässigen Unterhalt gesorgt werden. Diese Sorge liegt gemeinrechtlich dem Souverain während seines Lebens in Bezug auf seine Töchter und den Prinzen des Hauses für ihre weibliche Descendenz ob, und ist von dem Ersteren aus seinen Einkünften resp. aus der Civilliste, wo eine solche besteht, zu bestreiten, sofern nicht durch Haus- oder Apanagengesetze der Staatskasse eine Verpflichtung zur Leistung bestimmter Summen als Sustentation für die Töchter auferlegt ist 2). Die nachgebornen Prinzen haben aber die Sustentation ihrer Töchter aus ihren Apanagen zu bestreiten 3), sofern nicht mit den Ständen desshalb eine andere Vereinbarung getroffen worden ist.

II. Nach dem Ableben des Souverains geht die Verbindlichkeit, für den standesmässigen Unterhalt von dessen hinterbliebenen Prinzessinnen-Töchtern zu sorgen, auf den Nachfolger in der Regierung über 4). Die neueren Haus- und Apanagengesetze pflegen auch für diesen Fall den Töchtern Renten (Apanagen) aus der Staatskasse zu bestimmen, die zum Theile danach verschieden sind, je nachdem die Prinzessinnen-Töchter bei der verwittweten Gemahlin verbleiben, oder sich selbstständig etabliren, d. h. ein eigenes Haus bilden 5), wozu sie mit der Erreichung eines gewissen Alters für befugt erklärt werden 6).

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1) Moser, Staatsr. XXII, 281 u. f. - Dessen Famil.-Staatsr. II, 837, 2) Bayern, Hausges. v. 1819, Tit. VI, §. 8. Würtemberg, Hausges. 1828, §. 44. Hannover, Hausges. 1836, cap. X, §. 15 u. f. K. Sachsen, Hausges. 1837, §. 32 u. f. - S.-Coburg-Gotha, Hausges. 1855, §. 107.

3) Siehe §. 261, X.

4) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 9.

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5) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 10. Vergl. Würtemberg, Hausges. 1828, §. 44. K. Sachsen, Hausges. 1837, §. 33, 34. burg-Gotha, Hausges. 1855, §. 107.

S.-Co

6) Bayern, Hausges. 1819, Tit. VI, §. 9, a linea 2:,,Ohne besondere Gründe kann aber, sobald die Prinzessin das 25. Jahr zurückgelegt hat, Zöpfl, Staatsrecht. 5. Aufl. I.

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