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Einfachheit zurückgeführt, sobald die Ungunst der Verhältnisse gebietet, Ausgaben, die nicht dem unmittelbaren Bedürfnisse dienen, einzuschränken. Die angeborene Bedürfnislosigkeit kommt hierbei dem Japaner vortrefflich zu statten. In guten Zeiten leichtlebig und genussbereit, aber auch ohne Sorge um die Zukunft, findet er auch mit schweren Zeiten durch äusserste Einschränkung verhältnismässig leicht sich ab. Der fremde Handelsstand hat seit einigen Jahren bereits mit einer sehr unwillkommenen Wandlung im Zahlungsmodus seiner einheimischen Käufer zu kämpfen, indem diese an Stelle der ursprünglich üblichen Barzahlung immer mehr ein Kreditsystem einzuführen bestrebt sind. An und für sich ist dieses Bestreben natürlich genug: denn auch der einheimische Kaufmann, welcher den Verkehr nach dem Innern vermittelt, ist auf Kredit seinen Abnehmern gegenüber angewiesen, und die Erleichterungen, die ihm seitens Japanischer Bankinstitute zur Verfügung stehen, sind zur Zeit noch rein nominelle, welche unter kritischen Verhältnissen ohne Weiteres zurückgezogen zu werden pflegen. Mit dem Kreditgeschäft wird aber nicht nur das Risiko des fremden Handelsstandes erhöht, sondern es steht ausserdem zu befürchten, dass gerade dadurch häufig eine Wareneinfuhr in grösserem Umfange begünstigt wird, als durch die Verhältnisse gerechtfertigt ist, worunter in erster Linie wieder der fremde Handel zu leiden haben würde. Schliesslich verdient auch das Bestreben einer auf gänzliche Selbständigkeit ihr Ziel richtenden Partei im Lande Erwähnung, deren Programm die allmähliche Verdrängung Europă ischer Industrie-Erzeugnisse, namentlich aber die Beseitigung Europäischer Kaufleute für die Vermittlung des nicht zu umgehenden fremden Warenverkehrs umfasst. Dass in letzterer Hinsicht bereits Fortschritte gemacht werden, beweisen die täglichen Zolleinfuhrlisten, auf welchen Japanische Firmen mitunter schon recht ansehnlich figurieren, und die Thatsache, dass die direkte Gesamteinfuhr seitens Japanischer Kaufleute im Jahre 1889 die Summe von 9 607 709 Dollars, also etwa 15 pCt. der Gesamteinfuhr, erreichte. Was dagegen die Japanische Industrie im Wettstreit mit der Europäischen anlangt, so darf nach der Ansicht sachverständiger Beurteiler angenommen werden, dass der Zeitpunkt einstweilen noch in weiter Ferne liegt, wo - wenige Ausnahmen abgerechnet eine Verdrängung der letzteren durch ebenbürtige und wohlfeile einheimische Erzeugnisse zu befürchten steht. Allerdings werden in jedem Jahre mit grossem Kostenaufwande neue industrielle Unternehmungen in das Leben gerufen und in Betrieb gesetzt: Spinnereien, Webereien, Hutfabriken, Glasfabriken, Papiermühlen u. a. m. Doch bleibt es einstweilen dahingestellt, ob diese Anlagen auf die Dauer, trotz der niedrigen

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Arbeitslöhne, in die Lage kommen werden, auch nur eine merkliche Herabminderung der Einfuhr in den betreffenden Erzeugnissen herbeizuführen, wenn ihnen überhaupt ein langer Bestand im Kampf mit Europäischer Konkurrenz vorauszusagen ist. Insbesondere werden diese Zweifel berechtigt sein, soweit die Herstellung von wollenen Webewaren, insbesondere Tuchen, in Frage kommt, dessen Fabrikationsvorzüge auch in Europa als das Ergebnis einer langen Arbeit anzusehen sind, die aber in einem Lande, welches weder selbst Wolle erzeugt, noch genügenden Bedarf an Wolle hat, um auf regelmässige, billige Versorgung aus den Produktionsländern rechnen zu können, in gleicher Wohlfeilheit wie in Europa unmöglich hergestellt werden können.

e. Bauer und Händler in Tabak. Der Verw. Ber. des Gh. Min. d. Inn. von Baden (1889) bemerkt hiezu: Ueber die Fortdauer von die Tabakspflanzer schädigenden Missbräuchen im Tabakshandel wird immer noch zahlreich geklagt, insbesondere über Versuche der Unterhändler, bei Abnahme des Tabaks an der Wage willkürliche Abzüge von dem früher vereinbarten Preis zu erzwingen, oder auch darüber, dass trotz abgeschlossenen Verkaufs die Abnahme des Tabaks hinterher überhaupt verweigert wird, und dass im Fall der Erhebung von Reklamationen die betreffenden Tabakhandelsfirmen nicht selten die von ihren Untereinkäufern abgeschlossenen Käufe als für sie verbindlich nicht anerkennen. Mögen auch manche der erhobenen Klagen übertrieben oder ganz unbegründet sein, so scheint doch soviel festzustehen, dass unter den Tabaksagenten und -Maklern sich manche recht unzuverlässige Elemente befinden und es sollten daher die Tabakspflanzer sich angewöhnen, auf schriftlichen Vertragsabschluss zu dringen und über die Person desjenigen Händlers, auf dessen Rechnung der Einkauf erfolgt, sich völlige Sicherheit zu verschaffen. Die Wahrnehmung, dass viele der Tabaksunterhändler sich nicht im Besitz der durch die Gewerbeordnung vorgeschriebenen Urkunden befinden, gab dem Grh. Ministerium Veranlassung, die Bezirksämter im Generalerlass vom 4. Dezember 1888 darauf hinzuweisen, dass nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften Personen, welche ausserhalb des Gemeindebezirks ihres Wohnortes ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung und ohne vorgängige Bestellung in eigener Person Waren bei anderen Personen als bei Kaufleuten, oder an anderen Orten, als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen, im allgemeinen eines Wandergewerbescheines bedürfen (§ 55 Ziffer 2 Gewerbe-Ordnung); Personen aber, welche ein stehendes Gewerbe betreiben oder im Dienste eines solchen Gewerbetreibenden stehen, wenn sie ausserhalb des Gemeindebezirkes der gewerblichen Niederlassung für die Zwecke dieses Gewerbebetriebs Waren aufkaufen, einer Gewerbelegitimationskarte (§§ 44

und 44a Gewerbe-Ordnung und § 69 ff. der Vollzugsverordnung zur Gewerbe-Ordnung) zu lösen haben. Man darf wohl annehmen, dass der strenge Vollzug der vorstehend angeführten Gesetzesvorschriften und die dadurch ermöglichte Feststellung der Persönlichkeit der Einkäufer von Tabak gegenüber den oben bezeichneten Versuchen, hinterher sich der Erfüllung der Kaufszusage einseitig zu entziehen, Wandel schaffen werde. Im übrigen dürfte die Unsitte des Verkaufs des Tabaks, so lange er noch zum Zweck der Trocknung hängt, da zu dieser Zeit ein Urteil über die Beschaffenheit des Tabaks noch gar nicht möglich ist, viel zu den seither beklagten Unzukömmlichkeiten im Tabakhandel beigetragen haben, da die von der Verkaufszeit ab bis zum Abnehmen des Tabaks wirklich eingetretenen oder auch nur behaupteten nachteiligen Aenderungen in der Beschaffenheit des Tabaks dem Unterhändler hinterher mit Recht oder Unrecht Anlass zu Preisabzügen geben, welche nicht selten recht unerquickliche Auseinandersetzungen an der Tabakswage zur Folge haben. Die Bemühungen der staatlichen und Vereinsorgane, welche auf Abstellung des sog. >Dachkaufs seit Jahren gerichtet sind, waren bisher leider von durchschlagendem Erfolg nicht begleitet. Den landwirtschaftlichen Konsumvereinen dürfte es noch am ehesten möglich sein, ein gemeinsames Vorgehen der Pflanzer gegenüber schädigenden Usancen< des Handels herbeizuführen.<

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Schlendrian in der Zuckerindustrie Indiens. Das Zuckerrohr ist ursprünglich in ganz Indien wild gewachsen und gewiss das wertvollste von allen tropischen Gräsern. Es wird hauptsächlich in Bengalen, den Nordwestprovinzen und Oudh, Pundjab und einigen unabhängigen Staaten kultiviert. Die Hauptschwierigkeit liegt dabei jedoch in dem Mangel an natürlicher Feuchtigkeit zur richtigen Jahreszeit, und muss diesem Mangel durch künstliche Bewässerung abgeholfen werden, was natürlich die Produktion sehr verteuert. So lange jedoch die Preise des Rohzuckers (»Gur« und »Rabe genannt) fort während steigen, wie dies während der letzten Jahre der Fall war, oder wenn sich nur die jetzigen Preise fest erhalten, ist noch immer genügende Ermunterung für den Landmann vorhanden, um sein Zuckerrohrfeld fort zu bepflanEine merkwürdige Erscheinung bleibt es immerhin, dass, trotzdem Indien leicht imstande wäre, seinen eigenen Bedarf an Zucker zu decken, und noch ein gutes Quantum jährlich auszuführen, dennoch der Zuckerimport ein sehr bedeutender ist, und sogar von Jahr zu Jahr zunimmt. Im Jahre 1880 betrug diese Einfuhr 808 848 q, davon aus Mauritius 70 310 q, aus China 57 902 q, aus Singapore 44 963 q. Die Regierung gibt sich grosse Mühe, um eine Verbesserung in der Methode der indischen Zuckerfabrikation herbeizuführen, jedoch bisher ohne Erfolg. Sowohl der Bau des Zuckerrohrs, als auch das Pressen desselben und

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die Bereitung des Robzuckers geschieht noch genau so wie vor Jahrhunderten, und mit dem Raffinieren beschäftigen sich nur einige europäische Fabriken. Der indische Bauer hat mit den besseren Sorten von Zuckerrohr, mit Samen aus Penang oder Mauritius noch gar keinen Versuch gemacht, sondern baut die von seinen Voreltern gepflanzten Sorten weiter. Die Folge davon ist, dass ein Acre Landes in Barbados oder Ober-Aegypten 30 bis 36 Tonnen, in Demerara zwischen 25 und 40 Tonnen Rohr gibt, während der Ertrag in Indien nicht die Hälfte davon ausmacht. Nebstbei wirken aber auch noch andere Umstände zu Ungunsten des indischen Produzenten. Es sind bisher nur sehr wenige Pressen besserer Konstruktion aus Europa eingeführt worden, und die in Indien seit altersher gebrauchten verrichten ihre Arbeit unvollkommen. In Westindien beträgt das Quantum des ausgepressten Saftes heute 70 bis 85 Proz. vom Gewicht des Rohmaterials, während man sich in Indien noch mit einem Durchschnitt von 50 bis 55 Proz. begnügt. Auch die Erhitzung des Saftes wird in einer nachlässigen und unrationellen Weise betrieben, wodurch sich die Flüssigkeit in eine schwarze Materie verwandelt, welche absolut keiner Krystallisation fähig ist. In Westindien ist der Verlust an unbrauchbarer Materie auf 2 Prozent reduziert worden, beträgt aber hier noch ca. 12 Proz In Westindien wird von einem gewissen Quantum Rohr dreimal so viel trockener Zucker als Rohmaterial gewonnen, in Ostindien dagegen bekommt man doppelt so viel Melasse wie Zucker. Indischer Rohzucker wurde vermöge seiner minderen Qualität in europäischen Zuckerfabriken ganz unbrauchbar gefunden, und konnte nur in Brauereien benützt werden. In den Nordwestprovinzen Indiens werden aus einem Acre Rohrfeld ungefähr 40 Zentner »Gur< oder 48 Ztr. »Rab« gewonnen, während man in Barbados oft über 4 Tonnen trockenen Zucker (Mascovado) pr. Acre bekommt, in Singapore und Malacca ungefähr 3 Tonnen und 4 bis 5 Zentner, um Calcutta herum hingegen nur 1 Tonne und 3 bis 4 Zentner. Es ist sehr charakteristisch für indische Verhältnisse, dass sich sowohl der Produzent, wie der Konsument mit einem Artikel begnügt, der dem Fremden kaum zur menschlichen Nahrung geeignet erscheint. Hiezu trägt aber nebst der ihm angeborenen Indolenz am meisten die Armut aller Klassen bei, die weder dem Bauern eine intensivere Kultivierung seines Bodens, noch dem kleinen Gewerbsmann die Anschaffung besserer Werkzeuge und Maschinen gestattet. Nebst der Hausindustrie beschäftigen sich 10 grössere und 171 kleinere Fabriken in Indien mit der Produktion und dem Raffinieren von Zucker, und der Gesamtwert dieser Fabrikate, soweit derseibe aus den vorliegenden Daten berechnet werden kann, beträgt jährlich 5 353 320 Rupien. (Austria 1890.)

Die Zunahme des Clearing- und Check-Verkehrs in London. Der Ausweis des Londoner »Bankers Clearing-House< für 1889◄ ergiebt Folgendes: Die durch das Institut passierten Checks und Wechsel repräsentieren einen Wert von 7 618 766 000 €, eine bisher nie erreichte Ziffer. Dieser Betrag übersteigt den Verkehr des Vorjahrs um 676 594 000 £ und jenen von 1887 um 541 669 000 £. Für das ganze Jahr beträgt die Zunahme von 1889 gegen 1888 10 pCt. Zum grösseren Teil muss man diese Verkehrszunahme des Clearing House auf den geschäftlichen Aufschwung zurückführen. Ein gewisser Teil der Vermehrung dürfte aber durch die stetige Ausdehnung des Checkverkehrs überhaupt bedingt sein. Indirekt kommt dieser Umstand auch darin zum Vorschein, dass trotz der fortschreitenden kommerziellen und industriellen Entwicklung des Landes die Notenzirkulation in England und Wales wenigstens während der letzten Jahrzehnte langsam abgenommen hat. In Schottland und Irland, wo bekanntlich Einpfundnoten im Umlauf sind, hat dagegen der Gebrauch von Noten etwas zugenommen. Die Ausbreitung des Checkverkehrs ist namentlich in den letzten Jahren dadurch wesentlich gefördert worden, dass die Banken infolge der wachsenden Konkurrenz sich genötigt sahen, auch für kleinere Kunden Contizu eröffnen, und überdies keine Einwendungen mehr gegen das Ziehen von Checks für geringere Beträge erheben.

(Oester. Kons.-Ber. aus London.)

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